Hilfsminensuch-Division Geestemünde

Begonnen von beck.Schulte, 03 Mai 2024, 15:30:14

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beck.Schulte

Tach Ulf:
Nun, mein Ansatz war der, irgendwelche Datensätze daraufhin zu untersuchen, ob sie überhaupt Platz in einer Dokumentation finden sollten. Das klassische M-Boot war, gleich den A, UB und UC Booten mit heißer Nadel gestickte Notentwürfe. Wobei sich das M-Boot in gleicher Funktion und ähnlichem Aussahen bis in die 60ziger erhalten hat.
Als Küstenfahrzeug geplant und eingesetzt, war die Angabe betr. Fahrtstrecke / Kohle völlig nutzlos. In den techn. Berichten bis zum Frühjahr 1919 gab es nie Forderungen betr. der Dampfstrecke. Das Braunkohle in den Kessel wanderte ist mir neu.  Über einige der Boote aus der Zeit 15-18 gibt es die vollständige  technische Dokumentation.  Selbst für 1918 heißt es durchweg: ,,Kohle: gut, ohne Rückstände und Schlacke. Speisewasser 110 Grad C, Luftdruck 45mm,  240-280UproMin)    Geschwindigkeit im Verband:  14kn  mit Geschirr und Bugschutz 12kn.  Über totale Dampfstrecke bei 100t Kohle findet sich nix. Wozu auch? Dafür wie gesagt: der  Kohleverbrauch in Frühjahr 1918 z.B. bei der 6. MS Halb  ~  2,8t / Stunde, was –  laut Techn. Bericht zur Instandsetzung in 1918 gegenüber 1917 ein Mehrverbrauch von fast 90%v ( in Worten neunzig) tonnen/Std. bedeutete.  Alles dies macht die schönen hingezauberten Probefahrt-Daten (Sauberes Schiff, Anlagen in Bestzustand, erfahrendes Werftpersonal, usw) zu Makulatur.
Noch Fragen?  8-)



TW

Hallo Ulf,
Der Bernd ist etwas dünnhäutig. Ich sitze den ganzen Tag am Computer und recherchiere, und sitze nicht im FMA-Bereich und warte, ob Jemand was schreibt. Wenn ich dann abends noch mal schaue, ob was Interessantes eingegangen ist, habe ich oft nicht mehr die Kraft, längere Antworten zu geben. Aber am nächsten Morgen ist Bernd schon beleidigt. Zur Sache:

Eigentlich sagt die Angabe 1400sm/14kn doch, dass bei voller Kraftanstrengung das Schiff maximal 1400 Seemeilen zurücklegen könnte. 14 Knoten sind natürlich nur erreichbar mit bester Kohle bei spiegelglatter See und ,,Rückenwind" 😉. Und 1400 Seemeilen sind ein entsprechend hoch angesetzter Wert. Allerdings ist damit kein Tages-Etmal gemeint.

Auf den Booten wurde ja nicht täglich Kohle gebunkert. Es wurden aus einem Verband vielleicht täglich 2 Boote zum Bunkern abgestellt. Das dauerte in der Regel einen ganzen Tag. Wenn man von 12 Booten im Verband ausgeht, dann wurde 1 Mal pro Woche gebunkert.

Das Etmal von 14000 Seemeilen verteilt sich also auf 6 Tage. An- und Abfahrt zum Räumgebiet sind überschaubar, die Strecke von CUX nach Helgoland misst etwa 40 Seemeilen. Aber dann werden die Schleifen gefahren, das Gebiet den ganzen Tag (also 6 Stunden lang) abgesucht. Wieviele Seemeilen mögen dabei zurückgelegt werden? Bei einer Suchgeschwindigkeit von 5 Knoten kommen 30 Seemeilen zusammen. Insgesamt komme ich so auf 110 Seemeilen. Macht bei 6 Seetagen 660 Seemeilen. Was ist, wenn wegen Kohlenmangel oder weil mehrere Boote gleichzeitig a.K. sind, das Bunkern mal 1 Woche ausfällt ?

Jetzt kommt einem die Angabe 1400 Seemeilen nicht mehr so wahnsinnig hoch vor. Und die geleistete Entfernung schrumpft bei schlechter Kohle und hohem Seegang ganz schnell zusammen. -- Ich habe jetzt nicht nochmal nachgeschaut, aber nach meiner Erinnerung kommt ein so hoher Wert wie 1400sm/14kn bei Minensuchbooten und Hilfsminensuchern eher selten vor.

