Was war die genaue Aufgabe eines:Geschützführer für Seeziel- und Flakartillerie

Begonnen von Hoffnung, 18 Juni 2024, 13:16:24

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Hoffnung

Hallo

Ich wollte gerne wissen was die genauen Aufgaben eines ,,Geschützführer für Seeziel- und Flakartillerie kleinerer Fahrzeuge´´ waren.

Hat er direkt ein Geschütz bedient d.h. damit geschossen oder hat er die Geschütze koordiniert?

Ich hoffe es kann mir jemand mit meiner Frage helfen.


Mit freundlichen Grüßen

Hoffnung  :MG:

Schorsch

Hallo Hoffnung!

Der Geschützführer ist eher der Manager am Einzelgeschütz, während die einzelnen Angehörigen der Bedienung des Geschützes (die Nummern) auszuführen hatten und haben, was der Geschützführer befiehlt und wofür der Geschützführer sie trainiert und ausgebildet hat. Die Bedienung eines Geschützes auf kleineren Fahrzeugen bestand etatmäßig zwischen z.B. sechs Nummern an der 2 cm Flak 30 oder sieben Nummern an der 8,8, cm SK. C/35 (Geschütze, wie sie z.B. auf den U-Booten des Typs VII B und C zum Einsatz kamen) bis zu (geschätzt) zehn Nummern an den Geschützen größeren Kalibers bis etwa 10,5 cm.

Das eigentliche Abfeuern der Geschütze war die Domäne der Richtschützen an der jeweiligen Waffe, während das Koordinieren des taktischen Einsatzes der Einzelgeschütze durch die Schiffsführung erfolgte. Der Geschützführer war also zwischen diesen beiden Hierarchieebenen angesiedelt.

Zur Untermauerung der getroffenen Aussagen noch ein paar Auszüge aus der zeitgenössischen Literatur.

Als erstes sehr knapp aus der M.Dv. Nr. 228, Heft XXXIII bzw. M.Dv. Nr. 229, Heft 4: ,,Bedienungsvorschrift für die 2 cm Flak 30 in 2 cm Sockel-Lafette 30 und 2 cm Sockel-Lafette 30.37" aus dem Jahr 1940 auf Seite 11:
ZitatDer Geschützführer gibt die einleitenden Kommandos, die Zielangabe und setzt seine Waffe ein.

Dann etwas ausführlicher noch aus Helmut Derpa: ,,Die Waffenausbildung in der Flakartillerie – Ausgabe für den Kanonier der 2 cm Flak 30", Mittler, Berlin 1942, S. 38:
ZitatDer Geschützführer ist der Schießende. Er ist der Führer und Vorkämpfer seiner Männer und wird in vielen Fällen der einzige Führer sein, der in Augenblicken der Gefahr durch sein persönliches Beispiel unmittelbaren Einfluß auf seine Bedienung hat. Er ist für die richtige Auswahl und Verbesserung der ihm zugewiesenen Stellung verantwortlich und überwacht die Lagerung des Gerätes, die Tarn- und Schanzmaßnahmen. Er hält die Verbindung zu den Nachbargeschützen und gibt die Lage und jede Veränderung derselben seiner Bedienung rechtzeitig bekannt. Munitionsmeldung und Munitionsergänzung gehören ebenfalls zu seinen Aufgaben. Sein Hauptaugenmerk liegt neben den schießtechnischen und taktischen Aufgaben auf der Pflege des Gerätes.
Das letzte Zitat ist zwar auf die Luftwaffe bezogen, sollte sich aber inhaltlich auf die Verhältnisse bei der Kriegsmarine übertragen lassen.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

Hoffnung

Hallo,

Danke für die Antwort.

Nun stellen sich mir weitere Fragen,mein Großvater um den es geht wurde auf dem Artillerieschulschiff ,,Mars´´ ausgebildet. Wurde er obwohl als Geschützführer trotzdem in der Bedienung,also schießen,laden,warten usw. mit ausgebildet? Was mich wundert ist das er als ,,Matrosenobergefreiter´´ zum Geschützführer gemacht wurde. War das normal? Was vielleicht bei der Beurteilung hier hilft ist das er auf ,,Marinefährprahmen´´ gedient hatte.

Mit freundlichen Grüßen

Hoffnung

M-54842

Ein GF musste natürlich auch die Tätigkeiten seiner Kanoniere beherrschen. Mein Großvater war beispielsweise noch vor dem Krieg auf dem Artillerieschulboot Fuchs. 1941 war er auf einem U-Jäger (Kleinboot) als Obergefreiter bereits GF mit EK I für einen Flugzeugabschuss.

Schorsch

Hallo Hoffnung,

zum Gefreiten wurde man befördert, wenn man ca. 9 Monate als Matrose gedient hatte. Bis ein Gefreiter zum Obergefreiten wurde, ging nominell noch einmal etwa ein Jahr ins Land. Während dieser Zeit hatte ein Angehöriger der seemännischen Laufbahn z.B. das zu tun, was ihm beispielsweise sein Geschützführer, unter dem er bisher eingesetzt war, befohlen hatte. Wenn dann der bisherige Kanonier zu seiner eigenen GF-Schulung abkommandiert wurde, sollte er schon einen Überblick gewonnen haben, was an einem Geschütz so zu tun war oder was man besser zu lassen hatte. Insbesondere wird man als geeigneter GF-Kandidat wahrscheinlich schlecht verbergen können, dass man etwas mehr kann als nur als Ladenummer ewiglich stumpf die Magazine in die 2 cm Flak zu rammen. Insoweit wird der etwas hellere Kopf in einer Geschützbedienung ohnehin schon vor der Ausbildung zum GF die unterschiedlichsten Positionen vom Ladehugo hin zur Richtnummer am Geschütz durchlaufen haben.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

Kuk

Hallo
Aus dem Handbuch
10.5 cm SK C 32 Handbuch

Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.

