Moin,
da bei den offiziell angegeben Geschwindigkeitsangaben oft unklar ist unter welchen Bedingungen (Beladungszustand, Wassertiefe, Seegang, etc.) diese zu Stande kamen, ist eine Vergleichbarkeit meist nicht ohne weiteres gegeben.
Anhand zweier nominal gleichwertiger Leichter Kreuzer, die im Zeitraum Mitte/Ende der 1930er gebaut wurden, möchte ich das veranschaulichen.
Ich habe dazu 2 Kreuzer gewählt die sich meines Wissens, in wesentlichen Punkten (L/B/T, Verdrängung) sehr ähnlich, sowie beide nominal mit max. 32,5 kn angegeben sind.
Als Beispiel für ein typisches, britisches Schiff soll hier HMS Edinburgh (C16) bzw. Schwesterschiff HMS Belfast der Town-Klasse vs. CL-40 Brooklyn* der USN dienen.
* Die so markierten Angaben beziehen sich auf CL-49 und CL-50, 2 Einheiten der gleichen Klasse.
HMS Edinburgh 187 x 19,3 x 6,9 m bei 10.550 ts Standard bzw. 13.150 ts volle Zuladung, 4 Schrauben und nominal 80.000 WPS für 32,5 kn
USS Brooklyn 185,4 x 18,8 x 6,9 m bei 9.767 (10.569*) bzw. 12.207 (13.300*) ts vor Umbau, 4 Schrauben und nominal 100.000 WPS für 32,5 kn
Es geht mir nicht darum zu bewerten welche der beiden Antriebsanlagen ökonomischer arbeitet, sondern herauszufinden, warum britische Kreuzer, trotz der gleichen physikalischen Gesetze, offenbar für die gleiche Geschwindigkeit deutlich weniger Antriebsleistung benötigten.
Dazu noch folgende Gedanken, die ich dazu bereits angestellt habe:
Sicher gibt es individuelle Unterschiede, aber diese sollten sich nach meinem Empfinden nicht in diesem Ausmaß zeigen.
Von britischen Zerstörern, speziell der zeitgenössischen Tribal-Klasse, ist mir bekannt, dass die Geschwindigkeit von 36 kn im Einsatz, bei geringerer Zuladung, erreicht werden sollte. Bei voller Beladung sollten nur 32 kn erreicht werden. Ich vermute nun mangels mir vorliegender, genauer Angaben, dass dies auch die Geschwindigkeitsangaben der leichten Kreuzer betrifft, d.h. diese die maximal 32,5 kn nur mit geringerer Verdrängung erreichen konnten und bei maximaler Verdrängung evtl. nur 29,5 kn schnell (Schätzung meinerseits) gewesen sein dürften. Oder beziehen sich die 32,5 kn hier doch auf die Maximalverdrängung?
Kann es im Gegenzug sein, dass bei den Kreuzern der USN die Antriebsleistung so gewählt wurde, dass die 32,5 kn bei maximaler Beladung erreicht werden konnte, ergo die Geschwindigkeit im Einsatz (z.B. mit halb leeren Tanks) sogar noch höher gewesen sein kann?
Sollte ich hier von falschen Voraussetzungen/Daten ausgehen, sind Korrekturen gern gesehen.
Ebenso interessieren mich, ob es in britischen und/oder amerikanischen Quellen für die Geschwindigkeitsangaben, evtl. genauere Werte und Angaben der Umstände, unter denen sie erreicht bzw. getestet wurden, gibt.
Gruß Ulf
Hallo Ulf,
einige schnell herausgesuchte Daten - zumeist gerechnete Entwurfsangaben:
British Cruisers von Friedman gibt in der Tabelle auf Seite 401 für HMS Belfast (Schwester von HMS Edinburgh) wie folgt an:
Verdrängung "standard" 10.069 ts
Verdrängung "deep" 12.672 ts ...... HMS Edinburgh hatte im Februar 1942 bereits 13.720 ts
Geschwindigkeit "standard" 32,25 kn
Geschwindigkeit "deep" 31,00 kn
jeweils bei 80.000 SHP
Lt. engl. Wiki hatte HMS Edinburgh folgende Probefahrtergebnisse (Raven/Roberts):
32,73 kn @ 81.630 SHP bei 10.550 ts
U.S. Cruisers von Friedman gibt in der Tabelle auf Seite 474/475 für USS Boise (Schwester von USS Brooklyn) wie folgt an:
Design Displacement 11.581 ts
Trial Displacement 11.589 ts
Full load Displacement 12.243 ts ..... interessanterweise hatte sie im März 1943 schon 13.430 ts
Design Speed 32,50 kn @ 100.000 SHP
Trial Speed 33,70 kn @ 101.800 SHP
..... hat natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit und kann sehr gerne ergänzt werden ;-)
Also immer als Zahlenkombination gelesen und nach Geschwindigkeit sortiert:
33,70 kn @ 101.800 SHP bei 11.589 ts [US - reell]
32,73 kn @ 81.630 SHP bei 10.550 ts [UK - reell]
32,50 kn @ 100.000 SHP bei 11.581 ts [US - geplant]
32,25 kn @ 80.000 SHP bei 10.069 ts [UK - geplant]
31,00 kn @ 80.000 SHP bei 12.672 ts [UK - geplant]
Sieht man sich hierbei lediglich die erfahrenen Werte von 33,70 kn und 32,73 kn an - wobei man für 1 kn und 1.000 ts Gewicht rd. 20.000 PS mehr brauchte - klingt das halbwegs plausibel; z. B. brauchte HP für einen Knoten mehr in diesem Geschwindigkeitsbereich rd. 27.000 WPS (siehe Beilage - 31,50 kn mit 106.568 WPS zu 32,60 kn mit 133.631 WPS).
