Radargelenktes Feuer deutscher Kriegsschiffe im WWII

Begonnen von Matrose71, 09 August 2014, 17:08:26

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Gabler

#690
Zitat von: Thoddy am 08 August 2024, 11:00:18Gabler, weist Du, welche Senderöhre in Freyas eingebaut war?

soweit ich die Blockschaltbilder zwischen Seetakt und Freya vergleiche sind die sehr ähnlich
-Grobübersichtsrohr (Entfernung grob)
-Fein Übersichtsrohr (Entfernung fein-gezoomter Ausschnitt von ca 2 km des Grobrohres) um den Entfernungswert der Messkette)
-Messkette
-ggf A/N Peilung (faktisch sehr ähnlich wie Raddattel Feinpeilung der Seetakts)

Das wird vermutlich ganz erheblich vom Entwicklungsstand abhängen. Während das erste reine Entfernungsmeßgerät auf der Seetaktwelle nur ein einziges Beobachtungsrohr hatte (OB), findet sich in der amerikanischen Auflistung TME11-219 auf Seite 37 (S. 42 der pdf) eine Darstellung eines Freya-Gerätesatzes der vmtl. letzten Generation 8-). Da meine ich fünf Beobachtungsröhren erkennen zu können:

Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.

-im Beobachtungsgerät O ein Beobachtungseinsatz OB mit einem Meßrohr für Entfernung fein (14), wie oben beschrieben
-im Empfangsgerät N ein Übersichtseinsatz NB mit einem Meßrohr für Übersicht grob (2) und darunter eines für Übersicht fein (3)
-im Peilgerät P ein Peilbeobachtungseinsaz PB (21) mit einem Meßrohr oben vmtl. für die Seite? (sieht nach Süsel-Verfahren aus) sowie darunter ein weiteres Meßrohr mit anscheinden zwei Zackenanzeigen, also ein Bistrahlrohr mglw. für die Höhenanzeige (ist nur eine Vermutung), da ist noch etwas Kerrnerabeit nötig :-)

Olpe hat mir dankenswerterweise einen Auszug aus dem Buch: Stanner, Leitfaden der Funkortung zukommen lassen. Nach Durchsicht folgende Erkenntnis: im letzten Freya-Gerät wohl Übersichtsanzeige -grob- für 200km (Bild der Röhre s.o.) sowie eine Übersichtsanzeige -fein- mit 20km-Darstellung, also einem elektronischem 10-fach Zoom. Das E-Meßrohr des OB-Geräts hatte demnach einen Meßbereich von 60km.

Dr. Röhrl (NVK) gibt für die Seetaktgeräte folgende Werte an: E-Meßrohr OB mit Entfernungsbereich 25km, Übersichtsrohr (NB) -grob- mit Anzeigebereich bis 40km und Übersichtsohr -fein- mit Ausschnitt bis 4km. Also auch hier eine 10-fache elektronische Vergrößerung zwischen Übersicht -grob- und -fein-. Das Bild des restaurierten NB-Geräts aus England auf der Wassermann-Mammut-Seite von CVandt zeigt vor beiden Röhren Entfernungsskalen, nur sollen diese wohl nicht original sein. Wenn man die nachgewiesenen Entfernungsskalen auf den Grob-Übersichtsgeräten betrachtet und die Skalierung einfach nur auf die 10-fach vergrößerten Fein-Übersichtsgeräte überträgt, so würde sich aus der Anzeigegenauigkeit -grob- von +/-2500m eine Genauigkeit von +/- 250m für die Übersichtsanzeige -fein- des Freya-Geräts ergeben, während die Übersichtsanzeige fein bei den Seetaktgeräten und einer Abstufung von 1km bei dem "Grobrohr" unter Beibehaltung des Sklalierungsverhältnisses eine Stufung von vielleicht 100m ergäbe, was der erwünschten Genauigkeit für taktische Zwecke entspräche. Demensprechend läge die Genauikgeit bei +/-50m. Das ist bei dem Seetaktgerät zwar kein Wissen sondern nur Fortschreibung, aber offen gestanden finde ich meine Überlegung sehr plausibel  :laugh:

Reicht das auch für die Messung der Ablage von Artillerie-Einschlägen?

fsimon

Wenn ich das richtig verstehe, konnte die Entfernung in 50m Schritten eingestellt werden. Dann wäre die maximale Ablage 25m, sonst könnte man ja den nächsten 50m Schritt einstellen.
Gruß Frank

Thoddy

#692
und wenn man ein Gerät mit 10 m Messkette hat gehts bis auf 5 m Ablage.

