Gepanzerte Kreuzer /Vergleich Edgar Quinet- zur Scharnhorst Klasse

Begonnen von Matrose71, 23 Januar 2023, 11:24:23

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Matrose71

Salve,

zuerst ich wusste nicht wirklich wo ich das hinposten sollte, weil es eine Mischung aus "Dampf ablassen", aber eben auch Technik ist.
Wenn die Moderation also meint es gehört irgendwo anders hin, dann schiebt es dort bitte hin!

Ich habe mich ja schon öfters innerlich über den "Kollegen" Drachnifel aufgeregt, wer nicht weiß wer das ist, ein Youtuber, der sich mit maritimen Themen beschäftigt, eine ziemlich hohe Reichweite, für das Thema hat, und eine ziemlich geringe (abwertende) Meinung über deutsche Marinen und Schiffe hat.

Sein neustes Video ist aber schon wirklich über der Grenze des ertragbaren, jedenfalls für mich und was mich halt aufregt, es werden einfach falsche Behauptungen und Tatsachen in die Welt gesetzt und damit auch noch Geld verdient. Bevor das hier geschrieben habe, habe ich ihm das natürlich auch in den Kommentar geschrieben.

Um folgendes Video geht es:
https://www.youtube.com/watch?v=ZFa4sDRmuRw

Schaut es euch das an und achtet bitte besonders auf seine "Erzählung" zur Edgar Quinet Klasse und seine Vergleiche zur Scharnhorst Klasse und zu Blücher.
Ich formuliere jetzt durchaus etwas salop, also "Kollege" Drachnifel ist der Meinung, das diese französische gepanzerte Kreuzer Büchse (Armoured Cruiser) zu wenig Aufmerksamkeit bekommt, weil er angeblich einige wichtige Vorteile mit sich bringt und macht dabei speziell Vergleiche mit den oben genannten deutschen Schiffen.

Seine erste Behauptung ist, dass das Ding 7 seiner 9 Kanonen in der Breitseite mit großer Reichweite zum Einsatz bringen (Rohrerhöhung) kann, wäherend die gute Scharnhorst Klasse nur 2 Rohre auf weite Entfernung in der Breitseite hätte und immerhin hätte das Ding im Vergleich zur Blücher 9 statt nur 8 Rohre.
Scharnhorst hatte aber 4 Rohre in Türmen mit einer großen Rohrerhöhung und somit auch in der Breitseite.

Der Clou an der Geschichte ist aber, wenn man bei Navweapons sich die technischen Daten ansieht, dass die französische Kanone 1000m weniger Reichweite hat, als selbst Scharnhorsts Kasematten 21cm mit 16° Grad Rohrerhöhung, sprich Scharnhorst könnte das Ding aus 12000-12500m beschießen (6 Rohre) und der Franzose würde immer noch 1000m zu kurz liegen, bei maximaler eigener Rohrerhöhung.
Dass das die Scharhorst Klasse konnte hat man ja bei Coronel gesehen. Der Unterscheid zu Blücher die mit 8 Rohren in der Breitseite 8500m weiter schießen konnte, reden wir mal gar nicht.
Dazu gibt es dann bei Navweapons noch ein schönes Zitat zu dieser französischen Kanone:
ZitatAs in most ships of this era, long range gunfire was nearly impossible and for that reason the maximum range figures seen in secondary and even primary sources should be viewed with a degree of skepticism. Instead, designers were more concerned about performance at a range where most combats would take place. For these ships, the French considered that 2,000 m (2,100 yards) would be the most likely combat range.

Also ich kann nicht sehen dass die Büchse irgendwie unter den Armoured Cruisern heraussticht, besonders nicht gegen die letzten Klassen der Kaiserlichen Marine und ich sehe auch nicht, dass die Büchse irgend etwas besser können würde als z.B. eine Good Hope, also weit entfernt davon, etwas "besonderes" in der Armoured Cruiser Klasse zu sein.
Was mich halt aufregt sind die falschen Behauptungen und Tatsachen und die immerwiederkehrende Herabwürdigung deutscher Schiffe, hier offensicht mit falschen technischen Fakten.
Viele Grüße

Carsten

Urs Heßling

moin, Carsten,

Zitat von: Matrose71 am 23 Januar 2023, 11:24:23
Der Clou an der Geschichte ist aber, wenn man bei Navweapons sich die technischen Daten ansieht, dass die französische Kanone 1000m weniger Reichweite hat, als selbst Scharnhorsts Kasematten 21cm mit 16° Grad Rohrerhöhung, sprich Scharnhorst könnte das Ding aus 12000-12500m beschießen (6 Rohre) und der Franzose würde immer noch 1000m zu kurz liegen, bei maximaler eigener Rohrerhöhung.
Dazu kommt
- bei einem Gefecht auf geringere Entfernung kann Scharnhorst die 15 cm-Mittelartillerie einsetzen, der Franzose hat keine
- bei Edgar Quinet liegt die achtere 19,4 cm-Kasematte sehr tief und ist durch Seegang gefährdet.

