Der Tod der S-119 am 8. März 1943.

Begonnen von cam, 14 Juli 2024, 22:15:40

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cam

Hello.

Hintergrundinformation:
Angriffsversuch dt. Schnellboote bei Sunk-Feuerschiff (SE Harwich, 51°49'N 01°41'O) wird vom brit. Zerstörer Mackay mit MGB 20 (Price), MGB 21 und MGB 17 vereitelt. Letztes Boot in der Linie [S 119] wurde von MGB 20 versenkt [1]. -- Action with HMS Mackay escorted by MGB 17, MGB 20 and MGB 21 near the Sunk light vessel in the mouth of the Humber. S119 was sunk by MGB 20 in position 52° 44´N 02° 30´E [3].
https://www.historisches-marinearchiv.de/projekte/mtb_mgb/ausgabe.php?where_value=87

Es gibt Fragen zu diesem Kampf. Die Entfernung zwischen den beiden angegebenen Punkten beträgt 160 Meilen und 52°44´N 02°30´E ist eine sehr, sehr große Entfernung von der Mündung des Humber.  Die Admiralitätstagebücher enthalten eine detaillierte Beschreibung dieser Schlacht und es gibt Koordinaten 52° 45' N, 02° 40' E.

cam

cam

Lieutenant Commander J S Price  war der Kommandeur der 7. MGB-Flottille.
https://www.iwm.org.uk/collections/item/object/1030008055

TW

Hallo cam,
Das KTB der 6. S-Flottille findest Du  --/>/> hier, und das KTB von S 114 ab Scan 209.
Ich werde die widersprüchlichen Positionsangaben im Datensatz überprüfen.
Viele Grüße, Thomas

TW

#3
Wenn ich das KTB S-114 richtig verstanden habe, lief es so ab:

Erfolgloser Vorstoß der 6. S-Fltl (S 39, S 76, S 91, S 114, S 119) gegen Nordgeleit bei Smith's Knoll in AN 8433 (52°45'N, 03°25'E).
00u58 Feindlicher Zerstörer achteraus, jagt Rotte S 114/119 unter LG- und Seezielbeschuss bis 3 sm tief ins Warngebiet (AN 8421 M.u.)
01u15 Zerstörer stellt Feuer ein.
00u19 S 119 rammt S 114 achtern und wird dabei sehr schwer beschädigt.
01u35 Angriff von 3 MGBs aus Norden, S 119 nebelt und versucht zu entkommen, bis Bug unter Wasser und Schrauben aus dem Wasser ragen.
01u45 Neuerlicher MGB-Angriff, diesmal von Osten her.
01u56 Unter fortgesetztem Artilleriebeschuss übernimmt S 114 die Besatzung von S 119 und bringt Sprengpatronen an.
01u59 erfolgen 3 Detonationen und S 119 sinkt in Quadrat AN 8422 l.K.M.
Quadrat AN 8422 linke Kante Mitte befindet sich auf 52°45'N 02°40'E.
--/>/>  Hier die Versenkungsposition auf  bing-Karten.

TW

#4
Zitat7-8/March/1943: S114 and S119 of the 6th Schnellbootflotille (based on Ijmuiden) collided whilst in action with HMS Mackay escorted by MGB 17, MGB 20 and MGB 21 near the Sunk light vessel in the mouth of the Humber. S119 was sunk by MGB 20 in position 52° 44´N 02° 30´E.

Diese Version der Website der "Coastal Forces Veterans", hatte ich, gerade wegen der Widersprüchlichkeit zu deutschen Darstellung (S 119 von MGB 20 versenkt) verwendet. Jetzt kann ich sie durch die Darstellung im WAR DIARY ADMIRALITY ersetzen. Da werden wenigstens die "idiotischen" Positionsangaben (SUNK LV in der Humber-Mündung) nicht bestätigt.

cam

Hallo Thomas.

Diesmal konnte die Wahrheit leicht festgestellt werden – das KTB und die  WAR DIARY ADMIRALITY enthielten alle notwendigen Informationen und es gab keine Widersprüche.

cam


Urs Heßling

moin,

Zitat von: cam am 16 Juli 2024, 16:44:34... es gab keine Widersprüche.
Das sehe ich etwas anders.
In den britischen war diaries wird sich fortwährend auf die Schultern geklopft "wir haben die deutschen Boote verjagt!"

Tatsächlich sind die deutschen S-Boote einfach von ihren Einsätzen zurückmarschiert, um wegen der britischen Luftbedrohung bei Tagesanbruch in den sicheren Bunkern zu sein

Die deutschen KTB berichten mehrfach von ungeschicktem taktischen Verhalten der britischen Boote, deren technische Überlegenheit man betont.

