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Technik und Waffen => Antriebssysteme => Thema gestartet von: Sven L. am 13 März 2021, 11:48:29

Titel: Antriebsanlagen der Geleitboote G1-24
Beitrag von: Sven L. am 13 März 2021, 11:48:29
Hallo Forumskollegen,

durch einen Forumskollegen wurde ich während eines Telefonates auf die Geleitboote G1-24 der Kriegsmarine aufmerksam gemacht. Hierbei ging es eher darum, dass diese Boote nach Abschluß der Erprobungen einen Hubschrauber erhalten sollten. Beim Durchlesen des Textes bei Z-vor!, Band 2, Seite 66 von Harald Fock stieß ich auf den Hinweis, dass der Antrieb durch drei Lentz-Einheitsmaschinen - kurz LES - mit Abdampfturbinen erfolgen sollte. Die Erzeugung des Dampfes sollte durch drei Benson-Kessel sichergestellt werden.

Bei der Lentz-Einheitsmaschine handelt es sich um eine Doppel-Verbundmaschine. Das heißt, das zwei Doppel-Zylinder (Compound) Maschinen auf einer Kurbelwelle arbeiten. Der Vorteil gegenüber einer herkömmlichen Compound-Maschine ist, das die Überströmung von HD-Zylinder zum ND-Zylinder ohne Receiver, also direkt, erfolgt.
Ich füge den Link zur genaueren Beschreibung bei. Es ist ein Auszug aus dem Jahrbuch der Schiffsbautechnischen Gesellschaft von 1928.

Die Lentz-Einheits-Schiffsmaschine; Entstehung,
Entwicklung, Vorteile und gesammelte Erfahrungen.  (https://link.springer.com/content/pdf/10.1007%2F978-3-642-92023-3_10.pdf)

Weil ich ein neugieriger Mensch bin, habe ich mich daran gesetzt die Maschinen nachzurechnen. Da leider nur wenige der zur Nachrechnung notwendigen Grundwerte vorhanden sind, ist nur eine annäherende Berechnung möglich. Weil es sich um Benson-Kessel handelt, ist davon auszugehen, das in jedem Fall überhitzer Dampf zur Anwendung kam. Ein Blick in den Gröner, Band 2, gab mir dann die Auskunft, das die Kessel mit einem Druck von 28 bar gefahren wurden. Bei der Annahme, das die Überhitzung bei 400 Grad Celsius lag und der Gegendruck im Kondensator bei 0,08 bar, erzeugt die LES 0,196 PS/kg Dampf und die Abdampfturbine 0,08 PS/kg Dampf. Unter Berücksichtigung der Verluste durch der Föttinger-Kupplung und das mechanische Getriebe, sind für die Erzeugung der 2.250 PSw je Maschine rund 8.920 kg Dampf je Kessel erforderlich. Bei Verwendung von Heizöl mit einem Heizwert von 8.900 kcal/kg (dann Steinkohlen-Teeröl), benötigt ein Kessel rund 910 kg dieses Brennstoffes, was mit dem im Gröner angegebenen Vorrat von 465 t für eine Reichweite von ca. 3.500 sm bei 20/21 kn reicht. Hier ist eine erheblich Abweichung gegenüber der Angabe im Gröner. Dort werden 6.000 sm/20 kn genannt.
Bei Verwendung von Heizöl (Braunkohlen-Teeröl) mit einem Heizwert von 9.300 kcal/kg verringert sich der Bedarf je Kessel auf ~870 kg/h und der Fahrbereich steigt auf ca. 3.700 sm.
Sollte tatsächlich bestes Heizöl mit rd. 9.700 kcal/kg Heizwert zum Heizen verwendet werden, veringert sich die stündlich verbrauchte Menge auf ~835 kg und der Fahrbereich würde auf ca. 3.900 sm steigen.
Die Abmessungen (LBH) der LES kämen auf ca. 3,90/2,20/3,80 m. In der Längenausdehnung kämen noch rd. 2,80 bis 3,00 m für die Abdampfturbine und das Getriebe hinzu. In der Breite ca. 1,20 m für den Kondensator.

