Panzerschiffee stammen von Pre Dreadnoughts ab.....

Begonnen von Matrose71, 13 Januar 2022, 11:56:33

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Matrose71

Salve,

ich muss mich jetzt "mal" an Dritte wenden, um entweder einen neuen Denkansatz oder etwas Zuspruch zu bekommen, denn irgendwie bin ich ein wenig "verzweifelt", selbst nach einer Nacht Schlaf darüber.
Im Navy Weapons Forum gibt es einen Thread "Comparing Admiral Hipper to her contemporaries", in dem es wie üblich darum ging/geht, warum die Hipper Klasse so viel mehr Gewicht, mit sich geschleppt hat, als vergleichbare Bauten, anderer Nationen und zu was dieses Gewicht "diente"
Wie immer bei solchen Threads gibt es die üblichen Verdächtigen, die sich auf den Standpunkt stellen, die KM/Deutschen, konnten es eben nicht besser, sprich waren durch den Baustopp des Versailler Vertrag etc. einfach nicht in der Lage ein kompaktes CA/Kreuzer Design zu bauen und von AoN haben sie sowieso keine Ahnung, deshalb das Mehrgewicht.

Auf meine Nachfrage, wie es denn dann sein könnte, das eben diese "Deutschen", es 1928 aus dem Nichts geschafft haben, die Panzerschiffe als ein sehr kompaktes AoN Kreuzer/CA Design zu bauen, wenn sie denn gar keine Ahnung hatten, gab es dann folgende Antworten:

1.Die Panzerschiffe wären in ihrer "Abstammung" (design lineage) reine leichte Kreuzer, basierend auf den leichten Kreuzern des WWI und auch entsprechend gepanzert, halt nur mit moderner Technik. Dazu wäre die Diesel Antriebsanlage wesentlich leichter als jede Kreuzer Dampfturbinen Anlage.

Diese Ansicht kommt von den üblichen Leuten, die die KM/Reichsmarine/Deutschen sowieso immer schlecht reden und interessiert hier eigentlich weniger, zeigt m.A. nach nur die Borniertheit und Faktenleugnung gewisser Anglo (Engländer) Amerikaner, die trotz Jahrzehnte langer Mitgliedschaft in "eigentlich" dem Fachforum im englisch sprachigen Raum zu diesem Thema, nicht bereit sind etwas dazuzulernen oder sich mit entsprechend gelieferten Fakten/Quellen auseinanderzusetzen.

2. Die deutschen Panzerschiffe stammen von Pre Dreaghtnought und Küstenpanzerschiffen ab und hätten mit diesen wesentlich mehr gemein, als mit Washingtoner CAs (oder überhaupt Kreuzer) anderer Nationen, deshalb könnte man die Panzerchiffe und ihr Design auch überhaupt nicht mit CAs (Kreuzern) anderer Nationen vergleichen.

Und hier ist dann meine leichte Verzweiflung, denn diese mehrfach und nachhaltig zum Ausdruck gebrachte Meinung stammt von einem Admin des Forums, der dort 15 Jahre und mehr postet und ansich nach anderen Posts zu urteilen, über ein gesundes Basiswissen verfügt. Trotz mehrfacher Argumentation spricht er der Deutschland Klasse ab, überhaupt ein Kreuzer Design zu sein, insoweit konnten die Deutschen überhaupt kein kompaktes AoN Kreuzer Design 1928 emtwickelt haben.

Und hier beginnt dann meine leichte "Verzweiflung", denn aus meiner Sicht, ist so viel Fakten- und Quellenleugnung für mich einfach unvorstellbar und warum ist es für gewisse Anglo Amerikaner so wirklich schwierig einzugestehen, dass die "Deutschen" selbst vor dem WWII, auch fortschrittliche und moderne Schiffe gebaut und designed haben?

Wenn das in irgendeinem "No-Name" Forum passieren würe oder pasiert wäre, würde mich das nicht wirklich kratzen, aber in dem englischsprachigen Fachforum schlechthin zu diesem Thema, stehe da doch etwas wie der Ochse vor dem Berg und weiß einfach nicht weiter.

