Bismarck-Klasse - ein fragwürdiger Entwurf?

Begonnen von Leopard2A6EX, 08 Februar 2012, 17:17:53

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Thoddy

#420
U.S. Naval Technical Mission in Europe Technical Report No 224-45 Latest German Battleships put into Service-Bismarck Tirpitz Hull construction.

Fehlanzeige hinsichtlich nicht geschützter Kabel
Abgesehen vom besonderen Schutz der Leitstände...

"There is splinter protection from 3/8" thick to 13/16" thick around ready service ammunition rooms, handling ammunition hoistst, bulwark, open navigation bridge, charthouse, cable truncks, fire control tower, AA director, communication central and after side of flag platform. All splinter material is class Wh n/A."

...
Dies sollte sich auch in der Bauvorschrift finden.

Wenn man davon ausgeht, dass es einen Volltreffer aus Lage 0 direkt in den schwer gepanzerten vorderen Leitstand gab. liegt hier zumindest ein katastrophales Ereignis vor, das für einen (Teil?-)Ausfall der Zentralen Kommunikation verantwortlich sein könnte. welche weiteren Räume der Schiffsführung hier unmittelbar betroffen waren???.

Ausweislich der Gefechts-Geometrie kann dieser Treffer eigentlich nur während der ersten 10-15 Minuten erfolgt  sein. weitere Beschädigungen im Aussenbereich der Brücke lassen meiner Meinung nach weitere Volltreffer vermuten

Aber theoretisch sollte das Schiff auch vom Turm B als Ersatz für die Schiffsführung geführt werden können. Aber auch hier sind wohl zwei direkte Treffer erfolgt einer zumindest während der ersten 15 min.

Artilleriefeuerleitung ersatzweise von Hauptstand und hinterem Leitstand bzw Nachtleitstand.

man könnte jetzt noch schauen, wo die Telefonzentrale beheimatet ist.
aber unabhängig von den elektrischen Kommunikationsanlagen gibt es dann noch Sprachrohre.

Zitat
'Optical Rangefinders' den Satz: "fire control cables were not specifically protected".
wenn sich das Kabel in einem gepanzerten Raum befindet, ist die Aussage falsch, das trifft insbesondere im Zusammenhang mit Entfernungsmeßgeräten zu.
Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

ufo

Zitat von: Thoddy am 21 Februar 2023, 11:34:00

Zitat
'Optical Rangefinders' den Satz: "fire control cables were not specifically protected".
wenn sich das Kabel in einem gepanzerten Raum befindet, ist die Aussage falsch, das trifft insbesondere im Zusammenhang mit Entfernungsmeßgeräten zu.

Das die Aussage falsch ist hatte ja sicher auch niemand hier bezweifelt Aber da die wie ein Springteufelchen immer und immer wieder irgendwo - grad in angelsaechsischen Foren - auftaucht ... da koennte sie herkommen.

Irgend eine arme Seele grad aus dem Bach gefischt und dann mal kurz ausgefragt. Der Satz selbst 'fire control cables were not specifically protected' ist ja so auch wenig nuetzlich. Ueberhaupt protected? Oder am Stecker? Oder ueber die volle Laenge?
Darum ist der Satz dann wohl spaeter auch gestrichen worden.

Aber wenn man Forenkultur so kennt: ein Dokument mit einer Kew Registierung ist dann auch erstmal Gospel. Da mag die Idee geboren worden sein, dass Deutsche Schlachtschiffe ihre Stromkabel wie Waescheleinen am Oberdeck laengslaufen hatten.   

Herr Nilsson

Nun, die Kabel zum Vormars waren tatsächlich nur splittergeschützt. Das ist auch anscheinend die Rückzugsposition derjenigen, die auf dieser "Kabelführungsgeschichte" herumreiten, wenn man mal genauer nachfragt.
Ich persönlich bin aber der Meinung, dass das unter die Kategorie "It's not a bug, it's a feature!" fällt. Man war sich wohl seinerzeit anscheinend im Klaren, dass man den Vormars nicht wirklich gut schützen konnte, ohne extrem toplastig zu werden. Nach meinem Verständnis hat man dieses Problem so gelöst, dass man zwar den Kabelschacht mit 14 mm Wh nur gegen Splitter geschützt hat, aber gleichzeitig alle Vorkehrungen getroffen hat, beschädigte Kabel in kürzester Zeit zu ersetzen. Ich finde, dass diese Lösung durchaus ihren Charme hat. Außerdem gab es ja noch zwei weitere Artillerieleitstände, die wirklich ordentlich bis sehr gut geschützt waren.
Gruß Marc

maxim

Waren die Kabel zu der Feuerleitposition im Vormars nicht bei allen Schlachtschiffen nur durch Splitterschutz geschützt?

Und waren die Kabel von unten aus der Zitadelle hoch in Richtung Kommandoturm nicht immer auch nur durch Splitterschutz geschützt?

Oder anders gesagt: waren nicht alle Schlachtschiffe aus dieser Epoche anfällig, durch Treffer in die Aufbauten ihre Feuerleitung zu verlieren bzw. zumindest die besseren Feuerleitgeräte und alle Radargeräte zu verlieren?

