Dampfkessel der DKM

Begonnen von Turbo-Georg, 02 Juli 2013, 18:53:50

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Turbo-Georg

Liebe Freunde,
in meinen Beiträgen zur Dampfantriebstechnik von Schiffen blieb die Dampferzeugung als ein wesentlicher Teil solcher Antriebssysteme unberücksichtigt.
Ich habe bisher gehofft, ein kompetenter Fachmann würde sich dieses Themas annehmen, denn ich muss gestehen, dass es nicht unbedingt zu meinen Interessens-Schwerpunkten zählt.
Ich habe in den letzten Monaten hierzu einiges an Literatur zusammen getragen und bin dabei sie zu ,,durchforsten". 
Wie ihr dem Titel entnehmen könnt, werde ich mich in meiner Abhandlung wegen der Komplexität des Themas Dampfkessel, auf den vergleichsweise schmalen Bereich der Schiffsdampfkessel und hier wiederum auf die ,,modernen" Dampfkessel der Turbinen betriebenen Schiffe der DKM konzentrieren.
Ich werden recht detailliert die verschiedenen Brennertypen, die Kesselarmaturen, die Hilfs- und Sicherheitstechnik sowie die Kesselregelung behandeln und falls ich darüber etwas Berichtenswertes finde, auch kurz auf die Besonderheiten des Maschinengefechtsdienstes eingehen.
Ich glaube hiermit auf ein besonders breites Interesse zu stoßen und freue mich auf die Interaktion.
Zum besseren Verständnis werde ich allerdings auf einen kurzen, allgemeinen Überblick nicht verzichten können, bevor ich über die Behandlung der Brennstoffe mit dem Schwerpunkt Heizöl, dem Verbrennungsprozess und den dafür erforderlichen technischen Voraussetzungen schließlich zu den verschiedenen Typen von Marine-Kesseln und ihren Besonderheiten komme.
Wir werden in bewährter Weise verfahren und das Thema in losen Abständen erarbeiten.
Einen wesentlichen Teil der Zwischenzeit wird dabei vermutlich wieder für die Erstellung von Zeichnungen gebraucht.

Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Peter K.

Toll, daß du dich diesen Themas annimmst! Ich freue mich schon sehr auf deine Beiträge ...  :MG:
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Albatros

Zitat von: Peter K. am 02 Juli 2013, 22:22:39
Toll, daß du dich diesen Themas annimmst! Ich freue mich schon sehr auf deine Beiträge ...  :MG:

Ja, wenn ich auch meist ( mangels Fachwissen ) nur mitlese bin ich auch schon interessiert, ich hatte da ja z.B. mal eine Farge zur Hipper http://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,18841.msg211551.html#msg211551 die sich eventuell dann beantworten lässt.

:MG:

Manfred

Turbo-Georg

Hallo Manfred,
schön, dass wir mal wieder über ein Thema zusammenfinden.
Du hast dich bei meinen früheren Beiträgen als sehr interessierter Leser gezeigt. Einige, deiner Meinung nach ,,laienhaften" Anfragen gaben häufig Anregung zu tiefer gehenden Erörterungen.

In einer bestimmten Hinsicht muss ich aber allzu große Erwartungen dämpfen.
Ich bin kein Historiker und ich werde kaum in der Lage sein, zu bestimmten Schiffen oder  Ereignissen Aussagen zu machen oder Stellung zu beziehen; das werde ich denen überlassen müssen, die mehr darüber wissen.
Ich werde mich auf technische Erläuterungen, Funktionsbeschreibungen, sowie die fachliche Bestimmung und Einordnung von gängigen Begriffen beschränken. Ich sehe mich also mehr als Übersetzer von nicht selten technischem ,,Kauderwelsch" in eine, den meisten Lesern verständliche Sprache.
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Baunummer 509


Turbo-Georg

Allgemein
Die Erzeugung von Wasserdampf ist eigentlich ein recht einfacher Vorgang. Er wird vom Menschen praktiziert seit er das Feuer beherrscht und geeignete Gefäße herstellen kann, um darin Wasser zu erhitzen. Es wird auch nicht sehr lange gedauert haben, bis er dahinter kam, dass sich bei geschlossenem Gefäß und fortschreitender Hitzeeinwirkung Druck aufbaut.
Uns ist bekannt, dass der entstehende Dampf ein größeres Volumen einnimmt als das Wasser und in einem vergleichsweise kleinen Raum umso mehr zusammengepresst wird, je mehr sich davon bildet. Bereits in der Antike hat man diese Wirkung zu allerlei ,,Spielchen" genutzt (Heron von Alexandria).
Bis heute hält sich aber, selbst für Hochtechnologie hartnäckig der Begriff ,,Dampfkessel", obwohl dieser tatsächlich eher der Terminologie der Küche entstammt, als der sachlich nüchternen Sprache von Ingenieuren. Der Begriff ,,Dampferzeuger" konnte sich bis heute nicht durchsetzen und schon gar nicht die Abkürzung ,,DE". Es wäre auch schwierig für das Bedienpersonal statt einer Kesselwärterprüfung den Nachweis einer ,,Dampferzeuger-Wärter-Prüfung" vorzulegen.

