Vorpostenboot versenkt Zerstörer

Begonnen von Zerstörerfahrer, 29 April 2006, 12:45:19

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Zerstörerfahrer

Die folgende aussergewöhnliche Episode, stammt aus dem Buch Seekrieg im Ärmelkanal - Vorpostenboote an vorderster Front von Günter Naims und Lothar Frädrich, nur mit meinen eigenen Worten erzählt.
Ich kann dieses Buch uneingeschränkt empfehlen, erzählt es doch vom harten Kampf der aus Kriegsfischkuttern, ehemaligen Walfängern, Trawlern und Fischdampfern bestehenden 15. Vorpostenflottille.


[align=center]Vorpostenboot versenkt Zerstörer[/align]

Am Abend des 27.06.1944 laufen V 2107, ein Logger und als Rottenboot ein bewaffneter Fischdampfer der 2. Vorpostenflottille zu einer Kontrollfahrt ins Seegebiet der deutsch besetzten Kanalinseln aus.
Als im Laufe der Nacht eine starke feindliche Zerstörergruppe in Sicht kam, die  sofort das Feuer eröffnete, drehten die dt. Boote ab und begannen sich einzunebeln.
Der Gegner erleuchtete das Gefechtsfeld über den dt. Vorpostenbooten mit Leuchtgranaten und so dauerte es nicht lange, bis die ersten Granaten ins Rottenboot einschlugen. Während es V 2107 und dem Logger gelang , sich in ihrer eigenen Nebelbank abzusetzen, deckte der Gegner den Fischdampfer mit seinen schweren Granaten ( 6 x 12cm ) ein, bis er sank.
Die Absicht der beiden Vorpostenboote, war es sich ins nahe Klippengebiet abzusetzen, wo sie sich Aufgrund ihrer besseren Ortskenntnis besser entkommen könnten.
Die beiden Boote fuhren in Dwarslinie, wobei der Logger steuerbord querab von V 2107 fuhr. Was sie allerdings nicht ahnten, war das ihnen ein Zerstörer in die Nebelbank folgte und sich langsam zwischen sie schob.
Allerdings bemerkte der Zerstörer der " Tribal - Klasse " trotz der geringen Entfernung von 300m V 2107 nicht und konzentrierte sich voll und ganz auf den Logger. V 2107 ging daraufhin auf Parallelkurs, um alle Waffen zum tragen zu bringen.
Auf kürzeste Entfernung hielten die Fla-Waffen blutige Ernte in den nach hinten offenen Türmen des Gegner, die ja dem Logger zugewandt waren. Ebenso wurden die Maschinenwaffenstände, die Brücke und die Artillerieleitstände beschossen, währen die einzige 8,8cm am Bug ihre höchste Feuergeschwindigkeit erreichte. Obwohl sämtliche Artillerie des Gegners ausgeschaltet war , gelang es ihm mit einem der vorderen Rohre noch 2 Schüsse abzugeben, wovon einer am Schornstein von V 2107 zerplatzte.
V 2107 feuerte weiter auf den sinkenden Zerstörer, bis die Reichweite für die Fla-Waffen zu gross wurde und nur noch die 8,8cm schoss , bis auf eine Entfernung von 8000m das Ziel nur noch schemenhaft zu erkennen war und das Feuer eingestellt wurde.

Ein weiterer Zerstörer, der in die Nebelwände gefolgt war , griff den kleinen Logger nicht nur mit seiner Artillerie, sondern auch mit Torpedos an. Der Logger wehrte sich zwar tapfer, sank dann jedoch nach 20min .

Die sogleich gemeldete Versenkung eines Zerstörers durch ein Vorpostenboot löste bei der Sicherung West und der Seekriegsleitung ungläubiges Erstaunen aus, jedoch gab die brit. Admiralität den Verlust eines Zerstörers für diese Nacht zu.