Viele Grüße, Thomas

beck.Schulte

#47
Lieber Landsmann! Eigentlich sagt die Angabe 1400sm/14kn doch, dass bei voller Kraftanstrengung das Schiff maximal 1400 Seemeilen zurücklegen könnte... und das mit einer Bunkerfüllung! Diese Angaben waren bei der Marine durchweg gemeint als durchgehende Fahrt (Dönitz UBoote usw) aber nie als Summe verschiedener Seetage, bei allen möglichen Fahrtstufen und Wetter & See.
.Was von Interesse war und sich in den Tabellen wiederfindet, war der monatliche Kohleverbrauch und die daraus resultierende Dampfzeit (nicht Stecke) also z.B. 2,8t /Std. da wußte der LI was noch zuschaffen sei.  So Beispiel bei Booten der 6. Halb für April 1918  260t guter Kohle für 98 Dampfstunden /Monat.  Was soll ich mit der Info 1400sm / 14kn/ 100t Kohle. Was wohl eine kontinuierliche 14sm Fahrt bis die Bunker leer ist bedeutet. Die armen Heizer.  Sowas gab es nicht und daher ist für mich der Hinweis , gleich der 16kn Probefahrt und die 30 Minen Datenmüll. ...für andere aber eben nicht.  :-D

So halte ich es mit den Daten und das reicht mir

Strandurlauber

Zitat von: beck.Schulte am 30 Mai 2024, 15:07:20...  Selbst für 1918 heißt es durchweg: ,,Kohle: gut, ohne Rückstände und Schlacke. Speisewasser 110 Grad C, Luftdruck 45mm,  240-280UproMin)    Geschwindigkeit im Verband:  14kn  mit Geschirr und Bugschutz 12kn.  ...

Moin,

finde ich sehr interessant, war bislang davon ausgegangen, dass es bei den Sicherungseinheiten noch übler war als bei den schweren Einheiten. Hab leider auf die Schnelle die Textstelle nicht wieder gefunden, wo ein Kommandant sich über den "Schlamm" bzw. "nassen Dreck" auslässt ...) Beziehe mich da auf Aussagen wie die Folgenden ...

Gruß Ulf

"Damn the torpedoes! Full speed ahead!" D. G.  Farragut

(1864 Battle of Mobile Bay; ... er wusste offenbar was USS Cairo auf dem Yazoo River zum Verhängnis wurde, aber auch dass die Minen schon längere Zeit im Wasser lagen und durchsickerndes Wasser in den Trimmtanks diese nach und nach absacken ließ ...)

beck.Schulte

guten Abend und Dank für das Interesse, so bin ich nicht allein damit!  :cry:
Das die Flotte besers bekam, würde ich auch so sehen. Nun ist es aber evtl. so., dass auf einem Boot mit zwei doch simplen Dampfmaschinen , Kesseln und auch sonstigen Aggregaten auch Brennstoff der etwas mäßigeren Art als ,,gut" bezeichnet wurde. Aber wenn gesagt wird, dass alles gut durchbrannte und auch die Schlacke optimal war, dann war der Brennstoff wohl nicht der schlechteste. Auch ließ sich ein kleiner Heiz- und Maschinenraum mit ca. 20 Mann Technik besser im Griff halten als so ein Monster von Linienschiff. Worüber immer geklagt wurde war der Kondensator und späterhin die Qualität der Kesselrohre. Der Kondensator scheint wohl ein Grundübel der kaiserlichen Technik gewesen sein.  Was ab 1917 dann zur Verschlechterung der Neubauten führte, war Materialverknappung (z.B. schlechtes Weißmetall/Lager, Grauguss anstelle Bronze)   und Personalmangel.  Tecklenborg, die Superwerft, stand ständig in der Kritik der Front, während Seebeck doch recht Gutes ablieferte. Tecklenborg führte dies auf den Facharbeitermangel und den vermehrten Einsatz von russischen Kriegsgefangenen zurück. Daran änderte sich auch nicht viel nachdem die SBK Bremerhaven massiv die von den Werften angeforderten eingezogenen Fachkräfte bewilligt bekam. Man sieht, dass Thema Technik M-Boote ist ein weißer Fleck. Ich hab mich erst einmal auf die schiffbauliche Komponente des Baus der Boote  ,,gestützt" .
Ma gucken was noch kommt.

