Was ist mit den Marinesoldaten aus dem Ägäis-Bereich geworden?

Begonnen von Paul56, 29 Mai 2022, 17:37:03

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wirbelwind

Hallo,
kann OldMan nur beipflichten.Was ist das Ausharren bei großer Hitze ohne genügend Wasser während einer 1 wöchigen Gefechtsübung gegen das, was die Wehrmachts-/Kriegsmarineangehörigen beim Rückzug vom Balkan durchmachen mußten.Neben Hunger, Kälte, zu wenig Treibstoff und Munition die ständige Gefahr plötzlicher Überfälle von Partisanen und regulären Kräften aus dem Hinterhalt.Dazu die Ungewißheit, ob der Rückzug gelingt. Das prägt.Leider wird die Menschheit nicht schlau. Kriege sind die Folge.
MfG Wirbelwind

t-geronimo

Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

OldMan

Euer Interesse bestärkt mich, weiterzumachen. Momentan bin ich allerdings eine Woche (bis 26.8.) unterwegs. Zudem muss ich die Aufzeichnungen meines "Alten Herrn" noch etwas ordnen... Ich erbitte daher etwas Geduld, ich muss mich selbst noch etwas einlesen.

OldMan
Nihil, nihil (Von Nichts wird Nichts)

t-geronimo

Gruß, Thorsten

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(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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charlie096

Zitat von: OldMan am 14 August 2024, 12:42:18Euer Interesse bestärkt mich, weiterzumachen. Momentan bin ich allerdings eine Woche (bis 26.8.) unterwegs. Zudem muss ich die Aufzeichnungen meines "Alten Herrn" noch etwas ordnen... Ich erbitte daher etwas Geduld, ich muss mich selbst noch etwas einlesen.

OldMan

Hallo OldMan,

Ich danke das du uns an deinen Erzählungen teil haben lest, von deinem Vater. Hat er Tagebuch geführt oder das erlebte nieder geschrieben.

Ich bin Baujahr 1996 und für uns ist, das sehr schwer Nachvollziehbar. Ich und Mein Zwillingsbruder Interessieren uns seit dem wir 16 jahre sind für den 2 Weltkrieg. Nicht als Heldenromane oder als Verherrlichung von Ideologien. Sondern tatsachen, BZW Erzählung mit einblick in das was der jenige Gefühlt oder gedacht hat.

Von meinen Ur-ur-Großeltern weiß ich nicht sehr viel. Der eine ist Desatiert im April 45 und kam nachhause und wurde wieder abgeholt. Meine Ur-Omi erzählte das nur seine Brille und ausweis nachdem Krieg ihrer Mutter übergeben wurden. Von meinem Ur-Opa sein Papa ( Ur-Ur-Opa) war in beiden Welt kriegen und mein Groß onkel hat nur seine Gefangenschaft dokumentiert und seine Stationierung in Richitung Süd-Frankreich. Dies ist aber nur mündlich überliefert und nicht textlich, daher finde ich deinen Bericht sehr Interesant.

Liebe Grüße Benny

PS Lass dir zeit. Gute Dinge mag Weile Haben.

Rast

Zitat von: OldMan am 14 August 2024, 12:42:18Euer Interesse bestärkt mich, weiterzumachen. Momentan bin ich allerdings eine Woche (bis 26.8.) unterwegs. Zudem muss ich die Aufzeichnungen meines "Alten Herrn" noch etwas ordnen... Ich erbitte daher etwas Geduld, ich muss mich selbst noch etwas einlesen.

OldMan

Hauptsache du machst weiter!
Lass dir Zeit ☕
Lieber 5 Minuten vorsichtig als ein Leben lang tot!

OldMan

 Mein Vater hat das aus der Erinnerung heraus (mit wenigen geretteten Fotos) geschrieben. Einige Jahre hatte er auch noch Kontakte zu Kameraden (bis in die 60er, dann kam ja die Mauer und persönliche Treffen waren nicht mehr möglich, jedenfalls von seiner Seite: Wir lebten in Dresden, seiner Geburtsstadt, denn seine Eltern, meine Großeltern, hatten den schrecklichen Angriff auf Elbflorenz überlebt; da war er nach dem Kriege wieder hin...).
Hier also weiter:

