U-Boot Selbstversenkungszünder

Begonnen von u1221, 25 Mai 2025, 10:34:37

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u1221

Hallo, ich suche Informationen über der Selbstversenkungszünder für U-Boote, basiert auf Dokumenten oder Bilder aus dem 2WK.

Schorsch

Hallo!

Es ist zwar schon etwas Zeit vergangen, als der Themenstarter sein Eingangsposting hier ins Forum gestellt hat. Da aber nicht immer Gelegenheit ist, sofort zu antworten und manchmal auch nur schwer zu erkennen ist, was die eigentliche Intension eines Postings sein könnte, damit die Reaktion auf das Posting auch passgenau ausformuliert werden kann, kommt mein Antwortversuch erst jetzt.

Imho gab es keine explizit für die Selbstversenkung eines U-Bootes vorgesehenen Sprengladungen, die gar festinstalliert im Boot vorhanden gewesen wären. Grund für diese Annahme ist die M.Dv. 906: ,,Handbuch für U-Bootskommandanten (U.Kdt.Hdb.)", 1942, Nachdruck von 1943. Dort heißt es unter anderem:

Zitat264. Vorbereitende Maßnahmen zur Sprengung des eigenen Bootes:
a) Anbringen von Sprengpatronen zur Schaffung mehrerer großer Lecks im Druckkörper an hierfür günstigen Stellen (Bodenventile für Kühlwassereintritt der Dieselmotoren, Bodenventile für Seewassereintritt der Torpedozellen, Dieselabgasleitungen unterhalb der Decke bei geöffneten Abgasklappen).
b) Anbringen von Sprengpatronen bzw. Sprengbuchsen(sic!) zur wirksamen Vernichtung unbedingt geheimzuhaltender Anlagen (Funkeinrichtung, Horch- und S-Anlage, Sehrohre, Feuerleitanlage usw.). Sind nicht genügend Sprengpatronen bzw. Sprengbuchsen für diesen Zweck vorhanden, so müssen diese Anlagen bis zur völligen Unbrauchbarkeit zertrümmert werden.

Stellt sich die Frage, welche Sprengpatronen und Sprengbüchsen könnten in diesen Ausführungen gemeint sein bzw. befanden sich an Bord eines U-Bootes der deutschen Kriegsmarine? Dazu ein Textschnipsel aus der M.Dv. 371,181 ,,U-Bootskunde für U-Boote Bauart VII C – Stand vom 15.7.40", S. 56; Teil A ,,Schiffskunde", Abschnitt IV. ,,Bewaffnung":

Zitat3) Sperrausrüstung
Höchstausrüstung an Minen TMA und TMB s Abschnitt IV 1c
Ferner gehören zur Sperrausrüstung:
2 Kästen mit je 4 Sprengpatronen
2 Kästen mit je 12 Sprengbüchsen
2 Kästen mit je 12 Zeitzündern
Zündschnüre mit Handauslösung und Sprengkapseln

Diese Ladungen waren primär an Bord, um angehaltene Schiffe ohne Torpedo- oder Artillerieeinsatz versenken zu können und wären nur sekundär zur Selbstversenkung verwendet worden. Leider werden in der M.Dv. 371,181 keine genauen Typbezeichnungen für die Sprengmittel genannt, so dass im Folgenden ein paar Mutmaßungen notwendig sind, welche der verschiedenen fertig konfektionierten Pioniermittel, über die die deutsche Kriegsmarine verfügte, für die obengenannte Liste infrage kommen.

