Französische Doktrin zur Feuerleitung von 1897

Begonnen von Leutnant Werner, 05 August 2014, 10:52:36

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Leutnant Werner

In 1897, the French Navy issued a new doctrine for gunnery control. During gunnery training exercises to test the new system, BRENNUS and the ironclad battleships NEPTUNE and MARCEAU got 26% hits at a range of 3,000 to 4,000 m (3,300 to 4,400 yd). Their success prompted the Navy to make the method the standard for the fleet in February 1898.

Würde ich gerne mehr darüber wissen. Hat jemand das Buch von Ropp oder eine andere Quelle?

Und um das einzuordnen: In 1897 hätten britische Kriegsschiffe auf 2.000 m Entfernung nicht einmal den Mount Everest getroffen....

Leutnant Werner

Nochmal kurz zu Brennus:
Obwohl schon 1888 auf Stapel gelegt, war sie ein echter Technologie-Träger
- erstes französisches Schlachtschiff mit Dreifach-Expansionsmaschinen (13.900 PS für bis zu 18 Knoten)
- erstes französisches Schlachtschiff mit Belleville-Wasserrohr-Kesseln
- erstes Schlachtschiff außer PRAT mit rotierenden Türmen für die Mittelartillerie auf dem Oberdeck
- erstmals Zusammenfassung eines größeren Teils der Mittelartillerie in einer Zentralbatterie auf dem Hauptdeck mit Vertikalpanzerung oberhalb des Gürtels. Dieses Panzerschema wurde von den Deutschen für die zwischen 1898 und 1907 gebauten gürtelgepanzerten Kriegsschiffe adaptiert.
- die relativ langsam feuernden drei 340mm/modele 1887-Geschütze der Hauptbatterie (ein Doppel- und ein Einzelturm, Kaliberlänge 45), die ein vermutlich 417 kg schweres Geschoss auf ein vermutete Reichweite von circa 13.000 Metern verfeuern konnten, waren die Schwersten ihrer Zeit. Durch einen im nachhinein eingebauten neuen Lademechanismus verbesserte sich die Kadenz von 1 Schuss/8 Minuten auf 1 Schuss/2 Minuten.

mit anderen Worten: sehr innovativ....

Urs Heßling

moin,

Zitat von: Leutnant Werner am 05 August 2014, 10:52:36
Und um das einzuordnen: In 1897 hätten britische Kriegsschiffe auf 2.000 m Entfernung nicht einmal den Mount Everest getroffen....
Das änderte sich aber unter Jackie Fisher, Percy Scott und Frederick Dreyer dramatisch ...

Zitat von: Leutnant Werner am 05 August 2014, 11:29:16
- erstmals Zusammenfassung eines größeren Teils der Mittelartillerie in einer Zentralbatterie auf dem Hauptdeck mit Vertikalpanzerung oberhalb des Gürtels. Dieses Panzerschema wurde von den Deutschen für die zwischen 1898 und 1907 gebauten gürtelgepanzerten Kriegsschiffe adaptiert.
mit anderen Worten: sehr innovativ....
eben das wurde hier im Forum als Schwäche der deutschen Panzerkreuzer hervorgehoben ..

so unterschiedlich sind eben die Meinungen  :wink:

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Leutnant Werner

Hallo Urs,

Danke erstmal für die Antwort...

Scott hat es geändert, das schlechte Schießen der Engländer. Dumaresq hat mit seinem Gerät ab 1906 das berechnete Schießen auf große Entfernungen ermöglicht. Dreyer hat damit nichts zu tun, da der zentrale Bestandteil eines "Dreyer-tables" das Gerät von Dumaresq war.

Das Zusammenfassen der Mittelartillerie eines gepanzerten Pre-Dreadnought-Kriegsschiffes in einer gepanzerten Zentralbatterie war bei BRENNUS und auch bei einigen späteren Bauten der Franzosen dem Interesse geschuldet, möglichst viele Kanonen auf einer "klein gehaltenen" Platform geschützt aufzustellen. Genauso hielt es dann auch die kaiserliche Marine, deren Plattformen ebenfalls Sparstrümpfe waren. Das Gegenargument, dass ein schwerer Treffer des Gegners nicht nur eines, sondern gleich mehrere Geschütze in der Batterie ausschalten könne, ist zutreffend. Wenn man aber bei einer begrenzten Tonnage seine Artillerie bestmöglich schützen will, dann war dies damals der beste Weg dazu...

