Uboot Typ XXIII / Kl.240, Schwulsreihe am Druckkörperstoss

Begonnen von Quasar, 12 August 2023, 12:59:51

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Quasar

Moin

Ich baue derzeit ein RC-Modell des Typ XXII auf Basis des 1:35 Bausatzes der Firma Bronco.
Bei diesem Modell und auch auf Bildern des Typ XXIII bzw. Kl.240 der BM sind im Hinterschiff Reihen von etwa 30-40cm langen Schwülsten zu erkennen die entlang des Stoss zwischen den beiden Druckkörperradien verlaufen. Im Vorschiff ist dieser Stoss mit einem Blech verkleidet.
Ich habe in keiner mir vorliegenden Dokumentation Informationen zu diesen Schwülsten und Blechen gefunden. Es handelt sich aber definitiv nicht um Opferanoden da diese Schwülste in Bootsfarbe beschichtet sind. Dies konnte mir auch ein früherer U-Hecht Fahrer bestätigen, den Grund für die Schwülste/Bleche wusste er aber auch nicht.

Kennt jemand hier im Forum den Grund dieser Schwülste/Bleche? Könnten es Verstärkungen sein, aber warum dann vorne Bleche?

Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.

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Gruß
Armin

kielwasser

#1
Moin,

vielleicht hilft das folgende Foto ein wenig weiter, dass im Netz zu finden ist.

Bild an Land:
https://c8.alamy.com/compde/e0mx44/22-juli-1956-sind-die-zwei-ersten-deutschen-u-boote-der-neuen-deutschen-marine-derzeit-bei-den-howaldtswerken-restauriert-die-u-boote-sank-in-den-letzten-tagen-des-krieges-wurden-von-einer-hamburger-firma-aus-der-ostsee-geborgen-nach-umfangreichen-untersuchungen-von-experten-die-das-bundesministerium-der-verteidigung-beschlossen-die-beiden-boote-ubernehmen-zahlung-von-800000-dm-dies-zu-tun-nach-der-reparatur-werden-sie-als-lehr-boote-verwendet-werden-im-bild-das-erste-geborgene-boot-u-2365-schneiden-auseinander-um-es-zu-reparieren-e0mx44.jpg

Zu erkennen ist anscheinend eine Vorrichtung für das abgetrennte Achterschiff. Daran sind Anbindungen an den Bootsrumpf zu erkennen, die jeweils direkt auf die Spanten gesetzt werden. Zu erkennen ist, dass die von dir angesprochenen Wülste somit jeweils immer zwischen zwei Spanten angeordnet sind.

Wenn ich mir den Plan eines XXIII anschaue scheint es mir als befinden sich die Wülste nur in den Bereichen, in denen kein geschlossener kreisrunder Druckkörper vorhanden ist.
Plan: https://i.ebayimg.com/images/g/H94AAOSwxblbO1Vk/s-l1600.jpg

Es läge die Vermutung nahe dass es sich um Reste einer Bauvorrichtung oder Senten handelt, die beim Bau gesetzt wurden um ein Einfallen des DK-Teils, der nicht durch das Deck gehalten wurde, zu verhindern, bis das Boot zusammen war. Danach wurden die Senten oberhalb der Schweißnaht entfernt und der Rest belassen. (Ist NUR eine Vermutung!)
EDIT:
Mögliche Erklärung für die Frage, warum die Spantbereiche ausgelassen sind: In diesen Bereichen arbeitet der Schiffbauer wenn er die Bootsstruktur verarbeitet, da dies die einzigen steifen Punkte sind. Die freien Felder zwischen den Spanten sind für eventuelle Anpassungsarbeiten mit "schwerem Gerät" viel zu weich.
Um das nachvollziehen zu können bräuchte man einen besseren Plansatz.


Gruß
Tino

kielwasser

Als kleine Ergänzung:
Die Wülste im Knick des Druckkörpers scheinen auf deinem Foto voluminöser zu sein als die, die längs des Übergangs vom Druckkörper zur Verkleidung des Hinterschiffs ist. Sie werden daher vermutlich anderen Zwecken gedient haben, zumal diese wirklich SEHR genau entlang des Übergangs vom DK zur Verkleidung verlaufen.
Beim Modell-Foto erscheinen sie aber gleich stark. Vermutlich ein "Fehler" im Modell.

