Umgang mit traumatisierten Soldaten

Begonnen von RonnyM, 14 Juni 2012, 12:27:43

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RonnyM

Moinsen,

habe heute in der WELT KOMPAKT einen "traurigen" Artikel zur Kenntnis nehmen müssen, dass der Umgang mit diesen Soldaten noch immer unkoordiniert und ineffizient verläuft.

So dauert es im Schnitt 18 Monate, bis ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung (WDB) beantragt, einen ersten Bescheid von der Bundeswehrverwaltung erhält. Kommt es danach zum Rechtsstreit, können Jahre vergehen, bis das Verfahren abgeschlossen ist.

Wenn man bedenkt, dass seit dem Krieg im Kosovo man Erfahrung mit WDB-Geschädigten hat, ist es doch beschämend, dass bis heute ein stimmiges Verfahren nicht in Sicht ist.

Grüße Ronny

PS Ich höre lieber auf, sonst werde ich noch ausfallend.
...keen Tähn im Muul,
over La Paloma fleuten...

smutje505

Hallo Ronny am 10.6.12 in der Talkshow bei Jauch wurde das Thema im Beisein von de Maiziere,einen Soldaten aus dem 2WK und einen Soldaten der BW(2x im Kosovo)diskutiert.Hier ging es auch um diesen Rechtsstreit und um die langen Verfahren-wirklich beschämend.

Trimmer

Ja ich finde es auch beschämend - in Abwandlung " Sag mir wie du mit deinen Soldaten umgehst - und ich sage dir was für ein Staat du bist "

Gruß - Achim-Trimmer
Auch Erfahrung erhält man nicht umsonst, gerade diese muß man im Leben vielleicht am teuersten bezahlen
( von Karl Hagenbeck)

Hastei

sagte nicht Charles d`Gaule ,oder täusche ich mich ?  sage mir wie ein Land mit seinen Soldaten nach einem verlorenen Krieg umgeht und ich sage Dir welchen Charakter das Volk hat.
Nicht nur Bundeswehrangehörige haben es ganz schön schwer,wenn sie Schaden genommen haben.                 Aus Erzählungen weiß ich auch von WK II Soldaten, was die ,besonders wenn sie Berufssoldaten waren, für eine  schwere Nachkriegszeit mit gemacht hatten. Die Behörden waren nicht immer kooperativ.
Gruß Hastei

Tostan

Zitat von: Hastei am 14 Juni 2012, 16:12:33
Nicht nur Bundeswehrangehörige haben es ganz schön schwer,wenn sie Schaden genommen haben.                 Aus Erzählungen weiß ich auch von WK II Soldaten, was die ,besonders wenn sie Berufssoldaten waren, für eine  schwere Nachkriegszeit mit gemacht hatten. Die Behörden waren nicht immer kooperativ.

Wie sagte mir ein Veteran der ersten BW-Auslandseinsätze mal: "Unsere Großväter hatten auch viel mitgemacht. Aber sie konnten Abends in die Kneipe gehen und einen kippen, jeder wusste warum und hatte Verständnis. Heute wissen die Deutschen nicht mehr was Krieg bedeutet und man ist allein mit seinen Erinnerungen."

Henrio

Moin, Moin,

ich meine, wenn die Politik schon seine Soldaten irgendwo hinschickt, dann sollte sie auch für deren erlittenen Schäden
jeglicher Art alles menschenmögliche unternehmen, zur Wiederherstellung resp. Linderung.Statt diese Ermattungsstrategie.
Gelder ließen sich dort sinnvoller einsetzen als bei der Finanzierung des Polit- oder Schlachtentourismus.
Haben Beamtete eigentlich auch diese erwähnten Schwierigkeiten, wenn es um Kuren geht, zur Wiedererlangung oder Erhaltung der Dienstfähigkeit?
Unsere ausgeschickten Soldaten sollten uns mindestens genausoviel wert sein.

Gruß
Heinz

jockel

Moin,

das hat "Tradition" in deutschen Armeen, eine Tradition die leider wohl fortgeführt wird.
Schon bei Preußens hieß es "...Geh' Alter nimm' den Bettelsack, bist auch Soldat gewest!" Nicht umsonst hat man wieder einen Tapferkeitsorden eingeführt. Blech zu verteilen ist halt einfacher und kostengünstiger, als den betroffen Soldaten Wohlfahrten in Bezug auf Gesundheit, berufliche Sicherheit etc. zukommen zu lassen.