Das Problem hierbei

Ein Ziel produziert nicht nur einen Zacken sondern abhängig vom Schiffsaspekt (Breitseite/Vorderansicht) mehrere in der Tiefe und auch in der Feinpeil ansicht kann es "mehrere" in der Breite geben.

diese Signale können springen.
Sich ändern oder verschwinden, wenn das Ziel dreht.


Die Pulslänge der Seetakts ist ca 300 m.
 
Nominell können separate Ziele nicht unterschieden werden, wenn  in diesem Entfernungsbereich zwei separate Ziele /Geschosseinschläge vorhanden sind.

jedoch Seetakts produzieren ein Dreiecks-Sendesignal mit ausgeprägtem Zentrum. (Bei Flak/Marburg wurde Signalkompression genutzt)
Zwei Einzelsignale können daher auch innerhalb dieser  300 m auseinander gehalten werden, bei entsprechender Sachkunde und Aufmerksamkeit.

im Gegensatz dazu produziert ein Magnettron entweder "Signal An" oder "Signal aus". Zwei reflektierte Signale innerhalb der Pulslänge sind faktisch nicht unterscheidbar.

Meine Herren, es kann ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden – und wehe dem, der zuerst die Lunte in das Pulverfaß schleudert!
WoWs : [FMA]Captain_Hook_

Gabler

Zur Sicherheit: Als "Ablage" wird die Differenz des Aufschlags zum Ziel in Entfernung und Winkel bezeichnet, und nicht die Werte bezogen auf das feuernde Schiff, richtig?

Zitat von: fsimon am 12 August 2024, 16:20:34Wenn ich das richtig verstehe, konnte die Entfernung in 50m Schritten eingestellt werden. Dann wäre die maximale Ablage 25m, sonst könnte man ja den nächsten 50m Schritt einstellen.
Gruß Frank

Hallo fsimon,

die Einstufung in 50m-Schritten gab es nur beim Auswertegerät mit der Meßkette. Bei der Übersichtsanzeige war sie wesentlich höher (neue Schätzung 1000m). Daß die Ablage am Auswertegerät gemessen wurde, halte ich auch für sehr unwahrscheinlich:

Zwar waren Einschläge von Einzelschüssen oder Salven nachweisbar und sie wurden auch gemessen, aber wohl lediglich, um festzustellen, bis zu welcher Entfernung diese sichtbar waren. im Gefecht hingegen war sowohl der Gegner als ggf. auch die Ablage im Auge zu behalten. Der Auswerter hätte also beim Einmessen eines Einschlags sozusagen einen Zielwechsel durchführen müssen und er hätte den Gegner aus dem Auge verloren, den er danach recht zeitaufwendig wieder "einpendeln" mußte, um zu passablen Peilwerten zu kommen. Daher nehme ich an, daß die Aufschlagbeobachtung am Übersichtsgerät vom dritten FuMO-Mann gemacht wurde und der Auswerter sich ausschließlich auf das Ziel konzentrierte. Auch verfügte der OB-Schirm über keine Entfernungsskala und der Auswerter hätte beim Auftauchen eines Einschlags innerhalb weniger Sekunden das Echosignal auf die Lichtmarke zudrehen müssen, bevor es wieder verschwand, dazu noch mit zwei Rädern hantieren... das halte ich für nicht praktikabel.

