Maritime Nachrichten 1919/1920

Begonnen von Parow, 22 September 2022, 11:59:04

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Parow

29. Juli 1919
,,Entsprechend dem Beschluß des Haushaltsausschusses vom 30. April d. Js. Geht die Reichswerft Kiel und die Torpedowerkstatt Wilhelmshaven demnächst an die Zivilverwaltung über. Ein Teil der Werft Kiel bleibt voraussichtlich als Arsenal bei der Marineverwaltung. Die Hauptwerft Wilhelmshaven bleibt unter Verwaltung der Marine."

29. Juli 1919 Stettin
,,Hier sind der englische Kreuzer ,,Corenth" und der Torpedozerstörer 652 eingetroffen."

30. Juli 1919
,,21 Schiffe der deutschen Flotte, die in Scapa Flow versenkt wurden, sind angeblich gehoben worden; man erwartet ihre Ueberführung in Trockendocks. Es handelt sich um das Großkampfschiff ,,baden", die kleinen Kreuzer ,,Bremen", ,,Frankfurt" und ,,Nürnberg", und 17 Torpedoboote. Das einzige Schiff, das bis jetzt zu heben unmöglich war, ist der Schlachtkreuzer ,,Hindenburg", von dem man noch die Masten und Schornsteine über Wasser ragen sieht; es würde eine sehr schwere Arbeit sein, auch dieses Schiff zu heben. Die Friedenskonferenz wird erst darüber Beschluß fassen, ob man diese Arbeit unternehmen soll. Alle anderen Schiffe sind uns tiefe Wasser versunken, und man verzichtet in England darauf, sie zu heben. Insgesamt bleiben also 53 deutsche Schiffe auf dem Meeresgrund."

31. Juli 1919 London
,,Long teilte im Unterhause mit, daß von den in Scapa Flow versenkten ehemaligen deutsche Kriegsschiffen das Schlachtschiff ,,Baden" und die leichten Kreuzer ,,Emden", ,,Frankfurt" und ,,Nürnberg" und fünfzehn Zerstörer geborgen wurden."

31. Juli 1919
,,- Nach einer Privatmeldung liegt es nicht in der Absicht der Entente, die deutschen Fährschiffe Warnemünde-Gedser und Saßnitz-Trelleborg mit Beschlag zu belegen. Die mecklenburgische Fährschiffe werden ihren Betrieb demnächst wieder aufnehmen.
- Die Neuhork Korr. Linie hat eine regelmäßige Dampferverbindung zwischen Hamburg und nordamerikanischen Häfen eingerichtet. Die Hamburg-Amerika-Linie teilt mit, daß sie bereit ist, Anfragen wegen Frachten, Abfahrt usw., zu beantworten.
- Die erste Weizenladung aus Argentinien traf mit dem englischen Dampfer ,,Itajahn" in Hamburg ein."

maxim

Vielen Dank für die Weiterführung dieses Themas!

Wenn man diese Texte sieht, kann man nur feststellen, dass Fehler in den Berichten nichts neues sind.

Kreuzer HMS Corenth:?

Die Hebung des Kleinen Kreuzers Bremen? Die war schon 1915 untergegangen und nicht in Scapa Flow. Einen Tag später wird dann Emden gemeldet und wahrscheinlich wäre das auch für die Meldung für den Tag davor richtig gewesen.

Urs Heßling

#77
moin,

Zitat von: maxim am 19 Oktober 2022, 10:18:25
Kreuzer HMS Corenth:?
möglich (und nicht mehr) HMS Concord

Zitat von: Parow am 19 Oktober 2022, 10:06:45
der Torpedozerstörer 652
brit Zerstörer mit Rumpfnummer G 52 ?

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

kalli

Ich möchte mich auch bei Parow für diesen Thread bedanken.
Es hatte mich neugierig gemacht, was sonst noch so in dieser Regionalzeitung so steht. In der "MV – digitale Bibliothek" wurde ich fündig. Die Zeitung ist eine wahre Fundgrube für die Verbreitung von allerlei Nachrichten im jeweiligen Zeitgeist.

maxim

Zitat von: Urs Heßling am 19 Oktober 2022, 10:34:26
brit Zerstörer mit Rumpfnummer G 52 ?

