Identifizierung eines in der Eckernförder Bucht versenkten U-Bootes

Begonnen von longwood, 14 Januar 2011, 09:42:57

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longwood

Hallo,

ich habe in mikroverfilmten Ausgaben der ,,Eckernförder Zeitung" (EZ) aus dem Jahre 1951 eine interessante Berichtsfolge über die Bergung eines U-Bootes in der Eckernförder Bucht gelesen...

Jetzt der Reihe nach...

1. EZ vom 09. März 1951 mit der Überschrift ,,Geht die Arbeit dem Ende entgegen?"

,,Nach der Kapitulation war die Eckernförder Bucht ein einziger Schiffsfriedhof. Bergungsfirmen haben nunmehr mit der Schrottverwertung so gründlich in den Gewässer vor unserer Stadt aufgeräumt, dass das Ende dieser Arbeiten nun abzusehen ist. Die Bergungsschiffe ,,Hiev" und Griep", beide nun schon alte Bekannte in der Stadt, bereiten die Bergung eines 1400-Tonnen-U-Bootes vor Surendorf vor (...)"

2. EZ vom 27. Februar 1951 mit der Überschrift ,,U-Boot soll gehoben werden"

,,Surendorf. Hier ist vor wenigen Tagen der Schlepper ,,Hiev" eingetroffen, um die Vorarbeiten für die Hebung eines größeren U-Bootes; dessen Lage durch eine Wracktonne gekennzeichnet ist, in die Wege zu leiten. Wahrscheinlich handelt es sich um ein U-Boot der 1500-t-Klasse. (...) Die Bergung wird aller Voraussicht nach längere Zeit in Anspruch nehmen, da das Boot stark versandet ist."

3. EZ vom 29. März 1951 mit der Überschrift ,,Große Schwierigkeiten bei der U-Boot-Bergung"

,,Bei der Bergung des 1600-t-Bootes, das auf Höhe der früheren TVA-Ost auf 24 m Wassertiefe liegt, sind durch anhaltende Winde große Schwierigkeiten aufgetreten. Nachdem es den beiden Bergungsschiffen ,,Hiev" und Griep" der Hamburger Bugsierreederei gelungen war, das Boot in mühseliger Arbeit vom Schlick freizuspülen und von zwei Tauchern bereits die Trossen zum Hieven um den Bootsrumpf gelegt waren, mussten die Arbeiten wegen des starken Sturmes unterbrochen werden. Das U-Boot hängt jetzt an 22 Trossen in 22 m Wassertiefe zwischen den beiden Bergungsfahrzeugen. Es soll bei besserer Witterung auf 15 m gebracht und dann nach Flensburg abgeschleppt und hier in drei Teile gesprengt werden.
(...)
Nach Aussagen der Bergungstaucher müssen hier schon illegale ,,Goldsucher" am Werk gewesen sein, denn sie stellten im Turm ein Loch mit einem Durchmesser von etwa 2,5 m fest. Die Schrottdiebe haben etwa 1 1/2 Zentner Edelmetall aus dem Boot gestohlen.

Es sollen in diesem Gewässer noch zwei weitere große U-Boote auf Grund liegen."

4. EZ vom 12. April 1951 mit der Überschrift ,,Schwierige Bergung des 1600-t-U-Bootes / Ein Besuch bei ,,Hiev" und ,,Griep" bei Surendorf"

Dieser Bericht handelt von einem Besuch des Lokalreporters der EZ auf dem Bergungsschiff. Dieser Bericht gibt kaum Neuigkeiten, man merkt, dass der Reporter an Bord lediglich ,,geduldet" war und von dem wortkargen Bergungspersonal ohnehin kaum Auskunft bekam. Diesem Bericht nach soll das U-Boot 76 m lang gewesen sein.

5. EZ vom 23.April 1951 mit der Überschrift ,,U-Boot jetzt in der Bucht"

,,Die beiden Bergungsschiffe (...), die seit etwa 3 Wochen mit der Bergung eines vor Surendorf in den letzten Kriegstagen versenkten 1600-t-U-Boots beschäftigt sind, liefen vor einigen Tagen von der Untergangsstelle (...) in seichtere Gewässer der Bucht bei Altenhof ein. Die weiteren Arbeiten, die jedoch nur bei ruhigerem Wetter durchgeführt werden können, werden noch etwa 2 Wochen in Anspruch nehmen."

6. EZ vom 26. April 1951 mit der Überschrift ,,Hiev und Griep verließen die Bucht"

,,In den frühen Morgenstunden des Dienstags sind die beiden Bergungsschiffe ,,Hiev" und ,,Griep" mit dem vor Surendorf vor einigen Wochen gefundenen 1600-t-U-Boot der früheren deutschen Kriegsmarine nach Flensburg aus der  Bucht ausgelaufen. Das Boot soll auf dem dortigen ,,U-Boot-Friedhof" zerschnitten und verschrottet werden."

Soweit die Berichte aus der EZ (die im Artikel vom 09. März 1951 genannte Bootsgröße von 1400 t sowie im Artikel vom 27. Februar 1951 genannte Größe von 1500 t sind keine Übertragungsfehler von mir). Ob die mehrmals genannte Größe von 1600 t zutrifft, ist mir auch nicht bekannt.

Neugierig geworden, um welches U-Boot es sich handelt könnte, habe ich die ,,Nachrichten für Seefahrer" (NfS) der damaligen Zeit – ich die leider nicht alle vorliegen haben – ,,studiert".