Schorsch

Hallo Armin,

an diesen Nähten stößt das durchflutete Außenschiff als strömungsgünstige Verkleidung auf den Druckkörper. Die entsprechenden Nähte werden dabei aller 30...40 cm unterbrochen, um das Ab- bzw. Zufließen von Wasser in den Bereich zwischen Druckkörper und Verkleidung zu ermöglichen bzw. um Luftfallen zu verhindern. Die betreffenden Öffnungen müssen dabei keine "ausgewachsenen" Flutschlitze sein, da sich der gesamte Bereich normalerweise ohnehin unter der Wasserlinie befindet.

Die Blechverkleidung des Stoßes von oberer und unterer Halbschale des Druckkörpers und von Druckkörper und derVerkleidungen der Treibölbunker bzw. der Tauchzelle 1 war im hinteren Bereich nicht notwendig, da Schleppversuche gezeigt hatten, dass die zur Kerbe parallele Fahrtströmung des Wassers im Bereich des Mittelschiffes sich nicht störend auf den Bootswiderstand auswirkte. (Siehe dazu z.B. E. Rössler: "U-Bootttyp XXIII", Bernard & Graefe, Bonn 2002, S. 148!)

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

kielwasser

#4
Habe eben dieses Foto im Netz gefunden, das Schorschs Antwort noch einmal verdeutlicht:


Quelle:
https://www.ubootkameradschaft-kiel.de/web4/index.php/text-bild/das-unterseeboot-hai

Quasar

Hallo Tino

Das ist auf jeden Fall ein Ansatz. Jetzt wo du darauf aufmerksam machst das der Druckkörper dort wo der Maschinenraum beginn von der 8-Form auf kreisförmig übergeht, dort beginnen aussen auch diese Schwülste. Das kann ich in einigen Plänen in einem Heft von Eberhard Rössler auch so erkennen. Man sieht auf dem von dir verlinkten Bild auch deutlich, dass diese Schwülste immer zwischen den Spanten sitzen. Also vermutlich eine schiffbauliche Verstärkung.
Hier stellt sich natürlich die Frage, warum sind in diesem Druckkörpereinschnitt vorne diese Platten aufgebracht, aber dann auch nicht durchgängig bis diese Schwülste anfangen. Diese Platten sind seitens der DK-Wartung nachteilig weil der DK und die Schweissnähte darunter nicht zugängig sind. Bei der Kriegsmarine dürfte das Thema Wartung eher untergeordnet gewesen sein, allerdings waren diese Platten bei der Bundesmarine immer noch drauf.

Gruß Armin
   

t-geronimo

Tino, bitte ein wenig mehr Augenmerk beim Thema Urheberrechte.

Die Bilder mußte ich löschen, die Links dorthin können bleiben.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

kielwasser

Zitat von: Quasar am 12 August 2023, 14:29:47[...] Hier stellt sich natürlich die Frage, warum sind in diesem Druckkörpereinschnitt vorne diese Platten aufgebracht, aber dann auch nicht durchgängig bis diese Schwülste anfangen. Diese Platten sind seitens der DK-Wartung nachteilig weil der DK und die Schweissnähte darunter nicht zugängig sind. [...]

Siehe Antwort von Schorsch  :wink:

Quasar

Hallo

Die Antwort von Schorsch hat mich beim Schreiben meiner Antwort überholt. Die Überlegung das es eine Art Entlüftungen sein müssen klingt logisch.
Diese Reihe die auf dem Modell schräg nach oben zu sehen ist, ist auf Bildern von U-Hai und U-Hecht nicht mehr vorhanden, aber auf einigen Bildern des Typs XXIII ist da etwas zu erkennen. Vermutlich stützt die Ausführung des Modells darauf. Diese Bilder sind aber alle von sehr schlechter Qualität. Ich habe viele gespeichert, vielleicht finde ich etwas.

Einen weiteren Hinweis bekam ich von dem Hecht-Fahrer, die auf dem Modell dargestellten Schweissnähte sind masslos übertrieben. Er sagte die Boote waren nahezu glatt. Ich hatte dienstlich und beruflich über 40 Jahre mit Ubooten zu tun, und kenne derartige Schweissnähte bei Ubooten nicht. Bei den 1/72 Modellen der Klasse 206 werden z.B. auch Sektionsrillen dargestellt. Diese Druckkörper waren absolut glatt, keine Schweissnähte zu sehen.
Auch die Schwülste sind auf dem Modell sicherlich etwas übertrieben dargestellt, sei wirken auf den Fotos kleiner.

