50 Jahre Roman "Das Boot"

Begonnen von Schorsch, 28 August 2023, 13:26:48

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Urs Heßling

moin,

Schorsch :TU:)

Ich bin auch ein "Boot"-Fan, sowohl Buch als auch Film (in der Langversion!)

Zitat von: wirbelwind am 08 September 2023, 07:11:07Allerdings stellt sich mir nach wie vor die Frage, ob die Überzeichnungen im 1. Kapitel des Buches in der Form und Umfang notwendig waren.
Gibt es bei einem Roman die Frage nach "notwendig" ? oder vielleicht eher "angebracht" ?
Ich glaube, nein.
Der Begriff "Demythifizierung" ist treffend. Buchheim geht hier halt an die Schmerzgrenze.
Das darf man noch als "künstlerische Freiheit" akzeptieren ... auch wenn es schwerfallen mag

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

D.Ment

Zitat von: S-Roehre am 29 August 2023, 09:30:56...auch interessant zu lesen die beiden Nachfolgebände "die Festung" und "Der Abschied".
auf jeden Fall  :TU:)

Ekki

Achtung: Ich bin mir absolut sicher, dass ich hier nicht ein neues Thema starten möchte: Denn zu dem Thema Buchheim gibt es nur ein Thema: Buchheim.

Das Thema "Das Boot" steht jetzt auch nicht im Vordergrund. Sondern Buchheim. In einem Versuch, sich mir zu nähern, hat mein tumber Vater den Buch-Nachlass eines stramm rechten Kameraden auf mich kommen lassen.

Darunter befand sich das "Jahrbuch der Deutschen Kriegsmarine 1942". Kurz bevor ich mich dazu entschloss, es wegzuschmeißen, nahm ich es noch einmal in die Hand. Und da fand ich ihn, den wunderbaren Lothar-Günther.

Nach 30 Seiten allgemeiner Erklärungen finden sich in dem Machwerk 150 Seiten Propaganda, und der Herr Kriegsberichterstatter (er sah sich ja nie als Propagandist) lässt sich auch herbei. "Jäger im Weltmeer" auf 3 Seiten (die Unternehmungen im Bristol-Kanal, die er auf KARL GALSTER und HANS LODY tatsächlich miterlebt hat).

Jetzt behalte ich es erstmal doch. Denn ich lese zum dritten Mal "Die Festung". Nicht so griffig wie "Das Boot" ist die Festung ein aus meiner Sicht herausragendes Werk der deutschen Nachkriegsliteratur. Es ist ein Sittengemälde der Naziherrschafft, wie sie sich im Heimatland und im besetzten Gebiet für alle anfühlte, geschrieben von einem Mittäter, der wusste, dass er ein Mittäter war. Beschrieben wird der Zusammenbruch des Gewaltsystems und wie sich einzelne darin verhalten. Das Buch wurde 1996 herausgegeben. Starke autobiographische Momente. Vermischt mit Allgemeinem. Die Nutzung der Sprache, die Beschreibungen machen es zur Kunst. Man merkt, dass der Lothar-günther dauernd mitgeschrieben, mitgezeichnet, mitgemalt und mitfotografiert hat.

Jahrzehnte nach den Ereignissen hat er dann abgelassen. In den 50er und 60ern hat Buchheim ja nur über Künstler reüssiert. Erst 1973 mit dem "Boot" ging es dann los.

Ich möchte jetzt hier nicht undankbar erklingen. Buchheim hat der Nachkriegsgeneration besser als jeder andere aufgezeigt, was Krieg bedeutet. Und ich nehme ihm auch ab, dass er gegen den Krieg war. Er hatte auch sehr viel Mut, denn die Feindfahrten auf Zerstörern, Minensuchbooten und U-Booten bezeugen nichts anderes. Die meisten davon waren freiwillig.

Es ist ihm insbesondere hoch anzurechnen, dass er seine Geschichte nicht durch die Amis verwursten lies, sondern  wartete, bis ein für ihn tragfähiges Konzept dann durch Petersen realisiert wurde, dass die schockierende Wirkung hatte, weil es die Täter auch als Opfer darstellte, und jeder mit im "Boot" saß, egal welcher Nationalität, solange er nur den Film sah.

Ich äußere mich hier übrigens, weil hier einige schrieben, die ich kenne und ich bin bei Urs: Es ist die Fernsehversion (lang). "Die Festung" wird wohl leider nie verfilmt werden.

Buchheim ist dennoch sehr umstritten, und das mit Fug und Recht. Gerade in "Die Festung" versucht er sich rein zu waschen. Rein zu waschen von den Nazis. Weißt Du, wie hoch angesehen Du sein musstest, um in das "Jahrbuch
der deutschen Marine" mit einem Bericht rein zu kommen? Da warst Du in den Top 10 von 1000.

Ich werde mich mit diesem Oppoertunisten weiter herzlich beschäftigen und hoffe, seinen Marinejahrbuch-Beitrag hier hochzuladen.

Gruß
Ekki

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