Demnach müsste das U-Boot auf folgender ungefähren Position versenkt worden sein; diese Positionsangabe ist in allen 5 nachstehend genannten NfS die selbe.

54 Grad  29 Minuten  28 Sekunden  N
9 Grad   59 Minuten  49 Sekunden  O

1. NfS 249/46 vom 12. III. 1946  ,,An diesem Ort liegt das Wrack eines U-Bootes. Die geringste Tiefe über dem Wrack beträgt 18 m"

2. NfS 1029/47 vom 5. VI. 1947,,Nach dem Wrack des U-Bootes ist vergeblich gesucht worden. Wrack und Wrackbezeichnung sind zu streichen"

3. NfS 769/48 vom 15. IV. 1948 ,,Die Tiefe über dem Wrack beträgt 15 m. Die grüne spitze Tonne mit Trommeltoppzeichen liegt in unmittelbarer Nähe der Mitte des Wracks"

4. NfS 1275/51 vom 17. IV. 1951  ,,Das Wrack und die Wracktonne sind zu streichen"

5. NfS 1541/51 vom 10. V. 1951 ,,Das Wrack des Unterseebootes und die Wracktonne sind zu streichen"

Aus den NfS folgt, dass das Wrack "spurlos verschwand" (am 5. VI. 1947) und dann wieder ,,aus dem Nichts auftauchte" (am 15. IV. 1948). Ich vermute aber, dass das Sonargerät- und Ortungsgerät des Suchschiffes defekt war.

Nun meine Frage: Um welches U-Boot handelt es sich, wann wurde es versenkt und geschah die Versenkung durch die eigene Besatzung oder durch Fremdeinwirkung?

Gruß – aus Kronshagen bei der (noch) Marinestadt Kiel

Hans-Hermann H. alias longwood

t-geronimo

Es könnte sich um U 2512 oder U 876 handeln:
--/>/> http://users.fbihome.de/~mhofmann/ubootwiki/index.php?title=U_2512
--/>/> http://users.fbihome.de/~mhofmann/ubootwiki/index.php?title=U_876

Wegen der Ortsangabe "Surendorf" würde dann U 876 etwas besser hinkommen, wenn man die Koordinaten der o.g. Seiten mal in Google Earth eingibt.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Schorsch

Hallo zusammen,

in der Eckernförder Bucht sind seit Jahreswechsel 1944/45 insgesamt sechs U-Boote der Kriegsmarine versenkt worden: U 904, U 1210, U 1405, U 876, U 2512 und U 3030. Die drei ersten kommen als Kandidaten nicht in Betracht, da sie als VII C-Boote 769 t Verdrängung und 67,1 m Länge aufweisen. U 876 vom Typ IX D2 hätte zwar mit 1616 t die richtige Verdrängung und auch die Versenkungsposition nach Busch/Röll und Niestlé liegt am nächsten am Fundort, aber die Länge eines IX D2-Bootes betrug 87,6 m. Bleiben noch die XXI-er U 2512 und U 3030. Ein Boot dieses Typs hat zwar eine Länge von 76,7 m, jedoch die Versenkungspositionen liegen etwa 6,4 km bzw. 7,2 km vom Fundort entfernt, sind zugleich aber auch bei Busch/Röll und Niestlé mit Fragezeichen versehen.
Für mich stellen damit U 2512 und U 3030 die heißesten Kandidaten dar, wobei U 2512 noch um eine Haaresbreite weiter vorn liegt.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

longwood

Hallo zusammen,

die von mir gemachten Positionsangaben habe ich den "Nachrichten für Seefahrer" - dem offiziellen Mitteilungsblatt des (ehemaligen) Deutschen Hydrographischen Instituts / jetzt Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) - entnommen.

Erstmals wurde die Wrackstelle am 12. März 1946 durch das Vermessungsschiff "Paul Beneke" - welches m. E. auch schon in der Kriegsmarine im Dienst war - lokalisiert.

Irgendwie werden wir das "richtige" U-Boot schon herausbekommen...

Gruß - und ein schönes Wochenende

Hans-Hermann H. alias longwood

Pam

Moin zusammen,

Bei dem gesuchten U-boot handelt es sich sicherlich um U-1210 die Daten sind im Abgleich fast identisch mit denen bei Google Earth.. nur wird die Untergangstelle dort folgendermaßen Angegeben:
Location: Near Eckernförde - 54.28N, 09.54E.

Mit den minimalen Abweichungen in den Angaben kommt es gut hin.

Ostseegruß von Pam
Populanten von Domizilen mit fragiler, transparenter Außenstruktur sollten sich von der Transformation von gegen Deformierung resistenter Materie distanzieren ;)

t-geronimo

Bei solchen Angaben sollte man allerdings immer die Quelle hinterfragen!!

Letzendlich ist Google Earth genau wie Wikipedia immer mit großer Vorsicht zu genießen, da jeder dort Daten eintragen kann, die nicht immer vernünftig überprüft sein müssen.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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Pam

Moin,

das mit der Quellenangabe ist für mich zu verstehen. Deswegen habe ich hier die selben Daten von einer Seite die ihre Quelle korrekt recherchiert bevor sie ins Netz gestellt wird:

http://www.uboat.net/boats/u1210.htm

Ostseegruß von der Pam  :-)
Populanten von Domizilen mit fragiler, transparenter Außenstruktur sollten sich von der Transformation von gegen Deformierung resistenter Materie distanzieren ;)

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