Viele Grüße
Armin

Quasar

Das Buch zum TypXXIII von Rössler habe ich (noch) nicht, allerdings das Heft "Vom Original zum Modell" von Rössler. Dort sind auf Seite 16 Hecksektionen zu sehen bei denen die Spanten und auch der Blechanschluss den nach oben laufenden Hackenverkleidung zu sehen. Es sind dort auch schwach diese Schwülste zu erkennen, vermutlich mit gleicher Funktion, um den Wassereintritt in den freidurchfluteten Bereich zu ermöglichen aber dem Blechanschluss Steifheit zu geben. Beim Umbau Hai/Hecht wurde hier offensichtlich etwas verändert, was man auf dem verlinkten Bild zu U-Hai gut erkennen kann.

Vielen Dank für die Hilfe und Denkanstösse
Armin

Quasar

Moin

Für alle die es vielleicht interessiert. Mittlerweile habe ich von einem ehemaligen U-Hecht Fahrer Hinweise für den Grund dieser "Schwülste" bekommen.
Es handelt sich hierbei nicht um Entlüftungen, denn der Bereich unter dem kreisrunden Druckkörperabschnitt war ein Kraftstoffbunker der wechselseitig mit Kraftstoff/Seewasser betrieben wurde, aber nicht freidurchflutet war. Bei diesen "Schwülsten" handelte es sich schiffbausprachlich um Verstärkungsbarren, die dem in diesem Bereich konisch verlaufenden Druckkörper mehr Längsfestigkeit geben sollten. Das ist dann wohl auch die Erklärung dafür, das diese Barren am Anschlussbereich der Ruderhake schräg hoch verliefen.

Gruß
Armin

Schorsch

#11
Hallo Armin,

bei allem Respekt vor dem Wissen und der Erfahrung von denen, die auf einem solchen Boot unterwegs waren, bitte Deinen Bekannten doch einmal, die rot markierten Pfeile auf dem unten angehängten Ausschnitt aus dem Flutschlitzplan zum Typ XXIII zu erklären.

Aufschlussreiche Bilder zu dem, was sich wo hinter den Verkleidungen verbarg, und wo Wasser mehr oder ungehindert entlangfließen sollte (oder auch nicht), sind auch noch E. Rössler/F. Köhl: "Vom Original zum Modell: Uboottyp XXIII"; Bernard & Graefe, Bonn 1993, auf den Seiten 15 (unten) bzw. 16 (oben und Mitte) zu finden. Das Heft liegt Dir ja vor und Du hattest zumindest die Bilder auf Seite 16 schon selbst angesprochen.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

Quasar

Hallo Schorsch

Ich komme leider erst heute dazu mich damit zu beschäftigen und zu antworten. Vielen Dank für deinen Hinweis.
Der U-Hecht Fahrer mit dem ich in Kontakt stehe ist 91 Jahre alt, aber noch sehr fit und er war auf meine Nachfrage hin sehr bemüht darum Hinweise zu diesen Barren zu finden. Er schrieb mir das er einen Hinweis von Prof.Gabler gefunden hat, das zur Versteifung von konischen verlaufenden Druckkörpern Längsbarren zwischen den Spantenfeldern eingesetzt werden müssen. Wie weit diese Aussage auf den Typ XXIII zutrifft vermag ich nicht zu sagen, ich habe nur gelesen das die Festigkeit dieser Boote später vom IKL einmal nachgerechnet wurden und sich daraus für die Kl.240 eine Tauchtiefenbeschränkung ergab. Ich kann ihn aber nochmal fragen. Sicherlich ist auch er an diesem Hinweis zum Flutschlitzplan interessiert. Ich habe dieses Detail in meinem Heft leider nicht wahrgenommen, und er früher beim Boot vielleicht auch nicht, zumal diese ja die meiste Zeit im Wasser lagen. Ich selbst fuhr 6 Jahre auf einem 206er, habe das Boot oft im Dock gesehen, kann mich aber auch nicht an jedes Detail errinnern.
Auf Bildern und Schnittzeichungen des Typ XXIII ist zu erkennen, das die unter dem DK liegende Tauchzelle und der Treiböltank oben seitlich zum Druckkörper hin abgedichtet sind und nur ein schmaler Kanal frei durchflutet ist, der zwischen den erkennbaren Längsbarren entlüftet wird. Dieser Kanal ist mit einzelnen, und vermutlich abnehmbaren Blechen verkleidet, wie auf den beigefügten Bildern erkennbar ist. Beim ursprünglichen Typ XXIII verliefen diese Längsbarren auch schräg nach oben entlang des Übergang vom DK zur Runderhake. Bei der Kl.240 wurden diese Barren später entfernt, das ist ebenfalls auf den beigefügten Bildausschnitt zu erkennen. Es ist jetzt halt wieder nur eine Vermutung das diese Barren gar nicht wegen der Festigkeit vorgesehen waren, sondern vielleicht nur zu Aufnahme der seitlichen Bleche.