Zitat von: Matrose71 am 23 Januar 2023, 11:24:23
Was mich halt aufregt sind die falschen Behauptungen und Tatsachen und die immerwiederkehrende Herabwürdigung deutscher Schiffe, hier offensicht mit falschen technischen Fakten
Falsche Behauptungen ja, falsche Tatsachen ... eher falsch dargestellt ?

Aufregen ist hier absolut verschwendete Energie, solche Autoren sind uneinsichtig bis zum tz.
Gelassen ignorieren ... wäre mein Rat.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

maxim

Good Hope ist kein guter Vergleich mit der Edgar Quinet. Good Hope ist technisch eine Generation älter, deutlich an der Mischung aus zwei 23,4-cm-Geschützen, aber eine sehr starken Mittelartillerie aus 16 15,2-cm-Geschützen, erkennbar. Dazu hatten die britischen Panzerkreuzer bei Coronel den Nachteil der Lichtbedingungen, auch findet man oft die Aussage, dass die Besatzung auf den beiden britischen Panzerkreuzern nicht gut trainiert war.

Scharnhorst und Gneisenau waren auf dem Papier Good Hope und Monmouth technisch klar überlegen.

Scharnhorst und insbesondere Edgar Quinet sind im Gegensatz zur Drake-Klasse Beispiele für Panzerkreuzer, die überwiegend mit schweren Geschützen bewaffnet waren - die Übergangsgeneration zu den All Big Gun-Schlachtkreuzern.

Das ist Edgar Quinet mit 14 19,4-cm-Geschützen - überwiegend auch in Türmen aufgestellt - auf dem Papier schon eindrucksvoll. Wie auf allen damaligen Schiffen (auch den deutschen) war die Bewaffnung nicht auf große Reichweite ausgelegt. Der relativ leichte Kaliber gegenüber britischen und deutschen Schiffen dürfte eher auf eine schnelle Feuergeschwindigkeit hin gewählt worden sein. Allerdings war die aufgrund der technischen Auslegung der Geschütze alles andere als hoch: 2 Schuss/Minute im Vergleich zu 4-5 Schuss/Minute bei den 21 cm laut Navweaps. Für die britischen 23,4-cm-Geschütze finde ich bei Navweaps die Angabe 3-4 Schuss/Minute. Wenn das stimmt, hatte Edgar Quinet durch die Geschütze Nachteile, trotz der neun schweren Geschütze pro Breitseite im Vergleich zu den sechs bei der Scharnhorst.

maxim

In French Armoured Cruisers 1887-1932 von Jordan und Caresse findet sich ein Vergleich des Breitseitengewichts pro Minute verschiedener britischer und französischer Panzerkreuzer:

Warrior: 1736 kg
Jules Michelet/Ernest Renan: 1710 kg
Minotaur: 2276 kg
Edgar Quinet: 1620 kg

Die Feuergeschwindigkeit ist zwischen 2-3 Schuss pro Minute angegeben, die höhere Feuergeschwindigkeit von 3 Schuss/Minute soll nur von den französischen 16,4-cm-Geschützen erzielt worden sein. Da ist die deutsche Feuergeschwindigkeit von 4-5 Schuss schon bedeutend höher.

Damit wäre das Breitseitgewicht pro Minute:
Scharnhorst: 2585 - 3231 kg (nur 21 cm)
                             3065 - 3831 kg (21 cm und 15 cm)

Bei der hypothetischen Annahme einer gleichen Feuergeschwindigkeit wie bei den französischen Schiffen wäre das bei der Scharnhorst nur 1652 kg, immer noch leicht höher als bei Edgar Quinet.

Urs Heßling

moin,

Weyher 1914 hat da abweichende Zahlen ...
für das Geschoßgewicht einer Breitseite (also ohne Zeitfaktor)
- Scharnhorst 888 kg
- Edgar Quinet 1035 kg

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

maxim

Das wäre interessant, wie der auf diese Zahlen kommt. Ich habe für die Geschossgewichte der deutschen Geschütze die Angaben für die AP-Granaten bei Navweaps als Basis genommen, für die anderen die Zahlen aus Jordan/Caresse.

