Günther Lütjens - Versuch einer Analyse

Begonnen von ZweiDreiVier, 12 September 2012, 22:25:35

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ZweiDreiVier

Hallo Miteinander,

ich bin Ufo und einigen anderen im Zusammenhang mit meiner Einschätzung der Person Günther Lütjens noch einige Antworten schuldig.

ad 9:
mein Beispiel:
ZitatDie Nichtniederkämpfung der PoW - Ziel war nicht größtmöglicher Schaden beim Gegener.

Zitat von: ufo am 04 September 2012, 22:48:32
Diese Spinne in der Yukapalme ist ums Verrecken nicht totzutreten. Das Vieh ist mit Wotanstahl gepanzert. Luetjens hatte Handelskrieg zu fuehren. Was passiert, wenn ein Kommandant, der die Aufgabe hat Handelskrieg zu fuehren, sich mal eben mit einem gegnerischen Kriegschiff anlegt, hatte Wilhelm Marschall vorgefuehrt. Der hatte mal eben einen Flugzeugtraeger versenkt und schon war die ganze Chause im Eimer, weil einer seiner Dampfer auch gleich eins verplaettet gekriegt hat. Daraufhin ist er sehr konsequent gefeuert worden und Luetjens hat seine Nachfolge angetreten. Luetjens wird Raeders Botschaft sehr wohl verstanden haben. Fuer einen total unsicheren und vernaechlaessigbaren Prestigeerfolg eine ganze Operation mit zahllosen Versorgungsdampfern in die Tonne treten ist einfach nicht drin.
Zu dem Zeitpunkt als der den Prince erfolgreich abgewehrt hatte, musste Luetjens davon ausgehen, dass erstens sein Schiff beschaedigt ist und jeder weiter Treffer die Aktion beenden kann und dass er zweiten jetzt aber noch alle Chancen hat die Operation erfolgreich weiter zu fuehren.
Dass dann einige Stunden hinterher klar wurde, dass Bismarck zu schwer getroffen war, um die Operation weiter zu fuehren, das war ... nun ... hinterher! Hier wird wieder so eine Verknuepfung erzwungen, wo eine Information, die zeitlich nach einem Ereigniss liegt dieses Ereignis angeblich beeinflussen sollte. Guenther Luetjens hat absolut im Sinne der Operation Rheinuebung gehandelt, als er mit dem Versenken eines gegnerischen Schlachtschiffes und dem Zurueckschlagen eines weiteren absolut zufrieden war. Jeder weitere Schritt waere absolut rucksichtslos und ein klares Vergehen gegen die stehenden Befehle gewesen.

Ich gehe mal davon aus, dass Deine Ausführungen vom 14.09.2005 15:21:25 (vgl. http://forum.schlachtschiff.com/topic8a78.html?TOPIC_ID=1874):
Zitat... Geschichte ist eine Geisteswissenschaft. Punkt. Geschichte ist keine Naturwissenschaft. Es gibt in der Geschichtswissenschaft – dem Wissen um Geschichte – keine Wahrheiten. Das ist in der Chemie, der Physik, der Biologie anders.

Wir können nur versuchen Informationen zusammenzutragen. ..."
im Wesentlichen ernst gemeint waren, wobei "Wahrheit" in Bezug auf die angeführten Wissenschaften oft genug auch relativ war / ist.

Deshalb muss ich auf einige Deiner obigen Ausführungen näher eingehen, da sie m. E. geeignet sind, falsche Eindrücke zu erwecken:

a) Operation Juno
ZitatWas passiert, wenn ein Kommandant, der die Aufgabe hat Handelskrieg zu fuehren, sich mal eben mit  einem gegnerischen Kriegschiff anlegt, hatte Wilhelm Marschall vorgefuehrt.Der hatte mal eben einen Flugzeugtraeger versenkt ...
Gegenstand der Operation Juno waren nach den mir vorliegenden Unterlagen:

  • Der Angriff auf die allierte Operationsbasis für die Rückeroberung Narviks: Harstad.
  • Die Flankensicherung der Heeresoperation Büffel (Vorstoß der "Gruppe Feuerstein" von Drontheim nach Narvik, um die Landverbindung herzustellen).
Informationen zu diesen Themen finden sich bspw. bei R.K. Lochner "Als das Eis brach" Seiten 568 ff. sowie
http://www.bmlv.gv.at/truppendienst/ausgaben/artikel.php?id=1176 und
http://www.gebirgsjager.de/htm/ww40-1.htm.

Mit Handelskrieg hatte Juno ebensowenig zu tun wie Weserübung. Der Flottenchef Marschall hatte bei Juno aus den vorliegenden Informationen den richtigen Schluss gezogen: "Die Alliierten bauen ab!" und operierte folgerichtig auf die gemeldeten Geleitzüge. Nachdem er, nach Einbringung der Scharnhorst nach Drontheim, den Vorstoß vom 10.6. mit Gneisenau und Hipper wg. mangelnder Erfolgsaussichten und angesichts der aktuellen Brennstofflage im Raum Drontheim noch am gleichen Tag abbrach, war bei der SKL wohl das Maß voll, eine offene Auseinandersetzung mit seinem Flottenchef scheute Raeder allerdings.

Lütjens, nunmehr Flottenchef, unternimmt am 20.06. mit Gneisenau und Hipper einen neuen Vorstoß, "U-Bootsicherung" 1 Zerstörer und 1 Seeflugzeug. Das Ergebnis wird dem Einen oder Anderen bekannt sein: um 23:35 od. 23:36 Torpedotreffer im Vorschiff der Gneisnau, so dass man bequem mit einem Verkehrsboot quer durchs Schiff fahren konnte. Konsequenzen für den "erfolgreichen" Flottenchef? Mir sind keine bekannt.

b)Operation Rheinübung
ZitatZu dem Zeitpunkt als der den Prince erfolgreich abgewehrt hatte, musste Luetjens davon ausgehen, dass erstens sein Schiff beschaedigt ist und jeder weiter Treffer die Aktion beenden kann und dass er zweiten jetzt aber noch alle Chancen hat die Operation erfolgreich weiter zu fuehren. ... hat absolut im Sinne der Operation Rheinuebung gehandelt. ... Jeder weitere Schritt waere absolut rucksichtslos und ein klares Vergehen gegen die stehenden Befehle gewesen.

