Spezialschiffe der Kaiserlichen Marine

Begonnen von halina, 25 November 2012, 18:26:39

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halina

Neben einer Vielzahl von noch erwähnenswerten Einheiten möchte ich diesen Thread
beginnen mit 2 Schiffen die besonders von der Bauform her gesehen und einer zu
dieser Zeit hochentwickelten technischen Ausrüstung Beachtung verdienen .
    Der Aufbau der Kaiserlichen U-Bootflotte begann recht zögerlich, da man erst die
Erfahrungen mit dem Versuchsboot "FORELLE" in Kiel auswerten wollte das auch im
Herbst 1903 von Kaiser Wilhelm II besichtigt wurde , es war als E-Boot konstruiert,
hatte eine Länge von ca.13 meter und 4 Mann Besatzung .
Mit der Vorgabe des Reichsmarineamtes ein U-Boot zu entwickeln mit ca.350 t und
Angaben zu Geschwindigkeit und Reichweite erfolgte zunächst die Indienststellung
des ersten seetüchtigen Bootes 1906 mit SM- U 1 mit ca. 350 t Verdrängung und
einer Länge von 43 meter . Waren die ersten Boote noch mit Petroleum- Motoren
ausgerüstet ,kam dann mit U 19 das erste Boot mit Dieselantrieb 1913 zum Einsatz
mit einer üW-Verdrängung von dann schon ca. 650 t und einer Länge von ca.64 m ,
einer Sicherheitstauchtiefe von max .50 meter mit ca.35 Mann Besatzung .
Der Marineleitung war wohl bewusst , dass mit dem Aufbau der U-Bootflotte auch
Unfälle nicht auszuschliessen sind und reagierte auch dementsprechend mit dem
Bau von Hebeschiffen wie folgt :

"SMS VULCAN"  war als Hebe-und Dockschiff auf den Kieler Howaldtswerken als ein
                      Doppelrumpf-Schiff gebaut und wurde im Februar 1908 in Dienst
gestellt. Die Konstruktions-Verdrängung wurde mit ca.1.600 t angegeben, die Länge
mit ca.85 meter, die Breite mit ca.17 m , die Dockbreite mit ca.6,5 m und die Hebe-
Länge mit ca.61 m . Die Antriebs-Gesamtleistung betrug ca.1.100 PSi auf 2 Wellen
womit eine Geschwindigkeit von max. 12 Kn erreicht wurde , mit den 2 Hebewerken
konnte eine Last von ca. 500 t hochgeliftet werden . Die Besatzungsstärke wurde
mit ca.110 Seeleuten angegeben, dabei auch U-Bootfahrer .
Der erste Einsatz erfolgte am 17.1. 1911 mit der Hebung von U 3 im Kieler Hafen ,
welches bei einem Tauchmanöver infolge eines Unfalls gesunken war, es hatte eine
Verdrängung von ca.480 t und eine Länge von ca.50 meter.
Ein weitere Hilfestellung wurde geleistet bei der Hebung von U-30 am 27.8.1915 in
der Emsmündung ,welches am 22.6. 15 gesunken war .
Der letzte bekannte Bergungseinsatz hat im Seegebiet vor Helgoland stattgefunden
mit der Hebung von "SM-UC 45 im Oktober 1917 , welches bei einem Unfall am 17.9.
gesunken war .
Am 17.1.1919 wurde die "VULCAN" ausser Dienst gestellt mit Abmusterung des
Stammpersonals . Wegen der vorgesehenen Ablieferung an GB am 15.3.19 wieder
in Dienst gestellt und Fahrt von Kiel nach Brunsbüttel . Im Buch von Hildebrand/
Röhr/Steinmetz "Die deutschen Kriegsschiffe" wird der Bericht erwähnt vom dem
Kommandanten KK Schaper , der die chaotischen Zustände beschreibt , so musste
die gesamte Besatzung wegen Befehlsverweigerung , Trunkenheit und Vandalismus
nach Kiel zurückgeschickt und neues Personal eingesetzt werden .
Am 4.4. 1919 setzte sich dann der Verband bestehend aus "VULCAN" und "CYCLOP"
die von je 2 Schleppern gezogen wurden in Richtung Helgoland in Bewegung , wo
dann der kleine Kreuzer "REGENSBURG" die Begleitung übernahm und auch die Rück-
Führung der Besatzungen übernahm . Wegen Wetterverschlechterung und Windstärke
6 wurde die Seeleute der Vulcan bereits am 5.4. vom Kreuzer übernommen , am 6.4.
morgens hatte das Schiff bereits Schlagseite wegen Wassereinbruch im Steuerbord-
Rumpf und sank danach in den Fluten der Nordsee im Seegebiet vor Borkum . Die
Cyclop erreichte am 9.4. den Hafen von Harwich mit Übergabe an die RN .