Zudem, und das wäre das absolute KO-Kriterium: Bei den Vorseriengeräten des FuMG39 wurden Entfernung und Peilung des Ziels im FuMO-Stand abgenommen und dann mündlich per "BÜ"-Telefon an die Rechenstelle oder die Brücke übertragen. Mit der Ausstattung der Bismarck Anfang 1941 wurde das FuMO jedoch direkt elektrisch an die Feuerleitstelle angeschlossen und zumindest der Entfernungswert wurde unmittelbar und laufend vom Auswertegerät übertragen, das FuMO-Gerät fungierte damit als Zielgeber. Man stelle sich vor, der Auswerter würde "mal schnell" einen Aufschlag messen und dieser Wert würde als E-Wert an die Leitstelle übertragen mit dem Ergebnis, daß die nächste Salve genau dorthin zielte, wo die vorherige lag. So wird das jedenfalls nichts mit dem Schiffe versenken :-)

Bei der Betrachtung mit dem NB-Rohr "grob" hingegen konnte der Beobachter den Einschlagsort sofort an der Skala ablesen, selbst wenn er nur 2 oder 3 Sekunden lang zu sehen war. Dafür war er aber mit geschätzt +/-1km ungenau. Beiden Anzeigen gemein ist außerdem, daß sie die absolute Entfernung zum eigenen Schiff anzeigen und nicht die relative Entfernung zum Ziel. Das bringt uns wieder auf die zweite Röhre im NB-Einsatz, die Beobachtungsröhre "fein":

Hier heißt es in der Fachliteratur wie oben schon erwähnt, daß die "Fein"-Anzeige einen Ausschnitt von 4km Breite darstellen würde und dieser Ausschnitt mit einem Regler auf der gesamten "Grob"-Anzeige verschoben werden konnte. Man konnte also einen vergrößerten Ausschnitt im Bereich von sagen wir 8-12km, 16-20km oder meinetwegen 36-40km im "Zoom"-Modus betrachten. Diese Zahlenbeispiele zeigen aber, daß die auf dem Feinübersichtsgerät angezeigten Distanzen keine absoluten Entfernungswerte sein können, sofern die Skala nicht mitverschoben wurde. Da diese aber fest am Bildschirmgehäuse angebracht war, kann dies nur bedeuten, daß hier eine relative Entfernung gemessen wurde. Versieht man also die "Fein"-Skala mit einem Nullpunkt in der Mitte und einer Skala von -2km nach links und +2km nach rechts, kann man die Nullinie wiederum auf das Ziel legen und dann bei Erscheinen von Aufschlägen - die Ablage als relative Entfernung zum Ziel sofort ablesen! Genau das war ja gewünscht.

Grüße und frohes Schwitzen

Gabler

fsimon

Hallo, da habe ich mich wohl unpräzise ausgedrückt. Ich meinte mit maximale Ablage nicht die Einschläge sondern den Fehler der gemessenen Entfernung.
Danke für die Ausführungen. Das ist sehr anschaulich.
Liebe Grüße
Frank

mhorgran

ist zwar nicht ganz das Thema des Threades, nmA trotzdem interessant. (kann ja verschoben werden)
https://www.youtube.com/watch?v=bHI-9uHjURk
"Feindlicher Terrorangriff" - kann sein das dies der Originaltitel ist, da aber ein Schulungsfilm??
"Wer an der Ukraine-Erzählung zweifelt, der gilt als Feind des Westens als Freund Russlands, als Gefahr für die Demokratie, wird diskreditiert, zensiert, eliminiert."
https://sciencefiles.org/2022/03/28/kriegsverbrechen-in-der-ukraine-von-den-angeblich-guten/

Leopard2A6EX

Der Film ist interessant - den hatten wir aber schon mal hier. Olpe oder Gabler hat den mal zusammen mit nem RN Training Film zum radar-gelenkten Schießen hier eingestellt.

Hab ich mir natürlich abgespeichert 😊

Gruß Frank

Gabler

#697
Hallo Allerseits,

den Film hatte olpe seinerzeit entdeckt. Sehr interessant die Feststellungen über die Einmessung der GEE-Geräte, den Wechsel der Frequenzen, und die Rotterdam-Wellen. Außerdem meine ich ein FuMB4-Samos-Gerät gesehen zu haben...

