U-532 - Durch das Meer und den Krieg und die Sehnsucht nach Freiheit

Begonnen von t-geronimo, 22 April 2025, 21:31:25

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t-geronimo

Mich hat ein Hinweis auf eine Neuerscheinung zu U 532 erreicht, die ich hier gerne teile. Das Buch gibt es u.a. per Book on demand:

 --/>/> Hans-Alfred Szuldrzynski , Marina Fricke: "U-532 - Durch das Meer und den Krieg und die Sehnsucht nach Freiheit"
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

UC 67

Moin,

ich habe mir das Buch über Amazon gekauft und gleich gelesen. Ausbildung, Feindfahrten, lange Liegezeiten in Fernost, das Verhältnis zu den Japanern und schließlich drei Jahre Gefangenschaft in England aus der Sicht eines Mannschaftsdienstgrades sind sehr gut beschrieben. Von mir eine klare Kaufempfehlung.
Gruß aus Potsdam

Simon

M-54842

Auch von mir eine klare Empfehlung für das Buch. Das Werk gliedert sich in zwei Teile. Der erste Teil beschäftigt sich mit den Feindfahrten von U 532 sowie dem Aufenthalt in Fernost. Der zweite Teil widmet sich der Gefangenschaft in Großbritannien. Das Buch liest sich gut und gibt Einblicke in damaligen Gegebenheiten und die Sichtweise der jungen Marinesoldaten.
Zu den Bedingungen an Bord schreibt der Autor:
,,Erfolge, die wir ersehnen, bleiben aus. Die Stimmung ist denkbar mies. Die Strapazen durch sich immer wiederholendes Alarmtauchen, durch den ständigen harten Seegang und das Nichtvorhandensein der Möglichkeit auch nur die primitivsten körperlichen Bedürfnisse ohne Schwierigkeiten zu erledigen, sind fast nicht mehr zu ertragen."
Geschildert werden auch Versorgungsmaßnahmen auf der langen Reise. U 532 wurde beispielsweise von der ,,Brake" versorgt. Andere geplante Versorgungsmaßnahmen scheitern, da die Versorger (U 160 und ,,Charlotte Schliemann") versenkt worden waren. U 532 diente aber auch als Versorger für andere deutsche U-Boote. Hier macht der Autor Angaben zum ,,Zaunkönig" und schreibt:
,,Von den Kommandanten erfahren wir auch, dass sie die super modernen Torpedos mit dem Tarnnamen ,,Zaunkönig", die sie nicht verschossen haben, vor dem Einlaufen in die japanisch besetzten Gebiete versenken mussten und diese auch nicht an uns hätten übergeben werden dürfen." Man wollte nicht, dass die Technik in fremde Hand geriet.
Der Autor gibt auch Einblicke in seine damalige Gefühlswelt. Er schreibt:
,,Wenn wir unter Wasser das Bersten des Schiffsleibes und das Explodieren der Kessel hören, fühle ich mich elend. Manche Diskussionen im Bugraum zeigen mir die unterschiedlichen Auffassungen meiner Kameraden.Ich fühle mich durch das Aufwachsen in einer Hafenstadt immer noch mit der christlichen Seefahrt verbunden, wo es selbstverständliche Pflicht ist, jedem Schiffbrüchigen, auch unter Einsatz des eigenen Schiffes und Lebens zu helfen."
Entsprechenden Raum nehmen auch die Erlebnisse in den Stützpunkten und Städten ein (Penang, Singapur, Java, Kobe). Hier geht es insbesondere um die Zusammenarbeit mit den Verbündeten und der Bevölkerung sowie durchgeführte Exkursionen und Arbeiten am Boot.
Zur Gefangenschaft in Großbritannien, die sich von Zeit zu Zeit erträglicher gestaltete, schreibt der Autor:
,,Vernehmungen werden krass und mit aller Härte durchgeführt. Mit Stockschlägen versucht man uns einzubläuen, dass wir den Krieg endgültig verloren haben. Nach und nach geht die Hoffnung auf eine menschenwürdige Behandlung verloren."
In späteren Jahren verbesserten sich die Verhältnisse und der Autor schreibt dazu:
,,Einmal in der Woche ist Demokratie und Parlamentarismus. Wir können Vereine besuchen und auch Vorlesungen in der Cambridger Universität. Man will uns also wirklich die Demokratie nahebringen und ich muss sagen, es gelingt."
Im Juni 1948 kehrt Hans-Alfred Szuldrzynski nach Hause zurück. Sein letzter Kurzurlaub lag da fünf Jahre zurück.
Das Buch ist das beeindruckende Zeugnis eines Zeitzeugen. Der Autor war Oberfunkmaat auf U 532 und ist 2007 verstorben.

