Savo Islands, 9. August 1942

Begonnen von Thomas, 30 März 2006, 12:02:24

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Thomas

Hallo,

wenn ich das eigentliche Nachtgefecht (war das eigentlich das verlustreichste Schiffsgefecht der US-Marine?) richtig verstanden habe, dann war das Ergebnis wohl eine direkte Folge der Überraschung der amerikanischen Kriegsschiffe, Konfusion über Standorte, Unwirksamkeit der vorlaufenden Patrouille (die jap. Schiffe sind hinter einem kreuzenden amerikanischen Zerstörer durchgelaufen).

Die Vorgeschichte ist für diesen Ablauf wesentlich:
1. Die japanischen Schiffe (bzw. Teile der zusammengeholten Kreuzer) sind südlich Kavieng, dann südlich Rabaul und mit Kurs Salomonen mehrfach gesichtet worden (von U-Booten und Flugzeugen, die für Guadalcanal den Aufklärungsschirm mit vorgeschriebenen Sektoren bildeten), auch am 8.8.42 südlich Bougainville. Trägerflugzeuge wurden ebenfalls auf sie angesetzt. Dazu gab es Fehlinformationen und verspätete Meldungen.

2. Die amerikanischen Träger sollen am 8.8. oder 9.8. (???) abgezogen worden sein, weil sie kritische Grenzen bei der Einsatzbereitschaft von Jägern (70%???) als Vorgabe nach Midway sowie ihre Treibstoffreserven unterschritten haben. Damit ist das Ablaufen von Mikawa erklärbar.

Soweit zusammengefaßt nach Morison. Weiß jemand Genaueres dazu? Stimmt die Angabe des vorgegebenen Operationsabbruches bei Unterschreiten bestimmter einsatzbereiter Jägerzahlen auf den Trägern?

Grüße
Thomas :wink:

Scharnhorst66

Hallo cpa95,
zu 1.
Der anlaufende Verband von Mikawa wurde zweimal von Flugzeugen gesichtet.
Sie meldeten fälschlicherweise  bei der ersten Sichtung : 3 Kreuzer , 2 Zerstörer ( Paul Dull gibt 3 DD an ) und zwei Seeflugzeugtender ..

Auch die zweite Sichtung durch eine "Hudson"  erbrachte keine große Änderung  : 2 Kreuzer , 2 Zerstörer und ein nicht identifiziertes Fahrzeug ..

Das sie von Trägerflugzeugen angegriffen wurden ist mir unbekannt.
Auch Paul Dull schreibt nichts darüber ..??

zu 2:
Laut meinen Infos zog Fletcher Seine Träger aufgrund der Torpedoflieger und Bomber , welche von Raboul starteten zurück.
Fletcher war sowieso gegen einen längeren "Aufenthalt" vor Guadalcanal ..
zugesagt hatte er 48 Std - verblieb aber nur 36 Std vor Ort .
Laut Admiral Turner mußten aber wenigstens 96 Std für das Ausladen veranschlagt werden.
Dieses interessierte aber Fletcher nicht viel und er zog Seine Träger in Südöstliche Richtung ab .
" Fehler sind normal , Irrtümer üblich , Informationen selten vollständig , oft unzutreffend und häufig irreführend "
Sound Military Decision 1936
Gruss Micha

Torpedo

Da fällt mir neben der ernsthaften Literatur (Ruge, u.a.) noch das gute alte Task Force 1942 Spiel ein, bei dem die ganzen Schlachten ziemlich gut nachspielbar waren. Sozusagen ein Navyfield Vorgänger, aber schon ziemlich gut gemacht...ach ja, als man noch studierte und nächtelang im Pazifik kämpfte (oder im All...)
Uli "Torpedo"   [WoW Nic: Torpedo_uas]

"Man muss seine Geschichte kennen, um nicht die gleichen Fehler zu wiederholen"

Restaurierungsbericht des SEELÖWE, 20er Jollenkreuzer Baujahr 1943
http://facebook.com/r167seeloewe

