Die ZULU „V“ Klasse, der Beginn des Zeitalters der Ballistischen Raketen-U-Boote

Begonnen von Albatros, 01 September 2013, 17:21:51

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Albatros

Tach auch,

mit sechs oder sieben Booten dieser Klasse ( Projekt AW-611 )
begann wohl 1955(?) das Zeitalter der U-Boote mit Ballistischen Raketen, sie besaßen im Turm zwei Starttuben für R-11FM (SS-N-1 Scud-A) Raketen, sie hatten ähnliche Leistungsmerkmale wie die deutsche V2.
Die R-11M hatte eine maximale Reichweite von 270 km, aber beim Tragen eines nuklearen Sprengkopfes war diese offenbar auf 150 km reduziert.

1957 wurde erstmalig ein Boot im Gebiet der Nordflotte beobachtet. Die Klasse hatte allerdings noch nicht die Möglichkeit die Raketen in Unterwasserlage abzuschießen.
Die Booten waren wahrscheinlich durch den deutschen Typ XXI beeinflusst.

http://www.comtourist.com/history/b-80/photos-b-80/
http://www.comtourist.com/history/b-80/photos-b-80/page/2/

http://www.globalsecurity.org/military/world/russia/611.htm

Hallo Jochen und weitere Experten, ich hoffe auf ein paar Berichtigungen/Ergänzungen durch Euch...... :MZ:

:MG:

Manfred


hillus

Moin zusammen,

nach einer wunderschönen Kreuzfahrt, Bericht folgt später, melde ich mich in Net zurück.

Als ich heute mal so die Themen recherchierte, stieß ich auf die einsamen Zeilen von Manfred. Da versuche ich einmal eine Antwort.

Projekt 611 - NATO CODE ZULU in den Varianten ZULU I bis V

Vorbemerkung zur Entwicklung
Die Arbeiten zur Schaffung einer neuen Generation von großen Unterseebooten als Ersatz der Vorkriegsboote vom Typ ,,K" der Serie XIV begannen 1943. Das zentrale Konstruktionsbüro-18 (russisch TsKB-18 - heute [TsKB] ZKB MT Rubin) erarbeitete erste Konstruktionsstudien, auf deren Grundlage dem Oberkommando der Seekriegsflotte 1945 Projektvarianten vorgestellt wurden. Im Januar 1946 wurden dann auf einen Vorschlag der Hauptverwaltung Kriegsschiffbau der Seekriegsflotte die taktisch-technischen Aufgaben für ein großes Unterseeboot (Projekt 611) durch den Oberbefehlshaber der Seekriegsflotte bestätigt und S. A. Jegorow zum Chefkonstrukteur des Projektes berufen.

Einbeziehung der Raketenbewaffnung bei U-Booten Projekt 611
Eine besondere Rolle spielten die U-Boote des Projektes 611 auch bei der Durcharbeitung und Nutzbarmachung der damaligen Möglichkeiten der Raketenbewaffnung für Diesel-U-Boote, aber auch für die bereits in der Planung begriffenen Atom-U-Boote. Zunächst erarbeitete 1955 das ZKB-18 das Projekt P-611 zur Umrüstung des Bootes B-64 auf ein U-Boot gestützte aerodynamische Flugkörper (reaktive Flugzeug-Geschosse) vom Typ P-10. Trotz erfolgreicher Tests im Oktober 1957 ließ man das Projekt fallen und B-64 wurde wieder in den Urzustand als Torpedo-U-Boot zurückgebaut.