Das kann man natürlich glauben. Zwingend sind diese Schlußfolgerungen m. E. nicht, insbesondere auch im Hinblick auf die Weisungen und Operationsbefehle, die dem Flottenchef durchaus Handlungsspielräume einräumten.
Und "rücksichtslos"? Ja bitte, wem oder was gegenüber?

Was wußte / setzte Lütjens zu dem Zeitpunkt voraus? Nachdem was wir zu wissen glauben, kann man wohl von folgendem ausgehen:

  • Der unerkannte Durchbruch ist mißglückt! Angesichts der Bedeutung, die wiederholt der Ausnutzung langer mondloser Nächte bzw. schlechter Wetterbedingungen beigemessen wurde, ein herber Rückschlag, der Anlass zu einer Neubewertung der Unternehmung wäre.
  • Versuche die Fühlungshalter abzuschütteln bzw. zu bekämpfen sind bisher fehlgeschlagen.
  • Die Home Fleet ist in See, zwei ihrer gefährlichsten Vertreter (Geschwindigkeit) sind sogar vor Ort!
  • Bismarck ist beschädigt (genaues Ausmaß und Folgen noch unklar).
  • Das feindliche Flaggschiff KgV (evtl. auch Renown lt. FT 6:32) bricht entgegen aller gegnerischen Traditionen das Gefecht ab und zieht sich zurück.
  • Die feindliche Artillerie hat Probleme, die Aufschläge der PoW bzw. KgV waren ja nicht so klein, dass man sie übersehen, geschweige denn nicht zählen konnte.
  • Die Weisung von 2.4.1941 sieht explizit vor, eine örtlich und zeitlich begrenzte Seeherrschaft im Nordatlantik anzustreben (Das ist ohne Ausschaltung gegnerischer Streitkräfte wohl kaum möglich, hier bot sich eine Chance).
  • Für längere Reparaturen ist lt. Gruppe Nord auch der Rückmarsch in die Heimat nicht ausgeschlossen! Dass die Schiffe in Frankreich geradezu auf dem Präsentierteller liegen, war seit den Treffern auf der Gneisenau auch L. bekannt!
  • Gruppe West legt die letztendliche Entscheidung über Abbruch oder Abkürzen in die Hände des Flottenbefehlshaber ("nach Lage"!)
  • Ferner heißt es "Falls Kampf unvermeidbar, ist er unter vollem Einsatz durchzuführen."
  • Auf das Unternehmen Rheinübung sollen weitere folgen!
Er hätte in bester Spee'scher Tradition (Falkland 1914), aber mit besseren Karten, Prinz Eugen zum Handelskrieg (analog Hipper) entlassen und gleichzeitig der gegenerische Flotten noch schwereren Schaden zufügen können (ein eingefahrenes Flaggschiff samt Stab versenkt, falls KgV), auch unter Inkaufnahme weiterer eigener Schäden.

Das wäre nach Stand der Dinge im Frühjahr 1941 und im Hinblick auf zukünftige Operationen, sei es aus Brest oder mit Tirpitz, nicht nur ein taktischer, sondern  sogar ein strategischer Erfolg gewesen.

Wir wissen, er hat sich anders entschieden. Warum, wissen wir nicht, und wenn nicht eines Tages auf wundersame Weise die "seewasserfesten Lütjens-Tagebücher" auftauchen, werden wir es auch nie erfahren.
Freundliche Grüsse
Stephan

"Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!" ist der Wahlspruch der Aufklärung.
AUFKLÄRUNG ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.
vgl. http://www.uni-potsdam.de/u/philosophie/texte/kant/aufklaer.htm

Kosmos

ZitatGegenstand der Operation Juno waren nach den mir vorliegenden Unterlagen:

    Der Angriff auf die allierte Operationsbasis für die Rückeroberung Narviks: Harstad.
    Die Flankensicherung der Heeresoperation Büffel (Vorstoß der "Gruppe Feuerstein" von Drontheim nach Narvik, um die Landverbindung herzustellen).
schon, aber es ging ja darum was mit Marschal dann geschah, Erfolg allein war nicht genug, man musste auch den "Geschmack" der daheim gebliebenen treffen, auch mit dieser Erfahrung ist Lütjens
in die See gestochen.

Olaf

Stephan, mir ist nicht ganz klar, ob Deine Punkteauflistung Dir und Deiner Theorie von Lüjens als Widerstandskämpfer nun dienlich ist oder nicht. Wenn wir uns nun in Lütjens Lage direkt nach dem Abdrehen der vermeintlichen KGV versetzen, so blieben ihm doch nicht viele Möglichkeiten. Die Fühlungshalter und KGV stehen nördlich, sollte er es tatsächlich riskieren, Letztere niederzukämpfen und somit sich und PG aufgrund möglicher (weiterer) Beschädigungen komplett aus dem Verkehr (weitere Unternehmungen) zu ziehen? Hinzu kommt der lange Weg nach Hause/Norwegen, falls er es wirklich an Norfolk, Suffolk, PoW, den anzunehmenden Einheiten, welche für die anderen drei Durchbruchszenarien bereitstanden, und RAF vorbeischafft. Was aus dem Osten oder Süden noch auf ihn zudampft, kann er nicht mit Sicherheit wissen, sogar vom Erscheinen zweier schwerer Einheiten war er (nach unserem heutigen Wissen) überrascht. PG entlassen und die Schlacht alleine schlagen, wäre wirklich Selbstmord. Unter vollem Einsatz sollen nur unvermeidbare Kämpfe gefochten werden. Dieser aber war alleine durch das Abdrehen von KGV vermeidbar. Ergo, der Weg nach Westen war durch ein bißchen Grönland blockiert, nach Norden geht nicht und so bleibt doch nur das Weiterrennen gen Süden, um in die Weiten des Antlantiks oder nach Frankreich zu kommen. Glaubst Du wirklich, er hat in diesem Moment an die Gefährdungslage in den französischen Häfen gedacht?