Spontan würde ich vermuten, dass eine eher zeitgenössische Quelle ungenauer ist, da es keinen Zugang zu den nicht veröffentlichten Unterlagen gab.

Laut Weyher 1914 wäre der Vergleich Breitseitgewicht pro Minute wenn ich die Feuergeschwindigkeit von oben als Grundlage nehme:
Scharnhorst: 3552 - 4440 kg
Edgar Quinet: 2070 kg

Sprich für Scharnhorst höher als was ich errechnet hatte, die Edgar Quinet wird ebenso überschätzt, was eine alte Tradition ist (feindliche Waffensysteme als möglichst gut darzustellen, um höhere eigene Ausgaben begründen zu können).

Matrose71

#6
Zitat von: maxim am 23 Januar 2023, 16:56:42
Good Hope ist kein guter Vergleich mit der Edgar Quinet. Good Hope ist technisch eine Generation älter, deutlich an der Mischung aus zwei 23,4-cm-Geschützen, aber eine sehr starken Mittelartillerie aus 16 15,2-cm-Geschützen, erkennbar. Dazu hatten die britischen Panzerkreuzer bei Coronel den Nachteil der Lichtbedingungen, auch findet man oft die Aussage, dass die Besatzung auf den beiden britischen Panzerkreuzern nicht gut trainiert war.

Scharnhorst und Gneisenau waren auf dem Papier Good Hope und Monmouth technisch klar überlegen.

Scharnhorst und insbesondere Edgar Quinet sind im Gegensatz zur Drake-Klasse Beispiele für Panzerkreuzer, die überwiegend mit schweren Geschützen bewaffnet waren - die Übergangsgeneration zu den All Big Gun-Schlachtkreuzern.

Das ist Edgar Quinet mit 14 19,4-cm-Geschützen - überwiegend auch in Türmen aufgestellt - auf dem Papier schon eindrucksvoll. Wie auf allen damaligen Schiffen (auch den deutschen) war die Bewaffnung nicht auf große Reichweite ausgelegt. Der relativ leichte Kaliber gegenüber britischen und deutschen Schiffen dürfte eher auf eine schnelle Feuergeschwindigkeit hin gewählt worden sein. Allerdings war die aufgrund der technischen Auslegung der Geschütze alles andere als hoch: 2 Schuss/Minute im Vergleich zu 4-5 Schuss/Minute bei den 21 cm laut Navweaps. Für die britischen 23,4-cm-Geschütze finde ich bei Navweaps die Angabe 3-4 Schuss/Minute. Wenn das stimmt, hatte Edgar Quinet durch die Geschütze Nachteile, trotz der neun schweren Geschütze pro Breitseite im Vergleich zu den sechs bei der Scharnhorst.

Salve maxin,

das meiste was du da schreibst ist, sagen wir mal nicht wirklich korrekt.
https://www.tapatalk.com/groups/warships1discussionboards/hms-defence-at-coronel-t42347-s10.html

Es fängt an mit dem zweiten Post (vernon = Mark Bailey) an, und du kannst lesen soweit du magst. Dieser Herr schreibt mit anderen ein Buch über Coronel und hat tiefgreifende Recherche zu Panzerkreuzern betrieben. Seine Zusammenfassung, ab der Scharnhorstklasse haben die Deutschen ihre Schiffe klar auf den Kampf auf (große) größere Entfernung ausgelegt, was sie wohl von allen anderen Nationen und ihren AC (Armoured Cruisen) unterschied und was ja Graf Spee bei Coronel so absichtlich durchexerziert hat. Auch das mit den Reservisten bei den englischen Schiffen ist seiner Ansicht und nach seinen Recherchen eher ein MYthos, obwohl sie wohl klar dem deutschen Ostasien Geschwader unterlegen waren, was sich als Elite sah.
Auch wenn die Scharnhorst Klasse auf dem Papier nicht wirklich beeindruckt, war sie mit ihren 6x 21cm Geschützen in der Breitseite und ihrem Feuerleitequipment für größere Reichweite, plus eine geeignete Kanone dafür, auch für größere AC dieser Zeit ein sehr gefährlicher oder gar überlegener Gegner.
Noch zu bedenken, Blücher war noch 1914 Artillerie Schulschiff der Flotte und SH und GN waren in Folge mehrmals seit ihrer Indiensstellung die besten Artillerie Schiffe in der Flotte, sie gewannen mehrere Wettbewerbe gegen größere und modernere (neuere) Schiffe.