Laut Gröner ist die gesamte Maschinenanlge in Kraftwerks-Anordung ausgeführt. Von hinten nach vorne gesehen ist die Anordung der Räume folgendermaßen:
- Maschinenraum (1) mit einer Maschine
- Kesselraum (1) mit einem Kessel
- Raum für Hilfseinrichtungen usw.
- Maschinenraum (2+3) mit zwei Maschinen
- Kesselraum (2) mit einem Kessel
- Kesselraum (3) mit einem Kessel

Insgesamt gesehen ist es eine kleine kompakte Antriebsanlage mit einem sehr niedrigen spezifischen Brennstoffverbrauch. Bei den oben genannten Werten wären dies rd. 370 g/PSw (bei 9.700 kcal/kg) bzw. 404 g/PSw (bei 8.900 kcal/kg).

Titel: Re: Antriebsanlagen der Geleitboote G1-24
Beitrag von: Sven L. am 16 März 2021, 20:18:09
Hallo,

kleiner Nachtrag.

Außer den Geleitbooten war auch für die MZ-Boote, wohl ab MZ 13, lt. Gröner eine Lentz-Einheitsmaschine (LES) mit ~1.040 PSw geplant. Hierbei sollten die Boote um ca. 5 m länger werden als der Original-Entwurf.
Ebenso waren die Hansa Einheitsfrachtschiffe Typ A bis C mit Lentz-Einheitsmaschinen geplant. Die Typen B und C zzgl. Abdampfturbine. Deren Antriebsleistungen sollten 1.200, 1.800 bzw. 3.000 PS betragen.
Titel: Re: Antriebsanlagen der Geleitboote G1-24
Beitrag von: Sven L. am 18 März 2021, 20:20:38
Moinsen,

Hier ein paar zusätzliche Angaben zu den Lentz-Einheitsmaschinen der Hansa-Typen

Typ A:

Zylinder (HD+ND): 2 x 420 mm + 2 x 900 mm
Hub                     : 900 mm
Leistung              : 1.200 PS
Umdrehungen     : 90
Kessel                 : 2 x Flammrohrkessel

Typ B:

Zylinder (HD+ND): 2 x 420 mm + 2 x 900 mm
Hub                     : 900 mm
Leistung              : 1.800 PS (mit Abdampfturbine)
Umdrehungen     : 90
Kessel                 : 2 x Flammrohrkessel

Typ C:

Zylinder (HD+ND): 2 x 485 mm + 2 x 1.100 mm
Hub                     : 1.100 mm
Leistung              : 3.000 PS (mit Abdampfturbine)
Umdrehungen     : 90
Kessel                 : 3 x Wasserrohrkessel

Weil bei den Entwürfen zu den Geleitbooten (G1-24) keine weiteren Angaben zu finden sind, ist man, wenn man die annähernden Abmessungen (Zylinder u. Maschine) berechnen möchte, auf ausprobieren bzw. Annahmen angewiesen. Zwei Beispiele:


















V 1 (Öl)V 2 (Öl)V 3 (Kohle)
Anfangsdruck282828bar
Enddruck0,80,60,8bar
Anfangs-Temperatur400400229°C
Dampfbedarf8.4258.42010.880kg/h
Füllung HD-Zylinder25,118,330,0%%
Umdrehungen125125125U/min
Ø HD-Zylinder458512400mm
Ø ND-Zylinder1.0301.134982mm
Hub1.0301.130980mm
Wärmegefälle LES129,8142,495,9kcal/kg
Wärmegefälle Abd.Tu.53,640,846,3kcal/kg
Heizmittelbedarf je Kessel8618601.199kg/h
Länge ca.5.2605.7905.010mm
Breite ca.2.7813.0622.651mm
Höhe ca.4.3304.7504.120mm

Die Angabe zum Ölverbrauch wurde bei einer Verwendung von Heizöl mit 8.900 kcal/kg gerechnet. Die 3. Variante wurde mit Kohle und einem Heizwert von 7.500 kcal/kg gerechnet. Die Abmessungen sind ohne Abdampfturbine und Getriebe.

Titel: Re: Antriebsanlagen der Geleitboote G1-24
Beitrag von: Sven L. am 19 März 2021, 20:39:59
Ich habe dem vorherigen Post in der Tabelle noch eine dritte Variante hinzugefügt. Weil zu dem Zeitpunkt der Planung der Ölbedarf enorm groß geworden war und Kohle in ausreichenden Maße vorhanden war, wollte ich wissen, wie sich eine Kohlebetriebene Anlage mit derselben Leistung ausgeht. Sofern dieselbe Menge an Kohle wie an Heizöl untergebracht werden kann, wäre es machbar gewesen. Jedoch wäre der Fahrbereich um 1.000 sm gesunken.