Mario

Was sich die alliierte Streitmacht vor Guadalcanal Anfang August 1942 an Fehlern geleistet hat, ist wahrlich kaum zu übertreffen.
Die verspätete und ungenaue Übermittlung der Aufklärungsmeldungen kann man ja fast noch entschuldigen. Aber die Tatsache, das der kommandierende Admiral Crutchley seine Kreuzer verläßt, um an einer Besprechung der Landungsflotte teilzunehmen, ohne entsprechende Befehle an alle seine Schiffe zu senden, ist schlichtweg unentschuldbar. Dadurch waren den einzelnen Befehlshaber der Kreuzer nicht nur die genauen Standorte der eigenen Flotte unbekannt, es fehlte auch an einer klaren Kommandostruktur.
Weiterhin waren die alliierten Kreuzer auf Nachtgefechte so gut wie gar nicht vorbereitet. Es gab überhaupt keine koordinierte Gegenwehr, die Japaner konnten sich die feindlichen Schiffe fast einzeln vornehmen.
Persönlich halte ich Aufteilung der alliierten Kreuzerflotte in drei Gruppen plus einzelne Zerstörer für vollkommen verfehlt. Ich denke, es wäre geschickter gewesen, die geballte Streitmacht im Sund zu konzentrieren und die Sundeingänge stärker zu überwachen. Dazu hätten aber mehr Zerstörer eingesetzt werden müssen. Dem gemeldeten Feind wäre man dann geschlossen entgegengetreten.

Der Abzug des Mikawa-Verbandes nach dem Sieg zeigt meiner Meinung nach die große Schwäche in der japanischen Kriegermentalität. Anstatt einen Sieg taktisch geschickt auszunutzen, waren diese Erben der Samurai stolz auf die Vernichtung ihrer Gegner und verließen selbstzufrieden den Ort der Schlacht. Für sie war es wichtiger, ein feindliches Kriegsschiff zu versenken, anstatt nachher eine wehrlose feindliche Landungsflotte zu vernichten.

Torpedo

Gut analysiert Mario. Da hatten die Amis mehr Glück als Verstand. Aber die Geschichte von Guadalcanal und dem Eisenbodensund ist ohnehin sehr spannend. In diesem Zusammenhang finde ich auch die Tauchgänge von Ballard sehr aufschlussreich, vor allem mit seinen Versuchen der Rekonstruktion der Ereignisse und Lückenschließung.
Uli "Torpedo"   [WoW Nic: Torpedo_uas]

"Man muss seine Geschichte kennen, um nicht die gleichen Fehler zu wiederholen"

Restaurierungsbericht des SEELÖWE, 20er Jollenkreuzer Baujahr 1943
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Mario

Es fällt schon irgendwie auf, das der Ami immer erst ordentlich eins auf die Mütze bekommen hat, bevor er sein gewaltiges militärisches Potenzial ausreizen konnte.
Pearl Harbor, Guadalcanal, Kesserine-Pass, Utah-Beach, Ardennenschlacht.

Spee

Der Abzug des Mikawa-Verbandes nach dem Sieg zeigt meiner Meinung nach die große Schwäche in der japanischen Kriegermentalität. Anstatt einen Sieg taktisch geschickt auszunutzen, waren diese Erben der Samurai stolz auf die Vernichtung ihrer Gegner und verließen selbstzufrieden den Ort der Schlacht. Für sie war es wichtiger, ein feindliches Kriegsschiff zu versenken, anstatt nachher eine wehrlose feindliche Landungsflotte zu vernichten.

Nett gesagt, aber Admiral Mikawa war kein Samurai und vor allem kein Idiot. Wenn er die Transporter hätte angreifen wollen, da wäre er noch länger im Seegebiet gewesen und nicht vor Morgengrauen aus dem Sund heraus gekommen. Da Admiral Mikawa mit der Anwesenheit von "Saratoga" und "Enterprise" rechnete, wird er also gute Gründe gehabt haben, so schnell wie möglich und vor allem in der Dunkelheit weit weg zu sein. Anderenfalls hätte er schwere Verluste riskiert, was seinen Sieg nachträglich in eine Niederlage hätte verwandeln können.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Torpedo

Du spielst auch auf die Cactus-Airforce an, die auf Henderson-Field stationiert war. Dennoch wäre ein kurzer Vorstoß in das Landungsgebiet wie ein ein Wolfsrudel in eine Schafsherde gefahren und selbst wenn man nicht so gründlich gewesen wäre, hätte die Verwirrung des Gegners schon ausgereicht. Aber Du hast schon Recht - WIR waren nicht dabei und nachträglich kann man immer einen schlauen Kommentar abgeben...
Uli "Torpedo"   [WoW Nic: Torpedo_uas]

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Spee

@Torpedo,

Admiral Mikawa fürchtete wohl eher die Dive-Bomber der Träger. Wie schlecht man gegen die mit Kreuzern aussehen kann, sahen die Japaner bei Midway ("Mikuma" und "Mogami"). Eigene Luftsicherung konnte er nicht in Anspruch nehmen.