Rast

Lieber 5 Minuten vorsichtig als ein Leben lang tot!

Gabler

Hallo und Frage an die Rezensenten: Das Boot hatte doch ein FuMO 29 und ein Metox an Bord. Schreibt der Autor denn irgendwas über die Geräte und deren Verwendung? Als Oberfunkmaat müßte er doch einen Funkmesslehrgang absolviert haben.

Vielen Dank im Voraus für Antwort

Grüße

M-54842

Im Kapitel ,,Auslaufen zur 2. Feindfahrt" heißt es:
,,Kurz vor dem Auslaufen bekamen wir ein Funkmessbeobachtungsgerät. Absolut provisorisch gebaut. Das sogenannte Biskaya-Kreuz. Aus Holz zusammengeschustert wird es mit zwei fliegenden Kabeln zu einem im Funkraum aufgestellten Empfangsgerät verbunden und muss beim Tauchen mit ins Boot genommen werden. Ein Handicap für unsere immer wieder trainierte schnelle Tauchzeit. Hoffentlich sind die verlorenen Sekunden nicht eines Tages entscheidend."
An anderer Stelle heißt es im Buch:
,,Auf dieser Fahrt bin ich nur noch selten im Funkschapp zu finden. Ich gehe auf der Brücke im Törn mit dem Stabsarzt, dem Signal- und dem Mechaniker-Obermaat Wache am FuMB (Funkmessbeobachtungsgerät), für dessen Wartung ich ebenfalls zuständig bin. Das Gerät ist sehr anfällig und entscheidet in hohem Maße über das Leben der Besatzung und des Bootes. Der Alte lässt bei jeder Störung sofort tauchen. Das Gerät ist über zwei porzellanisolierte Kabel durch das Zentraleluk mit dem Funkraum und durch die beiden zur Brücke führenden Luks mit der Antenne verbunden. Die Antenne besteht aus einem Bambusstab, auf dem eine Art Fliegengitter und gegenüber davon ein Blechtrichter angebracht sind, welche die verschiedenen langen Wellen empfangen sollen. In der Antenne sitzt ein kleiner Detektor aus Metall. Wir wurden von ,,U-Albrecht" mit zehn von diesen Detektoren versorgt. Beim Alarmtauchen muss nun als Erstes die FuMB-Antenne in den Turm hinuntergegeben werden. Dort wird sie von dem Rudergänger beiseitegezogen, damit die Brückenwache schnellstens einsteigen, d.h. sich an den abwärtsführenden Leiterhandläufen abrutschen lassen kann. Es ist unser aller Bestreben, unsere Tauchzeit vom Auslösen des Alarms bis zum Tauchen von 35 Sekunden einzuhalten. Der Arzt, der nicht mehr der Jüngste ist, lässt die Antenne einfach fallen und sie knallt in der Zentrale auf die Flurplatten, wobei todsicherer der Kristalldetektor zu Bruch geht. Wenn ich Freiwache habe und Alarmtauchen befohlen wird, registriert mein Gehirn den Wachplan und wenn ich auf den Doktor stoße, weiß ich, dass eine Reparatur fällig wird. So langsam gehen die Detektoren zur Neige und ich zermartere mir den Kopf nach einer Lösung. Die fällt mir eines Nachts ein: Für unsere vielen Umformer hatten wir als Ersatzteile Kohlestifte in jeder Größe als Kontakte. Diese waren federnd gelagert, um sie an die Kontaktfläche pressen zu können. Diese Federn lötete ich an die Messingspitzen der Detektoren. So ging keiner mehr zu Bruch und der letzte Reservedetektor reichte, bis wir einliefen."

