Schlacht am La Plata - Optionen?

Begonnen von Huszar, 06 August 2006, 12:41:27

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Peter K.

Grüße aus Österreich
Peter K.

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Peter K.

@ ALEX

Wenn ich mich recht erinnere - ich weiß im Moment die Quelle nicht mehr - war CUMBERLAND nur mit 2 Antriebswellen klar!
Grüße aus Österreich
Peter K.

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kalli

Meine unmaßgebliche Meinung ist zu diesem Thema ist folgende :

Es ist wohl unbestritten, dass die Graf Spee durch das Anlaufen des neutralen Hafens von Montevideo in eine Falle geraten ist.
Dazu hat eine Verkettung verschiedener Entscheidungen geführt.
Die schwerwiegendste Entscheidung war wohl, das Seegefecht überhaupt anzunehmen. Laut Befehl durfte ein Gefecht mit Kriegsschiffen nicht angenommen werden, Fehler von Langsdorf; er hätte abdrehen müssen und sein Heil in der Flucht suchen müssen- müßig darüber zu spekulieren, ob er das Weite gefunden hätte.( Aber : im Operationsbefehl stand : Gefechte mit Kriegsschiffen meiden ( von mir ; etwas schwammig ) , nur falls angegriffen...
Es gab sicherlich auch einige Irrtümer im Aufklärungsbereich ( Flugzeug nicht einsatzfähig ), deshalb war keine Klarheit über das Vorhandensein von Handelsschiffen, die zu versenken waren.
Ich bin der Meinung, dass die Graf Spee hätte entkommen können, wenn sie der Feindberührung ausgewichen wäre. In  welcher Richtung? - nun die  hätte Langsdorf besser bestimmt als wir.
Zwar waren die Engländer schneller als die Spee, aber sie benötigten zum Hochfahren ihrer Turbinenanlagen Zeit bis sie die Leistung für Höchstfahrt erreicht hätten.

Natürlich steht die Frage nach dem Fühlungshalter und im Dezember in dieser Gegend auf schlechtes Wetter hoffen, ist auch nicht sehr erfolgreich.

Aber so gut waren die Engländer zu dieser Zeit im Atlantik noch nicht aufgestellt, als dass ein Ausbüchsen ohne Chance gewesen wäre.

Allerdings möchte ich in diesem Zusammenhang ausdrücklich Langsdorfs Verhalten würdigen, dass er dann in Montevideo im Sinne der Mannschaft realisiert hat. Hut ab !
( der Selbstmord war allerdings unnötig )

Wilfried

Moin Kalli,

eine sehr interessante Betrachtungsweise! Der Befehl, Handelsschiffe zu versenken um Englands Zufuhren abzuschneiden, hatte ja auch später noch Gültigkeit. Lütjens ist ja dafür schwer kritisiert worden, weil er bei der PoW nicht nachsetzte ...  :-D
Einem Seegefecht mit gleichen oder größeren Einheiten auszuweichen ... bekannt.
Vorsicht ist keine Feigheit und Leichtsinn kein Mut - wir wissen nicht, was sich damals auf der Brücke abspielte? Wer darauf drängte, ein Gefecht anzunehmen?
Peter hat in seiner, wie immer wunderbaren Akribie, die Schäden nach dem Gefecht beschrieben.
Wäre GS nach Insichtkommen der englischen Einheiten abgedampft - und wie Du schon angeführt - ausgebüchst, wo hätte sich der Kreuzer verstecken sollen? Welche Schiffe außer "Altmark" waren noch positioniert, um entsprechende Unterstützung und Auffrischung von Mensch und Maschine zu geben?
Ich denke, die englische Führung hätte alles getan, um diesen Wolf im Hühnerstall zu stellen.
Ein Gefecht späterhin wäre unausweichlich gekommen. Und da mag ich weiter spekulieren - es hätte nicht so viele Überlebende auf deutscher Seite gegeben.
In diesem Sinne - Hut ab vor Langsdorff.

Mit einem lieben Gruß
der Wilfried
... Tradition pflegen, bedeutet nicht, Asche aufzubewahren sondern Glut am Glühen zu halten ...
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t-geronimo

Ich denke, Langsdorffs Entscheidung zur Selbstversenkung ohne weiteres Gefecht steht auch außer Frage, oder?

