Hallo zusammen,
am 12.4.1943 meldete ein norwegischer Fischer die Sichtung eines sowjetischen U-Bootes bei Gryllefjord an der Westküste der Insel Senja. Die noch am gleichen Tag angesetzte U-Jagd verlief ergebnislos. Bei der Vernehmung des Fischers am folgenden Tag bestätigte dieser glaubhaft die Sichtung. Am 14.und 15.4.1943 wurde die Suche nach dem Phantom fortgesetzt und schließlich erneut ohne Ergebnis abgebrochen.
Meine Frage: Operierte in dem genannten Zeitraum ein sowjetisches U-Boot westlich der Insel Senja?
Viele Grüße
Violoncello
Es könnte sich um das U-Boot K-21 unter Nikolai Lunin handeln. Genaueres kann ich im Moment nicht nachsehen.
Answer is simple and fast: no.
Soviet zone of responsibility lay to east from 20 east longitude.
Most west sub in position indeed was K-21, but she has position in "Loppa sea" much to North-East. So your "u-boot" was real Phantom.
Hi Kalli and Igor,
thanks for the information and clarification!
Best regards
Violoncello
moin,
ja, sowjetische U-Boote operierten nicht so weit im Westen. Auch wenn es abwegig erscheint, ein Gedanke ...
In der Chronik des Seekriegs steht
1.– 24.4.1943
Norwegen / Nordmeer
Als Vorpostenstreifen gegen einen möglichen Ausbruch schwerer deutscher Kriegsschiffe in den Atlantik werden alliierte Unterseeeboote zwischen den Lofoten und Spitzbergen aufgestellt, später westwärts vor die Dänemark Straße gezogen. Am 1.4. laufen HMS Stubborn und Severn und USS Barb vom Clyde aus und besetzen die südl. Positionen, verstärkt am 4.4. durch USS Blackfish.
Ein Blick auf das Marinequadrat AB (http://www.navalgrid.com/find/square/ab), bei dem ganz unten rechts im Quadrat die Insel Senja liegt, verdeutlicht, daß zumindest die entfernte Möglichkeit bestehen könnte, daß es sich um ein britisches oder US-U-Boot handelte
Gruß, Urs
Hallo Urs,
danke für die Einschätzung! Es wäre sicherlich fahrlässig, diesen Möglichkeit ohne nähere Prüfung auszuschließen.
Viele Grüße
Violoncello
Hi,
im War Diary der USS BARB (SS 220) ist leider keine Positionsangabe zu finden über den Einsatz im April 1943 (und eine Karte habe ich nicht gefunden).
Die Positionen der USS BLACKFISH (SS 221) sind aber zu weit nördlich vom Festland. Siehe hierzu die Auszüge in der Anlage.
Wenn überhaupt, dann müsste als die HMS SEVERN (https://uboat.net/allies/warships/ship/3410.html --> musste am 11.04. die Position velassen wg. techn. Schadens) oder HMS STUBBORN (https://uboat.net/allies/warships/ship/3455.html) gewesen sein...
Sehe aktuell aber das ganze eher skeptisch - außer der Fischer hat so weit von der Küste entfernt die Beobachtung gemacht.
:MG:
Darius
Hallo Darius,
danke für die Gegenprüfung. Ja, die Skepsis scheint mir ebenfalls berechtigt. Wenn der Fischer die Beobachtung mehr als 50 sm von der Küste gemacht hätte, wäre zumindest die Bezugnahme auf Gryllefjord wenig nachvollziehbar.
Viele Grüße
Violoncello
Hallo zusammen,
Kalli hat mit seinem Beitrag (#1) wohl doch richtig gelegen. Ich habe weitere Akten beigezogen. Im KTB des MOK in Norwegen findet sich unter dem 12.4.1943 folgender Eintrag:
"Zwischen 1400 und 1500 Uhr Qu 9866 AC [offensichtlicher Schreibfehler, richtig AB] (15 sm NNW Grylefjord) Beschießung 3 norw. Fischkutter durch russ. U-Boot K 21. Dabei 1 Kutter versenkt, 2 beschädigt durch Geschütz- und MG-Feuer. 9 Tote, 4 Schwerverletzte. U-Boot nach Norden abgelaufen. (...)
Nach Aussage über Bord gefallenen und von Norwegern aufgefischten russischen Matrosen ist K 21 am 3.4. aus Polarnoje ausgelaufen (...).
Das Auftreten eines russischen Bootes an dieser Stelle des Polarbereiches ist hierdurch erstmalig festgestellt. (...)".
(BArch RM 45III/113, KTB 1.-15.4.1943, S. 17)
Im KTB des Kommandierenden Admirals der norwegischen Polarküste wird auch der Name des russischen Matrosen genannt.
Viele Grüße
Violoncello
moin,
die Verbindung zu K-21 (https://forum-marinearchiv.de/smf/index.php?topic=40688.msg447356#msg447356) fällt mir erst jetzt auf :roll:
Gruß, Urs
Hallo Urs,
vielen Dank für Deinen Überblick über die laufenden Beiträge. Es ist erstaunlich, wie gelegentlich parallel gearbeitet wird!
