Hafenschlepper mit Voith-Schneider Propeller LANGENESS in 1:40

Begonnen von Dergl, 04 Oktober 2020, 15:40:24

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Dergl

Hallo Forum,

da mein Schnittmodell des U-Boot Typ 127 nach 3 Jahren endlich fast fertig ist, suchte ich schon seit einiger Zeit nach einem Nachfolgeprojekt.

Für so ein Modellbauprojekt ist für mich entscheidend die Einzigartigkeit, die Machbarkeit, der Einsatzzweck des Modells, sowie die Herausforderung und Lernerfahrung. Auch ist meist irgendein persönlicher Bezug zum Original dabei.

Angedacht war zunächst ein S-Boot Typ140 oder Typ142. Das sind schön zu fahrende Modelle auf dem See, die man sehr detailliert ausführen kann. Auch habe ich bereits einen 30 Jahre alten "Zobel" im Bestand, der sicherlich neben einem hochdetaillierten neuen Modell die Entwicklung des Modellbaus gut aufzeigt. Außerdem habe ich auf der alten "PUMA" in den 80ern mal Schiffssicherung gelernt.

Dann aber kam letzte Woche mein Besuch im Marinemuseum Whv, wo ich mit Interesse um die aufgebockte LANGENESS herumschlich. Solch ein kleiner Schlepper mit Voith-Schneider Propeller (VSP) in 1:40 wäre einfach zu transportieren und verspricht viel Fahrspaß. Nach dem aufwändigen Standmodell sollte es nämlich mal wieder was Fahrendes sein.

Weil eh schon vor Ort, habe ich kurzerhand meinen aktuellen Kontakt zum Museum genutzt und netterweise bereits die Zusage erhalten, mal an Bord der LANGENESS zu klettern um Fotos zu schießen. Auch konnte ich in den letzten Tagen nach einiger Recherche und vielen Telefonaten von einer anderen Quelle die Zusage von alten Werftplänen bekommen.
Nimmt man meine Einstiegskriterien, wird die Herausforderung im Vordergrund stehen: Ein funktionierender VSP in 1:40 ist schon was!

Hier nun also mein neuer Baubericht, der auch das vorgeschaltete Projekt zur Entwicklung eines VSP Miniatur Funktionsprototyp beinhaltet.
Meine allerersten Gedanken zu Machbarkeit, Abmessungen und Gewicht habe ich handschriftlich zusammengefasst, siehe Foto.
Nebenbei bemerkt: der VSP von Graupner ist mir bekannt und auch bereits 2x in einem meiner Modelle verbaut. Dieser Antrieb ist allerdings viel zu groß und zu schwer. Also fange ich ganz von vorne an.

Die Konstruktion meines Prototyps ist ganz bewusst noch nicht für den Einbau ins Modell geplant. Der Prototyp soll zunächst die Machbarkeit der Miniaturisierung zeigen. Ich werde wahrscheinlich mehrere konstruktive Alternativen ausprobieren für z.B. Lagerung, Dichtungen, Kraftübertragung oder die Propellerblattformen. Auch werde ich mir einen Teststand bauen, um den Pfahlzug zu ermitteln.

Aktuell habe ich schon eine Konstruktionsvariante "A" erstellt, siehe Bilder.
Diese Variante benutzt eine "fliegenden" Taumelscheibe mit einem stehenden Stellhebel für 2 Servos. Markant auch die zwei Kugellager und der Riementrieb. Im Prototyp sind noch viele Verschraubungen enthalten, um alternative Komponenten zu tauschen. Wahrscheinlich werden diese Verschraubungen später im Modell durch Klebestellen ersetzt, weil ich die Abmessungen noch um mindestens 20mm kleiner machen muss.
Die ersten 3D-Drucke sind in Arbeit. Alleine im 3D-Druck habe ich schon erste Lernerfahrungen: mein kleiner Harzdrucker wird nun zur Herstellung von massiven Teilen verwendet, teilweise nah an der Maximalgroße des Druckraums.

Erst wenn einer der Funktionsprototypen erfolgreich scheint, wird dieser konstruktiv verkleinert und für das Modell angepasst.

Das ist aber alles noch weit, weit weg.