Gruß
David
Moin David,
vielen Dank, nach solchen Angaben hatte ich gesucht.
Da kann ich es mir jetzt nochmal genauer ansehen.
(Hatte ähnliche Angaben u.a.zu den deutschen Zerstörern in "Die deutschen Zerstörer 1935-1945" gefunden, bin aber generell weiter auf der Suche nach vergleichbaren Angaben ...)
Gruß Ulf
Moin,
nach Davids Antwort begann ich nochmal zu suchen, da ich in Erinnerung hatte, dass ich mir bereits 2016 schonmal Daten aus diversen Quellen zu britischen Einheiten auf dem Rechner abgelegt hatte. Der Rechner ist inzwischen Geschichte, aber ich hatte noch eine Sicherheitskopie und die habe ich jetzt wiedergefunden.
Einiges davon gebe ich hier mal wieder (und wenn ich die Quellen auch noch finde, reiche ich sie nach):
Die Ergebnisse der Probefahrten der Kreuzer Berwick und Cumberland 1927
Schiff Verdrängung Leistung Wellenumdrehung Geschwindigkeit
(t) WPS U/min kn
HMS Berwick 10.200 4.520 129 14,9
HMS Berwick 10.065 16.810 198 22,7
HMS Berwick 10.290 32.470 241 27,5
HMS Berwick 10.165 79.885 307 32,3
HMS Berwick 12.930 80.890 302 31,5
HMS Cumberland 9.965 4.450 124 14,3
HMS Cumberland 10.020 16.900 195 22,7
HMS Cumberland 9.980 32.400 239 27,7
HMS Cumberland 10.050 84.040 314 32,6
HMS Cumberland 13.215 82.390 305 31,5
Sobald ich etwas Zeit habe werde ich schauen den da müsste noch mehr sein u.a. zu Probefahrten britischer Schlachtschiffe vor und nach WW I ...
Gruß Ulf
Nachtrag: Wie man eine Tabelle ordentlich einbettet hab ich immer noch nicht raus :-(
Ich hatte irgendwo mal gelesen (und damit leider keine Quelle zur Hand) das:
- Das GB die Rümpfe auf maximale Geschwindigkeit optimiert hat
- Die USA die Rümpfe auf weniger Verbrauch bei Reisegeschwindigkeit
Der Unterschied bei der Maximalgeschwindigkeit war nicht sonderlich groß, aber vorhanden. So nach Erinnerung 0,5 Knoten.
Grüße
Johannes
Ergänzungen gemäß Conrad WATERS, British Town Class Cruisers:
EDINBURGH | 1939 | 10.150 ts (standard) | 81.931 SHP | 32,85 kn |
BELFAST | 1939 | 10.420 ts (standard) | 81.140 SHP | 32,98 kn |
BELFAST | 1939 | 12.185 ts (deep) | 80.728 SHP | 32,01 kn |
Ergänzungen gemäß Alan RAVEN und John ROBERTS, British Cruisers of World War Two:
EDINBURGH | 16.04.1939 | 10.300 ts (light) | 12.000 ts (1/2 oil) | 13.175 ts (deep) |
EDINBURGH | 02.09.1940 | 10.410 ts (light) | 12.110 ts (1/2 oil) | 13.285 ts (deep) |
Zitat von: Woelfchen am 20 August 2023, 20:21:50Ich hatte irgendwo mal gelesen (und damit leider keine Quelle zur Hand) das:
- Das GB die Rümpfe auf maximale Geschwindigkeit optimiert hat
- Die USA die Rümpfe auf weniger Verbrauch bei Reisegeschwindigkeit
Der Unterschied bei der Maximalgeschwindigkeit war nicht sonderlich groß, aber vorhanden. So nach Erinnerung 0,5 Knoten.
Grüße
Johannes
Macht Sinn da die RN - zumindest theoretisch - aufeinander weltweites Netz von Stützpunkten zurückgreifen konnte. Das sah bei der USN etwas anders aus.
Axel
Noch ein Kommentar.
Beim Vergleich ist die Anzahl der Schrauben zu beachten.
Ein 3-Schraubenschiff hat einen besseren Wirkungsgrad.