Transport Gefangener durch die Kriegsmarine

Begonnen von bettika61, 28 Juni 2016, 23:29:53

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bettika61

Hallo,
der Vormarsch der Russen führte im Sommer/Herbst 1944 zur Räumung der Konzentrationslager in den eroberten Ostgebieten bei Riga und Reval . Über  20.000 Häftlinge wurden per Schiff nach Danzig "evakuiert". Die Frauen kamen ins KZ-Stutthof, die Männer Richtung KZ-Buchenwald
Alte,Kranke und Kinder blieben zurück und wurden von Mordkommandos erschossen.
"Der Ort des Terrors" Benz/Distel
Die Transporte nach Danzig  erfolgte durch  auf Schiffen der die Kriegsmarine. Informationen über Transporte und beteiligte Schiffe , habe ich bisher wenig gefunden.
ZitatKTB SKL Bd.60/I
7.8.44 "Dampfer Bremerhaven hat 3368 jüdische Häftlinge von Riga nach Danzig.. befördert
8.8.44. "Wenn Evakuierung angemeldeter 20.000 Juden und etzwa 18.000 Letten vordringlich, müßte in dieer Zeit auf Zielschiffe Kmdr. Admiral Uboote zurückgegriffen werden. Letzterer Punkt wird von Ob.d.M abgelehnt.

KTB SKL Bd61/II
25.9.44 In Rohukuela und Werder sind insgesamt 22.500 Gefangene, 1500 Esten,3440 Flüchtlinge ...zum Abtransport eingeschifft
Da eine Zeitzeugin aus dem KZ Riga-Kaiserwald von einem Transport am 25.9.44 schreibt,
dürfte es sich bei den "Gefangenen" um KZ-Häftlinge handeln.

Überliefert ist ein Transport am 19.9.44 von Baltischport von einem KZ-Außenlager Nähe Reval.
Am 11.10.44 erfolgte der letzte Transport vom KZ-Riga per Schiff.

Welche Möglichkeiten, Quellen  gibt es , um mehr über die Transporte und die Schiffe zu erfahren? Es dürfte sich um Transporte gehandelt haben, die auch Wehrmachtsangehörige
und Flüchtlinge transportierte.

Edit: "schiffe der Kriegsmarine" geändert

Edit 10.03.2019:
Thementitel auf Wunsch von Beate geändert.
t-geronimo
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

Urs Heßling

moin, Beate,

Zitat von: bettika61 am 28 Juni 2016, 23:29:53
Die Transporte nach Danzig  erfolgte auf Schiffen der Kriegsmarine.
Die namentlich bekannten Transporter waren keine Schiffe der Kriegsmarine (Kreuzer, Zerstörer, etc.)
Insofern scheinen mir dieser Satz und der Thread-Titel etwas irreführend zu sein.
Ich weiß von Flüchtlings-Einschiffungen auf Schiffen der Kriegsmarine, u.a. auf Admiral Hipper zur Zeit der Gustloff-Katastrophe, aber von KZ-Häftlingen ist mir nichts bekannt.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

bettika61

Hallo Urs,
Den Titel kann ich gerne ändern, wäre denn "Transport durch Schiffe die Kriegsmarine" richtig?
Ich gehe davon aus , das Dienststellen der Kriegsmarine wie z.B. die KMD Danzig die Transporte mit Schiffen organisierten, deshalb fragte ich nach den möglichen Quellen wie z.B. KTB KMD Danzig.

Wenn Transportschiffe durch KM- Dienststellen  erfasst/beschlagnahmt und eingesetzt wurden, wie war dann Status/Bezeichnung, wenn nicht "Schiff der Kriegsmarine"?
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

Urs Heßling

moin, Beate,

Zitat von: bettika61 am 29 Juni 2016, 13:17:41
Wenn Transportschiffe durch KM- Dienststellen  erfasst/beschlagnahmt und eingesetzt wurden, wie war dann Status/Bezeichnung, wenn nicht "Schiff der Kriegsmarine"?
Warum nicht einfach erst einmal "Schiffe" ?
Wir haben hier im FMA ja auch weniger geschichts-sattelfeste lesende Gäste.
Für viele von Ihnen sind "Schiffe der Kriegsmarine" wohl eher Admiral Graf Spee oder Tirpitz.
Aus dieser Sicht heraus scheint mit der Titel zumindest mißverständlich.
Die Beteiligung von Kriegsmarinedienststellen wird dann ja im Text erwähnt.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

TD

Hallo zusammen,
warum nicht einfach und genau beschreibend
"Im Dienst der Kriegsmarine fahrende Schiffe" ?