beck.Schulte

#50
Zu dem Arbeitskräftemangel kamen es ab Dez. 1916  zu ersten ,,Arbeitsverweigerungen".  Anders als mir immer erzählt wurde, gab es bis zum Nov. 1918 in BHV keinerlei politische Streikts. Es ging immer, wie auch hier um bessere Versorgung. Der Unterschied zu Herrn Hitlers Krieg war u.a. der, dass ,,Wehrkraftzersetzung" und ,,ab ins Lager" beim Kaiser nicht vorkam.  Außerdem gab es eine Schlichtungsstelle Unternehmer /Marine/ Metallarbeiterbund /MSPD  wo in Einzelfällen Lohnnachforderung abgehandelt wurden. In den dokumentierten Fällen (u.a. Nietergruppe / NDL) wurde weitestgehend die Forderungen der Arbeiter erfüllt. Na ja so allmählich sehen auch unsere Steuergeld finanzierten Historiker diese Zeit etwas differenzierter.Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.

Strandurlauber

Moin Bernd,

dazu hab ich auch was im BArch RM 31/2383 gefunden.
Falls nicht schon bekannt, es geht darin um ein Verbot der Arbeitsniederlegung. Entsprechende Bekanntmachungen für Wilhelmshaven, Cuxhaven und Geestemünde waren wohl schon im Juni 1916 in Vorbereitung und auch Überlegungen in Einzelfällen Teilnehmer ggf. "unauffällig" an die Front zu schicken, aber ich muss zugeben das man sich im Vorfeld wohl Gedanken um ein relativ maßvolles Vorgehen gemacht hat, um nicht einen Flächenbrand zu riskieren.

Gruß Ulf
"Damn the torpedoes! Full speed ahead!" D. G.  Farragut

(1864 Battle of Mobile Bay; ... er wusste offenbar was USS Cairo auf dem Yazoo River zum Verhängnis wurde, aber auch dass die Minen schon längere Zeit im Wasser lagen und durchsickerndes Wasser in den Trimmtanks diese nach und nach absacken ließ ...)

beck.Schulte

#52
Tach Uif: Die Akte RM31-2383 kannte ich bisher nicht. Danke für den Hinweis. Teile davon befinden sich auch in der BHV Akte "Arbeiterunruhnen" , die Basis meiner Anmerkung ist:  (Nachtrag: Ich habe die Akte durchgesehen. Leider nix betr. BHV, es sind die Meldungen der Station N und O  )

Leider ist es bis heute so, dass diese Zeit ausschließlich an KI und WHV fest gemacht wird und was so in den anderen Häfen vor sich ging unbeachtet bleibt. Hier in BHV gehen  Stadt- & Privat Forscher nicht an das Thema, da es die Lebenslüge  , dass die drei Gemeinden als SPD Hochburgen fest antimilitärisch und damit im ständigen Konflikt mit der Festung standen, als das was sie ist entzaubern.  Hier gab es Mangels an zahlenmäßig bedeutenden ,,Subproletariat"  eine starke  SPD und deren Gewerkschaft. Was sich nicht nur im November 1918., sondern schon ab Ende 1916 zeigte. Man lebte in gegenseitigen Absprachen in ,,friedlicher Koexistenz" .
Hier mal ein Beispiel was nicht ins Geschichtsverständnis meiner alten ( war bis 1983 bei dem Verein)  Genossen(in und Diversen) passt.

beck.Schulte

#53
Kommen wir mal zur HMSD Geestemünde zurück. Aus der Dokumentation des Verbandes hier ein Auszug der "Geburtsurkunde"

Für die Außenweser musste erst eine Formation aufgestellt werden. Als Geburtsstunde dieses Verbandes kann der 29. März 1916 gelten. Da ging um 12 Uhr 15 beim Festungs Telegraph Geestemünde folgende Nachricht der Nordsee Station ein: ,,kommdtzr. Geestemünde Ganz geheim. Hilfsminensuchdivision
gemäß Dienstanweisung Tg. F.D. Weser Ziffer 1 zwei d und Tenderliste sofort zusammentreten lassen Punkt, welche bis wann mit täglichen Absuchen Flussmündung Tonne Alte Weser B gerechnet werden, kann. Zusammenstellung
Formation melden. Station N 6687.
,,