Gerne möchte ich auf das Thema Entfernungsmessung mit den Braun´schen Röhren noch einmal zurückzukommen:

Anbei ein Foto eines äußerlich restaurierten NB-Einsatzes aus England (auch von der CVandt-Seite), auf welches ich mich bereits weiter oben bezogen hatte. Man sieht die beiden Röhren übereinander und davor die festgeklemmten Entfernungsskalen, die vmtl. aus transparenten Plexiglasscheiben bestehen. Auch kann man eine Skalierung zumindest erkennen, wenn auch nicht ablesen. Hierzu heißt es im allerdings auf der Seite, daß die Authentizität der Skalenbeschriftung zweifelhaft sei.
Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.

Auf der Geschichtsspuren-Seite wird zum NB-Einsatz "N103" des N-Geräts des FuMG40 das Gema-Handbuch wie folgt zitiert:

ZitatDas Gerät enthält dann außer dem Abstimmteil mit dem ZF-Verstärker einen Beobachtungseinsatz, der mit einer Braunschen Röhre ausgestattet ist. Der Beobachtungseinsatz ist so ausgebildet, daß auf dem Bildschirm des unteren Braunschen Rohres sämtliche in Peilrichtung des Dete-Gerätes auftretenden, noch meßbaren Reflexzeichen sichtbar sind, während auf dem oberen Schirm ein beliebiger Ausschnitt der Zeitbasis des unteren Rohres in stark vergrößerter Form beobachtet werden kann.

https://www.geschichtsspuren.de/forum/viewtopic.php?t=10598

Stanner schreibt zu den NB-Röhren des Freya-Geräts:

ZitatIn den Sichtgeräten sind folgende... Elektronenstrahlrohre vorgesehen:

1) Ein Grob-Übersichtsrohr. Auf ihm kommt... der Ausschnitt  von 0-200km vollständig zur Wiedergabe. Vor dem Leuchtschirm ist ein geeichter, fester Entfernungsmaßstab angeordnet.

2) Ein Fein-Übersichtsrohr. Auf ihm kommt von dem gesamten, vom Grob-Übersichtsrohr erfassten Entfernungsbereich ein beliebig wählbarer Ausschnitt von etwa 20km Länge zur Wiedergabe. Die Ausgabe des Feinbereichs erfolgt kontinuierlich über einen Schieber, der auf dem festen Entfernungsmaßstab des Grobrohres entlanggeführt wird.

Hier eine Darstellung der beiden Röhrenanzeigen von Stanner:
Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.

Auf dem Grob-Übersichtsrohr ist die Skala symbolisch dargestellt, auf dem Fein-Übersichtsrohr hingegen nicht. Zum Vergleich nochmals das Freya-Grobübersichtsrohr von Siemens, "HRP2/100/1,5A St" aus der Sammlung CVandt mit der aufgravierten 200km-Skala:
Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.

Nochmals Stanner zitiert:

ZitatAbschließend muß noch erwähnt werden, daß in sämtlichen Sichtgeräten der Freya-Anlagen Doppelstrahlrohre vom Typ HR 2/100/1,5 zur Verwendung kommen. Von den beiden Strahlsystemen wird jedoch nur eines zur Anzeige der Ortungssignale benützt, während das andere vorerst still liegt und erst bei einer späteren Ausführung verwendet wird.

Anmerkung nebenbei: Vielleicht wurde der zweite Strahl in der bekannten Fernst-Suchanlage in Dänemark verwendet, mit der lt. v.Kroge Reichweiten bis 400km erzielt wurden: Wie bei den AEG-Rohren hätte man den zweiten Strahl dann für den erweiterten Meßbereich, also von 200-400km verwendet. Auch die AEG-Röhren waren schon alle Bistrahlröhren. Beim PB-Einsatz war z.B. anfänglich nur die Minimum-Anzeige zur Peilung oben angeschlossen, der zweite Strahl zur  Kehrbildanzeige der Entfernung wurde erst später angeschlossen, s.a. Gneisenau-Bericht.