Gruß

Theo
...ärgere dich nicht über deine Fehler und Schwächen, ohne sie wärst du zwar vollkommen, aber kein Mensch mehr !

Urs Heßling

moin,

Zitat von: TD am 29 Juni 2016, 18:41:47
warum nicht einfach und genau beschreibend "Im Dienst der Kriegsmarine fahrende Schiffe" ?
stimmt das denn ??
Viele der deutschen Transporter, die im Mittelmeer, in der Ostsee und an der norwegischen Küste unterwegs waren, fuhren eben nicht "im Dienst der Kriegsmarine", sondern im Dienst der deutschen Kriegswirtschaft oder im Dienst des deutschen Heeres. Sie wurden dabei meistens von Kriegsmarine-Einheiten geleitet, woraus sich aber kein "im Dienst der Kriegsmarine" ableiten läßt.
Insofern erscheint mir auch der geänderte Threadtitel nicht ganz zutreffend. Damit aber EdD.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

kalli

WERNER DE VRIES berichtet auch über den Transport mit dem letzten Schiff aus Riga nach Danzig-Stutthof.

Stolpersteine

kalli

In einem Bericht wird der Schiffsname BREMERHAVEN genannt.

enthalten in: Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager Bd. 8 (Riga, Warschau, Kaunas, Vaivara, Plaszów, Klooga, Chelmo, Belzec, Treblinka, Sobibor. 2008, 576 Seiten. ISBN 978-3-406-57237-1)

bettika61

#8
Zitat von: Urs Heßling am 29 Juni 2016, 20:25:47
moin,

Zitat von: TD am 29 Juni 2016, 18:41:47
warum nicht einfach und genau beschreibend "Im Dienst der Kriegsmarine fahrende Schiffe" ?
stimmt das denn ??
Viele der deutschen Transporter, die im Mittelmeer, in der Ostsee und an der norwegischen Küste unterwegs waren, fuhren eben nicht "im Dienst der Kriegsmarine", sondern im Dienst der deutschen Kriegswirtschaft oder im Dienst des deutschen Heeres. Sie wurden dabei meistens von Kriegsmarine-Einheiten geleitet, woraus sich aber kein "im Dienst der Kriegsmarine" ableiten läßt.
Insofern erscheint mir auch der geänderte Threadtitel nicht ganz zutreffend. Damit aber EdD.

Gruß, Urs
Hallo Urs,
um es klar zu stellen , es geht mir um die Frage, inwieweit die Kriegsmarine an diesen Transporten, die in den meisten Fällen zur anschließenden Ermordung der Häftlinge führte, beteiligt war.
Da gilt mein Interesse vorerst , welche Schiffe waren das und welche Dienststellen  haben die Schiffe zur Verfügung gestellt und den Transport ermöglicht .
(Gleiche Verantwortung trägt die Reichsbahn, die die Züge in die Vernichtungslager stellte
http://www.tenhumbergreinhard.de/transportliste-der-deportierten/index.html das ist aber nicht Thema )

Bisher steht erst ein Schiff namentlich fest, die "SS Bremerhaven" von
Mąka Henryk in seinem Buch  "Bremerhaven" Statek Śmierci "(Schiff des Todes) genannt.
Von der Kriegsmarine als Lazarettschiff in Dienst gestellt, danach bei den Hydrierwerken Pölitz schwimmendes Straflager für Zwangsarbeiter,  Vernichtungslager, ab Januar 1944 wieder von der Kriegsmarine als Transporter in Dienst gestellt . In diese Zeit fällt der Transport der jüdischen Häftlinge nach Danzig.
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

bettika61

Zitat von: kalli am 29 Juni 2016, 21:42:58
In einem Bericht wird der Schiffsname BREMERHAVEN genannt.

enthalten in: Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager Bd. 8 (Riga, Warschau, Kaunas, Vaivara, Plaszów, Klooga, Chelmo, Belzec, Treblinka, Sobibor. 2008, 576 Seiten. ISBN 978-3-406-57237-1)
Hallo Kalli,
danke für die Unterstützung  :MG:
das Buch habe ich #1 verlinkt
Bisher habe ich nur die digitale Voransicht anschauen können.
Im KZ Klooga wurden Betonminen für die Kriegsmarine hergestellt, die Arbeit von der OT und einer Spezialeinheit der Marine überwacht.
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

TD

Zitat von: TD am 29 Juni 2016, 18:41:47

    warum nicht einfach und genau beschreibend "Im Dienst der Kriegsmarine fahrende Schiffe" ?

stimmt das denn ??