Da hat er schlicht und einfach viele hundert Leben gerettet - auf beiden Seiten!!! :TU:)
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

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harold

Nun gut, ich denke, die ursprüngliche Fragestellung, die Alex so angesprochen hat, war ja die mit dem "nach Norden abdrehen" als Gefechtseröffnung.
Ich hab mir dies mal "nach der anderen Seite", nämlich als Haken über Stbd imaginiert, und sowohl GS´s als auch die einzelnen Kurse von Harwood´s Einheiten im 1/4 -Stunden-Takt als hypothetische DICK eingezeichnet; dünn sind die Kurse bis 0608 (dem Zeitpunkt des Ablaufens, wie von Kalli vorgeschlagen).

Natürlich sind das reine Spekulationen (gedacht hab ich wie bei einer Schachpartie, mit "grün" am Zug), ... allerdings hab ich die Varianten für Harwood jedesmal sorgfältig ausgeklügelt.
Durchgeführt ist die "Partie" bis 0715, also in etwa gleichlang wie in Realität - nach den Entfernungen könnten wir nun auch die diversen Schäden kalkulieren (als ob so etwas kalkulierbar wäre...)

Mal rein so zur Schärfung des Geistes,

Harold

4 Ursachen für Irrtum:
- der Mangel an Beweisen;
- die geringe Geschicklichkeit, Beweise zu verwenden;
- ein Willensmangel, von Beweisen Gebrauch zu machen;
- die Anwendung falscher Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Peter K.

Effektiv hatte Langsdorff wenigstens 16 Minuten Zeit ein Gefecht zu vermeiden, nämlich von 05.52 Uhr, als die EXETER auf 310 hm Entfernung identifiziert werden konnte, bis 06.08 Uhr, als AJAX die Rauchwolken der ADMIRAL GRAF SPEE infolge ihrer Geschwindigkeitserhöhung auf von 15 auf 24 kn sichtete. Das Panzerschiff steuerte in dieser Zeit einen Kurs von etwa 140°, die Briten mit 14 kn 60 °. Dadurch hatte Langsdorff den zusätzlichen Vorteil nur seine schmale Bugsilhouette zu zeigen, während er die volle Breitseite der englischen Schiffe vor sich hatte. Er konnte also durchaus annehmen, noch nicht entdeckt worden zu sein.
Zunächst wäre meiner Ansicht eine Kursänderung nach Steuerbord ohne Geschwindigkeitserhöhung angebracht gewesen - also etwa auf 320° - um so schnell wie möglich wieder die schmale Hecksilhoutte zu zeigen.
Bleibe ich unentdeckt, hätte ich nach Außersichtkommen des Gegner den Kurs nach Backbord auf etwa 240° geändert, um so schnell wie möglich die Entfernung zum Gegner zu erhöhen.
Werde ich entdeckt (wenn, dann vermutlich in der Wende, wenn ich meine Breitseite zeigen muß - daher umso früher desto besser), wird auf Höchstfahrt gegangen und ich habe auf Kurs 320° die längstmögliche Zeit verfügbar, den Gegner mit meiner reichweitenmäßig überlegenen Artillerie ungefährdet zu bekämpfen. Tatsächlich waren die britischen Leichten Kreuzer imstande, bis 06.36 Uhr,  also innerhalb von 20 Minuten, ihre Geschwindigkeit von 14 auf 28 kn zu erhöhen, wenig später liefen sie 32 kn Höchstfahrt - durchaus beachtliche Werte für Turbinenschiffe! Da mit den Dieseln praktisch sofort auf Höchstfahrt gegangen werden kann, wird sich die Entfernung nach 30 Minuten nicht wesentlich verändert haben - sagen wir mal etwa 300 hm. Nach weiteren 15 Minuten - Entfernung dann etwa 260, 265 hm - muß man damit rechnen, daß EXETER das Feuer eröffnet. Weitere 15 Minuten später - Entfernung dann etwa 225 hm - können die 15 cm Geschütze der Briten das Feuer eröffnen. Erst nach weiteren 30 Minuten - Entfernung dann etwa 150 hm, sofern alle Schiffe weiterhin geradlinigen Kurs mit Höchstfahrt steuern - sind die englischen Kreuzer auf Hauptkampfentfernung ihrer Artillerie herangekommen!

Grüße aus Österreich
Peter K.

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Peter K.