Wenn ein annähernd gleicher Verbrauch gewünscht wird, müsste die Antriebsleistung auf ca. 1.700 PS gesenkt werden. Dies reicht für eine Geschwindigkeit von 19,0 kn und für einen Fahrbereich von ca. 3.590 sm reichen.
Titel: Re: Antriebsanlagen der Geleitboote G1-24
Beitrag von: Peter K. am 19 März 2021, 22:04:55
... dazu gibt es eine "Vorläufige Bauvorschrift für die Hauptmaschinen und Kessel mit zugehörigen Hilfsmaschinen, Zubehör und Maschinengeräten" (1941) und eine "Bauvorschrift (Entwurf) für die Hauptmaschine und Kessel mit zugehörigen Hilfsmaschinen, Zubehör und Geräten" (1942) für die Boote G 1 - 24 im BA/MA. Beides ist zur Einsicht bei meinem nächsten Besuch vorgesehen ...
Titel: Re: Antriebsanlagen der Geleitboote G1-24
Beitrag von: Sven L. am 22 März 2021, 11:30:37
Hallo Peter,

das hört sich äußerst interessant an.  :TU:)

Die Bauart der Kohle beheizten Kessel der M-Boote Typ 43 war für mich auf den ersten Blick ungewöhnlich. Ich musste lange in meinen Büchern forschen, bis ich zu der Erkenntnis gelangt bin, das es sich um eine, von einem Öl-befeuerten Kessel, abgewandelte Variante eines Wagner-Kessels handeln könnte. Die Fa. Wagner hat ja nie einen Standard-Typ entwickelt.
Titel: Re: Antriebsanlagen der Geleitboote G1-24
Beitrag von: Sven L. am 22 März 2021, 21:11:36
Hier die Ansicht (schwarze Linien) eines Kessels der M-Boote Typ 43. Die blauen Linien wären mögliche Heizflächen.

(https://i.ibb.co/JC4pR0t/Kessel-M-Boot-Typ-43.jpg)
Titel: Re: Antriebsanlagen der Geleitboote G1-24
Beitrag von: Peter K. am 22 März 2021, 21:19:29
ZitatDie Fa. Wagner hat ja nie einen Standard-Typ entwickelt.

Einen recht guten Überblick über verschiedene Wagner-Kessel auf Torpedobooten, Zerstörern, Kreuzern, Schlachtschiffen mit vielen Skizzen, Erprobungsberichten, Berechnungsbeispielen, usw. findet man im B.I.O.S. report no. 1264.
Titel: Re: Antriebsanlagen der Geleitboote G1-24
Beitrag von: Sven L. am 22 März 2021, 21:43:40
Hallo Peter,

Gerade geschaut. Nirgends zu bekommen :-(
Titel: Re: Antriebsanlagen der Geleitboote G1-24
Beitrag von: Peter K. am 22 März 2021, 21:54:07
... hier ... (https://www.barnebys.com/auctions/lot/bios-final-report-no-1264-wagner-natural-circulation-boiler-british-segp-5zxxwr) (kostet allerdings ne Kleinigkeit)

EDIT: ... ist aber leider bereits verkauft - sorry, hatte ich nicht gleich gesehen!
Titel: Re: Antriebsanlagen der Geleitboote G1-24
Beitrag von: Sven L. am 22 März 2021, 22:45:48
Ich hatte eines für 147 Eur gefunden - aber auch ausverkauft  :|

Bist du im Besitz desselben?
Titel: Re: Antriebsanlagen der Geleitboote G1-24
Beitrag von: Peter K. am 22 März 2021, 22:59:14
Ja, aber aufgrund der vielen Faltpläne mit mittlerweile recht schwacher Bindung ...
Titel: Re: Antriebsanlagen der Geleitboote G1-24
Beitrag von: Peter K. am 24 März 2021, 20:49:39
Mir hat die Sache keine Ruhe gelassen, weil ich eine Skizze dieses recht unbekannten kohlebefeuerten Wagner-Kessels im Kopf hatte, und wurde nach einigem Suchen im B.I.O.S. final report no. 1333 fündig. Die beiden Pläne habe ich abfotografiert und sind im Anhang zu finden. Die Abmessungen des Kessels in der vorstehenden Skizze weiter oben wären demnach zu korrigieren.