Gabler

Hallo M-54842,

vielen Dank für die Antwort und die damit verbundenen Mühen. Das hört sich alles schon sehr interessant an, vor allem die Not, die Antenne rechtzeitig ins Innere gepackt zu bekommen mit der Befürchtung, nicht rechtzeitig auf Tiefe gehen zu können. Allerdings habe ich mich gewundert, weshalb das Metox erst mit der zweiten Feindfahrt mitgegeben worden sein soll, wo doch die ersten Boote schon im August 1942 mit dem Funkmessbeobachtungsgerät ausgerüstet wurden. Im KTB der ersten Feindfahrt ist nachzulesen, daß das Boot am 05.05.43 ein Metox-Ersatzgerät erhalten haben soll. Außerdem gibt es eine Vielzahl von Bildern von der ersten FF hier:

https://www.uboatarchive.net/U-532A/U-532CrewPhotos.htm

sowohl mit dem FuMO29 als auch der FUMB-Anlage. Sogar die Kabeldurchführung durch das Kugelschott von der Zentrale zum Funkraum ist auf einer Aufnahme erkennbar, genau so, wie der Autor es beschrieben hat. Ob er die Bilder wohl noch gesehen hat? Auf einer anderen Aufnahme sind zwei Funkgasten mit Kopfhörern im Funkraum zu sehen, vielleicht ist er ja einer davon...

Zum FuMO-Gerät schreibt er gar nichts?

Gruß Gabler


M-54842

Besten Dank für den interessanten Link  :TU:)
Zum Gerät selbst habe ich nichts gefunden.

Urs Heßling

"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Gabler

Hallo M-54842,

nochmal danke für Deine Antwort. Das finde ich schon merkwürdig, keinerlei Ortungen über FuMO oder FuMB bislang im KTB zur 1. FF zu entdecken.

ZitatDie Antenne besteht aus einem Bambusstab, auf dem eine Art Fliegengitter und gegenüber davon ein Blechtrichter angebracht sind, welche die verschiedenen langen Wellen empfangen sollen. In der Antenne sitzt ein kleiner Detektor aus Metall. Wir wurden von ,,U-Albrecht" mit zehn von diesen Detektoren versorgt.
Diese Antennenbeschreibung gehört übrigens nicht zum Biskaya-Kreuz, sondern offenbar zu einer Tunis-Anlage, ebenfalls eine provisiorische, weder druck- noch seefest. Für den Zentimeterbereich 8-12cm war hinter dem Naxos-Finger ein Reflektor angebracht, der wie ein Fliegengitter aussieht und auf der Rückseite in 180°, der "Blechtrichter" war der Hornstrahler "Mücke" für den Bereich 2-4cm.

https://de.wikipedia.org/wiki/Tunis_(Ger%C3%A4t)#/media/Datei:FuMB-7_Naxos_and_FuMB-26_Tunis_antenna.jpg

Das Boot mußte also noch mit einer Naxos- bzw. Tunis-Anlage als Ersatz für die Metox-Anlage versehen worden sein, deren Einsatz ohnehin seit dem 01.06.43 verboten war. Daß die Antennen beim Hereinnehmen gerne Schaden nahmen, war wohl nicht selten und man hat die Boote mit einer Reihe an Ersatzantennen ausgestattet, so wie er es auch beschrieben hat. Ich habe auch schon mal ein Foto gesehen (sicher auf auf U-Boat.net) auf dem man im Funkschapp mehrere Tunis-Antennen auf dem Boden liegen sieht.

Vielleicht war das des Grund für die Nachlieferung von U-1062, das war ein Versorger vom Typ VIIF.

Grüße

Gabler

Axel Niestle

Die Tunis-Anlage auf der Rückfahrt nach Europa hatte das Boot aber ganz sicher nicht von U 1062 übernommen. Auf seinem eigenen Fachgebiet bringt der Autor leider einiges durcheinander.