Gruß
Klaus

Baunummer 509

Ja, es ist beschämend und falsch. Und den Jungs sollte alle Hilfe zuteil werden, zu der die Gesellschaft fähig ist.

Aber: Ich glaube das eigentliche Problem liegt im Krieg selbst. Und in seiner Natur. Krieg ist immer zerstörerisch. Vordergründig richtet er sich gegen den Feind und seine Ausrüstung, insgeheim aber auch immer gegen alle die ihn führen.
Ich denke das was den Männern (und Frauen?) bei Ihren Einsätzen genommen wurde, kann ihnen keine Therapie und keine finanzielle Entschädigung zurück geben. Aber die Wunden können sicherlich gelindert werden und das sollte geschehen... solange wir nicht klug genug sind, nicht mehr in den Krieg zu ziehen.

Gruß

Sebastian

RonnyM

Moin,

vielleicht kommt ja Schwung in die Sache, wenn unser Bundespräsident von "Mutbürger in Uniform" spricht. Hoffentlich wird der Status jetzt angehoben. :MG:

Grüße Ronny
...keen Tähn im Muul,
over La Paloma fleuten...

mhorgran

Zitat von: RonnyM am 15 Juni 2012, 11:56:11
Moin,

vielleicht kommt ja Schwung in die Sache, wenn unser Bundespräsident von "Mutbürger in Uniform" spricht. Hoffentlich wird der Status jetzt angehoben. :MG:

Grüße Ronny
Unser Bundespräsident ist ein Wendehals und ist niemals auf der Seite des Bürgers gestanden. Er war IMMER auf Seiten der Mächtigen, egal ob in der DDR oder BRD. Genauso wird es auch weitergehen.
"Wer an der Ukraine-Erzählung zweifelt, der gilt als Feind des Westens als Freund Russlands, als Gefahr für die Demokratie, wird diskreditiert, zensiert, eliminiert."
https://sciencefiles.org/2022/03/28/kriegsverbrechen-in-der-ukraine-von-den-angeblich-guten/

jockel

Zitat von: mhorgran am 15 Juni 2012, 16:12:44
Unser Bundespräsident ist ein Wendehals [....] Er war IMMER auf Seiten der Mächtigen...
So isses, sogar Mutti wollte ihn nicht.  :-D



Gruß
Klaus

Münchner

 

Die PTBS liegt seit Jahren zur Beurteilung auf den Schreibtischen der Juristen der Leistungsträger (beispielsweise Krankenkassen) die sich mit den Anspruchstellern (beispielsweise Soldaten) auseinandersetzen müssen.

Das Problem ist, dass hier eine neue 'Volkskrankheit' am Horizont auftaucht, die durch alle gesellschaftlichen Schichten geht und auf ganz unterschiedliche Ursachen zurückgeführt werden kann, die nur eine Gemeinsamkeit haben: Das existenzbedrohende Ereignis oder auch (das gar nicht so seltene) Dauerereignis.

Außerdem ist der Schaden und in der Folge die 'Entschädigung', wie auch die erforderliche Therapiemaßnahme und deren Umfang nicht so einfach verifizierbar, wie eine Granatsplitterverletzung.

Vermutlich wird sich noch eine ganze Richtergeneration mit diesem Thema beschäftigen müssen.
Über die Ursachen und die Folgen für unsere Gesellschaft und Sozialordnung, aber auch die Abgrenzung des PTBS könnte man lange diskutieren.

Grüße vom Micha.




et si omnes, ego non!
(Wenn auch alle, ich nicht. - Ein Bibelzitat.)

RonnyM

...na gut Micha, du baust ja schon vor, aber seit dem Kosovo haben wir ja fast schon eine Generation "verplempert". :-( Oder willst du drauf hinaus nach dem Motto: Wir machens wie die Amerikaner, wo die Kameraden seit dem Vietnam-Krieg mit dem Agent Orange um "Rehabilitierung" kämpfen.

Ich kenne 2 Fälle aus meiner persönlichen Umgebung, die sich heute noch mit den Behörden rumschlagen. Wobei ich deren Ausdauer bewundere.
Anhand dieser "Erkenntnisse" ist es doch traurig, dass hier nur Lippenbekenntnisse stattfinden.

Ich gebe dir Recht, unter juristischen Aspekten kann man die Sache "unendlich" hinziehen. :MS:

Grüße Ronny
...keen Tähn im Muul,
over La Paloma fleuten...