Dafür hilft ein Blick in die D.M.R.V. Nr. 14 ,,Deutsche Minenräumdienstvorschrift Nr. 14 – Sprenggerät-Übersicht"; hrsg. 1947 von der Deutschen Minenräumdienstleitung und dort insbesondere in die auf den Seiten 24 und 25 zu findende ,,Übersichtstabelle der Sprengmittel und Zünder". Im Abschnitt ,,Sprengmittel" werden dort genannt:
- Sprengbüchse A ohne Kabeleinführungssatz (Ladung: 140 g Tetra) (nur mit Glühzünder A ohne Kabeleinführung)
- Sprengbüchse A mit Kabeleinführungssatz (Ladung: 140 g Tetra)
- Sprengpatrone A (Ladung: 2,6 kg Schießwolle 18 oder 36 und 80 g Tetra oder Nitropenta, eingebaut)
- Sprengpatrone B (Hohlraum-Sprengpatrone) (Ladung: 1,0 kg Schießwolle 18 und 25 g Tetra, eingebaut)
- Magnet-Sprengpatrone (Ladung: 2,0 kg Schießwolle 18 und 2 x 150 g Tetra, eingebaut)
- Sprenggefäß A (Ladung: 80 kg Schießwolle 18; zzgl. einer Sprengbüchse A ohne Kabeleinführungssitz)
- Sprenggefäß B (Ladung: 50 kg Schießwolle 18; zzgl. einer Sprengbüchse A ohne Kabeleinführungssitz)
- Sprenggefäß C (Ladung: 20 kg Schießwolle 18; zzgl. einer Sprengbüchse A ohne Kabeleinführungssitz)
- Sprengeimer (Ladung: 20 kg Schießwolle 18 und 140 g Tetra in Bakelithülse)
- Eissprengbüchse (Ladung: 1,0 kg Schießwolle 18; nur für Glühzünder 28 und Nitropenta-Zündschnur mit Glühzünder 28)
- Sprengpatrone N (Ladung: 1,0 kg Nipolit; nur für Glühzünder 28 und Nitropenta-Zündschnur mit Glühzünder 28)
- Sprengpatrone C (Ladung: 4,0 kg Schießwolle 18 und 200 g Tetra, eingesetzt; nur für Glühzünder 28 und Nitropenta-Zündschnur mit Glühzünder 28)

Für diese Sprengladungen standen lt. der Übersichtstabelle folgende Zünder zur Verfügung:
- Glühzünder A, ohne Kabeleinführung (nur für Sprengbüchse A ohne Kabeleinführungssitz)
- Glühzünder A, mit Kabeleinführung
- Zeitzünder A (7 bis 9 1/2 Minuten Brenndauer)
- Zeitzünder Zt.Z. 9 (einstellbar auf 1 bis 9 Minuten)
- Zeitzünder Zt.Z. 55 (einstellbar auf 5 bis 55 Minuten)
- Glühzünder 28 (nur für Eissprengbüchse und Sprengpatronen N und C)
- Nitropenta-Zündschnur mit 2 Glühzündern 28, 30 m lang (nur für Eissprengbüchse und Sprengpatronen N und C)

Nach meiner Auffassung stehen die in der M.Dv. 371,181 aufgeführten Sprengmittel folgendermaßen mit den in der D.M.R.V. Nr. 14 genannten folgendermaßen in Verbindung:

2 Kästen mit je 4 Sprengpatronen = könnten Sprengpatronen A sein, da lt. D.M.R.V. Nr. 14, S. 27 diese in eisernen Behältern zu je 3, 4 oder 6 Sprengpatronen geliefert wurden
2 Kästen mit je 12 Sprengbüchsen = könnten Sprengbüchsen A sein, da lt. D.M.R.V. Nr. 14, S. 26 diese in eisernen Behältern zu je 12 Sprengbüchsen geliefert wurden
2 Kästen mit je 12 Zeitzündern = könnten Zeitzünder Zt.Z. 9 (oder 55) sein; in D.M.R.V. Nr. 14, S. 35f. mit der Beschreibung dieser Zünder werden jedoch keine Verpackungsgrößen genannt
Zündschnüre mit Handauslösung und Sprengkapseln = evtl. Zeitzünder A, da lt. D.M.R.V. Nr. 14, S. 33f. diese Zünder aus einem Handholz mit Abzugsschnur, Abreißzünder und Zündsatz, einer 4,5 m langen Zündschnur und dem Kopfholz und der Sprengkapsel besteht; die Brenndauer des Zünders lag bei 7 bis 9 ½ Minuten; wurde in eisernen Kästen mit 4, 6 oder 12 Zeitzündern A geliefert

Andere Sprengmittel würde ich ausschließen, da für deren Zündung eine elektrische Zündung vorgesehen war, die noch weitere Zusatzgeräte benötigt hätten, die jeweilige Sprengladung nicht zu den anderen Zündern gepasst hätte oder die Sprengladungen unnötig groß gewesen wären.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

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