Buchvorstellung "Kriegsschauplatz Ostsee 1944

Begonnen von Urs Heßling, 16 März 2024, 19:02:06

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Urs Heßling

moin,

Frage: Wer hat diese Buchvorstellung im HMA eingestellt ?

Ich bin mit der Empfehlung "sorgfältig zusammengestellt" nicht einverstanden.

Im Kapitel II "Fernfliegeroperationen anglo-amerikanischer Fliegerkräfte auf Ziele im Ostseeraum" gab es sowohl viele historische Fehler als auch pejorative Formulierungen.

Aus diesem Grund habe ich ein begonnenes Lektorat abgebrochen.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Axel Niestle

Hallo Urs,

Deine Feststellung stammt leider aus einer frühen Phase der Buchherstellung. Ich nehme an, dass Du die fertige Version des Buches gar nicht kennst. Die Leser bzw. Käufer des Bandes haben auch anders abgestimmt, weil die gesamte Auflage in Rekordzeit vergriffen war. Unter den Käufern waren auch viele Mitglieder des Forums. Bislang hat sich noch keiner beschwert oder gar negativ geäußert. Die Edition Gröner freut sich aber auf jeden Fall schon auf die Fertigstellung von Band 8 des Werkes, der die Reihe von Wolfgang Müller dann vervollständigt.

Und jetzt zurück zum Topspiel bei Sky!

Beste Grüße

Axel

Urs Heßling

moin,Axel,

Zitat von: Axel Niestle am 16 März 2024, 19:48:35Deine Feststellung stammt leider aus einer frühen Phase der Buchherstellung. Ich nehme an, dass Du die fertige Version des Buches gar nicht kennst.
Stimmt.  Ich hatte aber von Seiten der "Redaktion" die Nachricht, meine (meiner nach berechtigten) Einwände seien vom Autor nicht akzeptiert worden.

Es war in keiner Weise meine Absicht, der "Edition Gröner" auf irgendeine Weise zu schaden.
Es war mir aber auch nicht möglich, meine Einwände konkreter zu formulieren, weil wir dann ins "Politische" abgedriftet wären.

Gruß, Urs

"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Strandurlauber

#3
Moin Axel,

Von Wolfgang Müller kannte ich bislang nur "Schiffsschicksale Ostsee 1945" das schon länger in meinem Besitz ist, Band 1 von "Kriegsschauplatz Ostsee" und den neuen (7.) Band welche ich letztes Jahr bei einem Händler (Berliner Zinnfiguren) bestellt hatte.

Leider finde ich einige Textpassagen im Band 7 ebenfalls problematisch und will kurz darauf eingehen.

Vorab, da ich nicht missverstanden werden möchte, ich halte Band 7 angesichts der Fülle an Informationen,  die der Autor mit sichtlichem Aufwand zusammengetragen hat, nicht für einen Fehlkauf und schätze die "Edition Gröner" nach wie vor. Auch werde ich mir Band 8 sobald er erscheint zulegen, die Anderen dann nach und nach. 

Ich habe kein Problem damit, dass hier aus Sicht der Deutschen geschrieben wird und generell finde ich es gut, wenn in historischen Abhandlungen viele Berichte von Zeitzeugen und original Dokumente aufgenommen werden. Sicher ist es schwierig dabei nicht den Rahmen zu sprengen, aber es darf dabei nicht der Eindruck entstehen, dass dabei die Neutralität des Autors verloren geht.
Hier scheint mir, dass das nicht durchgängig gelungen ist.

Ziemlich deutlich werden auf den Seiten 82 und 85 Positionen, die meiner Meinung nach sachlich, rechtlich und moralisch fragwürdig bzw. definitiv falsch sind, völlig unreflektiert / unkommentiert übernommen.

Tieffliegerangriffe auf Verkehrswege und Infrastruktur (nun auch tief im Hinterland) sind wenn sie militärischen Zielen gelten legitim, 1944 nichts völlig Neues und bei allen Kriegsparteien, auch der deutschen Luftwaffe Praxis, nur das die Kräftesituation nun derart war, dass das Deutsche Reich kaum mehr in der Lage war selbst so vorzugehen und nun deren Folgen im eigenen Land deutlich zu spüren bekam, ebenso wie die Folgen des Bombenkrieges den man ja in Spanien, Polen und der Luftschlacht um England zunächst selber forciert hatte.