Oder habe ich hier einfach einen Denkfehler und die Panzerschiffe wurden doch nicht als Kreuzer entworfen?
Viele Grüße

Carsten

juergenwaldmann

Dazu habe ich viele Berichte , hier zum Admiral Graf Spee , den ich 3 X als Fahrmodell im M 1/100 erstellt habe .

https://military-wikireading-ru.translate.goog/9290?_x_tr_sl=ru&_x_tr_tl=de&_x_tr_hl=de&_x_tr_pto=nui

Das erste Panzerschiff war auf den Namen " Deutschland " getauft worden und wurde im WW II in Lützow umbenannt .
LG  Jürgen

maxim

Zum Zeitpunkt des Entwurfs der Deutschland-Klasse gab es noch keine Trennung von Schweren und Leichten Kreuzern, die meisten damaligen Schweren Kreuzern stammten im gewissen Sinne - insbesondere in Bezug auf die Panzerung - von Leichten Kreuzern ab, sehr auffällig ist es z.B. bei den französischen Schiffen. Die Trennung in die beiden Kategorien erfolgte erst in den Londoner Flottenverträgen, viele der Schweren Kreuzer waren anfangs als Leichte Kreuzer klassifiziert.

Das die Deutschland-Klasse hat von den Schlachtschiffen der Pre-Dreadnought-Generation abstammt, halte ich für extrem unwahrscheinlich. Abgesehen von der Zahl der Geschütztürme gibt es keinerlei Ähnlichkeiten. Das gilt auch für die Ähnlichkeit zu Küstenpanzerschiffen.

Die Deutschland-Klasse ist eindeutig als Kreuzer entworfen, aber wegen des Versailler Vertrags nicht entsprechend klassifiziert worden (sie verdrängten zu viel und warnen zu stark bewaffnet) - und aus innenpolitischen Gründen wurde der offensichtliche Einsatzzweck - Handelskrieg - auch nicht gegenüber dem Parlament genannt, sondern gegenüber dem Parlament wurden sie als Küstenschutzschiffe bzw. Sicherung der Seeverbindung nach Danzig verkauft.

Warum waren es offensichtlich Kreuzer?
a) gewaltiger Fahrbereich, der Entwurf ist stark in dieser Hinsicht optimiert (auf Kosten der Panzerung und Geschwindigkeit)
b) leichte Panzerung (im Vergleich zu einem Schlachtschiff und auch Küstenpanzerschiffen)
c) Versuch in Bezug auf die Geschwindigkeit schneller als Schlachtschiffe zu sein, aber mit der Bewaffnung zeitgenössischen Kreuzern überlegen zu sein, d.h. Schlachtschiffen sollte ausgewichen werden (blöd, wenn man die Küste gegen die verteidigen möchte), während man sich gegen Kreuzer durchsetzen wollte (gut, wenn man Handelskrieg führt, da der gegnerische Handel primär durch Kreuzer geschützt wurde, zumindest wegen es durch Angriffe durch Überwasserschiffe ging)

Die Kombination von großen Fahrbereich und relativ geringer Geschwindigkeit (für einen Kreuzer) deutet auch klar auf den Atlantik als gedachten Einsatzort hin. In der Nord- und Ostsee wäre ein entsprechender Fahrbereich nicht notwendig und eine wesentlich höhere Geschwindigkeit vorteilhaft gewesen.

Matrose71

#3
Salve maxin,

große Teile deines Postes sind richtig, aber auch du bringst diesen uralten Mythos, bezgl Handelskriegsführung ins Spiel, für das die Panzerschiffe "eigentlich" entworfen wurden.
Das ist nach Quellenlage faktisch falsch!

Marinearsenal Band 6 "Panzerschiff Deutschland"; Zitat:

ZitatUnter dieser recht günstigen Konstellation entstand der Entwurf eines " Linienschiffskreuzers" als durchaus ausgewogener Typ.
Im Januar lehnte Admiral Zenker diesen jedoch ab , weil er ihn für die Verteidigung der Ostseezugänge als ungeeignet einschätzte.
Hiergegen nahm die Flottenabteilung unter Konteradmiral von Loewenfeld Stellung und wies darauf hin , daß dieser " Linienschiffskreuzer" primär einen politischen
Zweck zu erfüllen habe, weil er geeignet ist, das zwischen den großen Seemächten abgeschlossene Flottenabkommen von Washington zu "stören" und dadurch zu erreichen, daß Deutschland in dieses Abkommen aufgenommen wird (und damit in einem adäquaten Rahmen seine Hoheit über die Seerüstung zurückgewinnt).