Das könnte HMS Satyr gewesen sein:
https://en.wikipedia.org/wiki/HMS_Satyr_(1916)

Aber damals wurden die Nummern oft gewechselt...

Parow

Danke Urs und maxim für die aktive Mitarbeit!

Ja kalli die ,,MV – digitale Bibliothek" ist eine prima Quelle für das Geschehen der damaligen Zeit. Heute würde man einiges anders bewerten und natürlich schreiben. Interessant ist auch wie sich die deutsche Sprache in Rechtschreibung und Grammatik verändert hat.
Die Tageszeitung ,,Stralsundische Zeitung" ist von 1772 bis 1927 fast vollständig dort zu lesen. Man kann leider nicht nach Stichwörter suchen. Das macht die Auswertung und Suche etwas langwierig.

Parow

5. August 1919 Hamburg
,,86 Zivilinternierte aus Deutsch-Südwestafrika, die auf dem Dampfer ,,Eduard Woermann" von Lüderitzbucht abgefahren waren, sind auf den hiesigen Hauptbahnhof eingetroffen."
Die Lüderitzbucht ist eine Meeresbucht im Südatlantik nahe der Seehafenstadt Lüderitz in Namibia.

8. August 1919
,,Bis jetzt sind die Minenfelder im Großen Belt und Sund vollständig geräumt, so daß von den Ostseezugängen noch die Minen im Kleinen Belt und bei Falsterbro-Riff zu beseitigen bleiben. In der Ostsee selbst ist die Räumung in Angriff genommen worden."

6. August 1919 Wiek auf Rügen
,,Der Lustkutter ,,Ohm Krüger" lief beim Kreuzen im sogenannten Seeloch bei Wittower Posthaus mit der Schaluppe ,,Ata Berta", Besitzer Gebrüder Risch, zusammen. Während die Schaluppe nur leichte Beschädigung an der Schanzkleidung erhielt und ihre Reise nach Stralsund fortsetzen konnte, wurde der Kutter mit gebrochenem Mast und anderen Beschädigungen im Schlepp eines Zeesen-Fischerbootes nach hier zurückgebracht. Beide kollidierten Fahrzeuge hatten vormittags den hiesigen Hafen verlassen."

Urs Heßling

moin,

Zitat von: Parow am 19 Oktober 2022, 19:01:32
... von den Ostseezugängen noch die Minen im Kleinen Belt und bei Falsterbro-Riff zu beseitigen bleiben.
an der Südwestspitze Schwedens: Falsterbo

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Parow

7. August 1919 Rostock
,,Der erste von der Firma D.M. Hofwolt, Inh. Ferd. Scherff hier, gebaute 14 Meter lange Fischkutter ist von der Fabrik nach dem Lagerplatz hinübergeschafft und von dort zu Wasser gelassen. Das Fahrzeug wird mit 15 PS Rohölmotoren als Hilfskraft versehen und mit voller Segeltakelage geliefert."

10. August 1919
,,Nach Mitteilung des Deutschen Seefischerei-Vereins sind den Monaten Februar bis April 1919 wieder drei Fischdampfer infolge Minenexplosionen verloren gegangen, wobei auch der Verlust von Menschenleben zu beklagen ist. Dazu wird uns geschrieben: ,,Die Verluste sind darauf zurückzuführen, daß die Dampfer außerhalb des für die Fischerei freigegebenen Gebiets gefischt haben. Der Innehaltung der Grenzen wird durch die Fischdampferkapitäne und Fischer nicht immer die nötige Beachtung geschenkt. Dadurch begeben sie sich nicht nur in Lebensgefahr, sondern sie verseuchen durch verschleppen von Minen mit dem Fanggerät bereits abgesuchte und für die Fischerei freigegebene Gebiete von neuem..""

