Gefahren der Tankreinigung auf Tankern, Inert Gas, Crude Oil Washing

Begonnen von Captain Hans, 18 Mai 2010, 20:35:35

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Captain Hans

Gefahren der Tankreinigung auf Tankern, Inert Gas, Crude Oil Washing

Eine der gefährlichsten Arbeiten an Bord von Tankern war und ist immer noch das Tankwaschen.
Nicht nur daß hierbei früher eine große Verschnutzung der Meere stattfand sondern
es kam auch zu gewaltigen Explosionen und vielen Toten

In den anschliessenden Bildern kann man die gewaltigen Auswirkungen solcher Explosionen gut erkennen.




In meinem nachfolgenden Bericht möchte ich auf die Geschichte dieses Verfahrens und die technische Entwicklung
dieses Verfahrens eingehen.

Hierzu muß man verstehen, daß nach dem Löschen die Tanks voller Gas sind und als die Tanksysteme noch offen waren entstanden
dort hochexplosive Gas/Luftgemische.  Solche Explosionen konnten nur geschehen wenn mindestens 6 % Sauerstoff vorhanden war.
Das explosivste Gemisch lag bei 7,5 bis 9 %.
Früher erfolgte die Tankreinigung auf Großtankern mit tragbaren Butterworthschläuchen und – maschinen. Heute verwenden die Supertanker
fest installierte Systeme im Zusammenhang mit Inert Gas und Crude Oil Washing Systemen.

Kleinere Schiffe und Bargen werden noch heute mit tragbahren Systemen gereinigt.
Von 1960 bis heute kamen mehr als 2000 Seeleute beim Tankwaschen ums Leben.
Heute ist die Zahl kaum noch nennenswert da eine ungeheurerliche Verbesserung der Tankwaschsysteme erfolgt ist
.



Besonders für Interessierte und ein paar Seefahrtschüler möchte ich hier etwas genauer
auf diese Systeme eingehen.

1.mobile Systeme des Systems Butterworth.
  Bis spät in den 80er Jahren wurden diese Systeme noch auf älteren Großtankern
  verwendet. Man hatte zig Butterworthschläuche und einfache Maschinen. (siehe Bild)









Maschinen und Kupplungen der Schläuche waren aus Bronce(Funkengefahr).
So auch das verwendete Werkzeug. Die Schläuche hatten einen durchgehenden Kupferdraht eingewebt
der die gewaltige Statik, die an der drehenden Maschine entsteht, ableitet.
Vor jedem Gebrauch mußte der elektrische Durchgang eines jeden Schlauches vom Elektriker (mit Kurbelinduktor)
gemessen werden. Erst wenn er diese frei gab durften die Schläuche eingesetzt werden.

Die Maschinen arbeiteten mit einem Druck 8 – 10 bar.
Als Pumpen wurden die Feuerlöschpumpen eingesetzt und als Waschwasser wurde Seewasser benutzt.

Dann wurden die Butterworth Deckel (Dome) des Tanks an Deck geöffnet (siehe Fotos)

Decksöffnungen (Dome) für die manuellen Tankwaschsysteme





und die Maschine wurde über eine festsetzbare Schlauchführung ca 3 m tief eingeführt.
Die Schläuche hatten alle 3 m eine Markierung damit man die Mschinen alle Stunde um weitere 3 m fieren konnte
und somit den 15 bis 20 m tiefen Tank von
oben nach unten waschen konnte. Besonders kritisch war der Tankboden, wo sich besonders bei Schweröl gewaltige
Sedimente (Sludge) während der Reise ablagerten.

Später erfand man spezielle Bodenwaschmaschinen. (siehe Foto)





Das Waschwasser und die ausgewaschenen Ölreste/Sedimente wurden in einen speziellen Sloptank gepumpt.