Weiter in der Literauturrecherche: Von Kroge schreibt zum Übersichtsrohr (S.116f.):

ZitatDas Empfangsgerät N enthielt... den Beobachtungseinsatz NB mit zwei übereinanderliegenden Doppelstrahlröhren. Der Beobachtungseinsatz ermöglichte mit einem System des unteren Bildrohres die Betrachtung sämtlicher Reflexionszeichen in Ortungsrichtung. Vor dem Bildschirm war eine Skala mit dem gesamten Meßbereich angebracht. Vor dieser Skala bewegte sich ein Fenster, das den Ausschnitt markierte, den ein System des oberen Bildschirms hinter einer Ausschnittsskala anzeigte. Dieses Bildrohr erfüllte die Funktion einer elektrischen Lupe. Das Fenster wurde beim Drehen des Skalenrades...bewegt, mit dem ein beliebiger Ausschnitt der Zeitbasis zur Betrachtung ausgewählt werden konnte.

Das "Skalenrad" ist der obere der drei Drehregler, die sich im unteren Teil des NB-Geräts befinden. Es ist auch als "Skala" bezeichnet (die anderen beiden sind für Bildschärfe und -Helligkeit). In der folgenden Darstellung eines NB-Einsatzes im Gema-Handbuch (Abb. 57) ist der Skalendrehregler mit der Nummer "301" versehen.
Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.

Anbei weitere Darstellungen des N-Gerätes aus dem Gema-Handbuch, eine Aufnahme eines NB-Geräts aus der Sammlung cvandt sowie ein Ausschnitt eines Geräts auf Prinz Eugen mit offenbar ausgebauten Röhren.

Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.
Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.
Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen. 

Anders als bei Stanner (für das Freya-Gerät) beschreibt v. Kroge (für das Seetakt-Gerät) eine "Ausschnittsskala" vor dem Fein-Übersichtsrohr, also offenbar so, wie es auf der ersten Farbaufnahme zu sehen ist. Wenn aber dieser vergrößerte Ausschnitt wie beschrieben verschiebbar ist, dann kann es sich wie schon oben erwähnt nur um eine relative Entfernungsskala handeln. Allenfalls mit Hilfe des beschriebenen "Fensters" oder dem "Schiebers", welcher sich vor der Entfernungsskala des Grob-Übersichtsohres befunden haben soll, könnte man die absolute Entfernung vielleicht auf die Ausschnitsskala des Fein-Übersichtsrohres hilfsweise übertragen und genauer eingrenzen. Ob das so gemacht wurde? Erscheint mir sehr umständlich, zumal auf keiner Darstellung bisher irgendein Fenster oder ein Schieber zu sehen war.

--

Nun braucht man auch zur Bestimmung der Ablage in der Ebene bekanntlich zwei Werte: Die Seite und die Entfernung. Hierzu schreibt Dr. Röhrl in seiner NVK-Chronik (S.126f. u. 145f.), daß die Aufschlagmessung mit Hilfe des Süsel-Verfahrens durchgeführt wurde. Dabei handelt es sich aber um ein Peilverfahren, das wohl als das genaueste von der Gema entwickelte anzusehen ist, wobei auf dem Meßrohr auch die absolute Entfernung grob direkt abgelesen werden konnte, aber genau deshalb m.M.n. nicht genauer als beim Grob-Übersichstrohr NB sein konnte:
Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.

Damit ergibt sich für die Entfernungsablage kein Vorteil des Süsel-Verfahrens gegenüber dem NB-Grob-Rohr, allenfalls die Tatsache, daß beide Werte dort abgenommen werden können, spricht dafür. Als bestes Verfahren ergäbe sich nach meinem Dafürhalten, die seitliche Ablage mit dem Süsel-Verfahren des P-Gerätes und die Entfernungsablage mit der Fein-Übersichtsrohr des NB-Geräts zu bestimmen. Ob wenigstens die größeren Einheiten überhaupt noch mit Peilgeräten mit Süselverfahren nachgerüstet wurden, ist mir aber nicht bekannt. Technisch möglich wäre es aufgrund der modularen Bauweise der Gema-Geräte jedenfalls, auch zeitlich...