Am 29.06. wurde der Kommandant von V 2107 Oberleutnant zur See der Reserve Ekkehard Martiensen mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet.



Da dieser Bericht auf einem Interview von Ulrich Schreier mit dem Kommandanten von V 2107 noch während des Krieges beruht, ist mir der Name des gesunkenen Zerstörers nicht bekannt. Aber vielleicht hat jemand die engl. Verlustlisten für diese Nacht zur Hand und kann da weiterhelfen.

Spee

@Z-Fahrer,

der einzige mir bekannte Verlust eines britischen Zerstörers in diesem Zeitraum war "Isis" am 20.7.1944, versenkt durch Neger. Die ganze Geschichte klingt nach "Propagandaerfolg". Einen "Tribal" mit 2cm und einer 8,8cm versenkt? 1944 ist nur ein "Tribal" in der Verlustliste, die kanadische "Athabaskan" am 29.4.1944 durch Torpedotreffer von "T24".
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

Lutscha

Hatte jemand nicht mal genau so eine Geschichte im SSF als Blödsinn entlarvt?
Das ist ja barer Unsinn, wenn das stimmen würde, hätten SIE ja recht!

Typisch deutsche Argumentationsweise.

Mario

Auch wenn man mit einer 8/8 einen Zerstörer versenken kann, dauert das doch sicher eine ganze Weile, bis man die Wasserlinie so stark perforiert hat, das genug Wasser in das Schiff eindringen konnte.
Ich denke da auch eher an eine kleine Propagandageschichte und an ein Märchen von den deutschen Wunderwaffen.

Zerstörerfahrer

Ich hab grad festgestellt, das ich mich im Datum vertan hab, die " Ereignisse " fanden im Juni statt. Ich habs oben editiert.

Das der Bericht auf einem Interview aus dem Krieg mit Martiensen beruht , schrieb ich ja oben schon.
Solltet ihr Recht behalten, frage ich mich, haben die Autoren das nicht nachrecherchiert und wie ernst kann man dann alle anderen Angaben in dem Buch nehmen ?

Zerstörerfahrer

Asche auf mein Haupt. Ich hab jetzt mal bei wlb-stuttgart.de nachgeschaut und dort steht dies :
ZitatBeim Angriff auf einen Geleitzug in der Nacht vom 27./28.6. vor Jersey gelingt es den Zerstörern Eskimo und Huron, den Hilfsminensucher M 4611/ Etienne Rimbert tödlich zu rammen und in einem Gefecht auf kürzeste Entfernung das Vorpostenboot V 213/ Claus Bolten zu versenken.  Dagegen kann V 203/ Carl Röver (Oblt.z.S. Martinsen, RK), nachdem es ihm gelungen ist, M 4611 mit Fangschuss zu versenken und anschließend mehrere Treffer auf den Zerstörern zu erzielen, mit geringen Personalverlusten und ausgeglühtem Vorschiff nach Jersey entkommen. Dort wird es für den Rest des Krieges außer Dienst gestellt.

Ich glaub langsam, dass man heut zu Tage alles in Frage stellen sollte, wenn man nicht mal mehr den Büchern trauen kann. :!:

harold

...und ein schönes Beispiel dafür, wie Mythen und Fakten auseinander gehalten werden können - nicht durch die Konfrontation von Meinungen, sondern durch verantworliches Abgleichen von Quellen.

Danke, ZF!

Harold
4 Ursachen für Irrtum:
- der Mangel an Beweisen;
- die geringe Geschicklichkeit, Beweise zu verwenden;
- ein Willensmangel, von Beweisen Gebrauch zu machen;
- die Anwendung falscher Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Thomas

Hallo,

ein anderer Typ kann es auch nicht gewesen sein: Zerstörerverluste der RN im Juni 1944:
6.6.44 Svenner (zugeordnet Royal Navy, Seine Bucht, dt. Torpedoboote)
6.6.44 Wrestler (vor Normandie Mine)
13.6.44 Boadicea (Portland Bill Flugzeug)
18.6.44 Quail (Mine Golf von Taranto, gesunken 15.11.43)
21.6.44 Fury (Mine Seinebucht)
24.6.44 Swift (Mine Seinebucht)

nach Roskill, Appendix T, Band III/1.