Nutzbringender waren die Arbeiten zur Modernisierung mit ballistischen Raketen. Das Maschinenbaubüro MALAKHIT erarbeitete unter dem Projektnamen VOLNA den Umbau des im Bau befindlichen Bootes B-67 auf ballistische Raketen. Das Projekt erhielt die Projektnummer V-611. Dabei wurde die landgestützte Rakete R-11 zur bordgestützten Rakete R-11M angepaßt. Das Projekt sah den Einbau von zwei Startvorrichtungen mit hermetisch schließenden Deckeln im Turm vor. Der erste Start einer ballistischen Rakete in der Welt von einem U-Boot aus der Überwasserlage fand am 16. September 1955 statt. Aus strengsten Geheimhaltungsgründen wurde das Signal ,,Abschuß" über eine Funkverbindung an den begleitenden Zerstörer und weiter an die an Land befindlichen Telemetriestände gegeben. Dabei unterstützte das ex deutsche Beuteschiff AERONAVT (ex deutsches Luftwaffen-Schleuderschiff FALKE - 25.10.1946 als Bergungsschiff in Dienst der Nord Flotte) die Raketenerprobungen. Es verfügte über eine Telemetrieanlage und das Schiff befand sich während des Schießens immer im Schießgebiet.

Entsprechend dem weiteren erfolgreichen Verlauf der Versuchsreihen wurden gemäß eines Regierungsbeschluss fünf in Bau befindliche U-Boote Projekt 611 umgerüstet. Das Boot B-67 diente weiter als Versuchsträger und es wurde zur Aneignung der Erfahrungen des Unterwasserstarts mit der Rakete R-11M nach dem Projekt PV-611 erneut umgerüstet. Die Erprobungen begannen Mitte 1959 und am 10.10.1960 fand der erste erfolgreiche Start einer Rakete R-11M aus der Unterwasserlage statt. Damit waren die Erprobungen abgeschlossen. Der erfolgreiche Verlauf der Arbeiten zur Umrüstung der Unterseeboote des Projektes 611 entsprechend der Sonderprojekte V-611, PV-611 und AV-611 erlaubte das Herangehen an den Entwurf von Raketen-Unterseebooten einer neuen Generation und an die Schaffung von vervollkommneten ballistischen Raketenkomplexen. Neben dem Heranziehen als Versuchs-U-Boote für die neue Raketentechnik dienten die Boote des Projektes 611 auch als Versuchsträger für eine Vielzahl von Neuerungen anderer Arten der Bewaffung und neuer Technik. In den Export kamen keine Boote des Projektes, nur das Schicksal von B-80 ist interessant. Es liegt heute als Museumsschiff an einem Anleger im niederländischen Den Helder, wobei ein Teil der Abteilungen des Bootes wieder hergestellt wurden.

Ich meine, damit Deine Frage beantwortet zu haben. Bitte beachte, es wurden nur fünf Boote als Raketenträger des Projektes AV611 umgebaut und modernisiert.

Bis demnächst!

hillus

Albatros

Hallo Jochen,

danke Dir für Deinen ausführlichen Beitrag,

Zitat von: hillus am 10 September 2013, 20:47:21


Ich meine, damit Deine Frage beantwortet zu haben.

Bis demnächst!

hillus


etwas wäre da noch...... :MV:  war die R-11M eine Weiterentwicklung der deutschen A4 ( V2) und waren die Boote vom deutschen Typ XXI beeinflusst?

:MG:

Manfred

der erste

Die R-1 war eine eigeständige Entwicklung unter Leitung von Koroljow. Natürlich wurde sie auf Basis der Daten entwickelt, die man bei der Erprobung der V-2 und der "Wasserfall" Raketen gemacht hatte. Bei Kriegsende hatte man in Nordhausen, in der ehemaligen Produktionsstätte der V-2, KZ Dora, nur noch Einzelteile der Raketen gefunden; das war der Rest, den die Amis dagelassen hatten. Man gründete das Institut Rabe, das sich mit der Hinterlassenschaft des deutschen Raketenbaus beschäftigte. Konstrukteure der SU wie Koroljow, Tschertok, Issajew und auch Beresnjak (Chefkonstrukteur der P-15) arbeiteten dort. Sie waren aber auch in Peenemünde und Berlin und informierten sich über den Entwicklungsstand deutscher Zulieferbetriebe (Askania, Siemens u.a.). Aus den aufgefundenen Teile wurde eine V-2 zusammengebaut und 1947 erfolgte der erste Start in Kapustin Jar. Auf Grund der gemachten Erfahrungen wurde die R-1 als eigenständige Rakete unter Leitung Koroljows entwickelt, gebaut und ab 1948 erprobt. Daraus wurde dann die R-11 und ihre Modifikationen, wie auch für die Seekriegsflotte, weiterentwickelt.
Der hier angeführte Verein beschäftigt sich mit dieser Geschichte.
http://www.rabe-bleicherode.de/index.php/77-startseite/68-herzlich-willkommen-beim-foerderverein-qinstitut-rabe-evq
Zu empfehlen sind auch die Erinnerungen von Tschertok  "Raketen und Menschen".
Siehe auch hier http://militaryrussia.ru/blog/topic-176.html