Edit:
Breitseitengewicht:

Scharhorst Klasse: 6x108kg = 648kg;  3 x 45= 135kg; = 783kg
Edgar Quinet Klasse; 9x 86kg = 774kg

Laut Navweapons wird die französische Kanone mit 2 Runden pro Minute angegben, die deutsche 21cm /40 mit 4-5 Runden pro Minute. Auch wenn mir das für die französische Kanonen etwas wenig vorkommt, hat sie in der Schussfolge auch mit ihrem kleineren Kaliber keine Vorteile, nach der eher besten Quelle im Internet, eher deutliche Nachteile.
Viele Grüße

Carsten

Urs Heßling

moin,

Zitat von: Matrose71 am 23 Januar 2023, 18:49:26
Breitseitengewicht:  Scharnhorst Klasse: 6x108kg = 648kg;  3 x 45= 135kg; = 783kg
Könnte es sein, daß der Weyher 1914 für das angegebene Breitseitengewicht von 888 kg noch die 8,8 cm-Geschütze in die Summe aufgenommen hat ?

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Matrose71

#8
Salve Urs,

ja das denke ich!
Meistens addieren diese Werke immer alle Kanonen zusammen, manche aber eben auch nicht , sondern eher nur "relevante" Kanonen, deshalb kommt es da immer zu Verwirrungen.
Von den Zahlen kommt es einigermaßen hin, Scharnorst hatte 18 x 8,8cm, ich weiß allerdings nicht wieviele davon in der Breitseite. Das Geschossgewicht wird bei Navweapons mit 7kg angeben also 2 kg weniger als die 1905 erschienene 8,8cm /45. Da müssten dann aber schon eine MEnge 8,8cm /35 in der Breitseite sein, um auf die 888kg zu kommen, aber möglich wäre es.

Zu deinem ersten Post:

ZitatFalsche Behauptungen ja, falsche Tatsachen ... eher falsch dargestellt ?

Na ja das ist ja nicht das erste mal das er das in Bezug auf deutsche Schiffe macht, im Navweapons Forum hat er aufgehört zu schreiben, weil ihm viele Leute seine falschen Aussagen über deutsche Schiffe vorgehalten haben und auch so manche Faktenverdrehung oder Faktenresistenz. Es wird ihm ein anti-deutscher Bias nachgesagt, insoweit weiss ich nicht ob das Versehen (glaube ich eher nicht) oder absichtliche Intention war und ist.
Klar ich meine wir haben in der deutschen schreibenden Zunft auch Leute wie z.B. Brennecke, wo wir "Wissenden" eher den Kopf über seine teilweise technische Stümperei schütteln, so kann man das wohl auch sehen. Drachnifel hat aber schon eine ziemlich hohe Reichweite (Youtube; 400000 Abonnenten) und setzt halt Dinge in die Welt, die "Unsereins" dann wieder gerade rücken müssen, wenn sich Leute ausschließlich durch seine Videos informieren.

ZitatAufregen ist hier absolut verschwendete Energie, solche Autoren sind uneinsichtig bis zum tz.
Gelassen ignorieren ... wäre mein Rat.

Recht hast du ja damit, fällt aber bei so offensichtlichen Dingen ziemlich schwer.


Viele Grüße

Carsten

Matrose71

#9
Salve,

ich mache jetzt hier mal ein Doppelpost, weil Themenerweiterung und hypothetische "Diskussions Szenarien".
Machen wir uns doch mal den "Spass"!

Ich stelle drei Szenarien zur Diskussion.

Coronel:

1. Szenario

Cradock hat statt Good Hope und Mommouth, 2 x Edgar Quinet dabei, sonst wie gehabt Otranto und Glasgow.

2. Szenario

Cradock bekommt 3 x Edgar Quinet plus Otranto und Glasgow

3. Szenario

Cradock hat 3 x Edgar Quinet plus Glasgow, also ein schnelles Geschwader.
Wobei wahrscheinlich Cradock sowieso aus Szenario 2 dann Szenario 3 machen würde, weil er den Hilfskreuzer als "Klotz am Bein" einfach zurücklassen würde, um keine Geschwindigkeitsnachteile gegen Graf Spees Geschwader zu haben, zumindestens würde ich das tun.