Die ersten Dampfkessel die mit der Erfindung der Dampfmaschine eingeführt wurden, waren handwerklich hergestellte, einfache Zylinderkessel mit Unterfeuerung und einfachem Zug. Sie hatten eine sehr kleine Heizfläche und somit eine äußerst schlechte Ausnutzung des Brennstoffes. Man erkannte bald die Unzulänglichkeit dieser so genannten Walzenkessel und verband die Wasserräume von zwei oder vier von ihnen durch senkrechte und waagerechte Stutzen zu Batteriekesseln.
Diese, meistens eingemauerten, zweistöckigen Kessel bestanden demnach bereits aus Unter- und Oberkesseln und hatten eine Planrost-Feuerung. Nicht selten waren die Dampfräume der Oberkessel durch einen Dampfsammler verbunden.
Der Batteriekessel als einfacher, bereits fabrikmäßig hergestellter und somit vergleichsweise billiger Großwasserraumkessel bildet eine der Urformen landgestützter Dampfkessel. Aus ihm entwickelte sich eine Vielzahl von Bauformen aus denen letztendlich auch die ersten brauchbaren Schiffskessel hervor gingen.
Der Dampfkessel galt dennoch bis zum Ende des neunzehnten Jahrhunderts als Stiefkind des Maschinenbaues und hinkte in seinem technischen Stand dem rasanten Tempo der Entwicklung der Dampf-Antriebstechnik hinterher.
Wie die Häufung von Kesselexplosionen bis zu diesem Zeitpunkt zeigt, blieb das auf Dauer nicht ohne Folgen. Erst die Einführung von Baupolizeilichen Vorschriften und deren Prüfung und Überwachung erbrachte in etwa die Betriebssicherheit, die besonders auf Schiffen von unabdingbarer Notwendigkeit war.

Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

Elektroheizer

Ah, wieder spannendes aus der Welt des Dampfes. Wenn ich mir hier ergänzend eine Erklärung erlauben darf, die dem technisch oder naturwissenschaftlich weniger vorgebildeten Leser oft nicht so klar ist.

Und zwar wie in diesem Zusammenhang der Begriff "Dampf" verwendet wird, nämlich daß eine Flüssigkeit in die Gasphase übergegangen ist. Im Prinzip so wie Sauerstoff und Stickstoff in unserer Atmosphäre in gasförmigem Aggregatzustand vorliegen, nur daß bei Dampf der Abstand zum Übergang in den flüssigen Zustand bedeutend kleiner ist. Umgangssprachlich dagegen ist Dampf ein Nebel aus fein verteilten Wassertröpfchen, die durch Kondensation von gasförmigem Wasser entstanden sind.

Ich denke, damit wird für viele die Betrachtung deutlicher, zB was Deinen Punkt mit der Sicherheit angeht. Bei einer Dampfkesselexplosion schlagen die Gasgesetze erbarmungslos zu und dann die Trümmer irgendwo ein. Dagegen haben die sichtbaren Schwaden von einem kochenden Wassertopf auf dem Küchenherd jeden Bumm-Faktor verloren. Das dürfte auch mit ein Grund für die anfänglich vielen Unfälle mit Dampfkesseln gewesen sein, der sorglose Umgang mit einem scheinbar harmlosen Medium. Beim Wasser kochen in der Küche klappert ja nur der Deckel. Wenn man den aber mit dem Topf verlötet....
Ich habe das Grauen gesehn

ede144

Zitat von: Elektroheizer am 05 Juli 2013, 21:23:04
Ah, wieder spannendes aus der Welt des Dampfes. Wenn ich mir hier ergänzend eine Erklärung erlauben darf, die dem technisch oder naturwissenschaftlich weniger vorgebildeten Leser oft nicht so klar ist.