#37
LoooL ... selber Gedanke, HAROLD!  :-D :-D :-D

EDIT:
Wieso teilst du AJAX und ACHILLES?
Ihre kombinierte Feuerleitung war doch sehr effektiv, außerdem war´s so von Harwood einexerziert!

Warum läßt du GS um 07.00 Uhr nach Stb. drehen?
Sie kann doch auch auf dem alten Kurs ihre volle Breitseite gegen die Leichten Kreuzer zum Tragen bringen!
Oder willst du unbedingt die EXETER?  :-D

Die Position von GS um 07.15 Uhr ist jedenfalls nicht sehr beneidenswert!  :wink:
Grüße aus Österreich
Peter K.

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harold

"Die Position von GS um 07.15 Uhr ist jedenfalls nicht sehr beneidenswert! " ...

...ach, ich wollte Harwood doch auch ne Chance geben.  :ML:  Darum auch die Teilung.

Aber wenn du willst, würfeln wir, wér wélche Partei ergreift, und machen die Geschichte im 10min-Takt ... da wir ja ungefähr die gleiche Taktik befürworten, bzw ängstigen, könnte das n ganz nettes Spielchen werden (vorausgesetzt, ein "neutraler" Kenner der Materie beurteilt dann jeweils die Trefferchancen, etc...)

Nu?

Harold
4 Ursachen für Irrtum:
- der Mangel an Beweisen;
- die geringe Geschicklichkeit, Beweise zu verwenden;
- ein Willensmangel, von Beweisen Gebrauch zu machen;
- die Anwendung falscher Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Peter K.

Klingt interessant, aber wer macht den "Neutralen"?  :?
Grüße aus Österreich
Peter K.

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joe

Optionen vor dem Gefecht:

Da das Panzerschiff ohnehin in die Werft muss, geht Langsdorff davon aus, einen gesicherten Geleitzug angreifen zu dürfen.
Absicht ist also, die Sicherungskräfte niederzukämpfen und dann den Geleitzug anzugreifen.
Hinter den Kreuzern ist aber kein Geleitzug, und die leichten Kreuzer werden wohl auch zu spät als solche ausgemacht.

Hier ist wohl die Grundüberlegung - Angreif auf Geleitzug möglich - in Frage zu stellen. Die Annahme des Gefechts ergab sich zwangsläufig aus dieser Lagebeurteilung.

Optionen während des Gefechts:

Früher nach Osten drehen und die schwere Artillerie auf Exeter konzentrieren. Laut IAO der Spee wurde die schwere Batterie zu oft geteilt, die Ziele zu oft gewechselt, um entscheidende Wirkung zu erzielen.

Optionen nach dem Gefecht:
Langsdorff war verletzt und wohl auch kurzfristig bewußtlos, was häufig übersehen wird.
Die Spee hatte wohl unter anderem auch ein größeres Leck im Vorschiff, was bei den Winterstürmen im Atlantik (bei Durchbruch) als besonders hinderlich angesehen wurde und wohl auch gegenüber den Behörden in Uruguay als Reparaturgrund angegeben wurde. Reparaturen im neutralen Hafen waren wohl nur zur Wiederherstellung der Seefähigkeit erlaubt.

Ajax und Achilles hielten Fühlung, auf Ajax ist die Hälfte der SA ausgefallen. Beide Kreuzer zusammen auf einer Seite, weiter Abstand, um nicht in die Kernschußweite der 28er zu geraten. Wie sollen die nachts einen Torpedoangriff ansetzen ? Fahrtüberschuß maximal 8 Knoten, Abstand zur Spee bei Dämmerung voraussichtlich ca. 250 hm = 12 sm. Noch dazu die Spee bei Nacht mit Sicherheit den Kurs wechseln wird.