Die Aussage diese Angriffe würden (ausschließlich) der Zivilbevölkerung gelten, wird unkommentiert und mit nichts belegt, übernommen.

Noch krasser finde ich in diesem Zusammenhang die Zeilen zu "Reaktion der betroffenen Bevölkerung - Fliegerlynchjustiz" hier den Reichs(Propaganda-)minister kommentarlos zu zitieren und dies als eine Art spontanen Einzelfall stehenzulassen.
Bereits in der Haager Landkriegsordnung 1907 und im Genfer Abkommen von 1929, beides vom Deutschen Reich anerkannt und de jure bis Kriegsende in Kraft, war geregelt, das Kriegsgefangene gegen Gewalttätigkeiten, Beleidigungen und öffentliche Neugier geschützt werden müssen, sowie das Verbot Vergeltungsmaßnahmen an ihnen auszuüben.
Ganz klar handelt es sich dabei um einen Aufforderung zum Rechtsbruch, hier wurde Kriegsgefangenen jeder Schutz entzogen. Das eine solche Weisung (und als solche verstehe ich sie) vorsätzlich und auch über die militärische Hierarchie weitergegeben wurde zeigt in meinen Augen deutlich den verbrecherischen Charakter des NS-Systems und steht für mich auf einer Stufe mit dem Kommissarbefehl, dem Gerichtsbarkeitserlaß Barbarossa und dergleichen.

Das Misshandlung und Ermordung alliierter Flugzeugbesatzungen (Borkum, Gelsenkirchen, ...) mitnichten rein spontane Einzelfälle waren zeigen weitere Fakten die genug Stoff für ein eigenes Buch bieten würden.
Je nach Quellen geht man heute von ca. 300 Fällen im ehemaligen Reichsgebiet (ca. 100 auf den Gebiet des heutigen  Österreich) und weiteren 50-60 in besetzten europäischen Gebieten aus, ebenso von einer hohen Dunkelziffer von nicht bekannt gewordenen Fällen.
Die juristische Aufarbeitung nach dem Krieg führte dann zu rund 150 Todesurteilen unter den daran Beteiligten. Dabei zeigte sich, dass die Täter in sehr vielen Fällen nicht aufgebrachte Zivilisten und Bombenopfer, sondern Waffenträger, also Parteifunktionäre, Mitglieder von SA & SS sowie Gestapo, Kriminalpolizei etc. waren.
Zur Vertuschung dieser Verbrechen wurden auch nachträglich Todesursachen in Dokumenten geändert (statt Kopfschuss stand dann dort z.B. mit Hacke erschlagen) und unter den Opfern waren oft auch Besatzungen von z.T. auf dem Rückflug abgeschossenen Bombern, also keine Tiefflieger.
Sowohl die Weisungen an die Bewacher Übergriffe zu dulden, als auch in den Aussagen der Täter in denen häufig auf Befehle/Weisungen von Vorgesetzten die Rede ist lassen darauf schließen, dass dieses Vorgehen gegen Kriegsgefangene vorsätzlich erfolgte und in etwa so spontan wie die Reichskristallnacht war.
Nur leider fehlt dieser Kontext im Buch, was ich sehr bedenklich finde.

Ich kann für mich sagen, dass ich damit einigermaßen umgehen kann. Könnte das die jüngere Generation auch? Meine Jungs z.B. (7. und 10. Klasse), sind in einem kaputtgesparten Bildungssystem groß geworden, was nicht nur an Zustand und Ausstattung der Schulen, dem chronischen Lehrermangel und dem Ausfall an Unterrichtsstunden, besonders in Fächern wie Geschichte, deutlich wird. Ich hab da so meine Zweifel und kann daher dieses Buch nicht uneingeschränkt empfehlen, auch wenn ich es mit Interesse gelesen habe.

Gruß Ulf
 :MG:


Edit: Schon Mitternacht, soviel dazu mal kurz darauf eingehen   :wink:
"Damn the torpedoes! Full speed ahead!" D. G.  Farragut

(1864 Battle of Mobile Bay; ... er wusste offenbar was USS Cairo auf dem Yazoo River zum Verhängnis wurde, aber auch dass die Minen schon längere Zeit im Wasser lagen und durchsickerndes Wasser in den Trimmtanks diese nach und nach absacken ließ ...)

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