Nach einer Setzzeit von ca. 7 -8 Tagen trennte sich hier das Wasser von Öl  und konnte über das See- Öl Discharge Ventil dosiert
in bestimmten Gebieten und bei einer gewissen Geschwindigleit aussenbords gepumpt werden.

Ich glaube es ist jedem klar, daß hierbei viel gepfuscht werden konnte und so gelangte viel Öl ins Meer.

Für das Schiff und den Reeder war es wichtig so wenig wie möglich Slop an Bord zu haben, da dies ja von der nächsten
Ladungsmenge abgezogen wurde.

In manchen (sehr wenigen) Ladehäfen konnte der Slop abgegeben werden, was aber Geld kostete.

Wenn ein Tanker oft verschiedene Arten von Erdölen verschiffte kann man sich vorstellen, daß dabei grosse Mengen
von Slop entstanden.

Besonders schlimm war es z.B.: im Mittelmeer wo zwischen der Tankreinigung und dem nächsten Ladehafen nur 1 – 2 Tage
lagen und in solch kutzer sich das Wasser vom Öl nicht richtig separieren konnte.
Oft wurden dann die Öl- Discharge Ventile manípuliert und oft Zick- Zackkurse gesteuert wenn Öl über Bord gepumpt wurde.
Im Mittelmeer gibt es ausserdem nur ganz wenige Gebiete, wo die legale Menge an Öl über das kontrollierende Discharge- Ventil
aussenbords gepumpt werden darf.
Die Verschmutzung nahm so überhand daß man ein neues Verfahren nähmlich das LOAD ON TOP Verfahren einführte.

Dies bedeuted daß man den Slop an Bord behalten konnte und es wurde eine Verschmutzung 1 – 1,5% der nächsten Ladung akzeptiert.
Doch auch dies Verfahren war nicht ausreichend.

Mit der Einführung der INERT GAS Systeme auf Tankern  erfand man mit Hilfe der fest installierten Butterworth Systeme das CRUDE OIL WASHING System.

1.   INERT GAS
Man kam auf die Idee Abgase von den Motoren oder Kesselanlagen, die ja nach der Verbrennung nur noch ca 4 % Sauerstoff enthielten in die Tanks al Luftersatz zu Blasen. Dies eliminierte die Explosiongefahr und da dies unter leichtem Überdruck geschah half es auch beim Löschen aber vor allen Dingen beim Strippen (Restlenzung) der Tanks.
Da die Abgase 250 – 470 Gard heiß sind mußten sie zu einem Wert von mindestens 3 Grad Cel über Seewassertemperatur abgekühlt werden.
      Ausserdem enthalten die Abgase 3-4 % Schwefel (Sulfate) welcher eine hohe Korrision der Ladetanks verursachen würde.
      Die Abgase wurden nun über einen Kühlturm (Scrubber) geleitet wobei sie   
      abgekühlt gegen den Gasstrom eingespritztes Seewasser geleitet wurde.
      Es wurde dabei akzeptiert daß das Waschwasser mit dem heraugewaschenen
      Schwefel ins Meer abgeleitet wurde.
      Moderne Anlagen haben sogar 2 nacheinder geschaltete Scrubber, wobei beim
      zweiten Alkaline zugesetzt werden, die eine weitere Reinigung der Abgase
      bewirken. Über einem Fan(Gebläse) und einem Wasserschloß an Deck
      wurde nun dies inerted Gas in die Lade Tanks gedrückt.
      Das Wasserschloß bewirkte, daß bei Abfall des Gasdrucks oder bei Überdruck
      in den Ladetanks kein explosives Gas rückwärts in den Maschinenraum
      gelangen konnte.