Damit waren völlig neue Perspektiven eröffnet. Dieser Weg schien durchaus geeignet, aus der festgefahrenen militärisch-technischen Situation herauszufinden.
Admiral Zenker wies jedoch auch diese Perspektive ab, weil er sie letztlich doch nicht für erfolgversprechend einschätzte.

Nur wenige Monate später legte die Konstruktionsabteilung einen neuen, verbesserten Entwurf vor, und von da ab steuerte die weitere Entwicklung konsequent
auf das nach Kreuzernormen gepanzerte, aber mit schwerer Artillerie bestückte Schiff hin.

Im Juni 1927 fiel schließlich die Entscheidung: Die Marineleitung beschloß, die Frage nach dem wirklichen Ersatz-Linienschiff zu vertagen,
aber den " Linienschiffskreuzer" mit sechs 28 cm-Geschützen, 25 bis 27 kn Geschwindigkeit und 100 mm dicker Panzerung zu verwirklichen,
quasi eine Art Interimslösung.
Es wurde jetzt für richtig gehalten, zunächst zwei solcher Einheiten zu bauen und danach über den Bau standfester Schiffe Beschluß zu fassen.
Bis dahin sollte sich die Flotte mit den vorhandenen alten Linienschiffen begnügen.
Für den verwirklichungsnahen neuen Typ wählte die Marine die Bezeichnung " Panzerschiff'.
Damit folgte sie in wörtlicher Übersetzung dem im Versailler Vertrag ma nifestierten französischen Terminus " Cuirasse" .

Für das eigentliche Design der Panzerschiffe waren eher politische Gründe ausschlaggebend, denn sie sollten aktiv den 10000t Washington CA (20,3cm) Kreuzer aushebeln und gegen den wurden sie ausgerichet und entworfen, daneben stand sowohl Verteidigung der Ostsee Zugänge, Konvoi Schutz (Seeverbindungen) und Atlantikriegsführung eventuell gegen Frankreich im Lastenheft.
Viele Grüße

Carsten

Urs Heßling

moin,

siehe auch Panzerschiff A

von Loewenfeld hatte als Leiter der Flottenabteilung den Rang Kapitän zur See und wurde erst als BSO zum Konteradmiral befördert, siehe von Loewenfeld

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Matrose71

Moin Urs,

kleine Randnotiz, mein Text stammt als Zitat aus dem Marinearsenal Band 6, insoweit dachte ich, die schreiben den richtigen militärischen Rang auf, von den Leuten, auf die sie ihre Quellenzusammenfassung beziehen.
Viele Grüße

Carsten

maxim

Zitat von: Matrose71 am 13 Januar 2022, 13:08:45
Für das eigentliche Design der Panzerschiffe waren eher politische Gründe ausschlaggebend, denn sie sollten aktiv den 10000t Washington CA (20,3cm) Kreuzer aushebeln und gegen den wurden sie ausgerichet und entworfen, daneben stand sowohl Verteidigung der Ostsee Zugänge, Konvoi Schutz (Seeverbindungen) und Atlantikriegsführung eventuell gegen Frankreich im Lastenheft.

Tja, aber warum gegen die 10.000 t Kreuzer? Doch wohl primär, um sich in Handelskrieg gegen solche Kreuzer durchsetzen zu können.

Verteidigung der Ostseezugänge etc. sind doch nur politische Argumente, um das Schiff den politisch Verantwortlichen zu verkaufen. Die Konstruktion ist entweder überhaupt nicht dafür ausgelegt - oder die Konstrukteure waren komplette Stümper.

Matrose71

#7
Ähm,

ZitatTja, aber warum gegen die 10.000 t Kreuzer? Doch wohl primär, um sich in Handelskrieg gegen solche Kreuzer durchsetzen zu können.

Was ist das für ein Argument wenn Primär Quellen davon sprechen, das man den Washingtoner Vertrag, dort wurde die Tonnage für Kreuzer als Rüstungsbegrenzung festgelegt, aushebeln will, in dem man aus 10000t mit entsprechender Bewaffnung einen stärkeren/überlegenen Kreuzer baut?
Ach ja und französische Kreuzer können nicht in die Nordsee fahren und dort deutsche Häfen blockieren, wie sie es bereits 1871 getan haben, mit ganz anderen Auswirkungen um 1930?