Admiral Turner hat die Gründe für die Niederlage recht gut analysiert:

Inadequate and faulty air reconnaissance and more faulty than inadequate.

Lack of respect for Japanese aggressiveness.

Lack of a specific night action battle plan in the Screening Group in event of an undetected surprise raid.

Lack of combat reaction at the command level in the cruisers and destroyers of the Screening Group, or lack of a specific night action plan for these units.

Delay of Screening Group Commander in rejoining his command.

Withdrawal of Air Support Force.

Command organization.

Personnel fatigue.

Lack of night battle training.

Lack of appreciation of the limitations of radar, or radar failures.

Communication delays, or failures.

Failure to have more picket destroyers.

Division of heavy ships (CA and CLAA) of Screening Force into three groups.

Failure to maintain the prescribed condition of ship readiness in the heavy cruisers.

The United States Navy's obsession with a strong feeling of technical and mental superiority over the enemy.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Mario

Wenn Mikawa die Angriffe der Trägerflugzeuge gefürchtet hätte, wozu dann der ganze Vorstoß ???
Wochen später griffen die Japaner immer wieder in der Nacht das Flugfeld Henderson Field an. Da riskierten sie immer wieder ihre Kreuzer und Zerstörer, später sogar ihre älteren Schlachtkreuzer.
Es gehörte zur japanischen Seekriegsdoktrin, daß die Entscheidung in einer Seeschlacht zu suchen ist. Als Mikawa die Schlacht bei Savo gewonnen hatte, sah er seine Hauptaufgabe erfüllt, er hatte einen feindlichen Kreuzerverband vernichtet. Der Angriff auf wehrlose Truppentransporter würde keinen Ruhm einbringen, deshalb waren die Japaner nicht besonders darauf erpicht.

@Torpedo
Die Cactus-Staffel wurde erst nach Fertigstellung des Flugfeldes einige Wochen nach der Schlacht bei Savo auf Guadalcanal stationiert.

Spee

Interrogation of: Rear Admiral MATSUYAMA, M., IJN; guest passenger in Tenryu (CL) flagship of Cru-Div 18, during the First Battle of SAVO ISLAND.

Interrogated by: Captain C. Shands, USN.

Q. Why did you retire instead of attacking the transports?
A. I do not know. Our orders were simply to pass around SAVO Island and bombard your ships, then go home. It was explicit and that is what we did.

Also weder noch. Um Savo rumfahren, Schiffe beschießen und wieder heim. Wenn dort die Transporter gewesen wären, dann hätte Mikawa die Transporter versenkt.

Äh, warum ist Admiral Tanaka immer nachts mit dem "Tokio-Express" gekommen? Zerstörer mit Schlafwagenabteil? Damit die Soldaten ausgeschlafen ankommen?
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Dominik

ZitatÄh, warum ist Admiral Tanaka immer nachts mit dem "Tokio-Express" gekommen? Zerstörer mit Schlafwagenabteil? Damit die Soldaten ausgeschlafen ankommen?

Die Frage ist jetzt nicht ernst gemeint, oder? ;)

Zur Schlacht von Savo mal Werbung in eigener Sache. (sollte ich zu gegebener Zeit mal ausbauen)

Außerdem verbitte ich mir die Unterstellung, das der Verband die Landungsschiffe nicht angegriffen hatte: Der Kommandant der "Kinugasa", Kapitän Sawa, feuerte nach dem Befehl zum Abdrehen eine Salve seiner Steuerbord-Torpedos auf den ungeschützten Konvoi, die allerdings nicht trafen!!! :)

Aber wie Spee schon schrieb, war die feindliche Kampfgruppe das Hauptziel. Des Weiteren sollte man nicht vergessen, wie sehr die japanische Führung den Umfang der amerikanischen Landungen während der gesamten Guadalcanal-Kampagne unterschätzte! Genaue Daten des japanischen Nachrichtendienstes über die dort vermuteten Landungsschiffe liegen mir zwar nicht vor, aber analog zur allgemeinen Schätzung dürften nicht so viele feindliche Schiffe angenommen worden sein, die einen Einsatz dort im Morgengrauen gerechtfertigt hätten. Zumal seit Midway gerade mal 2 Monate vergangen waren.