Und zwar wie in diesem Zusammenhang der Begriff "Dampf" verwendet wird, nämlich daß eine Flüssigkeit in die Gasphase übergegangen ist. Im Prinzip so wie Sauerstoff und Stickstoff in unserer Atmosphäre in gasförmigem Aggregatzustand vorliegen, nur daß bei Dampf der Abstand zum Übergang in den flüssigen Zustand bedeutend kleiner ist. Umgangssprachlich dagegen ist Dampf ein Nebel aus fein verteilten Wassertröpfchen, die durch Kondensation von gasförmigem Wasser entstanden sind.

Ich denke, damit wird für viele die Betrachtung deutlicher, zB was Deinen Punkt mit der Sicherheit angeht. Bei einer Dampfkesselexplosion schlagen die Gasgesetze erbarmungslos zu und dann die Trümmer irgendwo ein. Dagegen haben die sichtbaren Schwaden von einem kochenden Wassertopf auf dem Küchenherd jeden Bumm-Faktor verloren. Das dürfte auch mit ein Grund für die anfänglich vielen Unfälle mit Dampfkesseln gewesen sein, der sorglose Umgang mit einem scheinbar harmlosen Medium. Beim Wasser kochen in der Küche klappert ja nur der Deckel. Wenn man den aber mit dem Topf verlötet....

Nun fang mal deine Versuche mit einem Schnellkochtopf an, da wirst du einen Eindruck von der Gefährlichkeit von Dampf leibhaftig erfahren können. Letztlich wird aus einem Liter Wasser etwa 1700 l Dampf, das zeigt etwa die Kraft die darin steckt.

Gruß
Thomas

harold

"...wird aus einem Liter Wasser etwa 1700 l Dampf...":

gilt auch für sehr langsam abbindende Mörtel im Hafner- (Ofensetzer-)-Gewerbe.
Fertig ist der Kachelofen - und die Kundschaft heizt gleich mal heftigst ein ... und gleich kommen die Mängelrügen von wegen "da sind aber Risse aufgetreten".

:/DK:  "... wir wollten ihn ja nur trockenheizen ...";  :BangHead:

So, end of off-topic, bin gespannt was wir nun zu lesen bekommen werden!
4 Ursachen für Irrtum:
- der Mangel an Beweisen;
- die geringe Geschicklichkeit, Beweise zu verwenden;
- ein Willensmangel, von Beweisen Gebrauch zu machen;
- die Anwendung falscher Wahrscheinlichkeitsrechnung.

t-geronimo

Zitat von: harold am 05 Juli 2013, 23:57:47
"...wird aus einem Liter Wasser etwa 1700 l Dampf...":

gilt auch für sehr langsam abbindende Mörtel im Hafner- (Ofensetzer-)-Gewerbe.
Fertig ist der Kachelofen - und die Kundschaft heizt gleich mal heftigst ein ... und gleich kommen die Mängelrügen von wegen "da sind aber Risse aufgetreten".

:/DK:  "... wir wollten ihn ja nur trockenheizen ...";  :BangHead:

So, end of off-topic, bin gespannt was wir nun zu lesen bekommen werden!


Gilt auch für den Schornsteinbrand im Wohnhaus. Man könnte ja mit einem 20 l-Sprühstoß Wasser löschen.....
Also lernt man schon in der Feuerwehr-Grundausbildung: Kaminbrände nie mit Wasser löschen. Zumindest wenn noch was stehen bleiben soll.  :wink:


Jetzt aber wirklich Schluß mit off-topic...  8-)
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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Elektroheizer

#10
Auch ein gutes Beispiel, der Dampfkochtopf. Kann oder muß man dessen SIcherheitsventil eigentlich prüfen, bzw können die sich festsetzen? (Ich benutze so neumodischen Kram nicht, in meiner Küche steht sogar noch ein Röhrenradio).

Nun bin ich aber mal gespannt, ob ich dem geschätzen Dozenten vorgreife, oder ob der mir fehlende Informationen dazu hat. Ich hab mal von einer Kesselexplosion in der Frühzeit dieser Technik gelesen, wenn ich mich nicht irre auf einem Dampfboot. Näheres ist mir entfallen. Jedenfalls war der Heizer von dem regelmäßigen Zischen oder Pfeifen des Überdruckventils genervt und hat das irgendwie blockiert. Gab dann einen der ersten dokumentierten Fälle eines Darwin-Award...

Damit wären wir auch wieder on-topic  :wink:
Ich habe das Grauen gesehn

Turbo-Georg

Hallo Freunde,
das meine ich mit Interaktion; das liebe ich am Forum und nicht das einsame vor sich hindozieren ohne Feedback.