In welche Richtung soll ich also denken?
Stau ist nur hinten blöd, vorne geht´s ...

J.I.M

Sagt mal, würde man sich eigentlich einen Zacken aus der Krone brechen, wenn man sagen würde, dass es in der Situation mehrere Möglichkeiten gegeben hätte, die auch (bei entsprechenden Glück oder halt Pech) zu einem vorteilhaften Ausgang für die Dt. Flotte geführt hätten.
Wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum über das Thema was weiß ich wie viele Seiten in diesem Forum und sicher auch in anderen Foren beschrieben worden sind.

Weiß eigentlich von Euch jemand, ob Informationen, wie zum Beispiel, dass nur so-und-soviele Aufschläge vom Gegner beobachtet werden, während des Gefechts bis zu den Entscheidungsträgern durchkommen? Für den Fall müsste man das Risiko eines weiteren Gefecht sehr positiv Bewerten.

JIM

ufo

Zitat von: J.I.M am 13 September 2012, 22:23:23
Sagt mal, würde man sich eigentlich einen Zacken aus der Krone brechen, wenn man sagen würde, dass es in der Situation mehrere Möglichkeiten gegeben hätte, die auch (bei entsprechenden Glück oder halt Pech) zu einem vorteilhaften Ausgang für die Dt. Flotte geführt hätten.
Wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum über das Thema was weiß ich wie viele Seiten in diesem Forum und sicher auch in anderen Foren beschrieben worden sind.

Weiß eigentlich von Euch jemand, ob Informationen, wie zum Beispiel, dass nur so-und-soviele Aufschläge vom Gegner beobachtet werden, während des Gefechts bis zu den Entscheidungsträgern durchkommen? Für den Fall müsste man das Risiko eines weiteren Gefecht sehr positiv Bewerten.

JIM

Davon sind mir schon so viel Zacken in der Krone verbogen, dass die inzwischen wie ein Helm aussieht!  :roll: Was mir wirklich unendlich auf den Sack geht ist die Nonchalance mit der HMS Prince of Wales hier mal eben wieder versenkt wird.

Zitat von: ZweiDreiVier am 12 September 2012, 22:25:35
Hallo Miteinander,

ich bin Ufo und einigen anderen im Zusammenhang mit meiner Einschätzung der Person Günther Lütjens noch einige Antworten schuldig.

ad 9:
mein Beispiel:
ZitatDie Nichtniederkämpfung der PoW - Ziel war nicht größtmöglicher Schaden beim Gegener.
...

Mit Allem Respekt - von den 15 Punkten fand ich halt 14 wenig einleuchtend aber der hier geht mir in dieser Form echt auf den Geist. Ich empfinde es als zutieft respektlos und absurd den Eindruck zu erwecken als haetten all die total daemlichen Deutschen Soldaten den Krieg nur durch Bloedheit verloren, weil ihre ganzen Wunderwaffen ja so dermassen draufklotzen konnten – die haben damit halt nur nicht umzugehen gewusst.

Was mich an der Geschichte endlos nervt, ist dass es eben nicht eine historische Debatte ist. Es ist aus der selben Kiste wie Schneewittchen oder der gestiefelte Kater. Die Debatte ist hundertmal diskutiert worden. Sie ist nie zuende. Bismarck ist ein Wunderding.

Du stellst es so dar, als ob Luetjens die Entscheidung zu teffen hatte, ob er HMS Prince of Wales versenkt oder ob es sie nicht versenkt und danach muss er dann ueberlegen ob er seinen Kreuzer entlaesst, oder er nach Frankreich oder Norwegen geht, oder ... das macht doch keinen Sinn, oder?!

Luetjens hatte die Entscheidung zu treffen, ob er den Kampf mit den Briten fortsetzt oder nicht. Was dem Prince dabei passiert oder nicht steht auf einem ganz, ganz anderen Blatt.

Unterschied ist klar?

Erstens:

Ein modernes Schlachtschiff kann man mit Geschuetzfeuer praktisch nicht versenken. Das hat nix mit Bismarck zu tun. Das ist bei allen so. Yamashiro hat Granaten eingesteckt bis zum einpacken, Kirishima hat reichlich weggesteckt, Scharnhorst hat ordentlich aufs Haupt gekriegt. Man braucht schon Torpedos, wenn das klappen soll. Und auch das dauert lange. Auch da haben Yamashiro und Scharnhorst viele von weggesteckt, eh sie in die Tiefe gegangen sind und auch HMS Prince of Wales hat allerlei an Bomben und Torpedos eingesteckt eh sie schliesslich gesunken ist.

Um Prince of Wales zu versenken, ja selbst um sie schwer zu beschaedigen ist es mit einfach drauf schiessen nicht getan.

Zweitens:

Es ist nicht so, dass die Royal Navy nach dem Untergang von HMS Hood schreiend das Weite gesucht haette. In dem Kampf zur mal-eben-so-Versenkung von HMS Prince of Wales treten 2 schwere Kreuzer und ein Schlachtschiff mit schadhafter Hauptartillerie gegen einen schweren Kreuzer und ein Schlachtschiff an – zumindest bis die Britischen Zerstoerer ran sind. Und so bleibt mir wirklich, wirklich schleierhaft wie man das Risiko gegen zwei schwere Kreuzer und sechs Zerstoerer denn nun positiv bewerten soll. 

Drittens:

Beschaedigte Schlachtschiffe sind schwer zu retten. Man braucht Seeherrschaft um das zu schaffen. Als Luetjens den Kampf abbrach, war Bismarck so gerade noch gut genug in Schuss, um (fast) zu entwischen. Hat dann letztendlich selbst nach den paar Treffern nicht geklappt. Jeder weitere Treffer stellt das Entwischen in Frage. Hier klingt das so als ob Bismarck dann halt noch drei, vier Beulen und ein, zwei schwere Lackabsplitterungen hinnimmt und dann kurz nach Kiel faehrt zum neu streichen. Das haut nicht hin.
 

