Flotte schrumpft auf historischen Tiefstand

Begonnen von Dergl, 16 Juli 2016, 10:55:35

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Dergl

Hallo Forum,

der Bestand der Flotte ist auf 60 herunter?!

Neulich bekam ich den link zu einem Artikel der Kieler Nachrichten: Flotte schrumpft auf historischen Tiefstand.

Demnach sind nur noch knapp 60 Einheiten verfügbar.

Diese Zahl war mir neu. Ich kenne die Marine ja nur aus den 80ern, von denen man sagt, daß die Bundeswehr in diesem Zeitraum ihre größte Stärke hatte.

Jedoch ergibt sich so allmählich ein Bild, wenn ich daran denke, daß es diverse Diskussionen dazu gab, wie sehr die Marine mit den Einsätzen am Hoorn oder im Mittelmeer gefordert ist. Wenn man davon ausgeht, daß jeweils 2 Einheiten in einem Einsatzgebiete vor-Ort sind, dazu ein Versorger und jeweils eine Gruppe in Vor- bzw. Nachbereitung oder Reparatur, sind das schnell 15%-20% der Kapazitäten. Na dann kein Wunder.

Grüße
Detlef

RonnyM

...was tut man nicht alles, um eine schwarze Null zu repräsentieren... :angel:

Die Flotte wird auch noch weiter schrumpfen. Denn woher soll die Besatzungen kommen, die die Schiffe auch bedienen und fahren können :?

Um was Neues vorzustellen, braucht es bekanntlich mehrere Jahre als geplant. Durfte gerade zur Kenntnis nehmen, dass die Chinesen innerhalb von 6 Jahren ein Transportflugzeug zum Fliegen gebracht haben, dass doppelt so viel Fracht (60t) wie die AM400 transportieren kann. Außerdem erfriert man auch nicht im Laderaum (-30° gemessen) :x

Pflegen wir also das Vorhandene und lehnen uns zurück... :MS:

Grüße Ronny
...keen Tähn im Muul,
over La Paloma fleuten...

Sven L.

Kann es sein dass das Schrumpfen der Flotte ein Ende haben wird, wenn, wie von A. Merkel angekündigt, der Militärhaushalt ansteigen wird?
Grüße vom Oberschlickrutscher
Sven


_________________________________
Solange man seinen Gegner nicht bezwungen hat, läuft man Gefahr, selbst bezwungen zu werden.
Clausewitz - Vom Kriege

Rheinmetall

Der Kannibalismus welcher von der Politik betrieben wird, ist nicht mehr feierlich.  :BangHead:
Erst gestern habe ich gelesen, dass unser Bundesland Baden-Württemberg 800-900 Mio. Euro allein bei den Beamten einsparen will.  :-o
Und das in einem Land wo man mit "Bildung" und "Sicherheit" für die Landtagswahl geworben hat....

Rheinmetall

Ab Kapstadt ohne Kreiselkompass - Jürgen Oesten, U 861

ede144

ZitatErst gestern habe ich gelesen, dass unser Bundesland Baden-Württemberg 800-900 Mio. Euro allein bei den Beamten einsparen will.  :-o
Und das in einem Land wo man mit "Bildung" und "Sicherheit" für die Landtagswahl geworben hat....

Das Problem mit den Beamten ist ein anderes. Man hat in früheren Jahrzehnten Beamtenstellen geschaffen, die sind billiger als Angestellte. So langsam werden die billigen Beamten mit den Pensionen haushaltsrelevant und das wird noch manchem Finanzminister Probleme bereiten.

Aber grundsätlich hat die Größe der Marine bzw. der BW nichts mit einer schwarzen 0 zu tun, sondern damit das man für die Sicherheit vorsorgen will. Und hoffentlich merken die entscheidenden Leute, dass man schlecht pokern kann wenn der Gegner weiß wie schwach das eigene Blatt ist

lafet944

Hallo,

spiegelt diese Flottenstärke nicht die aktuelle Bedrohungslage wieder?

Das vom Grundgesetz vorgegebene Operationsgebiet sind Ost- und Nordsee. Die Ostsee ist im Vergleich zu WP-Zeiten inzwischen ein fast reines NATO-Gewässer, Schweden und Finnland sind zumindest assoziiert. Die russische Präsenz steht auf schwachen Beinen, deren vorhandene Flottenkräfte sind zu mehr als zur Küstenverteidigung im Raum Petersburg kaum in der Lage. Eine seeseitige Blockade der Exklave Kaliningrad durch die deutschen und dänischen (und die im Aufbau befindlichen polnischen) U-Boote wäre wohl kaum zu verhindern (der Luftraum ist durch AEGIS ASHORE, insbesondere, wenn die Hochrüstung auf die SM-3 Block IIA erfolgt, weitgehend "dicht").