      Drücke sowie Sauerstoffgehalt dieses Sytems wurden automatisch überwacht
      und im Pumpenraum angezeigt.
      Gasdruck und Löschmenge mußten natürlich in Balance gehalten werden d.h.
      die Löschpumpen und die Kessel wurden langsam hochgefahren bis die
      Druckverhältnisse ihren Höchststand erreichten.
      Um mal die Größenverhältnisse darzustellen folgende Zahlen:
      Bei einem VLCC con 350 000 dwt konnten Löschmenge von 12- 14000 cbm
      /Std erreicht werden, die durch eine etwas größere Menge Inert Gas (damit
      leichter Überdruck im Löschtank herrschte) ersetzt werden mußte. (Löschdruck pro   
      24 Zoll Löschgleitung ca 10 – 12 bar)
      Die Löschgeschwindigkeit war natürlich nicht gleichbleibend sondern veringerte sich mit der Entleerung der Tanks
      und dementsprechend mußte auch der Dampfdruck der Kessel angepaßt werden.
      Auf modernen Schiffen (VLCCS und ULCCS) war dies schon Ende der 70er
      Jahre möglich.
      Um ein obtimales Löschen zu gewährleisten mußte man als mit dem Löschen
      beauftragter 1. Offizier sehr gute Kenntnisse über die Leistungsfähigkeit der
      Kesselanlagen sowie der Löschpumpen haben.
      Geriet das System aus der Balance feuerten entweder die Sicherheitsventile
      der Kessel ab, oder die Pumpen blieben stehen und es dauerte Stunden die
      Höchstdrücke wieder auzubauen.
      Entstand ein Leck in der Löschleitung gab es einen Notstop für die Pumpen
      was natürlich bewirkte daß in den Kesseln ein gewaltiger Überdruck enstand
      und dann alle Sicherheitsventile in 6 Stufen abfeuerten. Die Lautstärke hierbei
      entspricht in etwa dem Abfeuern einer 38 cm Granate und das bei jedem
      Ventil.
      Der Vorteil dieses Systems liegt auf der Hand, da in den Tanks kaum noch
      Sauerstoff ist, sind Explosionen auch nicht mehr möglich


2. Crude Oil Washing

     Parallel mit der Einführung des Inert Gas Systems wurde das Crude Oil Wasching System eingeführt. Es wurde also
     mit der eigenen Ladung anstatt mit Seewasser die Tanks gewaschen.

     Dies bedeutet, daß während des Löschen und sobald ein Tank ein Drittel frei war, mit fest installierten Maschinen und der
     Ladung des selben oder anderer noch voller Tanks, begonnen wurde, die Tankwandungen, Tellerboards, Spanten, Stringer  etc. herunterzuwaschen..
     d.h. die abgelagerten Sedimente wurden mit der zu löschenden Lladung wieder vermischt und damit an Land abgegeben. 
     Bei den Resten im letzten zu löschenden Tank ging dies natürlich nicht, da nicht mehr genug Ladung vorhanden war.
     Diese Reste wurde wieder mit Seewasser in den Sloptank ausgewaschen.
     Das ganze Verfahren ist ein großer Erfolg, denn die an Bord verbleibenden Slopmengen reduzierten sich um 95 % und  die Meeresverschmutzung durch über
     Bord gepumptes Öl ging ebenfalls um 92 % zurück.

Zum Abschluß noch ein technischer Hinweis.
Durch die  großen Flußgeschwindigkeiten in den Wasch- und Löschanlagen entstehen gewaltige statische Aufladungen(Funkengefahr), die abgeleitet werden muß d.h. die ganzen Systeme und das Schiff selbst müssen super geerdet sein.
So geht nach dem Festmachen eines Tankers erst einmal ein dickes Erdungskabel an Land.

Ich hoffe das Thema war einigermaßen interessant und die Technik einigermaßen verständlich. Das ganze System ist natürlich im Detail noch viel komplexer als hier dargestellt.


Viele Grüße

Hans
,Nur wer sich ändert,bleibt sich treu"!!!
,,Nicht was du bist,ist das was dich ehrt,wie du bist,bestimmt den Wert"!!!

Tom Riddle

Moin!

ich komme aus der Produktenfahrt

Auch wir haben das System Butterworth genutzt, aber noch umfangreicher.