Außerdem gab es zumindest noch einen weiteren Versuchskessel des Wagner-Typs mit Kohlefeuerung für ein Minensuchboot und zwar mit einem Arbeitsdruck von 22 atü.
Titel: Re: Antriebsanlagen der Geleitboote G1-24
Beitrag von: Sven L. am 24 März 2021, 22:14:17
Peter, du bist einfach der Beste  :birthday: :TU:)  :TU:) :birthday:

Das habe ich gesucht  :MG:
Titel: Re: Antriebsanlagen der Geleitboote G1-24
Beitrag von: SchlPr11 am 24 März 2021, 22:57:09
Hallo,
als ich am vergangenen Wochenende im Gröner-Bestand (bzw. im Nachlass von Martin Maass) nach M 3820 vergeblich suchte, kam mir die Fotoserie von der Hellingsetzung der Sektionen von M 601 hier in Rostock auf der Neptunwerft im Sommer 1944 wieder in die Hände.
Zufälligerweise kann ich diese nun hier an betreffendender Stelle ergänzend zeigen.
Sie betreffen zwei Fotos mit deutlicher Sicht auf den Kessel.
REINHARD
Titel: Re: Antriebsanlagen der Geleitboote G1-24
Beitrag von: Sven L. am 24 März 2021, 23:06:50
Hallo Reinhard,

auch dir meinen Dank. Geniale Fotos. Wann kann man schon so schön in die zukünftigen Kohlebunker schauen  :-D
Titel: Re: Antriebsanlagen der Geleitboote G1-24
Beitrag von: SchlPr11 am 24 März 2021, 23:15:05
Hallo,
das mit den Bunkern habe ich mir auch so schon gedacht...
Der Rest der Serie von der Sektionslegung verdient gelegentlich auch weiterer Aufarbeitung. Rechts auf der geteilten Haupthelling von AG Neptun noch ein U-Boodruckkörper.
REINHARD
Titel: Re: Antriebsanlagen der Geleitboote G1-24
Beitrag von: Peter K. am 24 März 2021, 23:22:51
... sehr interessante Bilder! Danke für´s Zeigen!  :TU:)
Titel: Re: Antriebsanlagen der Geleitboote G1-24
Beitrag von: Sven L. am 27 März 2021, 14:29:42
Wagner Dampfkessel mit Kohlefeuerung

Weil dieser Kessel der Fa. Wagner wegen seiner Kohlefeuerung als sehr interessant anzusehen ist, wollte ich diesen nachberechnen. Weil ich im Besitz aller drei Auflagen von Dr.-Ing. Friedrich Münzingers „Berechnung und Verhalten von Wasserrohrkesseln“ (1. Auflage) und „Dampfkraft“ (2. u. 3. Auflage) bin und Fr. Münzinger in diesen Büchern die Berechnung auf grafischem Wege – mittels diverser Tafeln – aufzeigt, habe ich für die Nachberechnung die 2. Auflage verwendet.
Bevor es an das Berechnen ging, benötigte ich eine Zeichnung aus der ich einige Werte wie Rohrlänge, Rohrabstände usw. entnehmen konnte. Das Ergebnis sieht so aus:

(https://i.ibb.co/sW94Nwp/Wagner-Kessel-Kohle.jpg)

Zunächst werde ich den Kessel kurz beschreiben.

In der Zeichnung finden sich die römischen Zahlen I bis VI. Diese sind diese in der von Peter K. eingestellten ersten Zeichnung mit Tube Section bezeichnet. Die deutsche Übersetzung bzw. in Kesselbeschreibungen verwendete Bezeichnung lautet Rohrbündel. Leider sind die Sections V und VI nur eine einzige Rohrreihe, weshalb die Bezeichnung Bündel irreführend ist und ich mich deshalb in der Zeichnung auf die Angabe der römischen Zahlen beschränkt habe.

Alle Rohrdurchmesser der Rohrreihen bzw. Rohrbündel I – VI sind Rohre mit einem Außendurchmesser von 38 mm bei einer Wandstärke von 3 mm. Die Rohreschlangen des Überhitzers bestehen aus Rohren mit 25 mm Außendurchmesser und einer Wandstärke von 2,5 mm. Der Ekonomiser besteht aus Rohrschlangen mit einem Durchmesser von 20 mm bei 2 mm Wandstärke.

Section I
Obwohl es wie eine einzelne Rohrreihe aussieht, kann man es durchaus als Rohrbündel  bestehend aus 2 Rohrreihen bezeichnen. Die Rohre laufen von dem das links begrenzende Kohlerost liegende Quadratrohr zu der oberen Kesseltrommel. Die beiden Rohrreihen sind so zu einer Rohrwand zusammengebogen, so dass sie eine Wand bilden, die den Feuerraum nach außen abschirmt. Diese Rohre gehören zur Strahlungsheizfläche.

