Funkmeister eines MLR in Sassnitz auf Rügen

Begonnen von Horst Knoll, 31 Juli 2021, 19:06:55

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Horst Knoll

Damit keine Irrtümer aufkommen sollte ich stets bei meinen Berichten erwähnen
wann und wo ich meinen Dienst verrichtet habe:

1952 April Seepolizei, Kühlungsborn-West - Matrose
1952 Seepolizei/Volkspolizei See, Funkgastenlehrgang in der Flottenschule Parow - Obermatrose
1952 Dezember bis 17. Juni 1953 Maatenlehrgang an der U-Boot Lehranstalt in Saßnitz/Dwasieden
bis zur Auflösung derselben - Funkmaat
1953 Verwalter des Taktikkabinetts, Nachrichtenoffiziersschule Saßnitz/Dwasieden - Funk-Maat
1953/54 Funkmaat eines KS-Bootes in Peenemünde
1954 Funkleitstelle Königstuhl- Funk-Maat
1954/55 Obermeisterlehrgang, Parow b. Stralsund - Funkmeister,
Dienstgrad: Obermeister

1955/56 Funkmeister auf einem MLR der Habicht-Klasse in Saßnitz (erst VP-See und ab 1956 Seestreitkräfte)

Dienstbeginn als Funkmeister eines MLR-Bootes war der 1. Oktober 1955 im Marinestützpunkt Sassnitz bei der Volkspolizei-See. Ab Januar 1956 Seestreitkräfte.
Mein Schiff wurde 1954 auf der Peenewerft in Wolgast gebaut. Insgesamt bestand unsere Flottille aus 6 Booten(Schiffen) der Habicht-Klasse.

Die Kennungen (ID) der MLR`s änderte sich im Laufe der Zeit. So lange ich in Saßnitz war hatten wir zusammenhängende Bordnummern. Wenn ein MLR bei Indienststellung die Nummer 611 hatte, änderte sich das am 15.071956 in Nummer 6-331. Und nach meiner Dienstzeit dann in 6.31! Erst bei der später gegründeten Volksmarine erhielten einige Schiffe Städtenamen.

Mein Sold setzte sich zusammen aus: Dienstgrad, Bordzulage, Qualifizierungs- und Längerdienenden Geld sowie Minenräumzulage. Diese zuletzt genannte Gefahrenzulage endete nach 2 Monaten, weil wir nur zwei Monate im Minenräumeinsatz waren. Könnte vor Warnemünde gewesen sein, aber so genau weiß ich das nicht mehr.

Auf meinem Schiff hatte ich zwei mir zugeteilte Funkgasten. Einen  musste ich beizeiten durch einen "Seeerprobten" auswechseln lassen. Grund: Der eine Funkgast "reiherte" schon bei Seegang Stärke 3/4!
Der war ein totaler Ausfall. Wenn nur zwei Funker im Dienst sind, müssten die bei ihrer "Seewache" seinen Funkdienst mit übernehmen. Das wäre für die Dauer unmöglich gewesen!

Obwohl ich ja schon so manchen Seegang bei den KS-Booten erlebt hatte, war mir der schwere Seegang von zwei Tagen und Nächten so in die Beine gefahren, dass ich beim Verlassen des Schiffes im Stralsunder Hafen den "Seemannsgang" auch mal zelebriert habe. Das muss schlimm ausgesehen haben, wie ich die Pier so breibeinig schwankend betreten habe.

Einmal wurde ich mit 10 Tagen leichten Arrest bestraft! Laut eines Dienstauftrages sollte ich einen Matrosen oder Obermatrosen zum Stab nach Rostock überführen. Da ich den Delinquenten aber anscheinend Stunden zu spät dort abgeliefert hatte, wurde ich nun selber ein "Straffälliger". Bevor ich ihn ablieferte war ich mit ihm in ein Tanzlokal gegangen! Ich hätte meinen Dienstauftrag genauer lesen sollen um die Abgabezeit nicht zu verpassen!

Diese Strafe brauchte ich Gott sei Dank  aber nie antreten, denn eines Tages ergab sich folgende Situation:

Auf dem Führungsschiff unserer Flottille fehlte der Funkmeister, warum der fehlte entzieht sich meiner Kenntnis. Ich wurde also auf das Führungsschiff beordert um diesen zu ersetzen. Bevor wir ablegten kam ein "Mitropa"-Wagen und es wurden u.a. "hochprozentige" Ware eingebunkert.

Es kam nämlich der damalige Verkehrsminister der Volksrepublik China, Zhang Bojum, mit Begleitung an Bord.

Dank Wikipedia weiß ich, dass der Minister deutsch sprach, denn er hatte in Deutschland studiert.
Die gelungene Überführung ging von Sassnitz, früher Saßnitz geschrieben, nach Rostock zum Stab. Das Wetter hätte nicht schöner sein können. Einer seiner Bewacher hat sich von einem unserer Meister die Schirmmütze geben lassen und ließ sich damit vor der Bugkanone fotografieren.
Anscheinend war man mit meiner Leistung während der Überfahrt mit den Staatsgästen so zu frieden, dass man meine Strafe tilgte.

Ich erinnere mich auch noch daran, dass es auf See doppelte Verpflegung gab.
Ob zu meiner Zeit als Maat auf einem KS-Boot oder als Funkmeister auf einem MLR, musste unser Smutje immer bei einem Manöver an eines der Geschütze.
Wir hatten auch 1956 noch keine Stahlhelme.

Im Jahr 1956 wollte man mich noch kurz vor Ablauf meiner Dienstjahre auf eine Offiziersschule schicken. Man brauchte damals immer wieder Kader.
Wegen meiner Sprachkenntnisse sollte ich Russisch-Dolmetscher werden.
Obwohl ich kein Abitur aufzuweisen hatte, wäre ich im Laufe von nur einem Schuljahr Unterleutnant zur See geworden.
Da ich unsicher war, ob ich das auch wirklich schaffen kann willigte ich nicht ein.

Wieder im zivilen Leben angekommen ging ich erst mal als Monteur zum Fernmeldeanlagenbau Leipzig, Filiale in Erfurt und zwei Jahre danach als Mechaniker in ein Schreibmaschinenwerk.

Was mir total im Berufsleben fehlte war die tolle Kameradschaft an Bord.

Horst Knoll

 top Noch einige Fotos als wir den Zivil-Hafen Stralsund angelaufen haben.

bitti


Nikolaus Sifferlinger

Vielen Dank für den interessanten Bericht!

Mit besten Grüßen

Nikolaus Sifferlinger

Hastei


hillus

Hallo Horst,

hast Du wieder gut hinbekommen. Deine Fotos kommen gut an und es ist nun mal so, lieber ein nicht ganz so perfektes Foto als gar keines.

Viele Grüße
Jochen

smutje505


Darius

Hallo Horst,

toll Schätze, die Du uns hier präsentierst.


:MG:

Darius

Eddy

Hallo Horst,
auch von der großen Insel ein Dankeschön für diesen Beitrag, hoch interessant.
:MG: Eddy
Eddy von der großen Insel

"Tradition pflegen heißt nicht Asche aufbewahren sondern eine Flamme am Leben erhalten!"

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