Bei uns war das Crudeoil-Washing nicht möglich, z.B. wenn wir von Benzin/Flugzeugtreibstoffe auf Diesel oder oder ähnliches umstellen mußten. Dannw aren Verunreinigungen nicht tolerierbar (Heraussetzung des Flammpunktes etc).

Zusätzlich zu den von Hans beschrieben "Waschmaschinen" bestand das System bei uns aus folgenden weiteren Komponenten.
Heizung: hier konnte das Waschwasser auf bis zu 80° C aufgewärmt werden.
Zumischung: hier konnten Tenside und ähnliche Seifenstoffe dem Waschwasser zugegeben werden.
Lüftung: wir hatten spezielle Lüfter, wasserbetrieben, die auf die Waschöffunngen aufgesetzt wurden und die Tanks damit entgast wurden

Den es war notwendig nicht nur die Tanks zu reinigen. Auch alle Reste mußten entfernt werden. Das bedeutete, daß man nach einer Entgasung so runter in die Tanks kletterte, (ohne mit schwerem Atemschutz) und man alle Rest ausösen mußte (etwas OT: bei Benzin war ich glücklich, konte ich doch meine immer mitgeführte MoFa damit betanken) ansonsten wurden die Reste zur Pinselreinigung und ähnlichem verwendet. Im Farbenstore stand für immer ein großes Faß bereit.

Ansonsten gingen die Waschreste (Slop) in die letzten Wingtanks (Seitentanks) bei uns W7B und W7S. Und wenn das nicht reichte, in den Center 7 (Mitteltank). Denn das Außenbordsventil war seit 1986 permanent plombiert und wurde auch regelmäßg kontrolliert, genauso wie das Öltagebuch. Eine Außenbordabgabe war damit nict mehr möglich

TR

Captain Hans

Hallo Tom

schöne Ergänzung,  top denn auf unseren Chemikalientankern haben wir auch so die Tanks gereinigt.
Auch da mußte oft von Hand mit Lappen nachpoliert werden.(z.B: bei Glycol)
Es wurde auch mit See- und Frischwasser gereinigt und oft oft mit Destillat anchgespült um die letzten
Salzreste rauszubekommen.

viele Grüße

Hans 



,Nur wer sich ändert,bleibt sich treu"!!!
,,Nicht was du bist,ist das was dich ehrt,wie du bist,bestimmt den Wert"!!!

ufo

Der wunderbar schreibende Zyniker und immer noch nicht mutlose Weltverbesserer Jack Devanney hat unter dem Titel "The Strange History of Tank Innerting" einen sehr ernuechternded Artikel geschrieben darueber wie unglaublich hartnaeckig sich die Branche gegen Verbesserungen in der Sicherheit beim Innerting gestemmt hat. Manchmal heiteres, manchmal trauriges Lesen.

http://www.c4tx.org/ctx/pub/index.html

Aber immer spannendes Lesen! Jack Devanney hat JAhrzehnte im Tanker Geschaeft gearbeitet und gehoerte zu dem Design Team, die damals die TI Class ULCC designed haben. Allein seine Beschreibung in "Tankship Tromedy" wie hart sie mit Werften und Klasse ringen musten, um ihre Qualitaetsstandards durchzukriegen spricht Baende. Schiffe sollen halt im Wesentlichen Geld machen. Sicherheit spielt immer zweite Geige.

