22.10.1941: Anschlag auf Hako Odessa - Massaker von Odessa

[Darius]

Hallo zusammen,

beim Durchschauen von Organisationsgeschichte der deutschen Heeresartillerie im II. Weltkrieg, Band 15, Organisationsgeschichte der Heeres-Küsten-Artillerie-Abteilungen 901 - 903 - 906 - 910 - 914 von Uwe Kleinert bin ich auf den als Anlass für die Ermordung von tausenden von Juden herangezogenen Anschlag auf das Gebäude des Hafenkommandanten Odessa (Hako Odessa) / Hauptquartier Odessa gestossen.

a) Kleinert, S. 49, Chronik HKAA 903:

22.10.1941:
Vernichtung Hauptquartier Odessa kurz nach Kommandeur 903s Abreise.

23.10.1941:
Vergeltungsaktionen gegen jüdische Bevölkerung - Massaker von Odessa.

b) Kleinert, S. 192f, Auszüge aus dem (handschriftlichen, im Buch transkribierten) KTB der HKAA 903, Major Dr. Wilhelm Czermak (BArch RH 41/376):

22.10.1941:
Nachmittags Odessa. Besprechung in der Ortskommendatur mit dem neuen Hafenkommandanten Kapitän z.S. Schmidt, bisher Seekommandant zu Nikolajew. Wir treffen die 10. rumänische Division, deren Kommandeur, General Glogojanu, Kommandant von Odessa geworden ist. Freudiges und freundliches Wiedersehen mit dem General, Oberst Mitulescu, Oberst Alexiu.

23.10.1941:
Koblewo. Herr Zubanke, der Führer der PK-Männer kommt mit seinem Fahrzeug zurück und berichtet folgendes:

Gegen 6 Uhr ist die Kommendantur in Odessa in die Luft geflogen.
Wahrscheinlich durch eine eingebaute Mine mit Fernzündung. Kapitän z.S. Schmidt ist tot, desgleichen fast der ganze Stab der rumänischen 10. Dision!

Die Katastrophe muß sich knapp eine Stunde nach meinem Weggang ereignet haben. Welchen Tod hat mir der Kriegsgott vorbehalten?

Ich bin tief erschüttert.
[...]

24.10.1941:
Nachmittags kommt ein Major (Ing.) vom Artillerie-Lehr-Regiment hier durch und sucht seine Abteilung, die sich offenbar bereits auf dem Marsch zur Krim befindet.

[...] Er erzählt, in Odessa seien Gestern als Vergelung für den Sprengstoffanschlag 10.000 Juden (!) hingerichtet worden. An den Bäumen um das zerstörte Gebäude hängen sie Reihen. Der Rest ist erschossen worden, und zwar ohne Rücksicht auf Alter und Geschlecht.[...]

c) https://de.wikipedia.org/wiki/Massaker_von_Odessa:

Das eigentliche Massaker in Odessa vollzog sich vom 22. bis 24. Oktober und kostete zwischen 25.000 und 34.000 Menschen das Leben. Auslöser war eine am 22. Oktober von sowjetischen Partisanen gezündete Bombe im rumänischen Hauptquartier der Stadt, das vormals das Hauptquartier des sowjetischen NKWD war.[1] Bei der Detonation der Bombe starben 67 Menschen, darunter der rumänische Kommandant Ion Glogojanu, 16 weitere rumänische Offiziere und vier deutsche Marineoffiziere. Als Repressalie wurde vom rumänischen Staatsführer Ion Antonescu angeordnet, dass 200 Kommunisten für jeden Offizier und 100 für jeden einfachen Soldaten hingerichtet werden sollten.[1]

d) Forstmeier, Friedrich, Odessa 1941 - Der Kampf um Stadt und Hafen
und die Räumung der Seefestung, 15. August bis 16. Oktober 1941, von 1967, erwähnt diese Ereignisse nicht.

e) KTB Chef Marinemission Rumänien (NARA T1022-2534):

23.10.1941:
Odessa. Am 22.10. um 17.55 Uhr wird das Gebäude des Hafenkommandanten durch eine wahrscheinlich elektrisch ferngezündete Sprengladung in die Luft gesprengt. Aus den Trümmern werden tot geborgen:
Der stellvertr. Hako 9 Kapt.z.S. Schmidt (Harwarth)
Der Hako 9 Korv.Kapt. Reichert Fazilides.
Hauptmann Dr. Kern nebst Adjutant
Dolmetscher Novikoff,
Comandor Balas
General Glogeanu
Oberst Ionescu
[...]
Die endgültige Verlustliste liegt noch nicht vor.
Als Vergeltungsmaßnahme werden durch SS und rum. Truppen zahlreiche öffentliche Hinrichtungen durch Erhängen und Massenerschiessungen vorgenommen.[...]

f) KTB des Seekomandanten Ukraine (NARA T1022-2530):

Nach Lagemeldung Mar.Miss. vom 24/10. bei Sprengung rumänischer Militär-Kommendantur Odessa am 22/10. durch Fern- oder Zeitzünder Kpt.z.S. Schmidt (Herward), K.Kpt. Reichert und Dolmetscher Nowikow gefallen.