Urs Heßling

moin,

Zitat von: Leutnant Werner am 05 August 2014, 13:56:45
Dumaresq hat mit seinem Gerät ab 1906 das berechnete Schießen auf große Entfernungen ermöglicht. Dreyer hat damit nichts zu tun, da der zentrale Bestandteil eines "Dreyer-tables" das Gerät von Dumaresq war.
Da hast Du natürlich recht. Aber die Ehre geht immer an die Chefs  :roll: :-D :MS:

Gruß, Urs
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Matrose71

#5
Ich bin jetzt etwas verwirrt, vielleicht habe ich aber auch nur die falschen Bücher gelesen.

Laut meines Wissens haben die Russen nicht nur Schiffe, sondern auch das Equipment für die Feuerleiting hauptsächlich von den Franzosen gekauft oder adaptiert ( Zessarewitsch und Borodino Klasse), während die Japaner nach meinem Wissen komplett mit englischer Technik und Equipment fuhren.

Warum haben die Japaner dann bei Tsushima wesentlich besser getroffen und waren gerade was Schussfolgen und Treffer auf weite Entfernung anbelangt wohl deutlich besser?

Wie sieht denn die Feuerleitung bei den Deutschen aus, z.B Wittelsbach Klasse oder Braunschweig Klasse, die man ja mit den russischen und japanischen Schiffen bei Tsushima vergleichen kann?

Viele Grüße

Carsten

Spee

@Matrose71,

die bessere Schussfolge der 12" auf japanischen Schiffen war technisch bedingt. Dafür war die russische Technik (basierend auf französischer Technik) weniger anfällig und sicherer (Pulver!).
Tsushima ist ein schlechtes Beispiel, um die russischen und japanischen Fähigkeiten zu vergleichen. Die Schlacht im Gelben Meer ist deutlich aussagekräftiger.
Trefferrate bei den Japanern 4,7%, bei den Russen 4,1%. Bemerkenswert dabei, beide Seiten erzielten Treffer jenseits der 10.000m-Marke. Die Japaner waren statistisch keinesfalls deutlich besser als die Russen, sie verschossen ihre Munition nur schneller, was am Ende des Gefechts zum Problem wurde. Ohne die Glückstreffer auf "Zäsarewitsch" wäre der russische Durchbruch gelungen.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Urs Heßling

moin, Thomas,

Zitat von: Spee am 05 August 2014, 16:32:40
Dafür war die russische Technik (basierend auf französischer Technik) weniger anfällig und sicherer (Pulver!).
Also diesen Satz hätte ich angesichts der französischen und russischen Schlachtschiffverluste durch Pulverdetonation (?) doch gern einmal erläutert und begründet gesehen.

Gruß, Urs
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Spee

@Urs,

Selbstentzündungen der Pulverladungen waren auf russischer Seite eher unbekannt, da die Russen  kein Cordit oder Shimosa verwendeten. Beide Stoffe führten als Treib- oder Sprengladung auf japanischer Seite zu Verlusten (auch später noch). Die Russen benutzten eigene Munition, die französische mit Poudre B nicht, aber die russischen 12"-Geschütze der "Borodino" waren Canet-Derivate.
Die Abfeuerung der russischen Geschütze wurde noch über Kordel vorgenommen, die japanischen elektrisch. Die russische Variante wirkt altbacken, bei der damals noch recht bescheidenen elektrischen Absicherung war das allerdings nur bedingt von Nachteil.
Eben russisch: nicht up-to-date, aber einfach und wenig störanfällig.

Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Spee

@Ekke,

sowas?