"Als wir uns unter den immerwährenden Angriffen der feindlichen Jäger und Bomber in einem Seitental, welches stark bewacht war, wieder etwas gesammelt hatten, wurde erst einmal eine Zählung und Bestandsaufnahme gemacht.
Verluste wurden festgestellt: An Gefallenen: 87, Verwundete: 103, an Material: 3 2cm-Zwillingsflak, ein 2cm-Vierling, mehrere Gelände-MG-Fahrzeuge, B-Kräder und LKWs. Die Einheit hatte noch eine Stärke von 121 Soldaten und 2 Offizieren.
Da wir nirgends Proviant fassen konnten, mussten jetzt die am Wege liegenden toten und steifgefrorenen Pferde einer vor uns ziehenden bespannten Artillerie-Einheit dran glauben. Sie war außerhalb unseres Kessels und uns einige Wochen voraus. Es wurde nun in der Kombüse Pferde-Gulasch zusammengebraut und wir waren froh, mal wieder eine warme Mahlzeit zu bekommen.
Unter großen Schwierigkeiten setzten wir unseren Rückzug fort. Die Partisanen griffen immer wieder an. So geschah es, als wir auf einer großen freien Fläche einer Hammelherde mit einem Schäfer und seinen Hunden begegneten. Alles geriet dadurch ins Stocken und plötzlich wurde aus dieser Hammelherde heraus ein mörderisches Feuer auf uns eröffnet: Es gab wieder Tote und Verwundete. Unsere 2cm-Flak eröffnete ein vernichtendes Feuer bis Ruhe eingetreten war. Da lagen dann die Hammel und die in Schafspelze gehüllten Partisanen am Boden: Ein furchtbarer Anblick.
Am Skutarisee, wo wir einen Halt einlegen mussten, bekamen wir plötzlich aus heiterem Himmel einen Jagdbomber-Angriff. Wir konnten sehen, wie der Pilot seine Raketenbomben abschoß. Unsere Flak antwortete aus allen noch verfügbaren Rohren, jedoch erhielt unsere schwerste Kanone, die 3,7cm-Flak einen Volltreffer, dabei starb die gesamte Bedienungsmannschaft. Wieder waren es 7 Kameraden, die in fremde Erde gebettet wurden und die die Heimat nicht mehr wiedersehen würden...
Entlang der Save ging es wieder weiter, nachdem uns die Waffen-SS aus dem wandernden Kessel befreit hatte. Die SS bildete mit ihren Panzern und Sturmgeschützen einen Korridor, durch den unsere Gruppe aus der Umklammerung heraus kam.Damit hatten wir uns den Anschluss an unsere Hauptmacht erkämpft. Die Strapazen waren unsäglich. Viele Kameraden waren gefallen, verwundet und einige sogar in serbische Kriegsgefangenschaft geraten (Anm. von OldMan: Ich habe als junger Mann einen Arbeitskollegen gekannt, der in Visegrad/Jugoslawien kriegsgefangen war; ihm schien glücklicherweise nicht viel passiert zu sein.).
Nun konnte der Marsch auf Zagreb fortgesetzt werden, natürlich nicht ohne dauernden Fliegeralarm, denn die englischen Jagdflieger ließen uns nicht aus den Augen."

Erst mal wieder bis hierher; bei nächster Gelegenheit weiter.

OldMan
Nihil, nihil (Von Nichts wird Nichts)

OldMan

Bin ein wenig verzweifelt; der letzte Beitrag (Arbeit einer Stunde) ist im Internet verschwunden...
Heute nicht nochmal; ich versuche es morgen wieder.

OldMan
Nihil, nihil (Von Nichts wird Nichts)

t-geronimo

Keiner Tipp für lange (und so hautnahe) Beiträge:

Lieber erst in Word oder so vorschreiben, speichern und dann hier reinkopieren.
Dann ist in einem solchen Fall die Tipparbeit nicht umsonst gewesen.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

OldMan

Vielen Dank für den Tipp (hätte ich eigentlich selbst draufkommen müssen).
Ich mache mal (erneut) weiter.