--

Aus den beiden noch weiter oben eingefügten Bildern der Übersichtsröhren für die Freya-Geräte mit den Skalen kann man einige Berechnungen bzgl. der Skalierungen der Seetaktanlagen anstellen. Bei der ersten Röhre reicht die obere Skala von 0 bis 80km bzw. 70-150km auf dem zweiten Strahl. Die Schrittweite liegt bei 5km. Bei 100mm Schirmdurchmesser beträgt der Abstand der Skalenstriche daher etwa 6,25mm, er ist allerdings an den Rändern etwas kleiner, da die Anzeige der Röhre wohl doch nicht so ganz linear war, wie Kroge es beschreibt. Dasselbe gilt auch für die untere Skala. Bei der späteren "Flatscreen"-Röhre mit Meßbereich bis 200km und ebenfalls 5km-Schrittweite beträgt der Abstand zwischen den einzelnen Skalenstrichen nur noch 2,5mm. Trotzdem kann man die Linien gut unterscheiden, sie scheinen auch absolut gleichmäßig angeordnet zu sein, das Thema Parallaxe war damit wohl erledigt.

Die erste Röhre stammt von der AEG aus der Anfangszeit um 1940/41, die zweite von Siemens eher vom Ende des Krieges, also um 1944. Die Seetakt-Bordanlagen an Bord der großen Schiffe wurden aber bereits zu Anfang des Krieges, 1939-1941 verbaut, daher ist anzunehmen, daß zumindest anfänglich die "frühe" Art der Skalierung dort Verwendung fand. Wenn nun also bei einem Anzeigebereich von 40km des NB-Grob-Übersichtsgeräts die Skalierungsstriche in gleicher Weise wie bei dem frühen Freya-Gerät angebracht wurde, dann läge die Schrittweite bei 2,5km und die Genauigkeit der Ablesung bei +/-1250m (und nicht, wie von mir oben zuerst geschätzt, bei 1000m).

Die Skalenstriche für das Fein-Übersichtsrohr entsprächen dann bei einer Vergrößerung von 10x einem Abstand von je 250m und damit einer Genauigkeit von +/-125m. Das reicht zwar wie weiter oben bereits erörtert höchstens für eine grobe Korrektur der Entfernungsablage, dürfte aber allemal genauer sein als eine optische Messung oder gar eine Schätzung, insbesondere bei großen Gefechtsentfernungen von 15 oder 20km.

Bei Verwendung der flachen Siemens-Röhren mit Übertragung der "späten" Freya-Skala käme man bei gleichbleibendem Skalenstrichabstand und einem Meßbereich von 40km auf eine Schrittweite von genau 1000m und damit auf eine Ablesegenauigkeit von +/- 500m für das Grob-Übersichtsrohr. Für das Fein-Übersichtsrohr entspräche das dann (wie weiter oben schon erwähnt) einem 100m-Abstand und damit einer +/-50m Ablesegenauigkeit. Die Frage ist auch hier, ob die Bordanlagen überhaupt noch mit solchen NB-Geräten modernisiert wurden.

Um die Sache endlich abzuschließen und die Konfusion vielleicht ein wenig zu lindern, habe ich die bisher belegten und abgeleiteten Skalenwerte der ganzen Entfernungsröhren mal in eine kleine Tabelle gegossen und ebenfalls beigefügt. Wer Lust und Muße hat, kann sie sich gerne zu Gemüte führen und ggf. Fehler oder weitere Informationen beitragen, bin sehr gespannt...
Sie dürfen diesen Dateianhang nicht ansehen.

Grüße
Gabler

olpe

Hallo Frank,
erst einmal vielen Dank für Deine Arbeit und die Überlegungen zur Entfernungsmessung mit dem Grob- und dem Fein-Übersichtsrohr im Gerät NB. Eins, zwei ergänzende Gedanken hierzu:

Zur Entfernungsmessung:
Die Kunststoff-Skalen vor den beiden Sichtrohren waren m.E. letztlich ausreichend, um eine ,,Übersicht" im Hinblick auf die Entfernung zu erlangen. Der Dritte im Bunde – sprich die Dritte Braunsche Röhre – das Entfernungsmeßrohr befand sich im Gerät ,,O" (Einschub ,,OB") zusammen mit der Messkette (Einschub ,,OK"). Und die Messkette machte m.E. ja die ,Musike' bei der genauen Entfernungsmessung.
Die ersichtliche Philosophie der GEMA in dieser Sache: Für die Übersicht das Gerät ,,NB", für die Feinmessung das Gerät ,,O" ... Interessanterweise finden sich diese – und weitere - Geräte anscheinend auch an Stellen wieder, wo man sie kaum vermutet: siehe Bild unten. Da zu sehen: Die Bedienerkabine eines FuMG 65 ,,Würzburg-Riese" mit drei bekannten GEMA-Geräten: v.l. ,,O", ,,Z" und ,,NB" ...

Zur Süsel-Peilung:
Nach meinem Kenntnis- und Recherchestand kam die Süsel-Peilung bei Funkmess-Anlagen an Bord nicht zum Tragen, eher bei den hydroakustischen Ortungsgeräten – und bei Landsystemen im Funkpeil- und Funkortungsbereich. Was ist die Süsel-Peilung? Eine der Spielarten der Vergleichspeilung. So wie bei anderen genutzten Verfahren (A/N-Peilung, Minimumverfahren mit Peilumlaufgerät u.a.m.) kommen zwei Antennen bzw. Antennenhälften mit zwei Richtkeulen zur Anwendung. Während bei den herkömmlichen Verfahren die verstärkte Ausgangsspannung der beiden Antennen beim Empfang wechselseitig auf die Y-Platten der Kathodenstrahlröhre (Peilrohr) gegeben wird und damit einen ,,Zacken" (es sei jetzt mal egal, wie der konkret aussieht) auslöst, liegt an den X-Platten die Auslenkspannung (auch als Kippspannung bezeichnet) an, die den Elektronenstrahl von links nach rechts zieht. Die Kippspannung war damals nicht immer sägezahnförmig, sondern der Einfachheit halber anfangs auch sinusförmig und (z.B. im Peilgerät ,,PB" der GEMA) mit 23 Hz laufend. Die Auslenkung war also nicht gleichförmig.
Bei der Süsel-Peilung ist das anders. Ebenfalls zwei Antennen bzw. Antennenhälften, zwei Verstärker. Aber: aus dem dazwischenliegenden Summen-Differenztrafo wird die Spannung eines Verstärkers auf die X-Platten des Beobachtungsrohres gelegt, die Spannung des anderen Verstärkers auf die Y-Platten. In der Ausgangslage bzw. Null-Lage gibt es eine maximale Auslenkung vertikal (Summe), und eine minimale Auslenkung horizontal (Differenz). Bei Zielerfassung ändert sich das und es kommt zu einem Neigungswinkel in der Anzeige, die der Richtung zum Ziel entspricht. Eine Entfernungsablesung ist nach meinem Gusto bei diesem Verfahren technisch gar nicht möglich ...

Unten Prinzipskizzen der Süsel- bzw. (Variante) der Zweikanal-Vergleichspeilung
(Q Bilder: geschichtsspuren.de, NVK-Chronik, rateli.ru)
Soweit einige Überlegungen.

Grüsse
OLPE

Gabler

Hallo olpe,

freut mich, von Dir zu lesen und vielen Dank für Deine Einschätzungen. Ich gehe mal vorläufig nur auf die Entfernungsmessung ein: Deine Beschreibungen sind natürlich zutreffend, nur ist die Frage, warum ist das alles so kompliziert, warum in einem Gerät bis zu 4 Entfernungsanzeigen? Die Antwort liegt denke ich nicht in der "Philosophie" der Gema, sondern in der Entwicklungsgeschichte des Geräts und in den wachsenden Anforderungen des Auftraggebers. Ich will das nochmal kurz skizzieren:

Ursprünglich (1934) gewünscht war ein Nachtschießgerät für die Torpedowaffe. Die Anforderungen des Waffenamts waren dazu eine Genauigkeit von +/-25m und eine nicht näher bezeichnete ausreichende Reichweite. Da der am weitesten reichende Dampftorpedo TI eine maximale Laufstrecke von 12.500m hatte, war die Reichweite also kein Problem.