Von Selbstkritik habe ich in den britischen war diaries kaum etwas gefunden.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

cam

Hallo Urs.
Wenn Sie sich nicht zuerst selbst loben, wird Ihr Chef Sie auch nicht loben! Aber in diesem Fall könnten sich die Briten selbst loben. Achten Sie auf das Wetter – bei solchem ��Wind und Wellen waren kleine 70-Fuß-MGBs in der Lage, Scnellboats mit dreimal größerer Verdrängung abzufangen.

cam

Urs Heßling

#8
moin,

Zitat von: cam am 17 Juli 2024, 01:12:42Wenn Sie sich nicht zuerst selbst loben, wird Ihr Chef Sie auch nicht loben!
Diese Einstellung teile ich definitiv nicht.

Zitat von: cam am 17 Juli 2024, 01:12:42Achten Sie auf das Wetter
Vielen Dank für diesen Hinweis; als Berufsseemann bin ich gewohnt, auf das Wetter zu achten.
Die Wetterberichte der KTB differieren, im deutschen heißt es "Südwind 3-4", im britischen "See 3-4", das ist ein großer Unterschied.
Die Wetterverschlechterung setzt erst beim und nach dem Gefecht ein

Zitat von: cam am 17 Juli 2024, 01:12:42bei solchem ��Wind und Wellen waren kleine 70-Fuß-MGBs in der Lage, Scnellboats mit dreimal größerer Verdrängung abzufangen.
Ich kann weder aus dem deutschen noch dem britischen KTB ein "Abfangen" erkennen, die MGB störten ein wenig bei der Selbstversenkung eines durch eine selbstverschuldete Kollision beschädigten Bootes und waren nicht in der Lage, danach das allein zurücklaufende Boot S 114 "abzufangen"

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

TW

#9
Zitat von: Urs Heßling am 17 Juli 2024, 01:38:26Ich kann weder aus dem deutschen noch dem britischen KTB ein "Abfangen" erkennen, die MGB störten ein wenig bei der Selbstversenkung eines durch eine selbstverschuldete Kollision beschädigten Bootes und waren nicht in der Lage, danach das allein zurücklaufende Boot S 114 "abzufangen"

Na, Urs, das ist jetzt eine sehr parteiische, pro deutsche Sichtweise. Ich bin auch der Ansicht, dass die deutschen Boote erstmal abgefangen, zum Kampf gestellt wurden.

Dass die Detonationen und das Sinken von S-119 von den Sprengpatronen herrührten, das glaube ich auch, aber die Briten haben sich das damals (!) wohl zu Recht als Erfolg zugeschrieben. Dass Reynolds und der Veteranenverein es heute* noch so sehen, zeugt von mangelnder Literatur-/Quellenkenntnis.

Beim letzten Punkt, kein weiterer Angriff auf S-114, muss ich Dir Recht geben. Ich kann im Moment nicht nochmal alles lesen, aber ich frage mich, wo waren eigentlich die anderen Boote der Flottille ? Wieso läuft da eine Rotte "mutterseelenalleine" ziemlich weit entfernt vom Stützpunkt, und Niemand hört den Gefechtslärm. Vielleicht kannst Du das historisch etwas einordnen?

Viele Grüße, Thomas

*  "heute" ist  natürlich Unsinn, das Buch von Reynolds wurde vor einem Vierteljahrhundert geschrieben.

Urs Heßling

#10
Zitat von: TW am 17 Juli 2024, 10:55:14
Zitat von: Urs Heßling am 17 Juli 2024, 01:38:26Ich kann weder aus dem deutschen noch dem britischen KTB ein "Abfangen" erkennen, die MGB störten ein wenig bei der Selbstversenkung eines durch eine selbstverschuldete Kollision beschädigten Bootes und waren nicht in der Lage, danach das allein zurücklaufende Boot S 114 "abzufangen"

Na, Urs, das ist jetzt eine sehr parteiische, pro deutsche Sichtweise. Ich bin auch der Ansicht, dass die deutschen Boote erstmal abgefangen, zum Kampf gestellt wurden.
Ich bin anderer Ansicht und verbitte mir solche persönlichen Vorwürfe.  Die Sichtweise ist nicht parteiisch ...
jedoch pro-, nicht -deutsch, sondern -fessionell, nämlich die eines glücklicherweise nicht gefechts- aber see-erfahrenen Schnellbootskommandanten :O/Y

"Abfangen" heißt, das die Marschbewegung des Gegners (oder auch eine Botschaft) durch das eigene Vorgehen wesentlich gestört oder ganz verhindert wird. Das war hier eindeutig nicht der Fall.

Die deutschen Boote wurden nicht "abgefangen", weil die MGB erst nach der Beschädigung S 119 überhaupt auftraten. Danach griffen sie - nach KTB der Rotte Nitsche - eher sporadisch an und waren nicht in der Lage, S 114 beim Längsseitsgehen (d.h. gefechtsfähig eingeschränkt!) an dem beschädigten Boot und Abbergen der Besatzung im Seegang zu hindern, obwohl sie zahlen- und ortungsmäßig sowie artilleristisch klar überlegen waren. Dem britischen war diary zufolge haben sie diese für sie extrem günstige Gefechtssituation überhaupt nicht erkannt, obwohl sie - nach KTB der Rotte Nitsche - zu dieser Zeit angriffen.
Wenn man - auch im zunehmenden und einschränkenden Seegang - ein stationäres und deutlich unterlegenes Ziel nicht mit Erfolg bekämpft, müßte man sich Vorwürfe machen (lassen)