Und nun magst Du Dich dransetzen und das Gefecht, bei dem HMS Prince of Wales angeblich mal eben so en passant versenkt wird, simulieren. Das kann man am Rechner machen oder mit Bleistift und Papier. Einfach entscheiden welches Schiff auf welches andere Schiff schiesst, wie sich die Entfernungen verhalten und veraendern. Dann kann man sich fuer jede Waffe vom der Schlachtschiffkanone zur Zerstoererwumme und zum Torpedo die Schussgeschwindigkeiten und die Trefferwahrscheinlichkeiten je Entfernung raussuchen. Schliesslich muss man kalkulieren wie gross fuer die jeweilige Waffe und die jeweilige Entfernung die Wahrscheinlichkeit eines schweren Treffers und eines leichten Treffers ist und dann kann man losrechnen. Die schweren Britischen Einheiten werden wohl oder uebel ihren Zerstoerern entgegen laufen. Man kann dann abschaetzen ab wann die ins Gefecht eingreifen.
6 Zerstoerer, 2 schwere Kreuzer und (1) Schlachtschiff auf Britischer Seite gegen 1 schweren Kreuzer und 1 Schlachtschiff auf Deutscher Seite. Viel Spass.

Jeder bekommt etwas verschiedene Ergebnisse raus. Man darf gespannt sein.

Ohne Dir jetzt das Vergnuegen am Rechnen nehmen so wollen: Ich denke das Ergebnis ist recht knapp. Wenn Die Deutschen gewinnen wollen, muessen sie erheblich schwere Treffer erzielen bevor die Zerstoerer eingreifen koennen. Auch sind sie darauf angewiesen, wie schnell oder wie langsam der Prince seine Artillerie wieder klar kriegt. Gelingt es im Gegenzuge den Briten Prinz Eugen auszuschalten oder auch nur Treffer in seiner Torpedobewaffnung zu landen befor er selbst HMS Prince of Wales mehrfach torpedieren kann, ist die Kiste fuer die Deutschen ziemlich gelaufen. So oder so – ein spannendes Gefecht. Sinnvollerweise sollte man das viele Male durchrechnen um Zufallstreffern weniger Gewicht einzuraeumen.

Viel haengt davon ab welche Seite zuerst schwere Torpedotreffer landen kann. Alles in Allem sehe ich kaum Aussichten fuer die Deutschen mit zwei Schiffen zu entkommen; dass Bismarck hinterher noch schwimmt erscheint mir eher unwahrscheinlich ist aber vorstellbar.

Frohes Rechnen.

Klar jedenfalls wird so oder so, dass die Spinne in der Yukkapalme mal eben so den Prince versenken und dann vielleicht den Prinz zum Kreuzerkrieg entlassen und dann lustig nach Norwegen dampfen wirklich, wirklich absurd ist. Und da kein Internetforum zur Seekriegsgeschichte davon frei ist geht sie mir etwas auf den Geist.

Da Du mich schon so schoen zitiert – richtig – absolute Wahrheiten lassen sich nicht mehr finden. Aber gegen Windmuehlen schicken mag ich meine brave Rosinante denn auch nicht.


Zu Juno in Aller Kuerze: schaue ich mir Raeders Ausfuehrungen in seinem 4. Erlass von 16. Juli 1940 ,,Betriffe Einsatz der Schlachtschiffe und des Kreuzers Hipper im Ersten Kriegsjahr" (PG 32177a) an, so wird sehr deutlich, dass er bei Juno ausdrucklich eine lange Operation erwartete, dass Vorstoesse um Island durchaus als sinnvoll und naheliegend erachtet wurden. Diese lange Operation fiehl einem relativ billigen Sieg zum Opfer. Ich denke Luetjens hatte in dem Schreiben eine sehr klare Vorgabe. 

Ufo

Matrose71

#5
ZitatDavon sind mir schon so viel Zacken in der Krone verbogen, dass die inzwischen wie ein Helm aussieht!  :roll: Was mir wirklich unendlich auf den Sack geht ist die Nonchalance mit der HMS Prince of Wales hier mal eben wieder versenkt wird.

Was mir aber auch total auf den Sack geht ist, das immer ignoriert wird, dass 6/10 ihrer Artillerie weggeschossen oder funktionsuntüchtig war, zum Zeitpunkt des Gefechts!
Leach hat den Kampf abgebrochen, meiner Meinung nach völlig zu recht, weil der Druck von beiden deutschen Schiffen zu hoch war.
Die Karten von POW standen ziemlich schlecht als sie das Gefecht abgebrochen hat und es hat mehr als 2 Stunden gedauert bis sie ihre Ari wieder in Funktion hatte.
Also wo bitte ist das Argument, dass sie nicht hätte versenkt werden können?
Leach hatte durch den Brückentreffer wichtiges Personal verloren und es funktionierte bei weitem nicht alles reibungslos auf POW!
Sie stand mächtig unter Druck von mehrfachen Treffern beider deutscher Schiffe, als sie das Gefecht abbrach und POW hat keinen einzigen Treffer mehr gelandet, seitdem Bismarck den Zielwechsel auf POW vollzogen hatte und beide deutschen Schiffe sie mit deckenden Salven eindeckten.

Mir geht die Verharmlosung dieser faktischen Tatsachen auf den Sack und das ewige Mantra POW hätte nicht versenkt werden können, obwohl sie schwer angeschlagen war und das erste britische Schlachtschiff seit 200 Jahren war, dass freiwillig den Kampf gegen einen gleichwertigen Gegner abbrach (1 BB 1 HC gegen 1 BB und 2 HC)!
Viele Grüße

Carsten

ZweiDreiVier

Hallo Olaf,

danke für Deinen Beitrag.

Ich glaube allerdings, dass die Lage zum Zeitpunkt des Abbruchs des Gefechtes bzw. kurz danach anders aussah, als von Dir dargestellt
(vgl. http://www.bismarck-class.dk/bismarck/history/bisdenmarkstraitbattle.html):

Demnach befanden sich Norfolk und PoW keinesfalls nördlich von der dt. Kampfgruppe. Norfolk stand östlich und PoW etwas südlicher und lief nach Südosten ab. Nur Suffolk stand ca. 28 km nördlich.