Detlef

Sprotte

Auch im Orchester des Lebens dringt das Blech am meisten durch.

halina

Moin Dergl ,

Nach Deinem sehr anspruchsvoll gebauten Fahrmodell der "EVERSAND" wünsche ich Dir nun
viel Erfolg für den Bau des kleinen Hafenschleppers "LANGENESS" , er ist ca. 15 m lang und hat
2 Deutz-Dieselmotoren mit zusammen 300 PS , der Pfahlzug wurde mit 4,0 t  gemessen .

                                                                                                           Gruss  halina

Auch von mir noch ein Eigenfoto von 2018
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

Dergl

Hallo Forum,

wahrscheinlich ein langweiliges Thema: hier meine Vorgehensweise bei der Konstruktion des Voith-Schneider Antriebs in 1:40.
"Langweilig", weil es mich Anfang der 90er im Fach der Konstruktionslehre selbst nicht vom Hocker gerissen hat, sowas zu lernen. Aber siehe da: wenn man mal was halbwegs richtig und durchdacht machen will, kommt es dann doch wieder hoch. Es lebe der Morphologische Kasten!

In den Bildern kann man die bisher betrachteten Konstruktionsversionen sehen, inkl. der Unterschiede.

Die Version A habe ich gedruckt aber den Prototyp verworfen. Die Geometrien der großen Teile waren zu komplex und die zu hohen Kräfte des Zahnriemens nicht für einen Fahrbetrieb geeignet. Auch vermutete ich daß der Motor zu schwach ist.

Für die Version B habe ich die Teile gedruckt und als Prototyp zusammengebaut. Es gab viel zu lernen, da ich bisher mit meinem kleinen Harzdrucker keine so große, voluminöse Teile hergestellt habe. Zusammengefasst wäre eine Bestellung der Teile bei Shapeways nur halb so teuer gewesen, wie das verschwendete Harz durch die Fehldrucke.
Vom Zahnradantrieb bin ich mittlerweile überzeugt. Der Motor der Version B zeigte sich tatsächlich als zu schwach. Auch die 2x 50 Kugeln der Lagerung haben funktioniert, aber die Montage war nicht einfach.

Die Version C habe ich konstruktiv begonnen, aber nicht weiter verfolgt.
   
Aktuell bin ich bei der Version D. Es wird interessant zu sehen, ob die Lagerung mit Perlen (es sind tatsächlich welche für die Herstellung von Perlenketten) funktionieren wird. Auch der "fliegende" Steuerhebel könnte funktionieren. Trotz des größeren, schwereren Motors ist das Gewicht im Rahmen und die Baugrößen klein. Für die Montage der oberen Lagerung muss ich mir noch was einfallen lassen.
 
Aktueller Aufwand der Versionen A-B-C-D bei ca. 60 Stunden für die Konstruktion.
Plus ca. 25 Stunden für den 3D-Druck, die Montage und diverse Tests des Prototyps der Version B.

Detlef

Urs Heßling

moin,

:MG: :MG: top top ... aber irgendwie jenseits meines technischen Vorstellungsvermögens ...

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

winni

Es sind immer die Abenteurer die große Dinge vollbringen.


Montesquieu.

neg

Detlef,
ein interessantes Projekt. top
Der Zahnradantrieb ist sicherlich lauter als der Riemen. Ein Flach- oder Keilriemen hätte es nicht getan?

Hast du die Zahnräder auch gedruckt?

Viele Grüße
Robert

s142

#7
Hallo Robert

Zahnriemenantrieb verworfen : Zitat von Detlef: "Die Version A habe ich gedruckt aber den Prototyp verworfen. Die Geometrien der großen Teile waren zu komplex und die zu hohen Kräfte des Zahnriemens nicht für einen Fahrbetrieb geeignet. Auch vermutete ich daß der Motor zu schwach ist."
So kleine Komponeten gibt es nicht. Durch die Spannung des Zahnriemens reicht die Leistung der " kleinen Motors" ( Denke Mabuchi 3,6 Volt) "nicht aus.

Zahnräder lassen sich sehr wohl drucken. Für Modellbau ist das ok denke ich. Als " Metaller" würde ich natürlich Messing vorziehen. :wink:

MfG
Chris 

Dergl

#8
Hi Robert,

die Zahnräder habe ich in diesem Fall nicht gedruckt, weil die noch in der Bastelkiste verfügbar waren. Auch ist der Kunststoff wohl länger haltbar als das spröde Resin. Drucken wäre aber kein Problem gewesen, weil im CAD mit allem Schnickschnack nachgebaut.
Du hast es richtig erkannt daß der Zahnriemenantrieb viel leiser ist. Allerdings wollte ich mir wegen Gewicht und knappem Bauraum das Spannrad ersparen. Immerhin hatte ich die Riemenscheibe am Motor selbst gedruckt und auch die Geometrien für den Riemen in den Käfig eingearbeitet.
Einen einzelnen Keilriemen hatte ich auch in der Bastelkiste, aber noch nie eingesetzt und entsprechend keine Erfahrung zur Kraftübertragung.