Diese Schiffe hatten überwiegend eine modifizierte "alles oder nichts"-Panzerung - und entsprechend waren große Teile des Schiffs (auch große Teile des Rumpfs) nicht gepanzert.

Big A

Zitatwaren nicht alle Schlachtschiffe aus dieser Epoche anfällig, durch Treffer in die Aufbauten ihre Feuerleitung zu verlieren bzw. zumindest die besseren Feuerleitgeräte und alle Radargeräte zu verlieren?

Eigentlich sind doch alle Kriegsschiffe durch Treffer in die Aufbauten relativ einfach aus dem Gefecht zu nehmen - heute mehr den je. Ist ein sogenannter "mission kill" im Gegensatz zum "unit kill", also dem Versenken. Es gibt genügend in den Arsenalen der Marinen weltweit, das genau dafür ausgelegt ist, in den Sensoren sich zu zerlegen und diese inop zu machen. Reicht für einen langen Ausfall der Einheit...

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

Herr Nilsson

Das große Problem in der Diskussion über solche Thematiken ist meines Erachtens die Tatsache, dass sie in den allermeisten Fällen mehr einem Schiffe-Quartett gleichen. Das ist meiner Meinung nach immer zu kurz gesprungen. Gerade bei der Frage des Panzerschutzes darf man den Schiffssicherung- bzw. den entsprechenden Gefechtsdienst IMHO nicht außer Acht lassen.

Direkte Treffer sind grundsätzlich schlecht, Panzerung hin oder her. Auch Splitter will keiner haben. Im Zweifel geht immer irgendetwas Wichtiges kaputt. Punkt. Letztendlich kann man nur schauen, dass man die daraus resultierenden Effekte irgendwie in den Griff bekommt und das kann auf verschiedene Arten geschehen. Die einen haben es so, die anderen so gemacht...oder wie der Rheinländer sagt: ,,Jede Jeck is anders".

Auf Bismarck war der Schacht zum Vormars im Vergleich schon aus sehr, sehr dünnem Material. Auf Iowa waren die Schächte und die Leitstände aus 38mm STS?, wenn ich die Zeichnungen im Garzke und Dulin richtig interpretiere. Ich mag mich auch täuschen, es ist aber nicht kriegsentscheidend. In jedem Fall war das Material deutlich dicker.

Auf Bismarck hat man anscheinend ausnahmsweise beim Vormars mal mehr in Richtung ,,All or Nothing" gedacht. Zum Vergleich:
Der Hintere Stand hatte 50 mm für den Schacht, 150 mm für die Seitenwände des Leitstands und 100 mm für die Drehhaube. Beim vorderen Stand waren es 220 mm für den Schacht, 350 mm für die Seitenwände und 200 mm für die Drehhaube. Die Böden und Decken lasse ich mal außen vor. Der Vormars hatte im Gegensatz dazu die besagten 14 mm für den Schacht, lediglich 55 mm für die Seitenwände und 30 mm für die Drehhaube.

Die reine Panzerung für den vorderen Kommandoturm wog aber ohne Drehhauben über 392 t, davon fast 91 t nur für den Schacht. Die Panzerung für den hinteren brachte fast 75 t auf die Waage mit 14 t für den Schacht. Würde man versuchen, den Vormars entsprechend dem achteren Stand zu panzern, würde der Schacht deutlich länger sein müssen. Das wären schon enorme Gewichte und im wahrsten Sinne des Wortes nicht zu stemmen. Der Vormars kann de facto nicht gepanzert werden.

Im Vergleich zu Iowa ist auf Bismarck der Vormarsleitstand tatsächlich sogar etwas dicker gepanzert als die Leitstände auf Iowa (vorbehaltlich der Richtigkeit meiner Interpretation der dortigen Materialstärken). Lediglich der Schacht ist halt aus dünnerem Material. Reicht der Splitterschutz des Schachts auf Bismarck für Splitter, die in der näheren, aber auch weiteren Umgebung entstehen, aus? Vielleicht ja, vielleicht nein. Auf deutscher Seite hat man sich anscheinend die Frage gestellt, ob man das Problem vielleicht auch anders lösen kann und man ist wohl zu dem Schluss gekommen, dass man es anstelle von mehr Gewicht auch durch die Vereinfachung von möglichen Reparaturen bewerkstelligen kann. Kann man so machen, muss man aber nicht.

AP-Geschosse gehen durch den Schacht auf Bismarck durch wie Butter, bei HE bin ich mir nicht sicher. Ein direkter AP-Treffer wäre also womöglich nicht zwangsläufig in jedem Fall sooo schlimm. Er wäre vermutlich sogar kurzfristig reparabel. Wie das Schadenbild auf Iowa aussähe, kann ich nicht sagen, aber deren Konstrukteure haben sich mit Sicherheit auch etwas dabei gedacht und ihre Lösung entsprechend bewertet. Aus meiner Sicht gibt es im Vergleich der Marinen kein besser oder schlechter, sondern das ist meistens eine reine Philosopiefrage.

Gruß Marc


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