Münchner

 
Guten Morgen Ronny,

es ist schlimm für die Betroffenen, das muss ich vielleicht noch nachschieben, denn ich hatte mich über die (nur teilweise juristischen) Gründe für die zögerliche Bearbeitung dieser Vorgänge, hinter denen aber in jedem Einzelfall ein Mensch steckt, kurz äußern wollen.

Ich wünsche Deinen Bekannten, die sich mit den entsprechenden Dienststellen (und Ämtern) rumschlagen müssen, viel Ausdauer und hoffe, sie finden die richtige Unterstützung.

Die PTBS ist in den Köpfen der Menschen noch nicht angekommen.

"Das Weichei soll sich zusammenreißen." ist eine durchaus verbreitete Ansicht, nicht nur bei bildungsfernen Stammtischbrüdern. Auch die Ansicht, dass PTBS eine, von interessierten Kreisen wie Ärzten und Pharmaindustrie, erfundene Krankheit sein KÖNNTE (sicherheitshalber verwendet man den Konjunktiv, denn auch die Arbeitsweise der Journalisten hat sich nicht zum Besseren gewandelt), findet sich manchmal in den Medien wieder.

In manchen politischen Foren wird das Verletzungsrisiko des Soldaten als 'Berufsrisiko' eher schulterzuckend abgetan, und im Kontext kann man dann das 'selber schuld' rauslesen. [Was ich über solche Leute denke, habe ich hier wieder gelöscht, ich möchte doch sachlich bleiben.]

Und jetzt sind wir bei einem sehr viel größeren Kreis der Problematik und verlassen das eigentliche Thema.
"Die Sicherheit Deutschlands wird auch am Hindukusch verteidigt“ - Peter Struck am 5.12.2002. Diese Äußerung ist an kaltschnäuziger Arroganz nicht zu überbieten... und zeugt auch von einer gewissen Naivität.

Aber Politiker übernehmen gerne dogmatische Formulierungen und gewinnen damit Wahlen oder wenden eine Krise ab.
Theodore Roosevelt (als Profiteur einer Äußerung von John Hay) und Galtieri (Stichwort Malvinas) sind Beispiele dafür.

Wer leichtfertig Soldaten (speziell nach Afghanistan, oder auch Somalia 1993) in Marsch setzt, sollte sich nicht nur darüber Gedanken machen, was diese bewirken sollen, sondern auch darüber, wie er sie (und auch die einheimischen Helfer, auf die nach dem Abzug der ISAF der Tod als Kollaborateure wartet) aus der Situation wieder herauskriegt, wenn es anders läuft, als geplant.

Ich hatte Guttenberg (damals noch Minister) mal gefragt, wieviele Deutsche Offiziere Paschtun sprechen würden. Mit dem Sinn dieser Frage konnte im Auditorium niemand was anfangen und das Thema wurde übergangen.
Wir kämpfen im dritten Jahrtausend in einem irregulären Krieg noch immer mit den Methoden von 68 (wenn auch mit anderen Mitteln) und haben, zumindest in den politischen Entscheiderpositionen, nichts dazugelernt.

Vietnam, Agent Orange und die Folgen für die Gesellschaft.
Außer einem Artikel im Spiegel habe ich keine Kenntnisse über die Versorgung, oder besser Nachsorge, der Veteranen in den U.S.A.
Die Suizidrate soll extrem hoch sein... und einige meiner Bikerfreunde behaupten ernsthaft, die Hells Angels wären von ehemaligen Vietnamkämpfern gegründet worden.

Egal ob dies zutrifft oder nicht, wir (die Gesellschaft) sollten ehemalige Soldaten, die in einem Kampfeinsatz gestanden sind, nicht aus den Augen lassen, wobei dies fürsorglich und sehr differenziert gemeint ist. - Dazu gehört eben AUCH die unbürokratische (diese Bezeichnung, die zu oft missbraucht wird) Bearbeitung von Anträgen auf Anerkennung einer WDB, denn hier geht es um Einzelschicksale und nicht um die Baugenehmigung für einen neuen Supermarkt.

Vieles bleibt unerwähnt...

Grüße vom Micha





et si omnes, ego non!
(Wenn auch alle, ich nicht. - Ein Bibelzitat.)

Trimmer

Hallo Micha - top

Gruß - Achim-Trimmer
Auch Erfahrung erhält man nicht umsonst, gerade diese muß man im Leben vielleicht am teuersten bezahlen
( von Karl Hagenbeck)

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