Nordsee/Nordatlantik werden durch die vereinten Flotten (die Konzentration von Italien und Spanien auf das Mittelmeer mal vorausgesetzt) von Norwegen, UK (oder wie das später heißt), Niederlande, Frankreich, Portugal, Kanada beherrscht. Hinzu kommt natürlich die US Navy mit wechselnder Schwerpunktbildung.
Man sehe sich im Vergleich an, welche russischen Einheiten dem gegenüber stehen: die Überwasser-Konstruktionen aus der Zeit des kalten Krieges, also 25-30 Jahre alt und zahlenmäßig stark geschrumpft. Ebenso schwimmt unter Wasser wenig Neues, und wenn (YASEN, BOREI), dann in geringen Stückzahlen. Angesichts der schwachen Wirtschaft ist eine schnelle Hochrüstung auch illusorisch.

In welche Einsätze will man denn darüber hinaus reingehen?

Die multinationalen Einsätze vor Libanon und im indischem Ozean ziehen sich m.E. wegen mangelndem Willens zur Konfliktlösung, die sehe ich militärisch als nicht lösbar an.
Das gleiche gilt für die "Lösung" unseres Flüchtlingsproblems im Mittelmeer. Ein weiter so, ggf. mit verstärkter Flottenpräsenz und ohne Änderung der Zustände vor Ort sehe ich langfristig als schädlich an. Auch hier kann ich die Notwendigkeit einer wesentlich verstärkten Flotte nicht sehen, allenfalls das Fehlen von dafür spezialisierten Schiffen. 

Viele Grüße

Big A

ZitatDas vom Grundgesetz vorgegebene Operationsgebiet sind Ost- und Nordsee

...steht wo???...

auch sonst, recht - nun sagen wir - interessante Ansätze!

Sorry, wer mitspielen möchte sollte auch Murmeln haben.

So, wie in der Welt immer so viel passiert, wie in die Zeitung passt, so wurde die Bedrohungslage bzw. Analyse der Lage durch die Politik (merke: Parlamentsarmee) immer der Kassenlage angepasst. Die Soldaten hatten da sicher häufiger mal eine andere Meinung; das Primat der Politik ist jedoch nicht verhandelbar! Das ist auch gut so! Nur sollte politikseitig man sich dann aber auch selbst gegenüber so ehrlich sein zu sagen, wir haben zu viel zu schnell abgebaut und nun haben wir diese Situation, die häufig auf dem Rücken der Truppe ausgetragen wird.
:-D Man wird ja mal träumen dürfen :-D

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

pamir

Zitat von: Rheinmetall am 18 Juli 2016, 16:19:26
Der Kannibalismus welcher von der Politik betrieben wird, ist nicht mehr feierlich.  :BangHead:
Erst gestern habe ich gelesen, dass unser Bundesland Baden-Württemberg 800-900 Mio. Euro allein bei den Beamten einsparen will.  :-o
Und das in einem Land wo man mit "Bildung" und "Sicherheit" für die Landtagswahl geworben hat....

Rheinmetall
das mit "Bildung" und "Sicherheit" haben die sich anders vorgestellt, nämlich "Einbildung und Unsicherheit"
Gruß Peter

Bugsierstefan

Moin,

auch dazu meine "two pence".......

Die Flotte sinkt auf einen historischen Tiefstand.......wie so vieles in diesem Lande auch!
Im marinetechnischen Bereich, dass ist vielen Forenmitgliedern bekannt!
Im Bereich der inneren Sicherheit grassiert immer noch der Sparwahn...........für den Katastrophenfall, ist das THW mittlerweile auch "gehandicapt", weil Fahrzeuge und Personal fehlen.........eine Schneekatastrophe wie 1979 wäre bei uns im Norden nicht mehr beherrschbar, denn es gibt hier keine Panzer o. ä. welche in die Dörfer fahren.........bestes Beispiel war der Winter 2010/11 in HH,.........kein Streusalz, Fahrspuren im Eis......PKW mit engerer Spurbreite hatten im Frühjahr alle einen Termin in der Werkstatt zur Spureinstellung.......
HH fährt seine öffentliche Verwaltung wg. Personalmangels gegen die Kaimauer............usw....
Es ist gruselig, was man so in Gesprächen, "behördenübergreifend" so erfährt!
Und unsere Verantwortlichen, sie lächeln und spielen alles herunter!!!  :MS:

Ich kehre nun zu den maritimen Themen zurück und nehme eine "gelbe Karte" für das Abgleiten in die Politik an!  :MG:

Viele Grüße



Rheinmetall

Zitat von: Big A am 19 Juli 2016, 09:11:52
Sorry, wer mitspielen möchte sollte auch Murmeln haben.