Grundsätzlich bestanden u. a. folgende Optionen:
a) zurück nach Drontheim durch die Dänemarkstr. ca. 1.300 sm
c) Absetzen ins Nordmeer durch die Dänemarkstr. >= 1.500 sm
b) zurück nach Drontheim südl. an Island vorbei, ca. 1.200 sm
c) nach Frankreich mindestens 1.800 sm, bei Ausholen mehr

Zwischen Bismarck und dem Wiedereintritt in die Dänemarkstraße stand die Pappschachtel Suffolk. Alle anderen vor Ort befindlichen Einheiten hätten nur hinterherdampfen können. Das galt erst recht für alle weiter südlich stehenden Einheiten. Man wäre wieder in Gebiete mit schlechter Sichtigkeit zurückgekehrt, was zumindest ein Fühlungshalten aus der Luft erschwert hätte.

Die Fortführung des Gefechtes mit KgV (PoW) hätte ihn ca. 60 - 90 sm weiter in Richtung Osten / Südosten gezogen. Der Homefleet standen nach der ihm vorliegenden Feindlage nur noch die unfertige PoW als schnelle schwere Einheit zur Verfügung, ansonsten war noch mit Rodney oder Nelson zu rechnen.

Neben den im Operationsbefehl vorgesehen "vollen Einsatz" ist dort auch die Rede von der "Bindung eines einzelnen Schlachtschiffes ... ohne vollen Einsatz". Dazu bot sich eine einmalige Gelegenheit, die Lütjens ungenutzt verstreichen ließ.

Mit den Resten der Homefleet musste er aber auch bei Fortsetzung des Kurses nach Süden bzw. später nach Frankreich rechnen.

Mit seiner Entscheidung, durch die Dänemarkstrasse zu gehen, statt, wie von Gruppe Nord vorgeschlagen, durch die Enge Island - Faröer, hatte er sich ohnehin in eine Situation manöveriert, die dem Gegner gestattete nacheinander alle Streitkräfte zum Einsatz zu bringen.

Zuerst die Deckungsgruppe für die Dänemarkstrasse, dann die Deckungsgruppe für Island - Faröer. Und dann, was die Engländer noch so zusammenkratzen konnten!

ZitatPG entlassen und die Schlacht alleine schlagen, wäre wirklich Selbstmord.
Wieso? Prinz Eugen wurde später ohnehin entlassen. Man konnte von Glück sagen, dass sie das Gefecht unbeschädigt überstanden hatte. Für sie war der Weg zum Handelskrieg frei! Der Kampf gegen gegnerische Großkampfschiffe war nun wirklich nicht die Aufgabe eines schweren Kreuzers. Und lt. Operationsbefehl sollte Prinz Eugen nicht einmal ein Gefecht gegen Kreuzer führen!

Nachdem Bismarck bereits vorher den Kreuzern nicht davonfahren konnte, war es alles andere als sicher, dass das in seiner Geschwindigkeit eingeschränkte Schiff ein "Weiterrennen gen Süden" erfolgreich beenden könnte. Ein Absetzen in entlegene Seeräume war mit englischen Kreuzern im Schlepp, die zweifelsohne weitere Fühlungshalter heranführen würden, nicht möglich.

Und die brennstoffschwache Prinz Eugen war in dieser Situation auch keine Hilfe.

Für mich bleiben z. Zt. in Bezug auf Lütjens Entscheidungen nur drei Möglichkeiten:

  • Lütjens war mit seiner Aufgabe nicht gewachsen. Aufgabe eines Flottenchefs und seines Stabes auf See ist es ja nun gerade, die strategische Lage zu analysieren und daraus die entsprechenden Schlussfolgerungen zu ziehen, auch wenn sie möglicherweise einem inzwischen überholten Operationsbefehl widersprechen. Marschall hatte diese Fähigkeit bei Juno unter Beweis gestellt.
  • Lütjens war krank, wie Francois-Emmanuel Brézets vermutet.
  • Lütjens suchte bewusst den Untergang.
Freundliche Grüsse
Stephan

"Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!" ist der Wahlspruch der Aufklärung.
AUFKLÄRUNG ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.
vgl. http://www.uni-potsdam.de/u/philosophie/texte/kant/aufklaer.htm

ZweiDreiVier

Hallo Ufo,

das:

Zitat von: ufo am 13 September 2012, 22:55:52
...
Erstens:
Ein modernes Schlachtschiff kann man mit Geschuetzfeuer praktisch nicht versenken. Das hat nix mit Bismarck zu tun. Das ist bei allen so. Yamashiro hat Granaten eingesteckt bis zum einpacken, Kirishima hat reichlich weggesteckt, Scharnhorst hat ordentlich aufs Haupt gekriegt. Man braucht schon Torpedos, wenn das klappen soll. Und auch das dauert lange. Auch da haben Yamashiro und Scharnhorst viele von weggesteckt, eh sie in die Tiefe gegangen sind und auch HMS Prince of Wales hat allerlei an Bomben und Torpedos eingesteckt eh sie schliesslich gesunken ist.

Um Prince of Wales zu versenken, ja selbst um sie schwer zu beschaedigen ist es mit einfach drauf schiessen nicht getan.

ist nun wirklich Argumentation mit im Mai 1941 unbekannten Ereignissen!
Und eine pauschale Abwertung aller damaligen Konstruktionsabteilungen.

Wenn das Versenken mit Artillerie so ausgeschlossen war, frage ich mich, warum man dann soviel Aufwand mit der Entwicklung einer schweren Artillerie getrieben hat, und nicht einfach Kaiser Wilhelms Idee vom Torpedo-Linienschiff umgesetzt hat.

Es geht nicht darum, irgendetwas zu glorifizieren oder zu verteufeln. Auf beiden Seiten waren tausende von Soldaten an dieser Operation beteiligt, deren Ablauf gleich den Stoff für mehrere griechische Trägödien bietet. Tausende hat dieses Unternehmen das Leben gekostet.

Spätestens mit der Entdeckung in der Dänemarkstrasse fehlte einfach die Geschäftsgrundlage für Rheinübung! Ein Absetzen oder später eine Rückkehr durch die Dänemarkstraße war damals für die Gruppe Nord und die Gruppe West nicht undenkbar!