Ich wäre mit Sicherheit noch näher auf die Ursachen der anfänglich recht häufigen Kesselexplosionen eingegangen, aber da wir nun schon mal dabei sind.

Die frühen Dampfkessel waren aus Eisen und von Hand genietet. Die mangelhafte Festigkeit des Materials, aber auch konstruktive Unzulänglichkeiten waren zweifellos Ursache vieler Explosionen. Alten Untersuchungsberichten zu Folge, waren es aber mehrheitlich Bedienfehler oder ganz einfach Nachlässigkeiten, da das Gefahrenpotenzial unbekannt oder zumindest unterschätzt wurde.
Durch Verbesserungen im Bereich Metallurgie und den bereits erwähnten Baupolizeilichen Vorschriften, konnte zumindest der erste Teil der Ursachen gemindert werden; der Risikofaktor Mensch blieb; zum Teil bis in die Neuzeit.

Zweifellos beinhaltet eine große Menge gespeicherter Energie in jedweder Form eine latente Gefahr. Die schlagartige Freisetzung, gleich welcher Ursachen führt fast immer zu gewaltigen Zerstörungen.
Es gehört aber nun mal zum Charakteristikum eines Dampfkessels, die aus der Wärme gewonnene potentielle Energie in Form des Dampfdrucks vorzuhalten und den kontinuierlichen Verbrauch auszugleichen.
Es waren vor allem Kessel mit einem großen Wasserinhalt, die bei ihrer Explosion wegen Material- oder Konstruktionsfehlern die größten Schäden verursachten.
Wenn mehrer tausend Kilogramm Wasser unter einem Druck von etwa 15 bar und nahezu 200 0C, in einem vergleichweise kleinen Raum mit atmosphärischem Umgebungsdruck schlagartig frei gesetzt werden, so war es in erster Linie die gewaltige Volumenzunahme, die zu den Zerstörungen führten. Der reine Dampf bewirkte hingegen ,,nur" eine Volumenzunahme von etwas mehr als
1 : 100. Die damit verbundene Druckwelle dürfte auch einige Trommelfelle kosten und vielleicht fliegen auch einige Bauteile herum, aber einen Schiffskörper zerreißen konnte sie kaum. Je geringer der Wasserinhalt der Kessel im Verhältnis zur ihrer Verdampfungsleistung wurde, umso mehr nahm auch diese Form der Kesselexplosionen ab.
Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

RonnyM

Moin Georg,

schon die alten Ingenieure sprachen nicht vom Dampferzeuger sondern gründeten den Dampfkessel-Überwachungs- und Revisions Verein kurz DÜV genannt. Der entstand ja aufgrund der zunehmenden Kesselbauten mit den einhergehenden Unfällen.

So habe ich mal die Anlage bei den Stadtwerken Flensburg besichtigt. Ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, wenn in der Rechnung: Heizfläche 17.000 m2 stand. :-o  Vor Ort hab`ich dann gesehen, dass sich die Fläche in Etagen angebrachte Heizflächen errechnet. :-D

Ein großer Teil der Ingenieure (TÜV) waren früher selbst gefahren. Den konnte man kein X für`n U vormachen. top

Grüße Ronny
...keen Tähn im Muul,
over La Paloma fleuten...

Baunummer 509

Hallo zusammen,

interessante Diskussion.
Vielleicht ein Vorgriff: Warum kommt/kam es bei Schiffsuntergängen denn eigentlich zu Kesselexplosionen? Hat das etwas mit dem schlagartigen Abkühlen und damit verbundenem Reißen des Kessels bei Berührung mit Seewasser zu tun? Die Integrität des Kessels selbst wird bei einem Untergang ja nicht zwangsläufig beschädigt (ausgenommen vielleicht eine Kenterung mit damit verbundenem Versagen der Fundamente des Kessels).

Turbo-Georg

#14
Hallo Sebastian,
das eindringende Seewasser hätte durch ,,Abkühlung" wohl eher entgegengewirkt.
Es waren  wohl die Folgen der direkten Feindeinwirkung oder die sekundären Zerstörungen während des Sinkvorgangs.
Tauchberichten zu Folge, waren bei einigen Wracks die Kessel vermutlich durch die Kraft des eindringenden Wassers zwar aus ihren Fundamenten gerissen, aber sie waren im Großen und Ganzen vergleichsweise gut erhalten, während die Umgebung völlig zerstört war.

Vermeintlich Schwieriges leicht verständlich machen.

Gruß Georg

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