Viele Grüße
Violoncello
Hallo Hartwig,
es ist ziemlich schwer, den Wahrheitsgehalt verschiedener Berichte und Veröffentlichungen Glauben zu schenken.
Auf der guten U-Bootseite deepstorm (https://www.deepstorm.ru/DeepStorm.files/17-45/k%20XIV/k-21/k-21.htm) findet man zur Feindfahrt von K-21 vom 4. – 17. April 1943 einige interessante Aussagen. Weiterhin wäre den Hinweisen von Astrup Nilsen zur Geschichte des Angriffs von K-21 nachzugehen (siehe warsailors: https://www.warsailors.com/homefleetsingles/bessheim.html
Zitat: ,,Astrup Nilsen hat die Geschichte des Angriffs der K-21 auf die norwegische Fischereiflotte vor Senja im April 1943 (Text ist nur auf Norwegisch). Er versucht zu beweisen, dass ein großer Teil der norwegischen Berichte über den Zweiten Weltkrieg gefälscht wurde, insbesondere im Hinblick auf den Angriff auf Irma. Er erwähnt auch eine Reihe von Büchern, die über den Vorfall mit der Fischereiflotte geschrieben wurden, darunter ein relativ neues Buch von Bjørn Bratbak mit dem Titel "Svensgrunnen 12. April 1943 - Uskyldige måtte ofte lide", ISBN 8292217002."
Im Übrigen existiert K-21 noch als Bestandteil des Marinemuseums der Nordflotte in Seweromorsk. Besatzungslisten sollten auch zugänglich sein.
moin,
Zitat von: kalli am 22 April 2024, 18:06:46Er versucht zu beweisen, dass ein großer Teil der norwegischen Berichte über den Zweiten Weltkrieg gefälscht wurde, insbesondere im Hinblick auf den Angriff auf Irma.
dazu aus der "Chronik des Seekriegs 1939-1945"
13.2.1944
NorwegenVor Hustadvika (Zentralnorwegen) greifen die norw.
MTB 627 und
MTB 653 die im dt. Dienst fahrenden norwegischen Küstendampfer
Irma (1392 BRT) und
Henry (363 BRT) an und versenken sie. Die Versenkungen beruhen auf einem Irrtum, da die mit Positionslaternen fahrenden Routendampfer befehlsgemäß nicht angegriffen werden dürfen. Die hohen Verluste unter den Mannschaften und Passagieren beider Schiffe werden von der NS-Propaganda in Norwegen für eine anti-britische Hetzkampagne genutzt.
aus Siris Forum :
Irma (https://warsailors.com/homefleetsingles/irma.html)
Gruß, Urs
Urs top
Hallo Kalli und Urs,
nochmals herzlichen Dank für die weiteren Hinweise. Der Sachverhalt wird ja dem Grunde nach übereinstimmend referiert. Es handelt sich in jeder Hinsicht um ein beklemmend-eindrucksvolles Stück Zeitgeschichte.
Zu der weiteren Meldung der Sichtung eines U-Bootes am 14.4.1943, die sich nahtlos in die Ausführungen bei "Deepstorm" einfügt, vermerkt das KTB des MOK in Norwegen:
"0900 Uhr im Qu. 9834 (AB) (NNW-Ecke der Sveinsgründe) gestopptes U-Boot durch norw. Fischer gesichtet. Da der Sichtungsort nordwestl. des am 12.4.erfolgten eines russ. U-Bootes auf norw. Fischer liegt, handelt es sich wahrscheinlich um das gleiche Boot K 21. (...)."
(BArch RM 45III/113, KTB 1.-15.4.1943, S. 19)
Für mich bleibt die Frage, was den Kommandanten von K 21 bewogen haben mag, am 10.4.1943 bis in den Raum Harstad vorzudringen und am 12.4.1943 den Angriff auf die Fischereifahrzeuge durchzuführen.
Viele Grüße
Violoncello
moin,
Zitat von: Violoncello am 23 April 2024, 10:19:33Für mich bleibt die Frage, was den Kommandanten von K 21 bewogen haben mag, am 10.4.1943 bis in den Raum Harstad vorzudringen und am 12.4.1943 den Angriff auf die Fischereifahrzeuge durchzuführen.
Ich kann mir anhand meines (beschränkten!) Wissens über die Kommandostruktur der sowjetischen Marine im 2. Weltkrieg nur schwer vorstellen, daß ein solches "Vordringen" auf eigene Initiave hin / ohne Genehmigung erfolgte.
Es erhebt sich also die Frage, ob K-21 evt in das alliierte Vorhaben
Zitat von: Urs Heßling am 14 April 2024, 23:03:251.– 24.4.1943
Norwegen / Nordmeer
Als Vorpostenstreifen gegen einen möglichen Ausbruch schwerer deutscher Kriegsschiffe in den Atlantik werden alliierte Unterseeeboote zwischen den Lofoten und Spitzbergen aufgestellt,
"integriert" war
Gruß, Urs