Wir können auch eine Simulation durchführen, Bismarck wird entdeckt, Holland beschattet Bismarck ohne Gefecht, die Engländer ziehen nacheinander weitere Kräfte heran, vom Flugzeugträger bis zum Zerstörer und neutralisieren die deutsche Kampfgruppe so.

Nach drei Tagen geht Prinz Eugen der Saft aus und die Engländer kassieren die Bergungsprämie. Bismarck flüchtet sich ohne Schusswechsel nach Frankreich. Beim Einlaufen läuft er einem der dort postierten U-Boote vor die Rohre - 8er-Fächer und tschüss!
Freundliche Grüsse
Stephan

"Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!" ist der Wahlspruch der Aufklärung.
AUFKLÄRUNG ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.
vgl. http://www.uni-potsdam.de/u/philosophie/texte/kant/aufklaer.htm

Huszar

Lieber 234,

Bei einigen deiner Ideen kann ich nur den Kopf schütteln, und bezweifle, dass du wirklich Ahnung von der damaligen Situation hast. Teilweise haarsträubend, was du da schreibst.

@all:
Eine Versenkung von POW kann man mM nicht ausschliessen. Die eigentliche Frage wäre allerdings, welchen Munverbrauch die dt. Schiffe dabei hätten (soweit mir erinnerlich, hat BM knapp 1/3 der Mun schon verbraucht), bzw welche Beschädigungen sie dabei erleiden würden bzw wie viel Zeit dabei draufgeht. Jede weitere Beschädigung würde mit Sicherheit zum Abbruch der Unternehmung führen, und könnte durchaus zum Verlust eines oder beider Schiffe führen. Im Nordatlantik gibts halt sehr wenige Werkstätte, wo man schnell die Zündung nachstellen kann.  :wink:
MM musste Lütjens davon ausgehen, dass neben den erkannten Schiffen (1 BB, 2 CA) noch weitere in der Gegend standen, vor allem Zerstörer, womöglich noch weitere Schlachtschiffe und Kreuzer. Das feindliche Schiff führt gerade ein Manöver durch, dass normaler Weise von keinem englischem Schiff seit mehreren Jahren durchgeführt wurde, nämlich abdrehen. Wenn jetzt die gleiche Sache probiert wird, wie im Skagerrak (nämlich die dt. Einheiten auf die Linie ziehen), kann eine Verfolgung sehr schnell in die Hose gehen.
Mit Artillerie kann man - wie ufo schon geschrieben hat - ein modernes (ie. nach-Dreadnough-Schiff) nur schwer versenken. Also muss wohl oder übel PE nahe ran, und mit Torpedos schiessen. Allerdings haben die Engländer auch zwei Torpedoträger vorhanden, die sich ins GEfecht einmischen könnten. Auch ist nicht auszuschliessen, dass die Zerstörer noch ankommen.

Das Ablaufen durch die Dänemark-Strasse könnte ebenfalls in die Hose gehen. Schlechte Sichtverhältnisse, und ein halbes Dutzend Zerstörer...?

ZitatMit seiner Entscheidung, durch die Dänemarkstrasse zu gehen, statt, wie von Gruppe Nord vorgeschlagen, durch die Enge Island - Faröer, hatte er sich ohnehin in eine Situation manöveriert, die dem Gegner gestattete nacheinander alle Streitkräfte zum Einsatz zu bringen.

Zuerst die Deckungsgruppe für die Dänemarkstrasse, dann die Deckungsgruppe für Island - Faröer. Und dann, was die Engländer noch so zusammenkratzen konnten!


DAS ist dann, gelinde gesagt, Schmarn...

mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Baunummer 509

Zitat von: ZweiDreiVier am 14 September 2012, 00:14:35
Für mich bleiben z. Zt. in Bezug auf Lütjens Entscheidungen nur drei Möglichkeiten:

  • Lütjens war mit seiner Aufgabe nicht gewachsen. Aufgabe eines Flottenchefs und seines Stabes auf See ist es ja nun gerade, die strategische Lage zu analysieren und daraus die entsprechenden Schlussfolgerungen zu ziehen, auch wenn sie möglicherweise einem inzwischen überholten Operationsbefehl widersprechen. Marschall hatte diese Fähigkeit bei Juno unter Beweis gestellt.
  • Lütjens war krank, wie Francois-Emmanuel Brézets vermutet.
  • Lütjens suchte bewusst den Untergang.

Auch wenn ich nicht vorhabe mich hier ernstlich einzubringen, so denke ich doch dass hier ein ganz wichtiger Aspekt fehlt. Nämlich:

  • Lütjens war sich durch das Auftreten des englischen Radars (und denen sich dadurch bietenden Möglichkeiten der Fühlungshalter) darüber im Klaren dass das die Kriegsführung der Überwassereinheiten maßgeblich beeinflussen wird und die Möglichkeit eines unentdeckten "Ausbruchs in den Atlantik" minimiert. Aus seinen Sprüchen lese zumindest ich folgendes heraus: er war desillusioniert und niedergeschlagen und hat deswegen vielleicht manche Entscheidung getroffen über die es sich zu diskutieren lohnt.

Ich denke er war klug und er war realist, aber eben doch nur ein Mensch. Ein Verräter? Ein Marineoffizier? Nach 1918? Wo doch die Führungsstellen alles getan haben um sich von diesem Makel reinzuwaschen? Nein, das glaube ich nicht.
Ich denke aber dass es durchaus sein kann dass Lütjens sich im Inneren schon vom Leben verabschiedet hatte und Gefallen am "bittersüßen Geschmack des Opfertods" (sorry für die Formulierung) fand. Dass das seine Befehlsführung bewusst beeinflusst hat kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Aber jeder weiß (oder auch niemand) wie das Unterbewußtsein manchmal Entscheidungen beeinflusst.