Bei Szenario 1 bin ich mir zu 100% sicher, das wir das gleiche Ergebnis wie "original" Coronel sehen würden, Graf Spee würde sich seine Geschwindigkeitsvorteile und seine Geschützreichweite und sein modernes Feuerleitequipment zu Nutze machen (wie er es original getan hat) und Cradock auf Entfernung zusammenschießen und den Ort und Zeitpunkt des Gefechtes bestimmen.

Bei Szenario (2) und 3 wird es wesentlich "komplzierter". Alles hängt davon ab was Cradock macht, wie er seinen einzelnen kleinen Kreuzer schützen will. Er hat wenn er will keine Geschwindigkeitsnachteile mehr, aber eben auch keine Vorteile, Graf Spee muss das Gefecht nicht annehmen, wenn er nicht will.
Die Vorteile der Geschützreichweite, des ballistisch wesentlich besseren Geschützes, des modernen Feuerleitequipment und einer "Elite Besatzung" hat Graf Spee nach wie vor, und auch das Wissen sich nicht auf einen "Nahkampf" mit Cradock einzulassen, den dieser nur schwer oder gar nicht erzwingen kann.
Insoweit sehe ich hier doch noch deutliche Vorteile bei Graf Spee, allerdings wenn gekämpft wird, dürfte der Munitionsverbrauch der beiden Graf Spee Kreuzer wesentlich höher liegen als beim Original und auch gehe ich davon aus, das es mehr Beschädigungen auf deutscher Seite geben würde, bin aber nach wie vor davon Überzeugt, das Schiffe von Cradock verloren gehen würden. Wieviele ist Spekulation. Soweit meine persönliche Einschätzung.
Viele Grüße

Carsten

maxim

Erst einmal vielen Dank, dass du meine Aussagen im wesentlichen bestätigt hast, auch wenn du in deiner charakteristischer Art über nicht korrekte Aussagen schimpfst, aber sie dann selbst bestätigst (Breitseitengewicht, Trainingsunterschiede) oder gar nicht gegen sie argumentierst (die meisten Punkte).

Aber einen Punkt finde ich interessant:
worauf beruht die Aussage, dass die Scharnhorst-Klasse für den Kampf auf größere Entfernung ausgelegt wäre?

Dazu fallen zwei Punkte auf:
a) die späten deutschen Panzerkreuzer (Scharnhorst-Klasse, Blücher) sowie die deutschen Schlachtkreuzer hatten alle eine Mittelartillerie, während z.B. späte britische, französische und italienische Panzerkreuzer (und die meisten britischen Schlachtkreuzer) keine Mittelartillerie hatten. Die meisten hatten nur schwere Geschütze (teilweise zwei Kaliber) und ansonsten nur Torpedoabwehrgeschütze (meist 7,62 cm, später teilweise 10,2 cm). Das wird teilweise als Argument verwendet, dass die deutschen Schiffe auf den Kampf auf nahe Entfernung auslegt waren. Ich kenne aber keine Argumente, dass ihre Gegenstücke auf Kampf auf größere Entfernung ausgelegt waren. Ich denke, dass alle diese Schiffe einfach mit Artillerie geplant wurden, die auch für größere Entfernung geeignet war und dass man bis zum und im Ersten Weltkrieg gelernt hatte, dass die Artillerie auch entsprechend verwendet werden konnte (und man die Schiffe oft mit verbesserter Feuerleitung nachrüstete).

b) welche Feuerleitung hatte die Scharnhorst-Klasse bei Fertigstellung? Auf den Zeichnungen, die ich gerade überprüft habe, sind keinerlei Entfernungsmesser erkennbar. Die Marsen können zwar für die Feuerleitung genutzt werden, wirken aber wie typische Gefechtsmarsen für den Einsatz leichter Geschütze (vergleiche dagegen z.B. die Dreibeinmast der Blücher nach ihrem Umbau). Irgendwelche Feuerleitung muss ja vorhanden gewesen sein, ich finde gerade aber nicht, in welcher Form.

Es stimmt natürlich, dass die Scharnhorst-Klasse aufgrund ihrer Bewaffnung im Vergleich zur Good Hope und  Monmouth deutlich besser für den Kampf auf größere Entfernung geeignet war. Wie gesagt: auf dem Papier schon war die Scharnhorst-Klasse diesen britischen Schiffen einer älteren Generation klar überlegen - und auf dem Papier war die Scharnhorst-Klasse auch der Edgar Quinet-Klasse überlegen, u.a. wegen der höheren Feuergeschwindigkeit.