Ja Urs,

davon kann man ausgehen.
Im Mittelmeer und auch im Schwarzen Meer kenne ich kein deutsches Schiff, nicht einmal Yachten und Brandungsboote, welches nicht von der KM erfasst wurde, also zwangsweise übernommen wurde.
In der Ostsee fuhren zu den Kurlandhäfen, Danzig usw. die Schiffe, wenn sie nicht von der KM erfasst waren, meistens in Kriegscharter für bestimmte Reisen.
Alle Schiffe welche beim Heer, der Luftwaffe, den Reichsverteidigungskommissaren usw. fuhren mussten erst von der KM erfasst werden und gingen dann an die späteren Wehrmachstellen.
Das galt für die See und Haffschiffe, Binnenschiffe( Flüsse) wurden vom Heer u.a. erfasst.
Mitte März, Anfang April 1945 beim Zusammenbruch erfassten die Luftwaffe usw. die Schiffe selber.


Gruß

Theo
...ärgere dich nicht über deine Fehler und Schwächen, ohne sie wärst du zwar vollkommen, aber kein Mensch mehr !

TW

#11
Hallo Beate
Von Dänemark wurden jüdische Mitbürger im Oktober 1943 mit der "Wartheland" (ex-Arija) nach Stettin und von dort nach Theresienstadt verbracht. Das habe ich aus einer Broschüre der Bundesregierung von 2004 im Zuge meiner Recherchen über Georg von Duckwitz herausgefunden.

Diente nicht die "Donau" des NDL als Gefangenentransporter für die Juden, die aus Norwegen abtransportiert wurden?

Seetransporte in so massenhaftem Ausmaß wie bei der Reichsbahn vermute ich eher nicht, denn es ging wahrscheinlich nur um die Bewältigung der Überseestrecke. Bei meinen Recherchen nach Transporten jüdischer Bürger von den Ägäischen Inseln (Rhodos) bin ich leider auf keine konkreten Schiffsnamen gestoßen.
Viele Grüße
Thomas

P.S. Nach schwimmenden Zwangslagern ("Wohnschiffen") für KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter habe ich bisher noch nicht gesucht. Das hörte ich jetzt erstmals über die "Bremerhaven".

Mit den Suchworten Wartheland und Dänemark stößt man auf einige Treffer in GOOGLE.
Aber Vorsicht: Oft werden der Flüchlingstransporter Wartheland und der Deportationstransporter Wartheland ex Arija verwechselt bzw. in einen Topf geworfen.

Urs Heßling

moin, Thomas,

Zitat von: TW am 01 Juli 2016, 07:58:47
Bei meinen Recherchen nach Transporten jüdischer Bürger von den Ägäischen Inseln (Rhodos) bin ich leider auf keine konkreten Schiffsnamen gestoßen.
in der Chronik steht aber auch zum Kreta-Transport (Dein Fund  :wink:) :
[Mittelmeer, 1.- 9.6.1944]
... . Der dritte Dampfer des Geleits, Tanais (1545 BRT), wird am 9.6. auf dem Rückmarsch von Kreta nach Piräus mit 260 aus der Gemeinde Chania deportierten Juden an Bord durch das brit. U-Boot Vivid (Lt. Varley) versenkt.

Gruß, Urs
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bettika61

Zitat von: TW am 01 Juli 2016, 07:58:47
Diente nicht die "Donau" des NDL als Gefangenentransporter für die Juden, die aus Norwegen abtransportiert wurden?
Hallo Thomas,
danke für den Hinweis  :MG:
http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,10444.msg117782.html#msg117782
hatte eine ähnliche Fragestellung  :-)
aus The Routledge History of the Holocaust von Jonathan C. Friedman S.241
24.11.1942 Transportschiff "Donau" mit 532 Juden an Bord
25.2.1943 Transportschiff "Gotenland" mit 158 Juden
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

bettika61

Zitat von: TW am 01 Juli 2016, 07:58:47
P.S. Nach schwimmenden Zwangslagern ("Wohnschiffen") für KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter habe ich bisher noch nicht gesucht. Das hörte ich jetzt erstmals über die "Bremerhaven".
Hallo Thomas,
kannte ich vorher auch nicht, den Hinweis habe ich Reinhard zu verdanken :MG:
Beim suchen habe Hinweise auf  das Marinelager Wohnschiff "Hamburg"-Frauendorf einem Zwangsarbeiterlager in Stettin
und noch ein weiteres Schiff in diesem Lager "barrack Vessel" DRONNING ALEXANDRINe- ex Elsinore-ex ALEX-ex LOME gefunden.

Fotos vom Marinelager-Kai Stettin-Frauendorf http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php?topic=20067.120 #128
Grüße
Beate

,,Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." George Santayana

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