Kalibersteigerung durch Seelenrohrtausch (10,5-cm SK C/28) ?

Begonnen von Strandurlauber, 05 März 2023, 09:41:17

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Strandurlauber

Moin,

in Rolle 2101 PG 33565 bin ich auf ein Schriftstück vom Mai 1937 gestoßen, in dem Anforderungen an Kreuzer und Flottillenführer, darunter auch kampfwertsteigernde Maßnahmen die bei Kreuzern zumindest theoretisch in Betracht gezogen wurden, dem Schreiben nach, anscheinend aber bei den Torpedobooten der Wolf-Klasse (Anmerkung: es sollten Luchs und Leopard gemeint sein) zum tragen kamen, angeführt werden.

Im Bezug auf die Kreuzer wurde vorgeschlagen die Neubauten* ggf. mit 17 cm Geschützen zu bewaffnen, welche in Friedenszeiten 15 cm Seelenrohre führten (nominal also leichte Kreuzer waren), diese aber relativ schnell gegen 17 cm Seelenrohre getauschte werden könnten.

Das erinnerte mich an kürzliche Diskussionen bezüglich der Kalibersteigerung bei den beiden o.g. Torpedobooten, deren 10,5-cm SK C/28 durch 12,7-cm SK (vermutlich Vorläufer der 12,7-cm SK C/34) ersetzt wurden.
Da richtigerweise drauf hingewiesen wurde, dass eine solche Kalibersteigerung im Bereich von 14% bei den Kreuzern bzw. 22% (!) bei den Torpedobooten nicht ohne weiteres machbar ist, vermute ich bei Letzteren ein ähnliches Vorgehen, habe aber außer diesem Schreiben noch keine andere Primär-Quelle gefunden die das stützen würde.
Meiner Meinung nach war eine solche Steigerung durch Tausch der Seelenrohre nur möglich, wenn dies von vornherein konstruktiv berücksichtigt wurde, was unter den Bedingungen des Vertrages von Versailles zumindest denkbar ist.
Das würde möglicherweise erklären, warum sich die Rohre der beiden Geschützmodelle in Länge und Gewicht so ähnlich sind und die 10,5-cm SK C/28 im Vergleich mit kürzeren 10,5-cm SK annähernd die doppelte Rohrmasse hatte.
Da leider Einzelheiten bezüglich Vorgehen bei den Torpedobooten im Schreiben nicht genannt werden, sehe ich das beschriebene Verfahren des Seelenrohr-Tausches bislang nur als eine Möglichkeit an bis weitere Quellen dazu Klarheit schaffen.


Gruß
Ulf

* Vermutlich sind die Kreuzer K und L und deren zeitweilige Planung mit vier 15-cm-Drillingstürmen gemeint, bevor der Bau der Kirov-Klasse mit 18-cm Hauptkaliber zum Anlass genommen wurde auch hierbei wieder auf 20,3-cm zurückzugehen.
"Damn the torpedoes! Full speed ahead!" D. G.  Farragut

(1864 Battle of Mobile Bay; ... er wusste offenbar was USS Cairo auf dem Yazoo River zum Verhängnis wurde, aber auch dass die Minen schon längere Zeit im Wasser lagen und durchsickerndes Wasser in den Trimmtanks diese nach und nach absacken ließ ...)

Peter K.

ZitatDas erinnerte mich an kürzliche Diskussionen bezüglich der Kalibersteigerung bei den beiden o.g. Torpedobooten, deren 10,5-cm SK C/28 durch 12,7-cm SK (vermutlich Vorläufer der 12,7-cm SK C/34) ersetzt wurden.
Da richtigerweise drauf hingewiesen wurde, dass eine solche Kalibersteigerung im Bereich von 14% bei den Kreuzern bzw. 22% (!) bei den Torpedobooten nicht ohne weiteres machbar ist, vermute ich bei Letzteren ein ähnliches Vorgehen, habe aber außer diesem Schreiben noch keine andere Primär-Quelle gefunden die das stützen würde.

Das ist ein interessanter Hinweis, denn in der einschlägigen Literatur (Fock, Harnack, Whitley, Breyer, Campbell, ... ) ist ja meist zu lesen, dass diese Rohre mit 12,7 cm Kaliber in die Wiegen der 10,5 cm C/28 Lafetten eingelegt wurden. Lediglich Fock gibt einige Detail an. So wurde im Oktober 1924 vom Chef der Marineleitung die generelle Kalibersteigerung auf 12,7 cm entschieden. Die Entwicklung erfolgt 1925 bis 1926 unter der Bezeichnung 12,7 cm C/25 und im Dezember 1926 wurden 18 Geschütze bestellt, aber aus politischen Gründen dann nicht eingebaut. Aus noch vorhandenen Schießplatz- und Versuchsrohren soll ILTIS (!) im November 1933 diese Geschütze erhalten haben, später auch LEOPARD. Außerdem wurden sie auf BREMSE und GRILLE eingebaut. Das wären dann insgesamt 13 Rohre 12,7 cm C/25.
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Strandurlauber

#2
Moin,

dazu liegt mir nun ein weiteres Puzzle-Teilchen vor (aus BArch RM 20/894), eine Besprechnungsnotiz vom 25.04.1928, zwischen Auswärtigem Amt und dem Reichswehrminister, bezüglich Bestückung der Zerstörer.

Gemeint sind dabei offenbar die im Bau befindlichen Torpedoboote der Wolf-Klasse, und für mich entsteht der Eindruck, dass wie von Peter K. geschrieben, die bereits begonnene Entwicklung der 12,7 cm SK aus politischen Gründen (noch) nicht umgesetzt werden konnte.
Daraus ergab sich offenbar der Zwang zum Kaliber 10,5 cm zurückzukehren und angesichts der damals desolaten Finanzlage entschloss man sich anscheinend, die bereits in der Fertigung befindlichen Geschütze mit neuen Seelenrohren Kaliber 10,5 cm auszustatten, mit der Option diese später sofern politische und wirtschaftliche Zwänge entfallen, umrüsten zu können.
(Demzufolge müsste es hier wohl eher Kaliberreduktion durch Seelenrohrtausch heißen ... :?)

Beim Zitat: "..., daß die bereits fertigen Geschütze auf 10,5 cm umgeändert und die noch nicht fertigen als 10,5 cm gebaut würden." habe ich mich an ein von Schorsch eingestelltes Foto der "Wolf" erinnert, welches sie noch mit Kennung WO (später WL) und mit einem älteren 10,5 cm Ubts. u. Tbts. Flak L/45, vergleichbar Möwe-Klasse, auf der Back zeigt (allerdings wenn mich meine Augen nicht täuschen, fehlten die beide Geschütze achtern ...).
Zwischen dem Zeitpunkt des Schreibens bis zur Indienststellung des Typ-Schiffes am 15.11.1928 liegen nur wenig mehr als 6 Monate, offenbar waren die dann als 10,5-cm SK C/28 bezeichneten Geschütze zumindest zur Indienststellung von Wolf (und Iltis?) noch nicht verfügbar/umgearbeitet, und wurden (zeitweise) durch verfügbare ersetzt.

Gruß
Ulf

Nachtrag: ich räume ein, dass dies noch nicht der rauchende Colt ist, aber es würde zumindest einiges erklären.
"Damn the torpedoes! Full speed ahead!" D. G.  Farragut

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