Sehr geniale Redewendung.  :-D
Muß ich mir merken, Danke Axel !  top

Mit den besten Grüßen,

Matze
Ab Kapstadt ohne Kreiselkompass - Jürgen Oesten, U 861

SirElkon

Nabend Zusammen !

Ein Forum wie dieses dass sich ja auch in erheblichem Umfang mit Geschichte befasst kann meiner Meinung nach unmöglich politikfrei bleiben.

Die Reduzierung betrifft ja nicht nur die Marine , es werden sämtliche Teilstreitkräfte reduziert. Mit einer Freiwilligen- bzw. Berufsarmee ist etwas anderes bei unseren Bevölkerungszahlen wohl auch nicht möglich. Und die Wehrpflicht löst da auch keine Probleme weil deren Dienstdauer selbst bei 18 Monaten völlig unzureichend wäre um etwas anderes als Kanonenfutter auszubilden , dafür sind die heutigen militärischen Mittel einfach zu hochtechnisiert.

Die "Bedrohungslage" ist ein weiterer Faktor :wer bitte schön sollte den unsere Landesgrenzen angreifen ? Deren Verteidigung ist laut unserer Verfassung das einzige wofür die BW/BM/LW eingesetzt werden darf. Was wiederum das Einsatzgebiet der Marine auf Nord- und Ostsee einschränken würde.
Multinationale Einsätze wie vor Somalia und sonstwo in der Welt bedürfen der Zustimmung des Bundestages eben weil dergleichen eigentlich nicht in der Verfassung vorgesehen war. Hier wäre eine Reform übrigens auch dringend angebracht um unseren Soldaten einen besseren Rückhalt , rechtlich wie moralisch , zu geben.

Ich leihe mir mal das Zitat aus : "Sorry, wer mitspielen möchte sollte auch Murmeln haben"
"Möchten" wir denn ? Ist es nicht eher so , dass wir müssen ? Unsere frühere Praxis , ich nenn es mal "pay and pray" kam ja bei unseren Bündnisspartnern nicht so gut an wenn ich mich recht entsinne und hat unserem Ansehen sehr geschadet.

Wenn wir aber "mitspielen" dann brauchen wir auch die passenden Murmeln . (Btw: wirklich guter Spruch , muss ich mir merken)
Und hier fehlt mir nun der maritime Überblick bzw. das Wissen über die vorhandenen Einheiten und deren Einsatzmöglichkeiten.
Mir würde einleuchten wenn für derartige Einsätze (Piratenjagd , "Flüchtlingshilfe" , Sicherungsaufgaben etc.) nicht unbedingt eine hohe Anzahl sondern eher moderne und multifunktionale Einheiten nötig wären.

Ich nehme an , meine diesbezüglichen Wissenslücken können hier im Forum geschlossen werden . Muss nicht im Detail sein , mir würde reichen wenn ich nicht mehr völlig ahnungslos wäre :-D
"Hier steh ich nun, des Chaos vielgeliebter Sohn!" Goethe

Big A

ZitatDeren Verteidigung ist laut unserer Verfassung das einzige wofür die BW/BM/LW eingesetzt werden darf. Was wiederum das Einsatzgebiet der Marine auf Nord- und Ostsee einschränken würde.

Nein, denn gem GG kann die Bundesrepublik "Bündnissen gegenseitiger Sicherheit" (genaue Zitat habe ich nicht hier) beitreten und übernimmt dann (wie mit NATO / UN-Mitgliedschaft) neben den Rechten auch - und das wird oft vergessen - Pflichten. Punkt.
Die Ausgestaltung der Pflichten obliegt bei einer Parlamentsarmee ebendiesem.

Und "mitspielen" möchten zumindest Teile der derzeitigen Regierung sicher, sonst würden sie Einsätze nicht immer wieder verlängern (mandatieren); wer sich einbringt darf dann eben auch bei der Lösung von Krisen ernsthaft wahrgenommen mit an den Verhandlungstisch.

Und die Mittel dafür muss nun mal der Bürger aufbringen. Umsosnt ist der Tod, und der kostet das Leben, alles andere gibt es nur gegen Cash.

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

lafet944

Zitat von: Big A am 21 Juli 2016, 22:41:17
...
Und die Mittel dafür muss nun mal der Bürger aufbringen. Umsosnt ist der Tod, und der kostet das Leben, alles andere gibt es nur gegen Cash.