Auf der 1. Fahrt hatte U 532 bereits die Tasche für das FuMO 30. Die alte FuMO 29-Antenne war wohlmöglich nur noch Staffage, wie auf anderen Booten auch.

Gabler

Hallo Allerseits,

habe mir das Buch nun auch als E-Book für knapp nen Zehner als Reiselektüre für laaange Bahnfahrten  :wink:  besorgt: Und ja, kann man guten Gewissens empfehlen!

Es liest sich sehr angenehm flüssig und kurzweilig, zuerst die Einsatzgeschichte, dann einige "Anekdoten", dann die Kriegsgefangenengeschichte, dazu etwas Lyrik. Ungewöhnlich, aber auf alle Fälle anregend. Wirklich atemberaubend der Zwischenfall, als er sich auf dem "Freisitz" befand und das Boot auf einmal begann wegzutauchen. Was für ein Alptraum!

Für den technikinteressierten oder gar -versierten U-Boot-Literaturleser findet sich leider nur wenig, was vor allem deshalb enttäuscht, weil das Boot ja eine mehrjährige Einsatzzeit im Fernen Osten aufweist und dazu mit Funkmessortung und -beobachtung ausgerüstet war. Da hätte sicher auch der BdU Interesse an einem Erfahrungsbericht eines Funkenpusters gehabt, zumal der Autor zumindest ab der zweiten FF mit der Führung des KTB betraut war und auch private Aufzeichnungen vorgenommen hat.

Zwei Bildern im Buch ist nebenbei zu entnehmen, daß wohl noch vor dem Auslaufen aus Lorient zur zweiten Feindfahrt am 2. Juli 1943 auf der Brücke eine druckfeste Bali-Antenne als Ersatz für das provisorische Biskaya-Kreuz angebracht wurde. Abgesehen davon, daß das Coastal Command seit März 1943 mit H2S-Radaren des Typs ASV MkIII für die Zentimeterwelle ausgerüstet wurde, gegen die die Bali-Antenne unempfindlich war, frage ich mich, welches Gerät an dieser Antenne wohl angeschlossen war. Das Metox kann es wohl kaum sein, denn das war ab Juni verboten und die strahlungsfreien Nachfolgegeräte kamen erst im September/Oktober. Leider schweigt das Buch dazu. Sie werden wohl nicht nur mit einer FuMB-Antenne abgelegt haben?

Nur ein klein wenig Licht ins Dunkel bringt eine kurze Anmerkung, daß noch in Japan aus zwei Feldtelefonen ein provisorisches Funkmeßbeobachtungsgerät gebaut worden sein soll, allerdings ohne Angabe eines Empfangsberichs. Das klingt doch alles sehr provisorisch. Die vorn angebrachte Funkmeßantanne des FuMO 29 ist jedenfalls auf Bildern mehrfach zu sehen, sie scheint am Ende aber bei oder vor der Kapitulation in Schottland demontiert worden zu sein. Auch der Schacht für die FuMO 30 Antenne ist  im Mai 1945 leer, man sieht nur eine Stabantenne für den Langwellenempfang.

Mit U 1062 (Albrecht) traf U 532 übrigens schon 1944 in Penang zusammen, denn beide Boote liefen lt. U-Bootarchiv.de am selben Tag, dem 19.04.44 dort ein. Der Autor erinnert sich also offenbar schon richtig, nur der Zeitpunkt ist nicht erst bei der endgültigen Rückkehr im Frühjahr 1945, sondern eben schon früher.

Insgesamt ist das Buch eher ein Reisebericht eines weit Herumgekommenen als ein U-Boot-Erfahrungsbericht, wohltuend allerdings, daß auf die ansonsten permanenten moralischen Bewertungen verzichtet wurde. Der Leser kann sie selbst vornehmen. Dafür meinen Dank an Frau Fricke, seine Tochter.

Grüße

Gabler

Axel Niestle

Wer behauptet, dass das Metox-Gerät im Juni 1943 verboten wurde?

Gabler

Meine schlechte Erinnerung  :-D

Was hat die Nachlese ergeben?

Axel Niestle


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