Nachtrag für die Datensammler:
Personal Etat der Hilfsminensuch Division Geestemünde
Divisionstab: ( Anzahl 1) 1 Offizier, 1 Decksoffizier, 5 Unteroffiziere, 5 Gemeine
1 KptLt / 1 SArzt / 1 Signal Ob. Maat / 1 Ob. Maschinist / 1 Zahlmeister Asp. / 1 Verwaltungs Ob. Maat / 1Zimmermanns Ob. Gast / 1 Zimermanns Gast / 1 Schuster Ob.Gast / 1 Top. Mine-Ob. Maat
Führerboot: ( Anzahl 1 ) 1 Offizier, 1 Decksoffizier, 4 Unteroffiziere, 13 Gemeine = 19
1 Ob.Ldt. / 1 Steuerm. / 1 Signal Maat / 3 Ob. Matr. / 4 Matr. / 1 Ob. Masch. Maat / 1 Ob. Heizer / 2 Heizer / 2 Minen Ob. Matr. / 1 Mine Matr. /
Suchboot: (Anzahl 7 ) 1 Offizier, 4 Unteroffiziere, 13 Gemeine = 18 Mann
1 Ob.Ldt. / 1 Ob. Bootsm. Maat / 2 Ob. Matr. / 2 Mtr. / 1 Ob. Masch. Maat / 1 Masch. Maat / 1 Ob. Heizer / 2 Heizer / 1 Minen Ob.Bootsm. Maat / 2 Minen Ob. Matrs. / 2 Minen Matr./
Bojenboot (Anzahl 2) 1 Offizier, 5 Unteroffiziere, 12 Gemeine = 18 Mann  1 Ob.Ldt. / 1 Ob. Bootsm. Maat / 2 Ob. Matr. / 2 Matr. / 1 Ob. Masch. Maat / 1 Ob. Heizer / 2 Heizer / 1 Minen
Ob.Bootsm. Maat / 2 Minen Ob. Matrs. / 2 Mine Matrs / 1 Minen Masch. Maat / 1 Minen Oberheizer
a) Die Verteilung des Stabes auf die einzelnen Boote regelt der Divisionschef
b) Funker Zuschalg: Führerboot 1 F.T. Maat / 1 F.T. Ob. Gast / 1 F.T. Gast
Sonstige Boote mit Funk / 1 F.T. Ob. Gast / 1 F.T. Gast
c) Bei Booten mit zwei Maschinen tretten hinzu: 2 Maschinistenmaate / 1 Heizer


Wie bei sowas üblich sah es dann doch anders aus: Da es vielen der Marine-Artilleristen an seemännischer Bootführer-Qualität mangelte, waren es dann Steuermänner und anfangs auch Zivilisten, die im Verband fuhren.

Muchibushi

Hallo zusammen! Ich habe ein Fotoalbum gefunden. Es gibt ein Foto von Hilfsminensuchbooten. Ich frage mich, wer auf dem Foto ist?
Herzliche Grüße, Vladislav.

https://drive.google.com/file/d/1rKrNoLeIpw0dMqKsjw8UEh9pq1W1Fzhs/view?usp=sharing

beck.Schulte

#55
In Teilen bekanntes Album, nix mit HMSD Geestemünde und auch nix mit andrer HMSD
Hier mal ein weiteres Fotos am gleichen Ort zur gleichen Zeit

beck.Schulte

Mal ein kleiner Hinweis betr. der Angabe im Gröner usw der 30 Minen bei den M-Booten. Diese wurde in der Nordsee niemals geführt und auch in der Ostsee ( nicht mein Thema) kann es wohl nicht dazu. Aus den Besprechungen zwischen den Weser-Werften und der Abteilung Bauaufsicht /SBK Bremerhaven
ersichtlich, dass man bald auf die Ausrüstung mit den Minenschien völlig verzichtete, die Heckklappe aber beibehielt. Sehr gut zu sehen auf Fotos bei FOB ,,Minen & Menschen" Überhaupt ist die Entwicklung der Boot von kaum brauchbaren hin zum Arbeitstier der M-Flottillen eine recht interessante. Wobei  zuerst Seebeck, dann aber Tecklenborg die technische Ausarbeitung übernahm.

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