Desweiteren kann ich dir versichern, als Jemand der von Schiffentwürfen zu dieser Zeit überdurchschnittliches Wissen hat, das Niemand ein Kriegsschiff (Kreuzer) für Handelskrieg entwerfen würde oder könnte, das ist klassische Hilfskreuzer und Uboot Aufgabe und wäre auch viel zu teuer. Kriegsschiffe werden dazu entworfen, gegen gegnerische Kriegsschiffe einer feindlichen Nation "anzutreten" und nicht um Handelskrieg zu führen, dieser Mythos Quatsch der sich seit Jahrzehnten in der Sekundärliteratur zu ziemlich allen großen Reichsmarine und KM Schiffen hält, ist einfach Nonsense!
Nur weil deutsche Kriegsschiffe dafür eingesetzt wurden, wurden sie noch lange nicht danach entworfen.

Die Primärquellen zu allen Schiffen liegen vor, die Deutschland Klasse wurde primär als politisches Schiff gesehen und entworfen, um den Washington Kreuzer zu kontern, SH und GN wurden als Antwort auf die Dunkerque Klasse entworfen und BS/TP waren eine Antwort auf die Richelieu Klasse alles nach Quellen belegt.
Nur bei der Hipper Klasse hat man völlig ins blaue gebaut, demtentsprechendes kam dabei raus.

Siehe auch nochmal Urs Link, da ist es auch nochmal bezogen auf die Deutschland Klasse beschrieben, auch das Frankreichs Kriegsschiffe durchaus als Gegner für deutsche Kriegsschiffe beim Entwurf des Panzerschiffes eine Rolle spielten.
Viele Grüße

Carsten

maxim

Zitat von: Matrose71 am 13 Januar 2022, 17:50:32
Was ist das für ein Argument wenn Primär Quellen davon sprechen, das man den Washingtoner Vertrag, dort wurde die Tonnage für Kreuzer als Rüstungsbegrenzung festgelegt, aushebeln will, in dem man aus 10000t mit entsprechender Bewaffnung einen stärkeren/überlegenen Kreuzer baut?
Das ist aber keine Aufgabenstellung. Das ist eine Vorgabe, an der sich die Bewaffnung, Geschwindigkeit, Panzerung etc. orientiert.

Die Frage ist aber, für welche Aufgaben das Schiff entworfen wurde.

Warum hat man einen Dieselantrieb gewählt, der dem Schiff eine gewaltige Reichweite, aber nur eine bescheidene Geschwindigkeit ermöglicht? Das Kriterium, dass man den Washington-Kreuzern überlegen sein wollte, hilft einem dabei gar nicht. Wenn es rein um die Überlegenheit gegangen wäre, hätte man auch auf eine höhere Geschwindigkeit setzen zu können. Es beantwortet auf jeden Fall nicht, warum man auf Reichweite setze.

Das Argument, dass man damals keine Kreuzer entwarf, um gegen Handel vorzugehen, halte ich für sehr gewagt. Die Idee, dass man mittels Überwasserschiffe Handel angreift war damals weit verbreitet - und spielte bei der Planung vieler damaliger Kreuzer eine wichtige Rolle - entweder zur Verteidigung des Handels oder eben zum Angriff. Die Idee, dass man den Handel primär mit U-Booten und Hilfskreuzer angreifen würde, ist etwas, was später real gemacht wurde - aber das war in den 1920ern keineswegs so klar.

Zitat von: Matrose71 am 13 Januar 2022, 17:50:32
Die Primärquellen zu allen Schiffen liegen vor, die Deutschland Klasse wurde primär als politisches Schiff gesehen
Das beantwortet aber nicht, warum man bei der Deutschland-Klasse diese Entwurfskriterien ansetze. Ein politisches Schiff hätte auch ein Küstenpanzerschiff sein können oder ein extrem schneller Kreuzer mit kurzer Reichweite oder auch etwas ganz anderes.

Man muss dabei beachten, dass nach den Vorgaben des Versailler Vertrags bei diesen Kriterien der Bau eines Küstenpanzerschiffs von den Siegern des Ersten Weltkriegs erwartet wurde - aber genau dies wurde offensichtlich nicht entworfen.