Grüße
Thomas

Huszar

Auch im Fock finde ich nix vergleichbares.

Ich kann mir noch folgendes vorstellen:
- Datum ist falsch
- Zerstörer wurde nur beschädigt
- es war kein Zerstörer, mit dem die V-Boote gekampft haben.


oder es ist alles quatch...


mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

Leutnant Werner

Vielleicht war es ein Hunt-Klasse-Zerstörer mit 6x102 mm in nach hinten offenen Doppelschilden?

Gruß
Lt.

Mario

Ich denke, die Sache ist geklärt und ins Reich der Fabeln verwiesen worden ???
Schaut doch nochmal auf ZF's letztem Beitrag !!!

t-geronimo

Naja, ganz unfehlbar ist WLB auch nicht immer, wie wir hier ja auch schon gelernt haben.
Darum ist es immer gut, Quellen abzugleichen und sich mehrererorts Bestätigung zu holen.

Aber dieser Fall ist wohl wirklich klar.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

harold

Klar ist er, TG, -nur:

gabs´s auch eine klare Begründung für das RK des OltzS(R) Marti(e)nsen?
Und das nur zwei Tage nach der angeblichen Versenkung?

Oder wurden da die RK´s einfach nur so auf pi-mal-Daumen-Meldungen abgeregnet ("also mein Steuermannsmaat hat auch gemeint, der Gegner sinkt jetzt fast schon, und der Smutje hat kurz geguckt und gesagt, woll, der iss hinn...")?

Ich glaube, DIES ist der spannende Teil der Geschichte... und DEN aufzuklären, wäre dann die Mythenbeseitigung.

Sonst kommt dies Thema regelmäßig wieder zum Vorschein ... also wenn wir´s wirklich klären können... :)

Harold
4 Ursachen für Irrtum:
- der Mangel an Beweisen;
- die geringe Geschicklichkeit, Beweise zu verwenden;
- ein Willensmangel, von Beweisen Gebrauch zu machen;
- die Anwendung falscher Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Zerstörerfahrer

Die Frage ist doch nur, wie können wir das aufklären ?

Ich denke die Aussage von WLB kommt dem wohl am nächsten, denn die VP-Boote werden schon im Gefecht gestanden haben und sich das nicht ausgedacht haben. Schliesslich müssen sie den Gegner ja auch getroffen haben, das sie den Eindruck hatten , das er sinken würde. Man müsste jetzt mal die KTB studieren können, um sich seine eigene Meinung zu bilden oder  engl. Quellen zum Gefecht heranziehen können. Beides wird uns aber wohl nicht möglich sein. :cry:
Denn Freiburg liegt für mich am andern Ende von Deutschland.

Was mich an der Sache am meisten wundert, das die Autoren von dem Buch diese Aussagen so übernommen haben, ohne sie nachzuprüfen.
Ja OK, ich hatte sie am Anfang auch nicht überprüft.

harold

Gab´s nicht mal ne Seite über die RK-Träger?
Dort mal nachforschen...
... so als Idee.

Klar, dass in der Invasions-Panik eine Versenkungsmeldung dieser Art gut kommt und auch gerne geglaubt werden kann, wenn ... ja wenn WELCHE Fakten "klar" sind?
Gab´s vielleicht DOCH ne britische Verlustmeldung, die (obwohl unzusammenhängend) "gepasst" hätte?
Und was genau hat Matthiesen denn in seinem Interview gesagt? Können wir das irgendwo rausfinden?

Mir persönlich fehlen jegliche (Buch-)Quellen dazu, aber vielleicht findt´ sich da mal was, dort mal was ...

Harold
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