Section II
Dieses Rohrbündel hat dieselbe Funktion wie das der Section I. Im Unterschied hierzu sind die Rohre im mittleren Teil so auseinandergebogen, das sie drei Rohrreihen bilden und den Rauchgasen so die Möglichkeit geben abzuziehen. Dieses Rohrbündel mündet ebenfalls in der oberen Kesseltrommel. Diese  Rohre gehören im unteren Bereich zur Strahlungsheizfläche und ab dem aufgebogenen Teil zur Berührungsheizfläche und gelten als Vorheizfläche. Dieses Rohrbündel ist ein reines Steigrohrbündel. Das heißt, dass in allen diesen Rohren das erhitze Wasser einschließlich der Dampfblasen nach oben in die obere Kesseltrommel aufsteigen.

Section III

Dieses Rohrbündel liegt zwischen den Rohren der Section II und dem Überhitzer. Es besteht aus vier Rohrreihen und verbindet die obere Kesseltrommel mit der kleineren unteren Kesseltrommel. Diese Rohre gehören zur Berührungsheizfläche. Bei der Berechnung des Kessels gilt dieses Rohrbündel ebenfalls als Vorheizfläche. Auch dieses Rohrbündel ist ein Steigrohrbündel.

Section IV

Dieses Rohrbündel besteht aus neun Rohrreihen und ist die sogenannte Nachheizfläche. Es verbindet, wie die Rohre der Section III, die obere mit der unteren Kesseltrommel. Dieses Rohrbündel gilt als Fallrohrbündel, wobei jedoch je nach Belastung des Kessels einige Rohre bzw. Rohrreihen als Steigrohre dienen können. Welche Rohre als Fall und welche als Steigrohre dienen läßt sich berechnen. Das ist aber ein Thema, dem ich mich noch widmen muss.

Section V

Diese Rohrreihe liegt zwischen der Section I und der Außenwand des Kessels. Diese Rohre sind reine Fallrohre und verlaufen von der oberen Trommel zu dem links neben dem Feuerrost liegenden quadratischen Rohr. Sie werden durch die Rohrwand (Section I) vor der Strahlungshitze abgeschirmt.

Section VI

Die Rohre haben dieselbe Funktion wie die der Section V. Allerdings verbinden sie das rechts neben dem Feuerrost liegenden quadratischen Rohr. Sie werden durch die Rohrwand (Section II) vor der Strahlungshitze abgeschirmt.

Überhitzer

Der Überhitzer liegt zwischen den Rohrbündeln der Vor- und Nachheizfläche. Er besteht aus 34 Rohren nebeneinander, die jeweils dreifach umgebogen vier übereinander liegende Reihen bilden. Aufgrund der größeren Wirksamkeit wird der Überhitzer wohl im Gegenstrom betrieben worden sein. Das heißt, dass der Frischdampf von oben nach unten durch das System geleitet worden ist, während die Rauchgase „im Gegenstrom“ von unten nach oben den Überhitzer durchströmten.

Ekonomiser

Der Ekonomiser ist das letzte von den Rauchgasen bestrichene Bauteil des Kessels. Er besteht aus 36 Rohrreihen wobei jedes Rohr 19-mal umgebogen 20 übereinanderliegende Rohre ergibt. Hier wird das Kessel zugespeiste Frischwasser von der Speisewassertemperatur auf eine knapp unterhalb der des Kesseldruckes entsprechende Temperatur erwärmt. Meistens liegt diese Temperatur um ca. 20 Grad Celsius niedriger als die dem Kesseldruck entsprechende Temperatur. Auch der Ekonomiser wird „im Gegenstrom“ betrieben worden sein.


