Berechnung von Segelschiffgeschwindigkeiten

Begonnen von wer, 27 Oktober 2006, 19:44:54

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wer

In einem Roman habe ich gelesen, das ein kleineres Segelschiff mit erfahrenem Skipper maximal 1,3 mal die Quadratwurzel der Wasserlinie erreichen kann. Stimmt das oder ist das Müll? Und wenn das für kleine Segler gilt, kann man das auch auf größere Schiffe beziehen?

Gruß

Christian

P.S.: Wenns eher in die Technikabteilung gehört, bitte ich einen Mod, den Thread zu verschieben!

Peter K.

Gemeint ist hier wohl die sogenannte Grenz- oder Rumpfgeschwindigkeit, die von normalen Kielbooten nicht überschritten werden kann.

Ab dieser Geschwindigkeit entsteht der größte Fahrtwiderstand - auch Formwiderstand genannt - ersichtlich an der Heckwelle am oder kurz hinter dem Heck und der Bugwelle am oder kurz hinter dem Bug.
Das heißt also, daß das Boot ein Wellensystem erzeugt, das seiner Länge in der Wasserlinie entspricht.

Die Rumpfgeschwindigkeit in kn errechnet sich mit 2,43 x Wurzel aus der Wasserlinienlänge!

Wollte man ein konventionelles 9 m Boot mit einer Rumpfgeschwindigkeit von 7,3 kn stärker antreiben, würde es nicht schneller werden, sondern mit dem Heck tief eintauchen, sich dort festsaugen - es würde unkontrollierbar!

Moderne Segeljachten mit ihren breiten Rümpfen und vollem Achterschiff bringt man mit einer starken Maschine allerdings über die Rumpfgeschwindigkeit hinaus, bis etwa 2,8 x Wurzel aus L.
Als wirtschaftliche Geschwindigkeit bezeichnet man auch den Bereich von 1,8 bis 2,1 x Wurzel aus L.

Erwähnt sein noch, daß kleine Rennjollen die Rumpfgeschwindigkeit sehr erheblich überschreiten können, besonders auf raumen Kursen!
Sie gleiten dann allerdings und verdrängen nicht mehr! Dabei reiten sie faktisch auf ihrer eigenen Bugwelle und lassen ihre Heckwelle weit hinter sich!
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Leutnant Werner

Der erste Segelschein steht fürs nächste Jahr bei mir immer noch auf der Agenda, Peter :-D

Peter K.

Schön, EKKE, wenn´s dich dann zufällig nach Wien verschlägt, machen wir ein paar Schläge auf dem GIFTZWERG an der "Alten Donau"!  :MG:
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

wer

kann man diese an sich simple Rechnung auch auf größere Einheiten beziehen als welche mit 10 m Wasserlinie oder muss man dann noch andere Dinge berücksichtigen?

Gruß

Christian

Peter K.

Na ja, alle diese Formeln sind mehr oder weniger empirische Erfahrungswerte, die allerdings - zumindest in Österreich - auch bei der Prüfung für den Segelschein abgefragt werden.

Ich persönlich chartere - je nach Crew - Segeljachten mit einer Länge zwischen 10 und 15 m. Bei solchen Schiffen rechne ich mit einer durchschnittlichen Reisegeschwindigkeit unter Segel (bei mittleren Winden von Beaufort 4-5 und wechselnden Kursen) von 4,5 kn.
Insofern erscheint mir die Angabe "deines" Skippers von 1,3 x Wurzel aus der Länge ein sehr brauchbarer Wert eben für die Durchschnittsgeschwindigkeit einer Segeljacht unter Segel bei den oben erwähnten Bedingungen.
Ein 10 m - Schiff käme dann auf 4,1 kn, ein 12 m - Schiff auf 4,5 kn und ein 15 m - Schiff auf 5,0 kn.

Nur zum Vergleich ...
Wenn du hart am Wind segelst, würde ich mit einer Geschwindigkeit von nicht viel mehr als 1,0 x Wurzel aus der Länge rechnen (3,5 kn beim 12 m - Schiff).
Segelst du aber halber bis raumer Wind, íst schon eine Reisegeschwindigkeit von 1,8 bis 2,0 x Wurzel aus der Länge (6,2 bis 6,9 kn beim 12 m - Schiff) drin!  :wink:

Vielleicht noch zum "Wert" solcher Formeln ...
Einen sehr kursbeständigen Langkieler, eine wunderschöne 12 m - Ketch, bin ich bei entsprechendem Wind und Kurs problemlos nahe der Rumpfgeschwindigkeit gefahren, so etwa mit 8,5 kn!
Eine ELAN420, ein schneller Kurzkieler von etwas mehr als 12 m Länge, haben wir durch glückliche Umstände kurzzeitig sogar zum Surfen mit knapp 16 kn gebracht - nicht ganz ungefährlich und da sollte jedenfalls der beste Rudergänger am Steuer stehen, aber ein irre Gefühl!!!  :-D

Ich persönlich würde diese Formeln für Segeljachten bis vielleicht 25 m Länge - sollte ich je auf so nem Schlachtschiff fahren - anwenden, aber die Rechenergebnisse aus dem Bauch heraus großzügig abrunden - sicher ist sicher!  :wink:
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Huszar

Wenn wir schon bei solchen grossen SChiffen sind:

Welche Geschwindigkeiten waren für Klipper und Segel-Linienschiffe drinn?
zB Cutty Shark, oder die Victory?

mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

kalli

... oder der Lastensegler "Pamir".

( wir haben gerade das Cover für die DVD gedruckt :-) )

Peter K.

Also die CUTTY SHARK war ja einer der schnellsten Teeklipper überhaupt und ist mit einem "fetten" Linienschiff wie der VICTORY geschwindigkeitsmäßig gar nicht zu vergleichen!

CUTTY SHARK soll 17 kn erreicht haben, die VICTORY kam auf 8 oder 9 kn.
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Peter K.

PAMIR erreichte unter normalen Umständen 13,5 kn, kam aber angeblich auch mal auf 16 kn.
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Tri

Jo diese Geschwindigkeiten gibt auch diese Seite an. Auf der Seite finden sich interessante Bilder.


Grüße
Tri
Wozu brauchen wir Bürgerrechte, wir leben doch in der EU.

kalli

@Joerg,

da hast Du ja wieder eine interessante Seite gefunden. :O/Y
Angeregt durch unseren Druckauftrag wollte ich mich gerade etwas näher mit der Geschichte der Pamir beschäftigen.

Huszar

Unter diesen Umständen ist es eigentlich nicht zu verwundern, dass sich die Segelfrachter so lange behaupten konnten - vor allem, wenn sie auch Hilfsmaschinen hatten.

So um die 10 Knoten fahren können, während die ersten Dampfer diese GEschwindigkeit kaum erreichen konnten...

mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Tri

@kalli, bei der DVD handelt es sich ja sicher um den Film "Der Untergang der Pamir". Der Film kommt glaube ich am 24. und 25 November im Fernsehen, der wird auf jedenfall angesehen.  ::Y>


Grüße
Tri
Wozu brauchen wir Bürgerrechte, wir leben doch in der EU.

kalli

Ja so ist es. Bis dahin mssen die DVDs bereit liegen :-)

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