Albatros

Hallo der erste, .... top
Bliebe noch die Frage zu den Booten. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fielen ja den sowjetischen Streitkräften einige deutsche Kriegs-U-Boote der Klasse XXI in die Hände. Die damit gesammelten Erfahrungen flossen z.B erkennbar in die Weiterentwicklung der Whiskey-Klasse (Projekt 613 ) ein.
Wie war es bei der Zulu-Klasse ?

:MG:

Manfred

hillus

Moin Manfred,

Du zwingst mich zu einigen Auszügen aus dem Band 2 Teil III "Die U-Boote der Nord Flotte von 1992 bis 2013". Er wird wohl noch in diesem Jahr erscheinen. Ich mache es aber gern. Darüber wurde aber schon einmal von mir geschrieben! Das Suchen dauert mir aber zu lange, deshalb nun zu Deiner ergänzenden Frage.

Einfluß der deutschen Beute-U-Boote

Nach Beendigung des Krieges erhielten die Sowjets den Zugriff zum damals wohl am weitesten entwickelten deutschen U-Boottyp XXI. Parallel mit der geforderten Entwicklung eines großen sowjetischen U-Bootes erhielt das zentrale Konstruktionsbüro-18 den Auftrag, mit den vorhandenen Sektionen der deutschen Boote Typ XXI einen Fertigbau nach dem neuen Projekt 614 zu realisieren. Als Chefkonstrukteur wurde W. N. Peregudow berufen, ein anerkannter Konstrukteur von U-Booten. Das Projekt wurde später von P. S. Sawinow weitegeführt. Die deutsche Technik und der deutsche U-Bootbau sollten mit der sowjetischen Bewaffnung und Ausrüstung vereinigt werden. Das gelang nicht und das Projekt wurde nicht weiter verfolgt. Somit wurde auch kein einziges deutsches Beute-U-Boot nach sowjetischer Art von den Sowjets fertiggebaut, wenn man von zwei Kleinst-U-Booten des deutschen Typs SEEHUND absieht. Alle Erkenntnisse über die ex deutschen U-Boote fanden, wie bei den anderen Alliierten, ihren Eingang in den nationalen U-Bootsbau. Bei den Sowjets waren es die Projekte 611, 613, A615 und 617, wobei beim letzten Projekt der Walther-Antrieb genutzt werden sollte.

Das Vorprojekt 611 war im Oktober 1947 abgeschlossen und erhielt im August 1947 seine Bestätigung. Es gelang, die grundlegenden taktischen Elemente zu verbessern, wie Erhöhung der Gesamttorpedoanzahl, der Unterwassergeschwindigkeit und des Fahrbereiches bei ökonomischer Unterwasserfahrt. Die technische Projektierung kam dann im Dezember 1948 zum Abschluß. Mit dem Ziel der Vereinheitlichung einer Reihe von Systemen und Vorrichtungen wurden beim Projekt 611 die gleichen Mechanismen, Geräte und Vorrichtungen wie beim Projekt 613 verwendet, die konstruktiven Lösungen waren jedoch recht unterschiedlich. Im Januar 1949 wurde das Gesamtprojekt 611 bestätigt und es kam zur Entscheidung des Baus einer großen Serie von U-Booten.

Gruß :MG:

hillus + Kaschube_29

Albatros

Zitat von: hillus am 13 September 2013, 13:05:54
Moin Manfred,

Du zwingst mich zu einigen Auszügen aus dem Band 2 Teil III "Die U-Boote der Nord Flotte von 1992 bis 2013".

Hallo Jochen,

auf Dich ist halt verlass..... top

:MG:

Manfred

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