Gruß

Sebastian

Urs Heßling

#10
moin, Stephan,

Zitat von: ZweiDreiVier am 14 September 2012, 00:14:35
Für mich bleiben z. Zt. in Bezug auf Lütjens Entscheidungen nur drei Möglichkeiten:

  • Lütjens war mit seiner Aufgabe nicht gewachsen. Aufgabe eines Flottenchefs und seines Stabes auf See ist es ja nun gerade, die strategische Lage zu analysieren und daraus die entsprechenden Schlussfolgerungen zu ziehen, auch wenn sie möglicherweise einem inzwischen überholten Operationsbefehl widersprechen.
zu [2] und [3] mag ich mich gar nicht erst äußern, aber zu [1] möchte ich anmerken, daß Dein "Verdammungsurteil" mir als zu schnell, im Nachhinein getroffen und auch überheblich erscheint.

Wenn L. die Entscheidungen zum "Durchschlagen" (gegen Holland) und späterem "Weiterfahren" traf, steht er damit in der Seekriegsgeschichte wirklich nicht allein da.
Hätte Bey im Dezember 1943 mit "Abbrechen/Rückkehr" nach dem ersten Gefecht (Radar beschädigt) die "Scharnhorst" bewahren können ?
Cradock ist bei Coronel vermutlich sehenden Auges in den Untergang gefahren, ohne daß Kritik laut wurde.
Demgegenüber:
Jellicoe wurde für sein Ab- statt Zudrehen am Skagerrak von der Kritik zerfetzt.
Kuritas Abdrehen bei Samar hat Historiker (und andere) jahrzehntelang beschäftigt.
Die Liste der Beispiele und ("negativen") Gegenbeispiele ließe sich fortsetzen.

Mit "der Aufgabe nicht gewachsen" machst Du es Dir da, meiner Meinung nach, wirklich zu einfach.

Außerdem glaube ich, daß Du mit "strategische Lage" zu hoch greifst. Der Flottenchef kann bei veränderter Situation bestenfalls die "Operative Lage (z.B. Bereich nördlicher Nordatlantik)" und die taktische (Gefechts-)Lage analysieren.

Gruß, Urs[/list]
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

t-geronimo

Zitat von: ZweiDreiVier am 14 September 2012, 00:14:35
[...]
Lütjens war mit seiner Aufgabe nicht gewachsen. Aufgabe eines Flottenchefs und seines Stabes auf See ist es ja nun gerade, die strategische Lage zu analysieren und daraus die entsprechenden Schlussfolgerungen zu ziehen, auch wenn sie möglicherweise einem inzwischen überholten Operationsbefehl widersprechen. Marschall hatte diese Fähigkeit bei Juno unter Beweis gestellt.
[...]

Lütjens hatte vor allem die Aufgabe, in den Atlantik durchzubrechen. Das hat er nicht, wie eigentlich geplant, unbemerkt geschafft, aber er war durch. Die Schäden auf seinem Flaggschiff waren in ihrer Reichweite zum Zeitpunkt des Entschlusses "Heim- oder weiterfahren" noch nicht klar.
Klar war ihm aber, dass es auf Grund der Ausstattung der britischen Bewacher mit Radar vermutlich nie wieder einen unbemerkten Durchbruch geben würde. Zur Analyse dieser Vermutung hatten er und sein Stab in der Nacht genug Zeit.
Zur Umkehr in die Arme von Home Fleet und RAF wurde schon genug geschrieben.
Weiterhin war der ursprüngliche Plan noch möglich: Abschütteln der Verfolger und weiteres gemeinsames operieren mit PG und somit deutlich schlagkräftiger gegen gesicherte Geleitzüge sein.

Vielleicht war die Entscheidung aus heutiger Sicht falsch, man weiß es nicht. Aber aus damaliger Sicht, mit den damaligen Informationen, das Urteil "der Aufgabe nicht gewachsen" zu fällen, da kann ich nur den Kopf schütteln.
Das hat für mich schon fast Fußball-Charakter: da meinen auch 20 Mio Bundesbürger, schlauer als der Bundestrainer zu sein - aber immer erst hinterher!


Zitat von: ZweiDreiVier am 14 September 2012, 00:59:44
[...]
Wenn das Versenken mit Artillerie so ausgeschlossen war, frage ich mich, warum man dann soviel Aufwand mit der Entwicklung einer schweren Artillerie getrieben hat, und nicht einfach Kaiser Wilhelms Idee vom Torpedo-Linienschiff umgesetzt hat.
[...]

Wenn Du Dich das ernsthaft fragst: es gibt zum Thema Schlachtschiffe und ihre Technik fast unendlich viel Grundlagen-Literatur in diversen Sprachen.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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ZweiDreiVier

Hallo Miteinander,

ad10:
Zitat10.Die Fortsetzung der Unternehmung.
in http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,18016.msg199590.html#msg199590

Zitat von: ufo am 04 September 2012, 22:48:32
10. Die Unternehmung wurde gar nicht fortgesetzt. Die Unternehmung wurde abgebrochen wobei es geschickt gelang das unbeschaedigte Schiff zum Kreuzerkrieg zu entlassen und das Flagschiff den strategisch guenstig gelegenen Hafen St. Nazaire anlief.

Das Unternehmen Rheinübung wurde nicht abgebrochen, sondern endete mit dem Einlaufen der Prinz Eugen in Brest am 1.6.1941 19:50 Uhr mit dem Festmachen der Prinz Eugen in Brest, dem Feuer aus für die die Kessel und dem Übergang zum Hafenbetrieb (vgl. KTB Maschine, Prinz Eugen).

Die "geschickte Entlassung" entpuppt sich bei näherer Betrachtung eher als mißlungenes Manöver zum Abschütteln der Fühlungshalter:
Der Winkspruch an Prinz Eugen zur "Entlassung" des Kreuzers lautete:
"Beabsichtige Fühlung wie folgt abzuschütteln: während Regenböen läuft Bismarck mit Westkurs ab. Prinz Eugen hält Kurs und Fahrt durch, solange bis er abgedrängt wird oder drei Stunden nach Ablaufen von von Bismarck. Anschließend entlassen zum Ölen bei Belchem oder Lothringen, danach selbständig Kreuzerkrieg führen. Durchführung auf Stichwort Hood."