Dazu ist die Frage, an wen richten sich die Schreiben dieser offiziellen Quellen - dieses Zitat aus dem Marinearsenal (offensichtlich keine Primärquelle) ist hier sehr vage in Bezug für was diese Schiffe gedacht waren. Es wird die Auseinandersetzung erwähnt, u.a. die Idee, dass man durch das Schiff in den Washingtoner Flottenvertrag aufgenommen würde (in dem man das Schiff so auslegt, dass es nach den Kriterien des Vertrags nicht existieren dürfte?!). Aber das ist schon sehr vage und erklärt überhaupt nicht, warum man sich für diesen Entwurf entschied und nicht für einen anderen, z.B. für einen mit deutlich höherer Geschwindigkeit.

Frankreich als Gegner wäre gerade ein starker Hinweis darauf, dass es um den Handelskrieg ging. Die Dunkerque-Klasse wurde auch genau entworfen, um im Atlantik zusammen mit als Aufklärern entworfenen Großzerstörern der Mogador-Klasse deutsche Handelsstörer - eben die Deutschland-Klasse - zu jagen, um den französischen Überseehandel zu schützen - der für Frankreich sehr bedeutsam war.

Spee

Servus Carsten,

die Panzerschiffe waren m.E. grundsätzlich für keinen klaren Einsatzzweck gedacht, da Sie weder das eine (Linienschiff) noch das anderen (Kreuzer) Einsatzspektrum wirklich erfüllen konnten.
Man hatte eine klare Begrenzung (10.000t und 28cm Geschütze) und das waren die einzigen Vorgaben. Man durfte die alten Linienschiffe durch Neubauten ersetzen, also hat man nach einen irgendwie annehmbaren Kompromiss innerhalb der Begrenzungen gesucht und letztendlich gefunden. Der Rest danach ist "Mythos" und "Dichtung". Ich denke, selbst die deutschen Seekriegsleitung war über das Medienecho überrascht. Man konnte sich darin "sonnen". Geplant war das sicher nicht und es dürfte anfangs viele Skeptiker gegeben haben, die den Entwurf lieber in die Tonne getreten hätten. Später war man dann natürlich dafür und dabei, bei diesem tollen Entwurf.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

maxim

Den Kompromiss zwischen Linienschiff und Kreuzer halte ich für einen Mythos. Das passt überhaupt nicht zu dem gewählten Entwurf, dem Schwerpunkt des Entwurfs, die klare Betonung von großer Reichweite. Der Reichweite wurde viel geopfert, was andere Marine als essentiell betrachteten.

Urs Heßling

moin,

ich glaube, daß man etwas genuin Neues schaffen wollte (und den Entwickler-Mut dazu hatte), was innerhalb der gegebenen Grenzen des Versailler Vertrags etwas war, mit dem die Vertrags-, d.h. Siegermächte nicht gerechnet hatten.

Mit einem solchen Schiff ließ sich in Friedenszeiten im Ausland die Innovationsfähigkeit der deutschen Industrie demonstrieren.

Die große Reichweite erlaubte es, durch überlegte Wahl von Zeit- und Kursmöglichkeiten eventuelle "Beschatter" in See "abzuhängen".

Dazu kam , daß ein solches Schiff allen Schiffstypen eines vorstellbaren französischen Angriffs in der Nordsee überlegen war bzw. ihnen ausweichen konnte

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Matrose71

#12
Zitat von: Spee am 13 Januar 2022, 18:11:15
Servus Carsten,

die Panzerschiffe waren m.E. grundsätzlich für keinen klaren Einsatzzweck gedacht, da Sie weder das eine (Linienschiff) noch das anderen (Kreuzer) Einsatzspektrum wirklich erfüllen konnten.
Man hatte eine klare Begrenzung (10.000t und 28cm Geschütze) und das waren die einzigen Vorgaben. Man durfte die alten Linienschiffe durch Neubauten ersetzen, also hat man nach einen irgendwie annehmbaren Kompromiss innerhalb der Begrenzungen gesucht und letztendlich gefunden. Der Rest danach ist "Mythos" und "Dichtung". Ich denke, selbst die deutschen Seekriegsleitung war über das Medienecho überrascht. Man konnte sich darin "sonnen". Geplant war das sicher nicht und es dürfte anfangs viele Skeptiker gegeben haben, die den Entwurf lieber in die Tonne getreten hätten. Später war man dann natürlich dafür und dabei, bei diesem tollen Entwurf.