Viele Grüße
Armin

Schorsch

Hallo Armin,

auch wenn ich mir mit meinem Posting, das ich gerade schreibe, sehr wahrscheinlich den Vorwurf der Penetranz einhandeln werde, so richtig überzeugt mich die Hypothese mit den von Dir sogenannten Verstärkungsbarren nicht. Sollte es zutreffen, dass der konische Teil des Druckkörpers auf diese Art hätte verstärkt werden sollen, warum erfolgten diese Maßnahmen nur punktuell und temporär und vor allem, warum sind diese Strukturen dann auch am hinteren zylindrischen Teil des Druckkörpers angebracht worden? Wieso erfolgt die Verstärkung in Längsrichtung, wo doch z.B. Gabler schreibt:
ZitatDie Kräfte in Längsrichtung können von der Druckkörperhaut ohne zusätzliche Versteifungen getragen werden.
und
ZitatDer konische Teil des Druckkörpers sowie Übergänge von dickerer zu dünnerer Beplattung erfordern besondere Berechnungen. Wesentliche Störungen der Spannungsverteilung durch eingeschweißte Verstärkungsflansche, durch örtliche Sprünge in der Materialdicke sowie durch an den Druckkörper angeschweißte Konstruktionen (Fettungen durch Schorsch) werden nach der Matrizen-Deformations-Methode (Methode der finiten Elemente) berechnet.
(zu finden in Gabler, U. ,,Unterseeboot-Bau", Koblenz : Bernard & Graefe 1987, auf S. 39 und S. 40)
Ich lese das so, dass man sich eigentlich also mit solchen Verstärkungen im Bereich der Festigkeit des Druckkörpers eher Probleme einhandelt, als dass man sie löst, zumal die Methode der finiten Elemente eine Erfindung der Nachkriegszeit ist, die den Konstrukteuren des Typs XXIII noch nicht zur Berechnung des Druckkörpers zur Verfügung stand.

Vielleicht kannst Du bei Deinem Bekannten noch einmal nachfragen, wo die von Dir angesprochene Äußerung von Gabler zu finden ist, ich würde gerne einfach selbst nachlesen, was dort konkret geschrieben steht.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

Quasar

Moin Schorsch

Wenn ich Antworten als penetrant ansehen würde, dann sollte ich keine Anfragen in ein Forum stellen. Ich freue mich über deine Hinweise. Ich versuche den Hecht-Fahrer nochmal zu kontaktieren, kann aber sein das er sich nicht mehr meldet, weil er eingeschnappt war das ich mich eine Woche lang nach seinem Brief nicht mehr gemeldet hatte. Ich war nochmal kurzfristig verreist und da bliebt das Thema liegen.

Er schrieb folgendes: "Beim Übergang zwischen dem zylindrischen, ab Spant 12, zum konischen Teil des Druckkörpers entstehen Spannunghäufungen. Diese können durch eingeschweißte Verstärkungsbarren abgebaut werden. - So Prof.Dr. Gabler Dipl.Ing. u.Konstrukteur."

Ich bin ab morgen nochmal paar Tage unterwegs und versuche ihn Mitte nächster Wochen nochmal zu kontaktieren (damit ich ihm sofort antworten kann).

Ich selbst glaube inzwischen nicht mehr das diese Barren auf den Bildern des Typ XXIII Verstärkungsbarren waren, sondern eher Halterungen für die angrenzenden Verkleidungsbleche, weil direkt auf dem Druckkörper nicht geschraubt werden wurde. Gegen Verstärkungen sprechen auch einige erkennbare kurze, bzw. unterbrochene Barren.

Viele Grüße
Armin


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