The French Navy had not developed a Director, but in the early 1890s were keenly aware of the importance of Range and Order Transmitters to get the necessary information from the Gunnery Officer to the batteries of Quick Firing guns. The first proposal for such a system to warrant trials came from L V Loncelet in 1893. This was a system of cables and lamps to transmit bearing, range and deflection. Each turret/barbette would have eight cables for eight lamps. But the system could handle only five pre-set ranges between 400 and 2200 meters, and deflection was also restricted to five values. It was tried on the Neptune, but was ultimately considered insufficient.
A system from L V G, Eng was tried in 1895 in Amiral Duperre' successfully, and by November of 1897 was aboard Brennus, Jureguiberry, Marceau, Neptune and Amiral Charner. The equipment in- volved six dials to be read in pairs, from right to left. The right hand dial for range was graduated in 1000 meter increments, from 1000 to 4000. The left hand dial was graduated in 100 meter increments from 0 to 900. The right hand Deflection dial was split into right and left scales, to distinguish between fore and aft direction of target movement. It showed target speed in knots in 10 knot increments from 0 to 30 on each side. And the left hand dial was denoted in knots from 0 to 9. Target bearing was handled much the same as deflection. Both sides of the Right hand dial had two increments, 0 and 100, while the left hand dial was graduated in 10 degree increments from 0 to 90.
In early 1898 a competing system appeared, having previously been tried on the cruiser Latouche- Treville. This was the L V Germain hydraulic system using nanometers instead of electric voltmeters as in the Eng system. It had only four dials, including one for orders. Deflection, right and left, was in 2 knot increments between 0 and 30. Range was in 100 meter increments from 1000 to 5000. And bearing was given on a single scale from 10 degrees to 180 degrees in 10 degree increments. Trials in 1899 proved so successful that it supplanted the Eng system for new construction.
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Leutnant Werner

Danke Thomas: Ich habe zwar Literatur zu dem Thema, und weiß, dass die Franzosen was in Petto hatten, aber was es war, wusste ich bisher nicht und jetzt bin ich ein gutes Stück schlauer... :-D

@7: Urs, hat er gut geantwortet, der Kollege, wusste ich auch noch nicht!

@6, Thomas: Yellow Sea ist absolut das Theater, das zum Vergleich heran gezogen werden kann, Thomas, und nicht Tsushima. In der Yellow Sea-Schlacht standen professionelle russische Kanoniere in den Türmen und Kasematten. Bei Tsushima waren es frisch eingezogene Bauern. War es POLTAVA, die YAKUMO auf 13.000 m Entfernung traf?

@5: Der Name Percy Scott ist hier ja schon gefallen. Der hat die englische Schiffsartillerie revolutioniert. Er hatte mehrere sehr einfache Apparate erfunden, mit denen man besser zielen lernen konnte, besser den Abschusszeitpunkt beim "Rollen" des Schiffes üben konnte und mit denen man die Erhöhung der Feuergeschwindigkeit trainieren konnte. Diese Apparate standen den Japanern ab Spätjahr 1904 zur Verfügung. Die haben geübt, als gäbe es kein Morgen mehr. Und als Resultat aus "Yellow Sea" haben sie Feuerdisziplin geübt. Feuereinstellung immer dann, wenn man nichts mit Effekt treffen kann.

Dennoch: Als Njebogatov anderntags den Rest des Geschwaders per Kapitulation übereignet hat, wusste er nicht, dass Togo kaum noch Munition hatte. Dumm, irgendwie. Das muss man doch peilen als lang gedienter Offizier, was der Gegner an Mun verschossen hat. Die restlichen Russen hätten durchbrechen können....

Leutnant Werner

@5 again:

Die Russen hatten ihr eigenes, relativ kompliziertes, Feuerleitsystem.

Außerdem hatten die Russen auf ihren neuen Linienschiffen englische 1,4m-Basisgeräte. Aber mit denen haben die sich nur die Landschaft angeschaut.... :-D

Matrose71

Und wie sieht es bei den Deutschen 1904/1905 aus, hatten die auch schon was gescheites entwickelt?

Wenn man schon schnellschiessende Kanonen ab 1898 entwickelt, konnte da die Feuerleitung mithalten?
Viele Grüße

Carsten

Spee

@Ekke,

By the start of the war in 1904, Retvizan and the Tsesarevich each had one Barr & Stroud FA2 rangefinder and the Borodino-class later received one Barr & Stroud FA3 rangefinder, but none of the Russian battleships in the 1st Pacific Squadron had telescopic sights. The battleships in the 2nd Pacific Squadron were equipped with the Perepelkin optical sight just before sailing and their crews were not trained in its use.

Quelle: Robert Forczyk: Russian Battleship vs. Japanese Battleship
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Urs Heßling

moin,

Zitat von: Leutnant Werner am 05 August 2014, 18:06:31
@7: Urs, hat er gut geantwortet, der Kollege, wusste ich auch noch nicht!

Ja  top :MG:

aber die Franzosen, auf deren Technik er sich bezog, hatten mW durchaus Schwierigkeiten mit "Poudre B" ..  :roll: ... da fallen mir die Namen Iéna und Liberté ein  :|

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

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