Die langsame Feuergeschwindigkeit der französischen Schiffe wird von allen mir bekannten Quellen bestätigt. Nachdem Ersten Weltkrieg hat die französischen Marine den Verschlussmechanismus der deutschen Geschütze kopiert (sie haben ja genügend erbeutet). Ein weiterer Punkt dürfte sein, dass bei den britischen und französischen Schiffen die Treibladungen in Beuteln verpackt waren, also keine Hülsen verwendeten. Die Kombination lässt eine langsamere Feuergeschwindigkeit erwarten.

Urs Heßling

#11
moin,

Zitat von: Matrose71 am 24 Januar 2023, 01:03:48
Alles hängt davon ab was Cradock macht, wie er seinen einzelnen kleinen Kreuzer schützen will.
Das Letztere sollte für den Verbandsführer absolut kein Thema sein. Ein kleiner bzw. leichter Kreuzer ist nicht dafür da, geschützt zu werden, sondern aufzuklären und (hier nicht) schwere Schiffe gegen Zerstörer- bzw. Torpedobootsangriffe zu decken.

Zitat von: maxim am 24 Januar 2023, 19:02:04
während z.B. späte britische, französische und italienische Panzerkreuzer (und die meisten britischen Schlachtkreuzer) keine Mittelartillerie hatten. Die meisten hatten nur schwere Geschütze (teilweise zwei Kaliber) und ansonsten nur Torpedoabwehrgeschütze (meist 7,62 cm, später teilweise 10,2 cm).
wirklich erst : Tiger

Zitat von: maxim am 24 Januar 2023, 19:02:04
welche Feuerleitung hatte die Scharnhorst-Klasse bei Fertigstellung? Auf den Zeichnungen, die ich gerade überprüft habe, sind keinerlei Entfernungsmesser erkennbar. Die Marsen können zwar für die Feuerleitung genutzt werden, wirken aber wie typische Gefechtsmarsen für den Einsatz leichter Geschütze (vergleiche dagegen z.B. die Dreibeinmast der Blücher nach ihrem Umbau). Irgendwelche Feuerleitung muss ja vorhanden gewesen sein, ich finde gerade aber nicht, in welcher Form.
mE gab es keine "technische" Feuerleitung, aber eine "sprachliche" durch den Artillerieoffizier

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Matrose71

#12
Salve Urs,

ZitatDas Letztere sollte für den Verbandsführer absolut kein Thema sein. Ein kleiner bzw. leichter Kreuzer ist nicht dafür da, geschützt zu werden, sondern aufzuklären und (hier nicht) schwere Schiffe gegen Zerstörer- bzw. Torpedobootsangriffe zu decken.
Was ist mit den 3 leichten Kreuzern von Graf Spee, die sind ja erstmal Glasgows Gegner ohne Ortranto?

ZitatmE gab es keine "technische" Feuerleitung, aber eine "sprachliche" durch den Artillerieoffizier
Also nach den verfügbaren Quellen eröffenete Spee das Gefecht auf 11400-12000m und lag mit der 2-3 Salve im Ziel, ist das ohne technische Hilfsmittel überhaupt möglich? Dazu gewannen wie ich schon schrieb, SH und GN Artillerie Wettbewerbe der Kaiserlichen Flotte, bevor sie nach China verlegt wurden.

Vielleich kann ja Ekke etwas dazu sagen, ich denke er hat das fundierteste Wissen hier über deutsche Feuerleitung plus Technik im WWI.
Viele Grüße

Carsten

Urs Heßling

moin,

Zitat von: Matrose71 am 25 Januar 2023, 11:18:38
ZitatDas Letztere sollte für den Verbandsführer absolut kein Thema sein. Ein kleiner bzw. leichter Kreuzer ist nicht dafür da, geschützt zu werden, sondern aufzuklären und (hier nicht) schwere Schiffe gegen Zerstörer- bzw. Torpedobootsangriffe zu decken.
Was ist mit den 3 leichten Kreuzern von Graf Spee, die sind ja erstmal Glasgows Gegner ohne Ortranto?
Das ist eine andere Überlegens-Ebene.
Mir ging es um den grundsätzlichen Punkt, daß es nicht die Aufgabe eines Verbandsführers ist, ein einzelnes Schiff zu schützen, es sei denn, es handele sich um ein Hochwertschiff, zu dessen Schutz der Verband beauftragt ist

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

t-geronimo

Wollt ihr dem Thema nicht mal einen passenderen Namen geben?
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Impressum & Datenschutzerklärung