Hallo Thomas ich bin geneigt deiner Ansicht zuzustimmen, obwohl ich Urs Erklärung auch eine Menge abgewinnen kann und auch glaube das dort viel Wahrheit drinne steckt.
Aber ich möchte mal eine negative Betrachtung aufmachen, denn was mir nicht einleuchtet und was damalige technische Profis auch wußten, das man mit einer 28cm Hauptbewaffnung nicht mal ansatzweise einen Küstenpanzer bauen konnte, der mehr als Kreuzer erschrecken kann, denn mehr war aus dieser Armierung 1928 nicht herauszuholen, gegen Schlachtschiffe, auch gegen die ollen WWI Franzosen Kähne, war das ein unbrauchbares Kaliber mit der darmaligen Munition, um die wirklich zu erschrecken. Insoweit macht vom technischen Standpunkt her ein Küstenpanzer sehr sehr wenig bis gar keinen Sinn, denn Kreuzer erschrecken, kann man eben auch mit dem Panzerschiff.
Desweiteren dürfte auch beim Antrieb eher eine negative Überlegung eine Rolle gespielt haben, denn der deutsche Nassdampfantrieb der K-Kreuzer war was Raum und Gewichtsbedarf anbelangt, den Alliierten oder anderen führenden Marine Nationen unterlegen, teilweise deutlich, denn die Heißdampftechnik war noch gar nicht in Erprobung oder abzusehen. Dem gegenüber stand aber ein sehr großer technischer Vorsprung bei Diesel Motorenanlagen, der auch eine Atlantik Verwendung ermöglichte, insoweit war auch hier die Entscheidungsfindung wohl eher progressiv gestiimmt, weil man fast annähernde Kreuzer Geschwindigkeit erreichen konnte, aber auf alle Fälle entscheidend schneller als alle damaligen Schlachtschiffe war.

Zitat von: maxim am 13 Januar 2022, 18:16:01
Den Kompromiss zwischen Linienschiff und Kreuzer halte ich für einen Mythos. Das passt überhaupt nicht zu dem gewählten Entwurf, dem Schwerpunkt des Entwurfs, die klare Betonung von großer Reichweite. Der Reichweite wurde viel geopfert, was andere Marine als essentiell betrachteten.

Was wurde denn zugunsten der Reichweite aufgegeben?
Es waren im Endeffekt 3-4 kn Geschwindigkeit gegenüber Kreuzern, die man mit der wesentlich stärkeren Bewaffnung kompensierte, schneller als alle Schlachtschiffe zu der Zeit war man mit seinem Kreuzer auf alle Fälle, insoweit wurde im Vergleich zu einem herkömmlichen Washingtoner CAs etwas Geschwindigkeit aufgeben, und dies mit der Bewaffnung kompensiert. Dabei dürften die technischen Nachteile der deutschen Nassdampftechnik zur Entwurfszeit ebenfalls eine entscheidende Rolle beigetragen haben, ebenso das Laudahn noch am Leben war und an führender Stelle tätig war.

Fussnote:
Der Durchschlagskraft auf 20km  zwischen der 28cm L52 SK28 mit ihrer Munition APC 3.7 und der späteren 28cm L54 SK34 mit den APC 4.4 Granaten ist gewaltig, etwa um 50% plus höher zu Gunsten der SK34
Viele Grüße

Carsten

juergenwaldmann

Im Link von Urs wird das Thema doch deutlich , man musste sich an der Vertrag halten , die alten Linienschiffe hatten 4 Stück 28 cm Geschütze und ca. 10 000 t .