Ufo

Captain Hans

Hallo UFO

klasse link top top top

Die Tankship Tromedy, die ich erst durch dich kennengelernt habe, beschreibt endlich mal
wie es wirklich zuging.
So lange die Tanker neu waren, war alles noch machbar aber wenn sie dann 12 - 16 Jahre
alt waren wurde es haarsträubend.
Ganze Schotten waren weggerostet und trotzdem erhielten sie noch eine 4 Jahres Klasse.
Wenn man als Kapitän die Mängel anzeigte wurde man schnell entlassen - Rechte hatte man
keine unter Liberia Flagge.
Wenn ich meine Erfahrungen in Fachkreisen darstellte wurde ich als Spinner abgetan.
Wer glaubt einem schon wenn man die Wahrheit sagt und wer will sie überhaupt wissen :/DK: :W/(

viele Grüße

Hans

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Albatros

Zitat von: Captain Hans am 28 Juli 2011, 14:53:24

Ganze Schotten waren weggerostet und trotzdem erhielten sie noch eine 4 Jahres Klasse.

viele Grüße

Hans


Hallo Hans,

ist ja fast unglaublich, wie ging das überhaupt, welche Klassifizierungsgesellschaft macht so etwas und aus welchen Gründen mit ? Oder war der Schwachpunkt der/die Prüfer ?

:MG:

Manfred

Captain Hans

#6
Hallo Manfred

um die Dicke der  Schotten zu messen hätten die Surveyor jeden Tank begehen müssen und mit Ultraschall vor allen Dingen an den Oberkanten der Schotten der Ballasttanks, wo Luft und Seewasser zu enormer Korrison führten.
Bei der Höhe der Tanks hätten für diese Messungen Gerüste errichtet werden müssen, was sehr teuer und zeitraubend ist.
Um die Schotten zu reparieren hätte das Deck aufgeschnitten werden müssen und die Schotten bis zur zulässigen Dicke
erneueret werden.

ein extremes Beispiel aus meiner Fahrenszeit: 

1974 brachte ich einen Tanker (46 000 dtw.21 Jahre alt, Liberia Flagge, Postkastenfirma,DNV 4 Jahres Klasse) nach Marseille in die Werft.

Dazu muß das Schiff gasfrei sein.

Damals waren die Tanks noch nicht inertet also waren sie nach dem Löschen voller Gas

Also wuschen wir die Tanks und machten sie gasfrei mit Ventilatoren und Windsäcken.
Mit einem Dräger Gasmeter und langen Schläuchen prüften wir die Gasfreiheit der Tanks.
Danach schickten wir unsere Leute in die Tanks um den verbliebenen Sludge herauszuholen.
Dies geschah mit Schaufeln, Eimer und Preßluftwinden.

Wärend der Arbeit mußte laufend Gas gemessen werden, denn beim Aufwühlen des Sludge tritt wieder Gas aus.
Also mußten die Leute immer wieder raus und der Tank wieder gasfrei gemacht werden. Während die Leute
dort unten waren liefen die Lüfter natürlich volle Pulle und Atemschutzgeräte lagen ebenfalls bereit.
Bei sieben Wingtanks auf beiden Seiten war aber nach 10 - 20 Minuten immer wieder reichlich Gas im Tank.
Wir hatten keine Erklärung dafür.
Ich entschied jeden enzelnen Tank so mit Wasser voll zu pumpen bis er überlief um damit das Gas aus dem Tank zu drücken.
Wir stellten mit Erstaunen fest , daß wir den Tank nicht voll bekammen dafür aber die benachbarten Tanks mit voll liefen - also Schotten im Eimer.
Um das gesamte Ausmaß festzustellen pumpten wir den Tank so weit voll bis nichts mehr in die benachbarten Tanks lief.
Dann setzten wir ein Schlauchboot in den Tank mit dem ich dann das obere Schott inspezieren konnte.
Ich traute meinen Augen nicht,das Schott war auf seiner gesamten Breite zum Hauptdeck hin in einer Höhe von 20 - 30 cm total weggerostet und zwar in allen 7 Wingtanks und auf beiden Seiten. Die Oberkante des noch verbliebenen Schotts konnte ich
mit meinen Fingern umbiegen.
Zur Erklärung: diese Tanks wurden als Wechseltanks Ballast/ÖL gefahren. Ein reines
Clean Ballast System gab es damls auf alten Schiffen noch nicht.
Dies hieß, das Hauptdeck hatte auf einer Länge von 60 - 70 Meter keine Verbindung mehr.
Natürlich informierte ich sofort die Reederei und wir ließen alle 7 Wingtanks mit Wasser überlaufen und bekamen sie damit gasfrei.
In der Werft kam der Inspektor an Bord und natürlich der DNV Surveyor an Bord die beiden besprachen alle Reparaturmaßnahmen.