Axel

Die Erfahrungen der letzten 15 Jahre lassen mich ernsthaft zweifeln, dass es eine größere Flotte bräuchte, um die Krisen, mit denen wir es derzeit zu tun haben, zu lösen.

Die einzige Supermacht, nebenbei auch mit der größten Flotte, führt seit 15 Jahren einen Krieg gegen den globalen Terror, dessen Erfolg im umgekehrten Verhältnis zum militärischen Aufwand steht. 2014 (soweit geht die detaillierte Statistik des Global Terrorism Index 2015) war das Jahr mit den meisten Terroropfern, daneben hat sich auch die Anzahl der Länder, in denen es Terroranschläge gibt auf einen neuen Höchststand bewegt.

Man kann es auf die Beharrlichkeit dieser Nation schieben (deren "War on Drugs" ähnliche Erfolgsquoten vorweisen kann), aber man muss das "Weiter so!" infrage stellen können, statt um jeden Preis mitmurmeln zu wollen. Aus meiner Sicht sind 15 Jahre lange genug, um einen Weg kritisch zu hinterfragen.


Als Shiplover tut es mir natürlich auch leid, dass man heute nicht mehr Linienschiffe im Vierer-, oder besser im Achtertakt vom Stapel lässt, um die nationalen Bedrohungen zu beherrschen. 

Als Steuerzahler (zumindest angesichts der heutigen Verteilung der Steuerlasten) bin ich heilfroh darüber, dass wir nicht mal mehr den Stahl dafür ohne chinesische oder indische Hilfe zusammen bekommen würden.   

:-D

Viele Grüße

RonnyM

...richtig lafett944, nur wer zieht die Reißleine :?

Grüße Ronny
...keen Tähn im Muul,
over La Paloma fleuten...

ede144

Zitat von: lafet944 am 22 Juli 2016, 09:38:46

Die Erfahrungen der letzten 15 Jahre lassen mich ernsthaft zweifeln, dass es eine größere Flotte bräuchte, um die Krisen, mit denen wir es derzeit zu tun haben, zu lösen.
Sorry mit dieser Ansicht, wirst du die Krisen im Nahen Osten nicht lösen können, weil du sie noch nicht mal verstehst. Die Grundlagen für die Bürgerkriege wurden 1919 in dem hübschen Schloß von Versailes gelegt und sind heute nicht mal eben lösbar. Weder militärisch noch Gebeten von Blumenkindern oder wortgewaltigen Interviews von Außenministern die mal wieder zu einer Konferenz einladen.

Zitat von: lafet944 am 22 Juli 2016, 09:38:46
Die einzige Supermacht, nebenbei auch mit der größten Flotte, führt seit 15 Jahren einen Krieg gegen den globalen Terror, dessen Erfolg im umgekehrten Verhältnis zum militärischen Aufwand steht. 2014 (soweit geht die detaillierte Statistik des Global Terrorism Index 2015) war das Jahr mit den meisten Terroropfern, daneben hat sich auch die Anzahl der Länder, in denen es Terroranschläge gibt auf einen neuen Höchststand bewegt.

Man kann es auf die Beharrlichkeit dieser Nation schieben (deren "War on Drugs" ähnliche Erfolgsquoten vorweisen kann), aber man muss das "Weiter so!" infrage stellen können, statt um jeden Preis mitmurmeln zu wollen. Aus meiner Sicht sind 15 Jahre lange genug, um einen Weg kritisch zu hinterfragen.
Wie es auch nicht geht hat man ja in Lybien gesehen. Man wirft ein paar Bomben, der aktuelle Diktator ist gestürzt und dann hat man das Land im Regen stehen lassen.

Zitat von: lafet944 am 22 Juli 2016, 09:38:46
Als Shiplover tut es mir natürlich auch leid, dass man heute nicht mehr Linienschiffe im Vierer-, oder besser im Achtertakt vom Stapel lässt, um die nationalen Bedrohungen zu beherrschen. 

Als Steuerzahler (zumindest angesichts der heutigen Verteilung der Steuerlasten) bin ich heilfroh darüber, dass wir nicht mal mehr den Stahl dafür ohne chinesische oder indische Hilfe zusammen bekommen würden.   

:-D

Viele Grüße
Den Stahl bekommt man zusammen, aber der Stahl ist wertmäßig an heutigen Kriegsschiffen das billigste daran. Und wehe wenn der Bundestag mal in einer moralischen Anwandlung die Besetzung Tibets als Missachtung des Völkerrechts verurteilt.

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