Zitat von: TW am 17 Juli 2024, 10:55:14aber ich frage mich, wo waren eigentlich die anderen Boote der Flottille ? Wieso läuft da eine Rotte "mutterseelenalleine" ziemlich weit entfernt vom Stützpunkt, und Niemand hört den Gefechtslärm. Vielleicht kannst Du das historisch etwas einordnen?
Ja, kann ich.
Die Rotten wurden auf die für das "Stich"-Angriffsverfahren vorgesehenen Stationen verteilt. Um einen möglichen Erfolg im "Stich" zu erzielen handeln die Rotten (bzw. ihre Führer) selbständig und kümmern sich erst einmal nicht um die anderen Rotten.
Die Führerbootsrotte (3 Boote) der 6. S-Fltl hat das Gefecht der Rotte Nitsche wahrgenommen (Eintrag Uhrzeit 0137) und als "mit Unterbrechungen fortgesetzt" zutreffend erkannt.
S 114 hatte keine Funkverbindung zur Führerbootsrotte und hat dann - artilleristisch geschwächt und mit einer zweiten Besatzung an Bord - richtigerweise sofort den Rückmarsch als Einzelboot angetreten

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

TW

Zitat von: Urs Heßling am 17 Juli 2024, 11:25:22Die deutschen Boote wurden nicht "abgefangen", weil die MGB erst nach der Beschädigung S 119 überhaupt auftraten.

Ich muss Dir Recht geben, denn tatsächlich war es der Zerstörer MACKAY, der die Rotte abgefangen hat. Ich sehe die MTB/MGBs und ihr Leitschiff gedanklich immer als einen einheitlichen Verband an, daher mein Mißverständnis. Was mich gewundert hat ist, dass es erst wenige Minuten, nachdem MACKAY den Beschuss eingestellt hatte, zur Kollision kam.
Wenn es mehr Boote gewesen wären, die sich erst wieder hätten "sortieren" müssen, hätte ich das dem im Gefecht entstandenen "wooling" zugeschrieben, aber bei nur 2 Booten ...  :roll:

Danke für Deine sehr aufschlussreichen Sätze zu Einordnung des Geschehens.
Gruß, Thomas

Urs Heßling

#12
moin,

Zitat von: TW am 17 Juli 2024, 13:03:20tatsächlich war es der Zerstörer MACKAY, der die Rotte abgefangen hat.
Der wohl zutreffendste Ausdruck wäre (allgemein) "verjagt" oder (militärisch) "abgedrängt"
Es war kein "Abfangen", weil die Boote nicht in Bewegung waren, sondern gestoppt (00:55) "auf Lauer lagen"


Zitat von: TW am 17 Juli 2024, 13:03:20Was mich gewundert hat ist, dass es erst wenige Minuten, nachdem MACKAY den Beschuss eingestellt hatte, zur Kollision kam.
Die Kollision entstand nicht "unter Feinddruck" (S 119 fuhr in "K gelb" = Kiellinie (keine Gefechtsformation)), sondern durch einen Signalfehler.
Es ist mir nicht 100 %-ig klar, warum das geschah. LtzS Licht war ein vergleichsweise erfahrener Kommandant ("sein" Boot S 69 hatte bei "Cerberus" eine Swordfish abgeschossen), von dem ich mir nur schwer vorstellen kann, daß er ein Stopp-Signal des Führerboots übersehen hätte. Es ist auch denkbar, daß die Birne der Signallaterne des Führerboots defekt geworden war, ohne daß das bemerkt wurde. Das ist nicht mehr zu klären.


Zitat von: Urs Heßling am 17 Juli 2024, 11:25:22... die MGB erst nach der Beschädigung S 119 überhaupt auftraten. Danach griffen sie - nach KTB der Rotte Nitsche - eher sporadisch an und waren nicht in der Lage, S 114 beim Längsseitsgehen (d.h. gefechtsfähig eingeschränkt!) an dem beschädigten Boot und Abbergen der Besatzung im Seegang zu hindern, obwohl sie zahlen- und ortungsmäßig sowie artilleristisch klar überlegen waren. Dem britischen war diary zufolge haben sie diese für sie extrem günstige Gefechtssituation überhaupt nicht erkannt, obwohl sie - nach KTB der Rotte Nitsche - zu dieser Zeit angriffen.
Wenn man - auch im zunehmenden und einschränkenden Seegang - ein stationäres und deutlich unterlegenes Ziel nicht mit Erfolg bekämpft, müßte man sich Vorwürfe machen (lassen)
Um meine vorherigen Aussagen zu erhärten: Das steht dem
"successful night action against several E-boats in the North Sea on 7/8 March 1943, when Price was in command of MGB 21" (Hevorhebungen durch mich)
in LtCdr Prices Hinterlassenschaft (siehe Thread-Beitrag #1) gegenüber bzw. dazu in Kontrast

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

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