Schönen gruß von der Ostsee
kuk

mhorgran

Zitat von: Schorsch am 19 Juni 2024, 18:23:59Hallo Hoffnung,

zum Gefreiten wurde man befördert, wenn man ca. 9 Monate als Matrose gedient hatte. Bis ein Gefreiter zum Obergefreiten wurde, ging nominell noch einmal etwa ein Jahr ins Land. Während dieser Zeit hatte ein Angehöriger der seemännischen Laufbahn z.B. das zu tun, was ihm beispielsweise sein Geschützführer, unter dem er bisher eingesetzt war, befohlen hatte. Wenn dann der bisherige Kanonier zu seiner eigenen GF-Schulung abkommandiert wurde, sollte er schon einen Überblick gewonnen haben, was an einem Geschütz so zu tun war oder was man besser zu lassen hatte. Insbesondere wird man als geeigneter GF-Kandidat wahrscheinlich schlecht verbergen können, dass man etwas mehr kann als nur als Ladenummer ewiglich stumpf die Magazine in die 2 cm Flak zu rammen. Insoweit wird der etwas hellere Kopf in einer Geschützbedienung ohnehin schon vor der Ausbildung zum GF die unterschiedlichsten Positionen vom Ladehugo hin zur Richtnummer am Geschütz durchlaufen haben.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
Naja, ein Onkel war Artillerist in der 16.ID mot. Als sein Kompaniechef ihn zum Uffz weiterbilden lassen wollte, weigerte er sich.
"Wer an der Ukraine-Erzählung zweifelt, der gilt als Feind des Westens als Freund Russlands, als Gefahr für die Demokratie, wird diskreditiert, zensiert, eliminiert."
https://sciencefiles.org/2022/03/28/kriegsverbrechen-in-der-ukraine-von-den-angeblich-guten/

Hoffnung

Zitat von: Schorsch am 19 Juni 2024, 18:23:59Hallo Hoffnung,

zum Gefreiten wurde man befördert, wenn man ca. 9 Monate als Matrose gedient hatte. Bis ein Gefreiter zum Obergefreiten wurde, ging nominell noch einmal etwa ein Jahr ins Land. Während dieser Zeit hatte ein Angehöriger der seemännischen Laufbahn z.B. das zu tun, was ihm beispielsweise sein Geschützführer, unter dem er bisher eingesetzt war, befohlen hatte. Wenn dann der bisherige Kanonier zu seiner eigenen GF-Schulung abkommandiert wurde, sollte er schon einen Überblick gewonnen haben, was an einem Geschütz so zu tun war oder was man besser zu lassen hatte. Insbesondere wird man als geeigneter GF-Kandidat wahrscheinlich schlecht verbergen können, dass man etwas mehr kann als nur als Ladenummer ewiglich stumpf die Magazine in die 2 cm Flak zu rammen. Insoweit wird der etwas hellere Kopf in einer Geschützbedienung ohnehin schon vor der Ausbildung zum GF die unterschiedlichsten Positionen vom Ladehugo hin zur Richtnummer am Geschütz durchlaufen haben.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch

Hallo

Ich habe nocheinmal in der Marineakte von meinem Großvater nachgesehen und dort war er in all den Jahren nur einmal in der Flak-Ausbildung. Wenn ich dich aber richtig verstanden habe sollte er schon eine Ausbildung an der Flak erhalten haben bevor er überhaupt zum Geschützführer werden konnte. Wenn das so ist,wie konnte er dann von 0 auf 100 gehen? (von noch keiner Ausbildung zum Führer)

Mit freundlichen Grüßen

Hoffnung

t-geronimo

Ist das die Akte vom Bundesarchiv?
Magst du die vielleicht mal zeigen?
Gruß, Thorsten

"There is every possibility that things are going to change completely."
(Captain Tennant, HMS Repulse, 09.12.1941)

Forum MarineArchiv / Historisches MarineArchiv

Hoffnung

Zitat von: t-geronimo am 20 Juni 2024, 17:38:22Ist das die Akte vom Bundesarchiv?
Magst du die vielleicht mal zeigen?
Hallo,

Ja,aus dem Bundesarchiv.

Entschuldigung bin ein bisschen paranoid was persönliche Daten angeht.Deswegen möchte ich diese ungerne veröffentlichen. Ich habe aber noch einmal das ganze durchschaut und bin dabei auf eine Karteikarte gestoßen wo er noch als ,,Matrose" geführt wird und unter ,,Besonderheiten" wurde handschriftlich vermerkt ,,Flak S (A)".

Am 1.8.42 wurde er zum Matrosengefreiten befördert und am 30.8.42 begann sein Lehrgang in der Artilleriekompanie.

Es scheint für mich so zu sein das er noch als Matrose an der Flak ausgebildet wurde und dann später in die Artilleriekompanie kam und zum Geschützführer ausgebildet wurde.

Kann mir jemand sagen was genau: Flak S (A) bedeutet?


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