Darius

[Darius]

Hallo zusammen,

Angaben zu den Marine-Offizieren aus Lohmann/Hildebrand:

a) Reichert-Facilides, Walter:
geb. 09.10.1881 in Rauscha/Schlesien;
F.Kapt.z.V. 1944 mit RDA vom 01.10.1941
W.B.L. Wesermünde, Sachbarbeiter Marine, 01.1940-03.1940
W.B.K. Lüneburg, Sachbearbeiter Marine, 03.1940-06.1940
Hafenkomdt. St. Malo, 06.1940-06.1941
Hafenkomdt. Odessa, 06.1941-10.1941
Gefallen 22.10.1941

b) Schmidt, Herwart:
geb. 16.05.1889 in Berlin
Kapt.z.S. 01.11.1938
W.B.K. Leoben/Steiermark, Kdr., 06.1938-12.1939 und 01.1940-05.1941
Admiral Südost, milit. Sachbarbeiter und MVO, 05.1941-07.1941
Stellv. Seekommandant Ukraine, 08.1941-10.1941
Gefallen 22.10.1941.



Darius

[joern]

Hallo,
H.Schmidt war mein Großvater. Das tragische in der Familie war , dass sein Bruder im 1. WK ums Leben kam und mein Großvater den Untergang von S.M.S. Blücher gerade so überlebte. Im 2. WK ereilte ihn nun, wie so vielen im  Krieg dieses tragische Schicksal.
Im Anhang als Ergänzung die damalige Ereignissmeldung, die das Massaker an Juden schon andeutete und einige Fotos.
Grüße Joern

[Urs Heßling]

moin,

Angaben zu den Marine-Offizieren aus Lohmann/Hildebrand:
a) Reichert-Facilides, Walter:
geb. 09.10.1881 in Rauscha/Schlesien;
F.Kapt.z.V. 1944 mit RDA vom 01.10.1941
W.B.L. Wesermünde, Sachbarbeiter Marine, 01.1940-03.1940
W.B.K. Lüneburg, Sachbearbeiter Marine, 03.1940-06.1940
Hafenkomdt. St. Malo, 06.1940-06.1941
Hafenkomdt. Odessa, 06.1941-10.1941
Gefallen 22.10.1941

Ergänzung
Crew 01
29.09.1904 Leutnant z.S.
27.04.1907 Oblt. z.S.
19.10.1912 Kptlt

1918 EK II

1905-06  LS Kaiser Friedrich III
1909 II. Werftdivision, Adjudantur
1910 III. MatrArtAbt, Zugführer
1914 LS Schlesien

Gruß, Urs

[joern]

Hier die Daten Herwart Schmidt:
Crew 06
06.04.1907 Fähnrich z.S.
30.09.1909 Leutnant z.S.
19.09.1912 Oberleutnant z.S.
03.05.1918 Kapitänleutnant
21.08.1919 Kapitänleutnant a.D. (Umernennung)
15.05.1934 Korvettenkapitän a.D.
01.11.1935 Fregattenkapitän (Ergänzungsoffizier(Umernennung)
01.11.1938 Kapitän z.S. (Ergänzungsoffizier)
20.04.1941 Kapitän z. S. (Umernennung)

Einige Kommandos während der Zeit in der Kaiserlichen Marine:
1906-07 S.M.Schulschiff "Charlotte"
1908-10 Ostasien S.M.S. "Fürst Bismarck", S.M.S. Scharnhorst" mit Kommandierung auf
        Geschwaderbegleitdampfer "Titania"
1911-13 S.M.S "Deutschland"
1913-14 S.M.S."Württemberg"
1914-15 S.M.S."Blücher"
1915-16 englische Kriegsgefangenschaft
1916-18 interniert in der Schweiz,zugleich in Bern in der militärischen Handelsabteilung tätig.
1918-19 Inspektion des Bildungswesens der Marine Kiel
20.08.1919 a.D.

Grüße Joern

[Darius]

Hallo Joern, hallo Urs,

vielen Dank für Eure Ergänzungen.


 

Darius