"Wir erreichten Zagreb und konnten endlich Verpflegung, Munition und Treibstoff empfangen. Es wurde wieder in unserer Kombüse gekocht und es gab auch wieder etwas Tee oder auch Kaffee zu trinken.
Inzwischen bahnte sich der Frühling an und es war merklich wärmer geworden: Ein Segen für uns. Es konnten Reinigungsbäder und Zeugreinigung entsprechend den gegebenen Möglichkeiten durchgeführt, Waffen und Fahrzeuge wieder auf Vordermann gebracht werden.
Als ein paar Tage vergangen waren, kam der Befehl ,,Klarmachen zur Bahnverladung". Ein Transportzug wurde bereitgestellt und wir verluden den Rest unserer Kampfgruppe auf die Waggons. Die reise ging über Laibach und Klagenfurth Richtung Deutschland.
Zwischen Villach und Spittal im Savetal kamen in großer Höhe fünf englische Jäger geflogen, die sogenannten ,,Straßenfeger". Die Sonne schien ganz prächtig und wir waren für die ein ebenso prächtiges Zielobjekt. Unsere restliche Flak und die MGs waren feuerbereit. Wir sahen, wie ein Jäger nach dem anderen  einschwenkte und den Angriff auf unseren Transportzug einleitete. Schon krachte es, dass uns die Fetzen um die Ohren flogen. Raketenbomben trafen unsere am Zug letzte Flak und setzte sie außer  Gefecht. Die Lokomotive erhielt auch viele Treffer, so dass der Dampf aus allen Schusslöchern abpfiff. Der Lokführer und der Heizer waren noch während der Fahrt abgesprungen, hatten aber den Bremsvorgang zum Halten des Zuges vorher noch eingeleitet.
Weitere Treffer erhielt der Kommandowagen, die Kombüse mit den Köchen wurde zerfetzt und der Muni-Wagen fing an zu brennen. Er konnte in kurzer Zeit in die Luft fliegen. Geistesgegegenwärtig sprang der Obergefreite Klingelstein zwischen die Kupplung und löste diese, so dass der letzte Flak-Waggon und der Muni-Wagen mit Hilfe vieler Kameraden auf der zum Glück nach hinten leicht abfallenden Trasse zurückgeschoben werden konnte. Nach zirka 10 Metern rollten die Wagen von allein weiter. Wenig danach explodierte der Muni-Wagen. Weitere kleine Explosionen folgten. Die verbliebene Bordflak schoss die Rohre heiß; als die Flieger wieder angriffen. Alles, was Beine hatte, verließ den Zug und lief einen dichtbewaldeten Berghang hinauf, um Deckung zu suchen. Die Flak schoss einen der Flieger ab. Wir sahen eine Feuersäule in einiger Entfernung und hörten den Aufschlag. Danach beendeten die Jäger den Angriff und drehten ab.
Es war der letzte große Angriff, den wir auf unserem Rückmarsch vom Balkan erlitten. Wieder gab es Tote und Verletzte, Ausfälle an Geschützen und Geräten, Fahrzeugen und Waggons; auch die Lok war hinüber. Ich wurde an der Hand leicht verletzt; viele hatten nicht so ein ,,Glück": Unser Hauptfeldwebel war gefallen, die Kameraden von der Befehlsstelle, die Kochsmaate, eine ganze Flakbesatzung, einige MG-Schützen und unser letzter Sanitäter, ein Fahnenjunker.
Das alles trug sich bei ,,St. Peter im Holz" zu: Es war vernichtend gewesen. Was sollte nun ohne die Lok geschehen? Im Ort ,,St. Peter" waren Sanitäter mit Fahrzeugen und Helfern angekommen, sie nahmen sich unserer Verwundeten und Toten an und transportierten sie ab. Am späten Abend kam von irgendwo eine andere Lokomotive und wir setzten unseren Transportzug wieder zusammen. In Spittal wurde die zerschossene Lok ausrangiert und die Fahrt ins Reich wurde fortgesetzt..."

Mein Vater beschreibt seinen weiteren Einsatz, der ihn im Rahmen seiner Einheit zur ,,Entlastungsarmee Wenck" verschlug, dann zu einem Sonderunternehmen (mit Kampfschwimmern, nahe Groningen) und letztlich nach Brunsbüttelkoog, wo er bei der ,,German Mine Sweeping Administration" nach kurzer britischer Kriegsgefangenschaft als Kraftfahrer landete...
Von da (hier lernte er meine Mutter, ostpreußischer Flüchtling, kennen und heiratete sie 1946) ging er zurück nach Dresden, denn auf Umwegen hatte ihn die Nachricht erreicht, dass seine Eltern den Terrorangriff vom 13. Februar 1945 überlebt hatten...

Die Schilderungen seines ,,Endkampfes" sind recht abenteuerlich und haben mit der Ägäis nichts mehr zu tun. Es wäre vielleicht auch ganz interessant, davon zu berichten: Muss ich noch ein wenig aufarbeiten. Und es gehört vielleicht auch in einen anderen thread.

