85. Jahrestag der Royal Oak Versenkung

Begonnen von Rheinmetall, 14 Oktober 2024, 09:24:41

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Rheinmetall

Guten Morgen und moin, moin !

Gerade in der Frühstückspause gelesen, dass sich die Versenkung der "HMS Royal Oak" im britischen Heimathafen Skapa Flow durch U 47 heute (14.10.2024) zum 85. Mal jährt. :MG:

Hab auf die schnelle leider nur einen Beitrag von Wikipedia zu Hand.

Klick mich

Euch allen einen guten Start in die neue Woche.

Matze
Ab Kapstadt ohne Kreiselkompass - Jürgen Oesten, U 861

Besitzer

Seemannsgarn wird nicht geflochten,
sondern gesponnen! ;-))

Rheinmetall

Eben bei Facebook gefunden, was ich ebenfalls nicht wusste.

Bilder siehe dort.

Mitglieder der Northern Diving Group der Royal Navy sind zum Wrack der HMS Royal Oak hinabgestiegen, um die feierliche Aufgabe zu erfüllen, den White Ensign zu ersetzen. 

Das einst mächtige Kriegsschiff liegt in Scapa Flow auf den Orkney-Inseln und wurde am 14. Oktober 1939 nach einem Angriff des deutschen U-Boots U-47 versenkt.

833 Seeleute der Royal Navy verloren bei diesem Angriff ihr Leben. Ihnen zu Ehre fährt die Northern Diving Group jedes Jahr zur Royal Oak, um den White Ensign zu ersetzen - als Zeichen des Respekts und des Gedenkens an ihre letzte Ruhestätte.
Ab Kapstadt ohne Kreiselkompass - Jürgen Oesten, U 861

Benjamin

Ich packe es mal hier hinein, da mir die Frage gestern vor dem Hintergrund der Versenkung der Royal Oak kam.

In der gängigen Literatur und Wahrnehmung werden die Schiffe der R-Klasse gerne als nicht mehr tauglich für den Fronteinsatz beschrieben - und in der Tat dienten die Schiffe weitestgehend ab 1940f in der Royal Navy Escort Force. Das Argument ist, von einer 10,000ft Perspektive idR die Geschwindigkeit und die unzureichende Panzerung und später auch die geringe Flugabwehr. Gibt es aus dem Zeitraum 1935 - 1941 zeitgenössische Bewertungen der Kampfstärke der Rs zB von seiten Royal Navy? Ich habe gestern dazu recherchiert, jedoch nichts gefunden. Alle Einschätzungen sind immer ex post.
If there's more than one possible outcome of a job or task, and one of those outcomes will result in disaster or an undesirable consequence, then somebody will do it that way.

t-geronimo

Raven, Roberts schreiben tatsächlich, dass sie in den offiziellen Unterlagen keine definitiven Erklärungen gefunden haben, warum die Modernisierungen nicht umfangreicher gemacht worden sind (z.B. neue Maschinenanlagen).
Es gibt lediglich Hinweise auf eine zu geringe Länge und damit zu wenig Platz für neue Aufbauten und einige Schiffe waren wohl in recht schlechtem Zustand, so dass es vor dem Krieg schon Verschrottungspläne gab sobald die KGV-Klasse in Dienst geht.

Andere Quellen kann ich zur Zeit nicht wälzen.
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Benjamin

Zitat von: t-geronimo am 15 Oktober 2024, 20:53:59Raven, Roberts schreiben tatsächlich, dass sie in den offiziellen Unterlagen keine definitiven Erklärungen gefunden haben, warum die Modernisierungen nicht umfangreicher gemacht worden sind (z.B. neue Maschinenanlagen).
Es gibt lediglich Hinweise auf eine zu geringe Länge und damit zu wenig Platz für neue Aufbauten und einige Schiffe waren wohl in recht schlechtem Zustand, so dass es vor dem Krieg schon Verschrottungspläne gab sobald die KGV-Klasse in Dienst geht.

Andere Quellen kann ich zur Zeit nicht wälzen.
In Bezug auf die Modernisierungen wird es wohl am lieben Geld gescheitert sein. Ich habe rumgegooglet und leider auch nichts konkretes gefunden. Es schwirren unbelegte Aussagen von Modernisierungsplanungen ala der QEs herum. Die Rs waren ja mit ihren 189m gefühlt nur unwesentlich kürzer als die QEs - und faktisch ja sogar einen Tack jünger. 

Andersherum haben wir bei den Rs die liebe Geschwindigkeit, die zB gerade beim Einsatz der Home Fleet im Oktober 1939 wohl dafür sorgte, dass die Royal Oak wieder nach Scapa Flow umdrehen musste - und somit U47 vor die Rohre lief.

Mich interessieren die verschiedenen Einsatzdoktrinen und Bewertungen der Rs, die Ende der 30er und Anfang der 40er mE aufgrund der technischen Entwicklungen (Modernisierungen der QEs, KGV, Konkurrenz aus anderen Ländern) durchaus sehr dynamischen Veränderungen unterworfen sein mussten. 

Leider hat auch eine Recherche via Perplexity und Google keine wirklichen zeitgenössischen Quellen aufgetan. Raven/Roberts steht bei mir im Regal... 
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Urs Heßling

moin,

Zitat von: Benjamin am 15 Oktober 2024, 21:46:24In Bezug auf die Modernisierungen wird es wohl am lieben Geld gescheitert sein.
Dem stimme ich zu.
Angesichts der intensiven Neubau-Rüstung (KG V-, Illustrious-, Colony-, Dido-Klassen ...) war wohl nicht mehr viel übrig.
Die reinen Unterhalt- und Betriebskosten der umfangreichen RN können ja auch nicht gering gewesen sein.