11. August 1919 Hindenburg
,,Das Sturm-Bataillon von Arnauld de la Perière der 3. Marine-Brigade von Loewenfeld ist es gelungen, den oberschlesischen Bandenführer Hajok zu fassen. ... Das Sturm-Bataillon war erst am vorhergehenden Tage in Hindenburg eingerückt. Vom Sturm-Bataillon wurde der Freiwillige, Leutnant zur See Fricke, durch drei Schüsse schwer verletzt."
Wilfried von Loewenfeld
Lothar von Arnauld de la Perière

joern

Zitat von: Parow am 20 Oktober 2022, 17:06:59

11. August 1919 Hindenburg
,,Das Sturm-Bataillon von Arnauld de la Perière der 3. Marine-Brigade von Loewenfeld ist es gelungen, den oberschlesischen Bandenführer Hajok zu fassen. ... Das Sturm-Bataillon war erst am vorhergehenden Tage in Hindenburg eingerückt. Vom Sturm-Bataillon wurde der Freiwillige, Leutnant zur See Fricke, durch drei Schüsse schwer verletzt."
Wilfried von Loewenfeld
Lothar von Arnauld de la Perière

Leutnant z.S. Fricke = August Fricke (13.4.1896-10.8.1919)
er gehörte zur Crew 1914.
Grüße Joern

Parow

13. August 1919 Danzig
,,Auf einem nach Kiel abzuschleppenden deutschen Linienschiff sollten einige Säcke mit Kriegsflaggen mitgenommen werden. In einem unbewachten Augenblick wurde vor einem Schuppen ein Sack gestohlen und aufgerissen, in dem sich etwa 200 deutsche Flaggen befanden. Arbeiter stürzten sich sofort auf den Inhalt, gingen zu dem am Hafen liegenden englischen Kreuzer und tauschten dort etwa 50 Flaggen gegen Tabak, Zigaretten und Seife ein. Ein Arbeiter verschacherte vier Kriegsflaggen für 50 Zigaretten."

14. August 1919 Stralsund
,,Den Fahrgästen, die am vergangenen Sonntag den Dampfer ,,Pfeil" für die Rückfahrt von Hiddensee benutzen, zur Kenntnis, daß jene junge Burschen, die durch Zigarettenrauchen, Kartenspielen und anderen Unfug sich auffällig machten, keineswegs einem der bestehenden Wandervogelbünde angehören, wie durch Befragung festgestellt worden ist."

15. August Cuxhaven
,,Die Stockungen im Fischdampferbetriebe infolge des Kohlenmangels gestalten sich immer umfangreicher. Zurzeit liegen in Cuxhaven 14 Fischdampfer, in Geestemünde und Bremerhaven 30 Fischdampfer auf. In Cuxhaven sind überhaupt keine Zufuhren mehr an den Markt gekommen."

Parow

20. August Petersburg
,,In der finnischen Bucht ist es zu einer förmlichen Seeschlacht zwischen englischen und bolschewistischen Schiffen gekommen. Soweit bisher bekannt ist, sollen die Engländer die russischen Schlachtschiffe ,,Andrei Perwosmann" und ,,Petropawlowst", das Hilfsschiff für Unterseeboote ,,Bjatka", ferner ein Transport- und ein Wachschiff versenkt haben. Die britische Seestreitkräfte verloren, wie sie behaupten, nur drei Motorboote, wobei acht Offiziere und drei Mann umkamen. ,,Petropawlowst" war ein modernes Schlachtschiff von 23400 Tons, das 1911 gebaut wurde. ,,Andrei Perwosmann" stammt aus dem Jahre 1906 und hatte eine Wasserverdrängung von 18300 Tonnen."

Petropawlowsk
Andreas der Apostel

Parow

21. August Danzig
,,Zwischen amerikanischen und deutschen Matrosen ist es gestern in Neufahrwasser zu Zusammenstößen gekommen. Bereits am Montag kam es in einem Tanzlokal zu Streitigkeiten. Als nun am Montag Urlauber des Kleinen Kreuzers ,,Frankfurt" am Zerstörer ,,Hale" vorbeikamen, stießen sie mit Matrosen vom ,,Hale" zusammen, wobei einer der deutschen Matrosen schwer verletzt wurde. Die deutschen Matrosen nahmen eine drohende Haltung an, worauf eine Anzahl amerikanischer Matrosen im Verein mit französischen Matrosen auf die Menge einstürmte. Vom französischen Torpedoboot ,,Claymore" wurde ein Schuß abgefeuert, wodurch vier Personen verwundet wurden. Der in Neufahrwasser stationierte Grenzschutz säuberte die Umgebung des Hafenkanals, worauf auch die Amerikaner und Franzosen abzogen."