Man machte auch Ultraschallmessungen der Schotts, aber unten im Tank dort wo kaum Sauerstoff  (also keine Korrision) war.
Man entschied, daß die Schotten noch gut sind.
Der DNV erteilte dem Schiff nach den anderen Reparaturen eine 4 Jahres Klasse ohne, daß an den Schotten etwas gemacht wurde.

Ich verweigerte das Auslaufen des Schiffes und drohte mit einer Anzeige worauf man mir mit sofortiger Entlassung drohte.
Machen konnten sie aber nichts. Also schnitt man das Hauptdeck auf, baute Gerüste in den Tanks und erneuerte 240 to Stahl.

Mich schickte man vorzeitig in den Urlaub und man gab mir zu verstehen das mein Zeitvertrag nicht erneuert werden würde.
Meine Position wurde durch einen fast 70 jährigen Kapitän besetzt und er war sehr willig.

Die Geschichte ist aber noch nicht zur Ende.

Nach der Werftzeit wurde das Schiff um die Ecke herum nach La Vera zum Bunkern beordert, wo dann auch die neue Charter begann.
La Vera hat einen sehr engen Anlaufkanal mit sehr engen Hafeneinfahrt wozu für so ein großes Schiff Lotse und Schlepper benötigt wurden.

Zum Zeitpunkt des Einlaufens kam seitlicher Mistral Stärke 12 auf.
Der Lotse verweigerte sich nach draußen auf Reede zu kommen ebenso die Schlepper.
Mein netter Nachfolger wurde so von der Reederei unter Druck gesetzt, daß er in den engen Kanal ohne Lotsen und Schlepper einlief und natürlich bei dem notwendigen großen Vorhaltewinkel vorne und hinten auf Grund (Felsen) lief.

Als das Schiff frei kam und dann in den Hafen geschleppt wurde stellte man fest, daß der Boden im vorderen und hinteren Bereich bis zu einem halben Meter nach oben verschoben war, und natürlich die Schotten und die Machinenfundamente gerissen waren.
Also zurück in die Werft (Schwimmdock, SPAT Terrain).

Mein Nachfolger wurde entlassen und das Ganze wurde als nautisches Versagen deklariert und die Versicherung zahlte.
Dem Eigentümer platzte der Kragen (war nicht gleich mit Reederei) und ich wurde aus dem Urlaub geholt (versteht sich zu etwas höherem Gehalt)
Erhielt die Bauaufsicht und wir erneuerten 360 to Stahl und da wir auch in den Wingtanks ernorme Schäden hatten, wurde nún auch der untere Teil der Schotten erneuert.
Na geht  doch. nun hatten wir zum größten Teil doch komplett neue Schotten so auch in den Wingtanks :-D

Das Schiff erhielt nur noch eine 3 Jahres Klasse vom DNV und ich fuhr das Schiff noch 9 Monate.

Bei der Reederei hatte ich die nächsten 9 Jahre ziemliche Narrenfreiheit - manchmal lohnt sich Zivilcourage eben doch.

Wenn man solche Geschichten früher in Seefahrtskreisen erzählte wurde man als Spinner und Übertreiber bezeichnet.
Erst durch die offizielle "Tankship Tromedy" (von UFO hier eingestellt) wurden Vorgänge publik gemacht, die meine kleine Geschichte verblassen lassen.

viele Grüße

Hans
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Albatros

Danke Dir für Deine wie immer interessante Antwort, bei solchen Tatsachen sieht man so manches Tankerunglück mit anderen Augen.

:MG:

Manfred

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