Gruß, Urs
"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Benjamin

Moin,

ich habe weiter recherchiert. Dabei habe ich u.a. das Transkript einer Parlamentsdebatte über den Haushalt der Royal Navy aus 1937 gelesen, Stichwort "Re-ararment" vor dem zweiten Weltkrieg. Auch Churchill hat sich hier zu Wort gemeldet.

Zudem kann ich noch eine Zusammenfassung aus dem Kriegskabinett vom 08.11.39 empfehlen - dort geht es um einen Bericht der Admiralität zum Verlust der Royal Oak und darüber, in wie weit die Umstände en detail auch im Parlament offen gelegt werden sollen (siehe auch hier: https://discovery.nationalarchives.gov.uk/details/r/C9021997). Das Ziel, das geht dann wieder aus weiteren Inhalten vorangegangener Sitzungen des Kriegskabinetts hervor, war es, die Royal Oak im Vergleich zu modernen Schlachtschiffen als "outdated" darzustellen und so den Verlust kleinzureden. Das hat dann u.a. auch Churchill in seiner Korrespondenz mit Roosevelt im gleichen Zeitraum ebenfalls kommuniziert und den Verlust bagatellisiert. Hier sieht man mWn erstmals eine in die Öffentlichkeit getragene Diskussion um die Relevanz der Rs (um vom Versagen beim Schutz von Scapa Flow vor U-Booten abzulenken). Genau das fällt den Akteuren "politisch" jedoch später in den Rücken. Sowohl der Verlust der Hood als auch der Prince of Wales (Barham fällt nicht so sehr ins Gewicht - der Untergang wurde auch erst Anfang 1942 offiziell gemeldet, da gabs andere Sorgen..) führten die Argumentation die noch bei der Royal Oak gewählt wurde imo etwas ad absurdum. Schob man bei der Royal Oak noch alles auf den Weltkriegsveteran, unmodernisiert und alt, war die ("Mighty") Hood in der Öffentlichkeit *die* Repräsentanz der Royal Navy. Spätestens mit dem Verlust der Prince of Wales hat sich der Blick auf das Schlachtschiff als Kern der Flotte - und das ist ja gefühlt auch nichts neues - stark gewandelt. Es gab dann auch zwei parallele Untersuchungen über die Kampf- und Standkraft der KGVs (deren Ruf durch das Gefecht in der Dänemarkstraße und dem "Abbruch" des Gefechts am 27.05. eh schon angeknackst war) im Kontext der aktuellen Lage (Flugzeuge, U-Boote, veränderte Kriegsführung, ..). Beide Untersuchungen kamen übrigens zu unterschiedlichen Ergebnissen und wurden, um keine Wiedersprüche innerhalb der Admiralität / Kriegskabinett nach außen zu tragen, in einen gemeinsamen offiziellen Bericht überführt.

Die Rezeption der Rs, basierend sicherlich auch zu einem gewissen Anteil aufgrund der Kommunikationsstrategie beim Verlust der Royal Oak führte übrigens auch dazu, dass die Prince of Wales auf Drängen Churchills nach Singapur geschickt wurde. Die Admiralität wollte, so scheint es, sich auf die vier Rs verlassen. Also auch hier noch unterschiedliche Wahrnehmungen. Man darf dabei nicht außer Acht lassen, dass bis 40-41 die R's tw. relevante Frontaufgaben im Mittelmehr übernahmen. Die öffentliche Wahrnehmung der Rs führte dann übrigens dazu, dass die USA sich nach Reparatur der Royal Sovereign weigerten, weitere Rs zu reparieren: Zu alt, zu langsam, zu kaputt - Kapazitäten sind besser für moderne Schiffe zu nutzen.

Die Inputs dazu habe ich aus einer sehr gut lesbaren Abschlussarbeit eines Masterstudierenden von 2001. Der hat sich die Mühe gemacht, die zeitgenössischen Originalquellen von 1939 bis 1960 über die Wahrnehmung des Schlachtschiffes aus Sicht der Royal Navy zusammenzutragen und aufzuarbeiten. Kann ich nur empfehlen: http://www.webatomics.com/jason/Images/dissertation.pdf

Dort finde ich, und das bringt mich nun an das vorläufige Ende meiner Recherche, auch die Referenz auf eine "Battleship Enquiry" von 1936 - 1937 des VCS-Committees der Admiralität. Dazu gibt es jedoch kein Digitalisat und ich müsste entweder eine Kopie beauftragen - in der Hoffnung, dass ich dann auch das bekomme, was ich haben will - oder vor Ort recherchieren => https://discovery.nationalarchives.gov.uk/details/r/C3673993. Vielleicht beim nächsten UK-Urlaub. Ich denke, dass es dort dann ein paar Antworten über die Einschätzungen seitens der Admiralität zu den Rs *vor* 1939 geben könnte..

Ich erzähle euch hier natürlich auch nichts neues. Es ist jedoch interessant, den Werdegang der Wahrnehmung anhand der zeitgenössischen Quellen und vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Motivationen der Akteure einmal en detail nachzuvollziehen.





If there's more than one possible outcome of a job or task, and one of those outcomes will result in disaster or an undesirable consequence, then somebody will do it that way.

Nauarchus

Moin!

ZitatIch erzähle euch hier natürlich auch nichts neues.
Für mich schon! Und darum vielen Dank für Deine Arbeit/Mühe!!!  :MG:  top

ZitatEs ist jedoch interessant, ...
Ist es für mich definitiv!

Gruß Nauarchus  :-)
"Wenn ein Seemann nicht weiß, welches Ufer er ansteuern muß, dann ist kein Wind der Richtige."

Lucius Annaeus Seneca (römischer Philosoph & Dichter)

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