Ein wesentlicher Teil des Vertrags betraf die Verringerung der deutschen militärischen Stärke auf ein Minimum. Die allgemeine Wehrpflicht wurde verboten, die Personalstärke des Heeres wurde auf 100.000 festgesetzt. Moderne Waffensysteme, z.B. Flugzeuge und Panzer, waren nicht erlaubt. Für die Reichsmarine waren als Höchstzahlen festgelegt:

    - Gesamtstärke maximal 15.000 Mann
    - 6 alte Linienschiffe, Ersatzbauten mit max. 10.000 Tonnen Wasserverdrängung
    - 6 kleine Kreuzer, Ersatzbauten mit max. 6.000 Tonnen Wasserverdrängung
    - 12 Zerstörer, Ersatzbauten mit max. 800 Tonnen Wasserverdrängung
    - 12 Torpedoboote, Ersatzbauten mit max. 200 Tonnen Wasserverdrängung
    - einige Hilfsschiffe

http://seawarpeace.ru/deutsch/schlachtschiff/01_main/28_deutschland.html

Spee

Servus,

ich nehme mal gern Urs' Post um meinen Standpunkt zu verdeutlichen:

Zitat von: Urs Heßling am 13 Januar 2022, 18:24:37
moin,

ich glaube, daß man etwas genuin Neues schaffen wollte (und den Entwickler-Mut dazu hatte), was innerhalb der gegebenen Grenzen des Versailler Vertrags etwas war, mit dem die Vertrags-, d.h. Siegermächte nicht gerechnet hatten.

Ja. Absolut richtig. Die Frage war doch, was können wir aus den gegebenen Beschränkungen herausholen. Da muss man gelegentlich völlig neue Wege gehen. Man war mutig.

Mit einem solchen Schiff ließ sich in Friedenszeiten im Ausland die Innovationsfähigkeit der deutschen Industrie demonstrieren.

Ebenfalls sehr guter Punkt. MAN war ja nicht darauf aus, hauptsächlich für die Marine zu arbeiten. Da kam nie viel Geld rum, siehe z.B. die geringe Begeisterung von Blohm & Voss für die Kaiserliche Marine unter Tirpitz Schiffe zu bauen. Da war die Gewinnmarge viel zu gering. MAN wollte mit den Motoren im zivilen Bereich punkten. Dort konnte mit den Panzerschiffen geworben werden, das war eine Chance sich im zivilen Bereich neue Kunden zu akquirieren.

Die große Reichweite erlaubte es, durch überlegte Wahl von Zeit- und Kursmöglichkeiten eventuelle "Beschatter" in See "abzuhängen".

Hier auch wieder zwei Gründe für die große Reichweite. Die Marine hatte aus dem Ersten Weltkrieg gelernt, dass die "kurzen Beine" der kaiserlichen Schiffe ein schwerwiegender Nachteil waren. Spee wäre z.B. bei Falkland sicher viel früher aufgetaucht, wenn er nicht ständig hätte bunkern müssen. Eine höhere Geschwindigkeit wäre hier irrelevant gewesen.
MAN hätte mit dem "Reichweitenvorteil" Werbung machen können, "Von Hamburg nach Buenos Aires ohne tanken!"


Dazu kam , daß ein solches Schiff allen Schiffstypen eines vorstellbaren französischen Angriffs in der Nordsee überlegen war bzw. ihnen ausweichen konnte.

Genau. Was hatte Frankreich und mit welchem Typ konnten man die Franzosen am ehesten zur Verzweiflung bringen? Ein langsames Schiff wie die "Provence"-Klasse konnte sich mit der "Deutschland" nicht messen, da das Panzerschiff immer die taktische Position bestimmen kann, nötigenfalls auch ablaufen. Schmerzen werden die 28cm-Granaten trotzdem verursachen, die Franzosen könnten nur auf einen "Lucky Hit" hoffen. Die französischen Kreuzer wären dagegen in arger Bedrängnis, speziell die frühen schweren Kreuzer.

Zum Punkt der Aufgabe vom Geschwindigkeit für Reichweite. Was wäre den grob mit einer herkömmlichen Antriebsanlage für eine Geschwindigkeit möglich gewesen? 2 Knoten mehr, oder doch 4? Ich weiß es nicht. Vielleicht mag einer aus der Konstruktionsabteilung mal eine kurze Einschätzung vornehmen. Aber sollte es nur im Bereich 2-3 Knoten sein, würde das die Möglichkeiten der Panzerschiffe nicht wesentlich erweitern. Schwere Kreuzer bleiben immer noch schneller, auch für eine Flucht vor den britischen Schlachtkreuzern reicht es allemal nicht. Gegnerischen Schlachtschiffe kann man schneller entkommen, das geht aber auch mit 26-27kn. Dafür hat man "lange Beine" und kann in der Tiefe des Raumes abtauchen.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

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