22. August Stralsund
,,Einem Badegast in Binz wurden aus seinem Zimmer durch Aufbrechen der Koffer 2000 M. in Fünfzigmarkscheinen und für 20000 M. Juwelen und Schmucksachen gestohlen. Es gelang, dem Dieb auf die Spur zu kommen. Als der Dieb sich entdeckt sah, floh er mit einem Flugzeug nach Saßnitz und von dort aus mit dem Mittagsdampfer nach Swinemünde. Durch die von der Stralsunder Kriminalpolizei getroffenen Maßnahmen war es aber möglich, den Dieb noch am gleichen Abend in Swinemünde zu fassen. Er hatte fast die ganze Beute noch bei sich."

Parow

22. August 1919 Gedser
,,Augenblicklich sind sieben deutsche Minensuchboote mit dem Auffischen der großen Minen in der Ostsee beschäftigt. Zwei von ihnen strandeten bei plötzlich einsetzendem Sturm an der Küste. Sie stehen fast auf dem trockenen Lande. Eines der Boote ist leck geworden."

23. August 1919
,,Die Minengefahr ist trotz der eifrigsten Arbeit unserer Minensuchschiffen, die die Ostsee wieder von Minen säubern, nicht behoben. So wurden dieser Tage wieder zwischen Saßnitz und Trelleborg mehrere Minen gesichtet. Ebenso sind auf den Fahrstraßen zwischen Stettin und den schwedischen Häfen zahlreiche Minen festgestellt worden. Die bedrohten Fahrstrecken wurden sofort nach Minen abgesucht. Unfälle durch Minen sind in der Ostsee bisher noch nicht zu verzeichnen gewesen."

23. August 1919
,,Heftige Weststürme in der Ostsee haben in den letzten Tagen die Schiffahrt, namentlich für kleine Segler, sehr erschwert. Im Hafen von Saßnitz liegen etwa 40 Schiffe, die schon etwa 14 Tage auf gutes Wetter warten, um in See gehen zu können. Der Stettiner Segelschiffhafen liegt ebenfalls voller Schiffe. In kurzer Zeit sind drei kleinere Schiffe in der Ostsee untergegangen, die Mannschaften konnten gerettet werde."

Parow

25. August 1919 London
,,Nach einer Privatmeldung meuterten 200 englische Soldaten jüngerer Jahrgänge, die aus dem Urlaub zurückkehrten und die in Southampton eingeschifft werden sollten, weil sie sich nicht nach Rußland transportieren lassen wollten."

25. August 1919 London
,,Die englischen Blätter melden, daß die Freilassung des deutschen U-Bootkommandanten Kiesewetter, der wegen angeblicher Versenkung von Hospital-Schiffen im Tower gefangen gehalten wurde, im Widerspruch zu den Ansichten der Admiralität erfolgt sei. Wie die Mitteilung weiterhin besagt, ist zu befürchten, daß die Freilassung Kiesewetters zu Zweifel Anlaß geben könne, ob überhaupt beabsichtigt sei, die 71 auf der Auslieferungsliste der Admiralität stehenden deutschen Seeoffizieren zur Verantwortung zu ziehen."

28. August 1919 Wiek auf Rügen
,,Die Marine-Seeflugstation existiert als solche dienstlich nicht mehr. Sie wird nur noch als außer Dienst befindliches Heeresobjekt verwaltet und mit der nötigen Wachmannschaft versehen. Was aus der großartigen angelegten Station mit ihren mächtigen Seeflugzeughallen, den vielen anderen Gebäuden und sonstigen Bauten werden wird, darüber verlautet noch nichts. Das Mobiliar der Station ist zum Teil bereits verkauft worden. Zu Anfang hieß es, es sollte tariert und dann nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung zu festen Preisen, auf Wunsch auch in kleineren Posten bezw. in einzelnen Stücken und zwar auch an nicht Reiche, aber bedürftige Leute verkauft werden, allein bisher ist daraus nichts geworden."

Siehe auch hier Seeflugstationen Bug und Wiek auf Rügen

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