Mit anderen Worten, wir versuchen den Verfolgern zu entkommen, wenn das klappt, sie zu wie du zurechtkommst!

Der erste Versuch um 15:40 Uhr scheiterte, da Bismarck auf die Verfolger stieß, die Drehung vollendete und um 16:00 Uhr wieder im Kielwasser des Prinzen schwamm.

Beim zweiten Versuch um 18:15 hatte Brinkmann auf Prinz Eugen bereits den Befehl gegeben, auf 31 Knoten zu gehen, als der Befehl kam "nur 18 kn zu laufen, um dem Gegener das Fühlungshalten an PG zu erleichtern." Leider läßt meine Quelle offen, ob die Anweisung Lütjens befolgt wurde.

Auch hier ist Lütjens Verhalten widersprüchlich, nach Schmalenbach eröffnete Bismarck das Feuer auf die Verfolger und drehte allem Anschein noch etwas nördlicher.  Asmussen beschreibt es sogar als U-Turn.

Entgegen einiger zu Punkt 9 geäußerten Ansichten stürzten sich nun PoW und die Kreuzer nicht angriffslustig auf Bismarck, sondern setzten sich ab. Bei Asmussen heißt es dazu:
ZitatThe British force broke off their pursuit and scattered to escape the heavy gunfire.

{Anmerkung:
Die zugehörige Gefechtsskizze in http://www.bismarck-class.dk/bismarck/history/bisescapes.html weist eine kleine Unschärfe auf, Bismarck drehte nicht wie in der Skizze dargestellt nach Backbord, sondern nach Steuerbord.}

Die Wahl des "strategisch guenstig gelegenen Hafen St. Nazaire" ist schlicht der Tatsache geschuldet, dass dort die einzige Dockmöglichkeit an der französichen Atlantikküste für Schiffe in der Größenordnung des Bismarck bestand. Ab 28 March 1942 wars damit dann vorbei (http://en.wikipedia.org/wiki/St_Nazaire_Raid ). Die Entscheidung St. Nazaire direkt anzulaufen, fiel erst gegen 20:50 Uhr, bis dahin lief Bismarck noch Südkurs, um die Verfolger über eine U-Boot-Linie zu ziehen.
Freundliche Grüsse
Stephan

"Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!" ist der Wahlspruch der Aufklärung.
AUFKLÄRUNG ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.
vgl. http://www.uni-potsdam.de/u/philosophie/texte/kant/aufklaer.htm

mhorgran

#13
Ich empfinde alle drei Punkte als äußerst arrogant und überheblich. Entweder war Lütjens, laut 234, psychisch krank - lebensmüde (bzw.  :sonstige_154: Widerstandskämpfer) oder unfähig.  top

Wer so etwas schreibt sollte vielleicht mal in den Spiegel schaun.

passend dazu sein nächstes Post in welchem er mit keinem Wort auf die vorherigen Beiträge eingeht.


PS und edit:
Ein Thread wird zugemacht - egal - machen "wir" doch nen neuen auf. Auch prickelnd und in der "Art" nmA doch bezeichnend für den entsprechenden User.
"Wer an der Ukraine-Erzählung zweifelt, der gilt als Feind des Westens als Freund Russlands, als Gefahr für die Demokratie, wird diskreditiert, zensiert, eliminiert."
https://sciencefiles.org/2022/03/28/kriegsverbrechen-in-der-ukraine-von-den-angeblich-guten/

ZweiDreiVier

Hallo Miteinander,

@mhorgran: Immer hübsch der Reihe nach oder fifo! ufos Beitrag hat die älteren Rechte.

@ ufo und @all:
Die Punkte 11 - 14 sind m. E. schon in vorigen Beiträgen hinreichend abgehandelt worden. Auf die Erwiderung zu 15 möchte ich aber gerne noch kurz eingehen.
Mein Statement war
ZitatUnd auch im letzten Gefecht überlässt man die Feuereröffnung dem Gegner.

Zitat von: ufo am 04 September 2012, 22:48:32
...
15. Ja, warum denn nicht? Man schiesst doch nicht so ins Blaue bloss damit es recht fein knallt. Man wartet bis die
Feuerleitung eine saubere Berechnung hat. Das mag auf Bismarck mit ihrem unstetigen Kurs etwas laenger gedauert haben. Das Schiff war aber deswegen nicht voller Widerstandskaempfer. Die hatten nur einen unsicheren Parameter (Eigenfahrt) in ihrer Schiessgleichung.
...

Von Müllenheim-Rechberg führt als einziger überlebender Artillerieoffizier dazu aus: "Mit gewohnt ruhiger Stimme gab Schneider im Vormars seine Kommandos. ... An die Schiffsführung meldete er: >>Schwere und Mittelartillerie fertig - Frage Feuererlaubnis<< Aber es war die Rodney, auf der um 08:47 Uhr die erste Salve fiel."

Eine Seite weiter heißt es: "... konnte Tovey vielmehr unseren Zwangskurs in den Wind hinein als ständige und verläßliche Unterlage in seine taktische Rechnung einsetzen."

So lange mir keine gegenteiligen belastbaren Informationen vorliegen, die einen Zeifel an der Richtigkeit der Ausführungen des Barons begründen, muss ich seine Aussage als gegeben hinnehmen. Alles andere wäre Spekulation.

Und was hatte Bismarck noch zu verlieren? Musste man nicht alles versuchen, den Gegner so früh wie möglich zu schädigen? Und wie wirksam die schwere Artillerie war, zeigte das Gefecht in aller Deutlichkeit:
08:47 - Feuereröffnung durch Rodney
09:02 bis 09:08 - Ausfall der beiden vorderen Türme und des Hauptleitstandes auf Bismarck durch Treffer
09:18 - Ausfall des achteren Artillerieleitstandes
09:31 - Turm C stellt als letzter das Feuer ein.
Nicht ein studenlanges Gefecht wie häufig kolportiert, sondern 45 Minuten genügten, um sowohl die Feuerleitung als auch die schwere Artillerie auszuschalten.
Freundliche Grüsse
Stephan

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vgl. http://www.uni-potsdam.de/u/philosophie/texte/kant/aufklaer.htm

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