kalli

Möglicherweise haben auch Fehleinschätzungen dazu beigetragen, dass man sich dem Gefecht an diesem Punkt gestellt hat. Die von Peter K. angesprochenen 16 Minuten Zeit wurden nicht genutzt, diese Einschätzungen zu revidieren.
Zum einen wollte man die auf der Streonshall gefundenen Dokumente, aus denen der Ansteuerungspunkt für alle englischen Dampfer vor der La-Plata-Mündung nutzen, um weitere Versenkungen erzielen zu können.
Zum anderen empfängt die GS am 09.12. die Nachricht der SKL, dass 4 Handelsschiffe in Begleitung eines Hilfskreuzers aus Montevideo auslaufen.
Am 11./12.12. ist der Ansteuerungspunkt erreicht.
Als dann Exeter identifiziert wurde hätte man sich klar machen können ( innerhalb von 16 Minuten ), dass es sich hier nicht um ein Handelsschiffsgeleitet handelt. Gemäß Befehl hätte deshalb alles unternommen werden müssen, dem Gefecht auszuweichen. Ob das geglückt wäre, steht auf einem anderen Stück Papier. Der Ausgang eines Gefechts an anderer Stelle mit anderen Konstellationen ist allerdings auch offen. Insofern ist Huszars Fragestellung schon interessant. Ich würde eben nur die Reihenfolge ändern.
1.Flucht
2.Flucht misslingt, Gefecht aufnehmen

harold

Zu eben diesen beiden Punkten von Kalli eröffne ich mal -abgetrennt vom thread hier- das kleine "Planspiel"...
http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php?topic=2271

Ausgegangen bin ich von Peter´s und meiner Idee, nach Stbd abzudrehen, resp. von Kalli´s Idee, sich abzusetzen.
(Weitere Diskussionen zu den einzelnen Zügen bitte DORT)

Ciao,
Harold
4 Ursachen für Irrtum:
- der Mangel an Beweisen;
- die geringe Geschicklichkeit, Beweise zu verwenden;
- ein Willensmangel, von Beweisen Gebrauch zu machen;
- die Anwendung falscher Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Spee

#43
Da wären noch ein paar Fragen:

1. Die berühmten 16min wissen wir, aber damals? Woher sind wir den sicher, daß man auf deutscher Seite nicht davon ausging, ebenfalls gesichtet zu sein? Hier wird auf den 16min herumgeritten, aber war man sich dieser Tatsache im Dezember 1939 bewußt? Oder ging man auf deutscher Seite davon aus, gesichtet zu sein?

2. Ein schwerer Kreuzer als Deckung ist ein "unterlegener Gegner". Als wäre es doch durchaus kein Fehler, einen Geleitzug anzugreifen, der nur von einem schweren Kreuzer und 2 Zerstörern geschützt wird, oder?

3. Wieso sollten die beiden britischen leichten Kreuzer die Verfolgung nachts nicht durchführen können? Die Briten sehen nur Schemen, die Deutschen nicht besser im Dunkeln. Das FuMO nützt der "Graf Spee" bei einem Verfolgungsgefecht, bei der sie die Beute ist herzlich wenig. Nach hinten ist "toter Winkel"! Außerdem konnte man das FuMO nicht zur Feuerleitung benutzen. Also Gleichstand der Möglichkeiten für beide Seiten.

4. Was waren die Gedanken der Entscheidungsträger auf der Brücke der "Graf Spee" bei Sichtung der britischen Schiffe? Lieber angreifen und den Gegner lähmen, anstatt eine möglicherweise tödliche Verfolgungsjagd beginnen zu lassen? Zwei leichte Kreuzer als Fühlungshalter am Heck, mit der Gewißheit, daß sie weitere Einheiten auf sich ziehen werden. Irgendwann einer "Dunkerque" oder "Renown" gegenüber stehen? Woher sollte den die deutsche Schiffsleitung wissen, wo genau diese "lethalen" Gegner stehen? Wenn ich allein an die am laufenden Band einlaufenden fehlerhaften Meldungen der SKL bei "Rheinübung" denke, sollte das hier plötzlich anders sein? Möglicherweise war auch der Drang, endlich mal einen "richtigen" Gegner bekämpfen zu können ausschlaggebend. Mit 28cm-Drillingen Frachter erschrecken. Ist nicht gerade erbauend. Als letzte Aktion vor der Heimfahrt mal ein richtiges Gefecht mit einem britischen Kriegsschiff! Keine Option?
Servus

Thomas

Suicide Is Not a War-Winning Strategy

kalli

@Spee,

auch Deine Gedanken entsprechen einer Möglichkeit.
Allerdings konnte man sich auf der GS nicht sicher sein, ob es sich um ein Geleit handelt. Dazu fehlten die Informationen ( Bordflugzeug nicht einsatzfähig ). Ob nun 5 oder 16 Minuten, auf "Verdacht" in das Gefecht zu gehen ohne zu wissen ob sich in der Nähe Handelsschiffe befinden könnte dann nur der 4. Punkt Deiner Aufzählung rechtfertigen.

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