Bis hierher also und Dank für Eure Aufmerksamkeit: Mein alter Herr hätte sich gefreut.

OldMan

PS. Mein Großvater hatte noch einen undatierten Ausriß der "Dresdner Neuesten Nachrichten", in einem kurzen Schriftsatz wurde da von der Kampfgruppe meines Vaters und ihrem Durchbruch berichtet. Mein Vater hatte das dahingehend kommentiert, dass sie die Aufgabe gehabt hätte, den Rückmarsch der 1. Gebirgsdivision und des Jäger-Regiments Nr. 10 zu decken, was aber (s.o.) nicht klappte, man geriet selbst in die Bredouille als "wandernder Kessel" und erst die Panzerdivision "Prinz Eugen" hätte einen Schlauch gebildet, aus dem meines Vaters Einheit aus dem Kessel heraus konnte... OM

 
Nihil, nihil (Von Nichts wird Nichts)

wirbelwind

Hallo OldMan,
das Lesen der hier eingestellten Berichte ist für mich spannende Lektüre. Vermitteln sie doch einen Eindruck, wie die Dinge damals liefen.Dein Vater muss ja anschließend, als das Kapitel ,,Rückzug aus der Ägäis" für ihn beendet war, mehrere Einsätze kurz vor Kriegsende noch gehabt haben. Die 12. Armee unter Wenck existierte nur relativ kurze Zeit und von da aus nach Groningen, auch nicht gerade ein Katzensprung. Bin auf die weiteren Posts gespannt.
MfG Wirbelwind

Urs Heßling

#26
moin, OldMan,

Zitat von: OldMan am 01 September 2024, 11:32:03Bis hierher also und Dank für Eure Aufmerksamkeit: Mein alter Herr hätte sich gefreut.
Der Dank ist ganz unsrerseits :MG:  top  wirklich sehr interessant :TU:)


Zitat von: OldMan am 01 September 2024, 11:32:03Zwischen Villach und Spittal im Savetal ... Das alles trug sich bei ,,St. Peter im Holz" zu  ... Im Ort ,,St. Peter" ...
Ich bitte um Nachsicht, daß der Navigator eine kleine Korrektur anbringt : St.Peter in Holz nicht im Save- sondern im Drau-Tal
Eine Karte füge ich an.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Rast

Wir haben zu danken für deine Mühe!!
Schade das man deinem Alten Herren nicht mehr selbst danken kann.
Lieber 5 Minuten vorsichtig als ein Leben lang tot!

OldMan

St. Peter im Holz: Mein alter Herr hat das nach dem Gedächtnis geschrieben; da hat er wohl die Geografie ein wenig durcheinander gebracht. Herzlichen Dank für die Kommentierungen.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich jetzt in diesem thread weitermachen soll, denn das "Ägäis"-Ding ist ja nun geendet. Übrigens bewirtschaftete mein Vater mit seinem älteren Kameraden, einem Unteroffizier-Diensttuer aus Hilchenbach (nahe Siegen/Westphalen, wimre), Name bekannt, die Kantine der Einheit in Piräus und ging dort mit einer kleinen Griechin (die Fotos von ihr musste er auf Befehl meiner Mutter, was sie später bereute [O-Ton "Das war ein sehr hübsches Mädchen!"], wegwerfen. Themis hieß sie.
Vater war auch als Maschinenverantwortlicher auf einem alten requirierten griechischen Motor-Segler in der Ägäis im Einsatz: Kurier- und Nachschub-Dienste für Inselbesatzungen. Manchmal hat er davon erzählt.
Als ich dann selbst Unteroffizier bei der NVA war (leider kein Mariner), hat er gelegentlich meiner seine "Abenteuer" gucken lassen; allerdings immer mit dem Unterton eines "gebrannten Kindes", was Krieg anlangte...

OldMan
Nihil, nihil (Von Nichts wird Nichts)

Urs Heßling

moin,

Zitat von: OldMan am 10 September 2024, 12:46:51Vater war auch als Maschinenverantwortlicher auf einem alten requirierten griechischen Motor-Segler in der Ägäis im Einsatz: Kurier- und Nachschub-Dienste für Inselbesatzungen. Manchmal hat er davon erzählt.
Weißt Du noch mehr davon, evt. einen Namen ?

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

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