Im Gefecht hatte "Kinugasa" Schäden davongetragen, deren Auswirkungen man scheinbar nicht sofort abschätzen konnte. Immerhin wurde das Backbordgetriebe und der Kesselraum 1 getroffen. Auch "Chokai" und "Aoba" wiesen bereits Gefechtsschäden auf. Dann doch lieber nach diesem Sieg abhauen und alle Schiffe behalten. Warum im Anschluss der Verband - noch auf See - geteilt wurde und nach Kavieng bzw Rabaul entsandt wurde, bleibt allerdings Mikawas Geheimnis.

Zur Aufstellung der amerikanischen Schiffe. Nunja, es gab drei zu überwachende Gebiete. Nur war die Anzahl der verfügbaren Schiffe begrenzt. Wie Mario alle Kreuzer zu sammeln und Zerstörer als Beobachter draussen zu lassen hat aber Nachteile: Zum einen waren ausgerechnet die Kreuzer mit neuem Radargerät ausgerüstet, während die nur zwei Zerstörer ( "USS Blue" (DD 387) und "USS Ralph Talbot" (DD 390)) als Radarbeobachter eingesetzt werden konnten. Zusätzlich wäre es denkbar gewesen, dass die Japaner sich an einzelnen Zerstörern hätten vorbeimogeln können - die japanischen Beobachter waren bis weit in den Krieg oftmals besser als amerikanische Radargeräte. Da weiterhin eine unklare Kommandostruktur seitens der Alliierten vorhanden gewesen wäre, wäre das Ergebnis wohl ähnlich gewesen. Meiner Meinung zumindest.

Gruß

Dominik

Spee

@Dominik,

natürlich ist das Unsinn  :)  . Gerade die Japaner wußten genau, wie übel die Situation wird, wenn ein Kampfschiffverband ohne Luftdeckung in den Bereich von Flugzeugträgern gelangt ("Cornwall" etc.).

Es war nicht nur denkbar, daß die Japaner sich an Radar-Pickets vorbeischleichen, sie haben's:

At about 0130, while steaming in column formation with the heavy cruiser Chokai in the lead, the Japanese sighted the southern United States radar picket destroyer close aboard to starboard moving slowly south. The Japanese force was immediately slowed to 12 knots to reduce the visibility of the ships' wakes, and all guns were trained on the destroyer. As the United States ship made no move either to give battle or to escape, doubt arose in the minds of the staff on the Japanese flagship as to whether they might not have been seen and reported, but not engaged in order to be lured into an ambush. Nevertheless, they held their fire and, after safely passing astern of the United States destroyer, increased speed to 26 knots and rounded the southern coast of Savo Island.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Leutnant Werner

@Mario,

Das mit "auf den Deckel bekommen" ist nicht nur Dir aufgefallen. Es gibt ein im Heyne-Verlag auch auf deutsch veröffentlichtes Werk von Saul David: Die größten Fehlschläge der Militärgeschichte (4. Auflage, 2003).

Der Autor ist Brite und eine Landratte (Seeschlachten kommen nicht vor), und die Amerikaner kommen mit zwei verlorenen Schlachten, Antietam und Kasserine-Pass, recht gut weg, aber die Deutschen sind nach Ansicht des Autors (im Wege der von ihm ausgewählten Schlachten) recht häufig als Gewinner die Nutzer von zumeist intellektuellen Schwächen des Gegners: Der erste Tag an der Somme, das Dieppe-Desaster, St. Valery (Dünkirchen), Nordafrika 1940/41, der Teutoburger Wald, Kreta und der Kasserine-Pass haben die Deutschen als Sieger, die Verlierer sind nach Ansicht des Autors natürlich Nieten.

Dabei hatte er, von Vietnam mal ganz abgesehen, die Amerikaner bei Pearl Harbour und im Hürtgenwald nicht einmal im Blick. Im Hürtgenwald sollen die amerikanischen Verluste nahe der 50.000er-Grenze gelegen haben. Nach offiziellen Angaben büßten die Amis in Vietnam ebenfalls 50.000 (Tote) ein. Die Amerikaner bieten reichlich Angriffsfläche im Sinne von mißglückten Militäroperationen. Die neueste könnte ihr neuerliches Engagement im mittleren Osten (bislang 2500 Tote) darstellen.

Gruß
Lt.

Leutnant Werner

Habe gerade nochmal nachgeguckt. 55.000 tote Amerikaner, 12.000 tote Deutsche, alles vollkommen überflüssig. "Allerseelen-Schlacht" wurde die Affäre (wohl nach dem Datum) hinterher benannt. Ich würde eher auf "Allerdummen"-Schlacht optieren, denn für die Amerikaner waren hier die bei weitem schlechtesten Bedingungen für einen Durchbruch gegeben.
Gruß
Lt.

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