Sobald ich die Berechnungen abgeschlossen habe, werde ich die Tabelle und die Arbeitsblätter zur grafischen Berechnung hier einstellen.
Titel: Re: Antriebsanlagen der Geleitboote G1-24
Beitrag von: Sven L. am 15 April 2021, 12:59:09
Beim genaueren Ansehen der von Peter K. eingestellten Zeichnungen zu den Kessel (Kohlegefeuert) der M-Boote, habe ich mir die Frage gestellt wie das Speisewasser (Feedwater) auf 115 Grad vorgewärmt worden ist. Das aus dem Kondensator kommende Speisewasser hat bei 95% Vakuum bzw. einem Druck von 0,05 bar eine Temperatur von ca. 32,5 Grad Celsius. Das dem Kondensator entnommene Wasser muss erst durch einen Entöler fließen um reinstes Speisewasser zu bekommen. Das Kondensat der zum Hauptantrieb gehörenden Hilfsmaschinen, die sehr wahrscheinlich auf Auspuff gearbeitet haben, wird nicht ausreichen die fehlenden Temperaturgrade zu erzeugen. Es wird sich eher eine Mischtemperatur zwischen 50 und 70 Grad Celsius ergeben. Dies bedeutet, das in einem speziellen Mischvorwärmer das nunmehr leicht vorgewärmte Speisewasser mittels Frischdampf auf die entsprechende Temperatur von 115 Grad Celsius gebracht werden muss.  Insgesamt eine sehr unwirtschaftliche Anlage.
Wenn ich die Hilfsanlagen der Hansa-Typen A bis C zugrunde lege, haben die Hilfsmaschinen mit 1,5 ata Gegendruck gearbeitet. Alles in allem eine komplexe Anlage die es nicht einfach macht alles entsprechend nachzurechnen, weil zudem noch allerhand Angaben fehlen, die somit nur angenoimmen werden können. Weil ich jetzt im Besitz der Original Werftpläne zu dem Geleitboot Typ 41 bin, kann ich zumindest mal gucken, wie es sich mit den Kohlebunkern gestalten könnte.
Nach einer ersten durchsicht des gestern erhaltenen Buches Fotodokumentation KT und SME läßt mich die Überlegung nicht mehr los, das G-Boot mit nur zwei Wellen und jeweils einer drei-zylindrigen Dampfmaschine mit Bauer-Wach-Abdampfturbine zu probieren. Die Maschinen wären zwar etwas länger, aber durch den Wegfall eines Kessels könnte der achtere Schornstein etwas weiter nach vorne rücken. Dies böte etwas mehr Luft für die Rotorblätter des Helicopters.

In jedem Fall bleib ich am Ball
Titel: Re: Antriebsanlagen der Geleitboote G1-24
Beitrag von: Sven L. am 18 Mai 2021, 18:05:51
Die Berechnung der LES inkl. Bauer-Wach-Abdampfturbine

Nachfolgend der Rechnungsgang für eine mit Kohle statt mit Heizöl betriebenen Antriebsanlage für das Geleitboot Typ 41.

Weil jede Antriebsmaschine einen eigenen Kessel zur Dampfversorgung besaß, vereinfacht sich die Kesselberechnung.

Die Hauptmaschine

Der Kessel erzeugt Dampf von 28 bar und 320 °C. Die Temperatur vor der Maschine liegt bei ca. 310 °C. Die LES arbeitet den Dampf bis herunter zu einem Druck von 0,6 bar ab. Weil die Expansion unvollständig ist, verlässt der Dampf den ND-Zylinder bei einem Druck von ca. 0,77 bar. Der Gesamtwirkungsgrad der LES beträgt 75%, der der Abdampfturbine ca. 70%. Der Dampfbedarf der Antriebsmaschine beträgt 3,64 kg/PSe bzw. 7.620 kg/h. Unter Berücksichtigung der Getriebeverluste ergibt sich somit eine Antriebsleistung von 2.092 PSe. Grundlage der Berechnung ist ein Heizwert der Kohle von 7.500 kcal/kg und einer Umdrehungszahl der Welle von 90 U/min.

Die Hilfsmaschinen

Die Hilfsmaschinen verarbeiten gedrosselten Dampf von 15 bar bis hinunter zu einem Gegendruck von 2 bar. Bei einem Wirkungsgrad von 75% ergibt dies einen Dampfbedarf von 8,84 kg/PSe. Berechnet habe ich die Kühlwasser-, Kondensat- und speisewasserpumpe sowie das Kesselgebläse. Für die übrigen Hilfsmaschinen habe ich den Dampfbedarf um 25% erhöht. Um den Dampfbedarf für den zweiten Vorwärmer zu ermitteln, musste ich die Mischtemperatur des Kondensats und des Abdampfes der Hilfsmaschinen berechnen. Die Mischtemperatur ergab rund 66,5 °C. Weil das Speisewasser mit ca. 115 °C dem Ekonomiser zugeführt wird, muss die Temperaturdifferenz mit Hilfe von Frischdampf aus dem Kessel ausgeglichen werden. Es ergab sich ein Dampfbedarf für die Hilfsmaschinen von 740 kg/h sowie für die zweite Vorwärmung ein solcher von 612 kg/h.

Die Beschreibung der Dampfkessel folgt ...