"SMS CYCLOP"  wurde ebenfalls als Dock-und Hebeschiff gebaut und auch als U-Boot-
                     Reparaturschiff, der Neubau war notwendig da auch die Verdrängung
der U-Boote stetig angehoben  und bereits mit U 43-50 ca.730 t üW erreicht wurde
was in etwa der Boote vom Typ VII-C der KM entsprach .Der Stapellauf des Schiffes
erfolgte 1916 auf der Werft in Danzig,die Fertigstellung auf der Werft Bremer Vulkan
mit Indienststellung am 1.7.1918 . Das Schiff hatte eine Länge von ca.94 meter,eine
Breite von ca.20 m bei einer Verdrängung von ca.4.000 t , die nutzbare Dockbreite
wurde mit ca.10,5 m angegeben und die Hebeleistung mit ca.1000 t unter Einsatz
aller 3 Hebewerke , also die doppelte Leistung wie die der Vulcan , die Hebelänge
war auf ca. 69 meter beschränkt . Als Antrieb dienten 2 Dampfmaschinen mit je 900
PSi womit eine Geschwindigkeit von ca.9 Kn auf 2 Wellen gemessen wurde . Bis zu
124 Mann Besatzungsstärke konnten aufgenommen werden , darunter auch Taucher
der Rettungsschule sowie U-Bootleute .
Das nahe Kriegsende führte dann zu keinen Hebeeinsätzen ausser denen die nur für
Ausbildung unternommen wurden . Die "CYCLOP" wurde nicht nach dem Krieg ausser
Dienst gestellt , so dass mit der Stammbesatzung unter dem Kommando von K.Kpt.
Riechers die Überführung nach Harwich erfolgte . Da die RN für dieses Schiff keine
weitere Verwendung fand ,erfolgte 1923 die letzte Reise nach Wilhelmshaven wo
leider auch eine besondere technische Innovation ihr Ende fand .
                                                                                            Gruss Halina
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

halina

Unter Zugabe von Achim und Harald noch einige Fotos zum Thema . Gruss Halina

Bild # 1 Die "VULCAN" in der Bauphase 1907 ( Werksfoto Howaldswerke Kiel)

Bild # 2 Das Schiff nach Fertigstellung 1908        "                 "

Bild # 3 Die "VULCAN" im Kieler Hafen als U-Boot-Mutterschiff

Bild # 4 Das Schiff im Einsatz während einer U-Boothebung

Bild # 5 Die "CYCLOP" im Hafen mit ihren 3 Hebewerken

Bild # 6 Das Ende der "CYCLOP" 1923 in Wilhelmshaven
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

kawa1705


Urs Heßling

moin,

siehe auch  http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,18374.msg204094.html#msg204094

aus Sicht der Marinegeschichte ist interessant, daß die britische und französische Marine, mit mehr Unterseebooten als die deutsche im Jahre 1914, keine solche Schiffe bauten und nur die russische sich einen Nach- oder Lizenzbau leistete.

Gruß, Urs

"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

halina

Moin , eine interessante Fragestellung , man war wohl davon überzeugt , dass auch
mit synchron arbeitenden Kranschiffen eine Hebung der U-Boote möglich war ohne
in die teure Lizenz und Baukosten investieren zu müssen .    Ausser Russland hatte
nur noch Japan die Baulizenz von den Howaldtswerken erworben .
                                                                                            Gruss Halina
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
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                      Phil Borman

halina

Moin , neben der "VULCAN" war die Russische Marine auch an anderen Schiffs-Typen
interessiert die auf deutschen Werften gebaut wurden , so auch an dem Versuchs-
U-Boot "FORELLE" , welches in meinem Thread erwähnt wurde , dazu im Anhang
noch 2 Fotos als zusätzliche Ergänzung .
                                                                                  Gruss Halina

Bild # 1  Die Forelle 1902 mit Beginn der Probefahrten .

Bild # 2  Forelle auf dem Transport nach St.Petersburg mit 3 weiteren Booten 1911
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
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                      Phil Borman

kgvm

Frankreich hatte (seit mindestens 1908) aber ein ähnliches Fahrzeug, daß 1944 noch in Toulon vorhanden war:

halina

#7
Moin Kgvm , danke für die aufschlussreichen Fotos , es handelt sich hier wohl um
eine französische Eigenentwicklung . So wie ich sehe ist es ein Hebe-Schiff ohne
eigenen Antrieb das geschleppt werden musste , die nutzbare Docklänge könnte
so zwischen 60-70 metern betragen haben , es hatte wohl 3 Hebewerke so dass
damit ca. 750 t hochgeliftet werden konnte . Auf dem Foto von Toulon 1944 ist
aber nur noch das gesunkene Dockschiff zu erkennen .
                                                                               Gruss Halina   
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                      Phil Borman

Spee

Servus,

solche Schiffe gab's auch in Spanien (Kanguro) und Brasilien (Ceará).
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

kgvm

Korrekt erkannt, halina, mir ging es aber nur darum zu belegen, daß das Dock noch im 2. Weltkrieg existierte - und das ist das beste Foto aus dieser Zeit, das ich kenne.

kgvm

Das französische Dock wurde erst 1911-12 erbaut.
Mehr dazu (und ein Foto im Inneren bei der Bergung der "la Poursuivante" im Jahre 1943) im Beitrag von Capu Rossu vom 13. Oktober:
http://sudwall.superforum.fr/t6044-liberation-de-toulon

halina

Danke Kgvm für den Link mit der Fotoserie , die US-Airforce hat da wohl 1944 alles
platt gemacht . Die Hebeleistung des Docks entsprach etwa der "CYCLOP" mit ca.
1000 t , nur die Hebelänge war mit ca.50 meter um 15 m geringer .
                                                                                              Gruss Halina
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                      Phil Borman

halina

Hallo Spee , danke für die Infomation , gibt es dazu evtl. einen Link den man mal
anklicken kann um weitere Angaben zu erhalten ??
                                                                                     Grüsse Halina
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                      Phil Borman

Urs Heßling

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halina

Moin Urs , danke für die gute Information im Schnellboot-Tempo . Gruss Günter
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                      Phil Borman

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