Chris: Metall wäre elegant. Habe es auch schon ein paarmal für andere Zwecke bei Shapeways drucken lassen. Für mein aktuelles Modell eh zu schwer und meine Bastelbude ist nicht auf die Bearbeitung eingerichtet, falls es mal erforderlich wäre  :-D

Detlef

s142


Dergl

Hi Chris,

Danke für den Tip. Habe auch schon was gefunden mit Hilfe der dort verfügbaren Eingrenzung der Parameter.
Mal sehen.

Grüße
Detlef

s142


Dergl

Hallo Forum,

mittlerweile bin ich beim VSP bei der Version F angekommen:
- Antrieb durch 1mm Vierkantriemen
- stärkerer Motor
- Lagerung durch Kunststoffkugellager, eingebaut im Käfig

Bei Shapeways habe ich für den Prototypen das Gehäuse und den Käfig testweise im Material "PA12 Glass Beads" drucken lassen.
Super Material: steif und sehr maßhaltig. Aber schwer.

Die wichtigste Neuigkeit ist jedoch mein zweiter 3D-Drucker: Der "Ender 3 Pro 2" bietet mir nun ein zweites Verfahren für z.B. größere Teile. Auch sind mit z.B. PLA und ABS unterschiedliche Materialien druckbar. Endziel ist der Druck des Rumpfes für die LANGENESS.
Dazu muss ich aber noch die Spezifikationen des Druckers lernen, plus den "Cura" Slicer. Die Grundlagen haben mich an den letzten zwei Wochenenden beschäftigt. Mittlerweile klappt es ganz gut. Auch habe ich Kleinigkeiten in der Konstruktion geändert, um die entsprechenden Bauteile auf den Drucker anzupassen.

Anbei ein paar Fotos vom Gehäuse des VSP.

Detlef

Dergl

Hallo Forum,

es kann ja nicht immer alles wie geplant funktionieren.  :roll:

Zuerst jedoch meinen Dank an die Neue Jadewerft: netterweise hat man für mich in den Tiefen der Dokumentation gegraben und einen Generalplan aus 1958 ausfindig gemacht.

Diesen Generalplan habe ich zur Grundlage meiner Nachkonstruktion des Rumpfes verwendet.
Es hat ein paar Stündchen im CAD mit diversen Versuchen zur Rumpfform gedauert, bis ich erkannte daß es ein abgerundeter Knickspant ist. Ab da war es "nur" noch Fleißarbeit, bis die Rumpfgeometrie als Außenfläche fertig war. Später funktionierte auch die Aufdickung dieser Fläche, was später für z.B. die Innenfläche des 3D-Drucks wichtig wird. Meine erste Schätzung des Auftriebs hat sich bestätigt: es sind ca. 880 Gramm.

Nur haben sich meine Annahmen zu den Abmessungen des VSP nicht bestätigt als ich die CAD Baugruppen einbaute: mein Prototyp des VSP ist zu breit und zu hoch!  :-o
Es sind zwar nur jeweils 5mm, aber es passt halt nicht. Ob ich da noch Geometrien verkleinern kann muss ich schauen. Auch ist eine Vergrößerung des Rumpfes möglich, aber nur in kleinem Umfang. Tatsächlich tendiere ich dazu den Orbitdurchmesser der Propeller von 35mm auf 30mm zu verkleinern. Plus die Verringerung der 5 Propeller auf 4. So nebenbei müsste ich den Vierkantriemen auf Zahnriemen ändern: die ersten praktischen Versuche zeigten daß die Kraftübertragung im Anlauf nicht ausreicht.

Detlef

Dergl

Hallo Forum,

der Prototyp in Version J ist nun reif für einen Dauertest. Danach braucht es noch einen Teststand, um den Pfahlzug zu ermitteln.
Spaßeshalber habe ich mich in die Erstellung von Videos mit Camtasia eingearbeitet und einen Youtube Kanal erstellt.

Hier nun mein Erstlingswerk: https://youtu.be/-WcHVuz_5Sg   :-D

Detlef

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