Die erforderliche Anzeigegenauigkeit wurde mit der indirekten Messung über die Messkette erreicht. Problem war zunächst die Seitenpeilgenauigkeit, hier war ein Wert wie beim optischen Zielen gefordert, er lag wohl bei 1/16°. Dieser Wert wurde erreicht über die Verwendung einer zweiten Röhre als Kehrbildanzeige über das Leitlinienverfahren. Damit hatte die Gema der Marine ein artilleristisch taugliches Messgerät hingestellt und im September 1935 auch dem OKM (Raeder) vorgeführt.

Nun sollte das Gerät außerdem als Übersichtsgerät für taktische Zwecke verwendet werden können. Da das Waffenamt Einwände im Hinblick auf die Standfestigkeit der Braunschen Röhren hatte, es aber keine andere technische Möglichkeit der Darstellung gab, wurde zunächst nur eine einzige Röhre (OB) verbaut und die Messkette mit zwei Entfernungsanzeigen mit unterschiedlicher Genauigkeit -je nach Verwendungszweck- entwickelt. Auf die Vergleichspeilung wurde aus demselben Grund komplett verzichtet, diese erst Ende 1940 nachgerüstet.

Die Ausstattung mit nur einer Röhre für beide Zwecke wurde bis zur Vorserie (FuMG39) beibehalten und bekanntlich die großen Schiffe damit ausgestattet. Erst nachdem sich bei der Erprobung und im Einsatz die Standfestigkeit der Braunschen Röhren erwiesen hatte, gab das WA seinen Widerstand auf und die Gema stattete ihre Anlagen mit dem NB-Übersichtsrohr mit erweitertem 40km-Anzeigebereich aus. Damit waren die Verwendung für taktische Zwecke über das NB-Rohr und für artilleristische Zwecke mit dem OB-Rohr technisch getrennt, was von Vorteil war, jedoch benötigte man für die Beobachtung einen weiteren Mann.

Leider habe ich bislang nirgends Nachweise über die Skalierung der NB-Röhren der Seetaktgeräte gefunden, daher meine Klimmzüge mit der Übertragung der Skalen von den Freya- auf die Seetaktanlage, damit man überhaupt einen Wert für eine Beurteilung erhält. Allerdings fällt die meinige etwas anders aus, so denn die Skala bei den Seetaktgeräten dieselbe Genauigkeit aufweist wie bei dem frühen Freya-Gerät: Eine Genauigkeit von +/-1250m ist nach meinem Dafürhalten viel zu grob, um bspw. einen Gegnerkurs auf der Karte genauer zu koppeln. Üblicherweise sind die Entfernungswerte da in Hektometern angegeben, eine Größe, die sich bei den üblichen Sichtkreisen als praktikabel erwiesen hat und die auch auf der Messkette des O-Geräts ausgegeben wurde. Selbst die Skala der späten Siemens-Freya-Röhre allein wäre für eine Gegnerkursermittlung mit +/-500m m.M.n. zu ungenau.

Es wundert mich aber schon, weshalb auf diesen beiden bekannten Anzeigen die Abstände der Markierungen so groß sind. Auf jedem handelsüblichen Meterstab oder jedem Tischlineal sind Skalenstriche in einem Millimeter Abstand angebracht, ein Wert, der mit dem bloßen Auge gut erkennbar ist, zumal in dem Schutzgehäuse noch ein geschliffenes Glas als Lupe zur Vergrößerung verwendet wurde. Das Meßgerät an sich gibt eine Genauigkeit von +/- 1hm ja her, es würde also keine Pseudogenauigkeit abgelesen, die mit der Realität nichts zu tun hätte.

Zum dritten Meßrohr "Übersicht fein" schreibe ich später noch.

Grüße

Gabler

fsimon

#700
Hallo Gabler, hallo Olpe,
Danke für die tolle Diskussion! Klasse!
Gabler, worauf basiert die tatsächliche Messgenauigkeit von +-100m? Waren die Geräte so schwer zu kalibrieren? Irgendwo las ich, dass mit FuMG 40 eine Autokalibrierung angewandt wurde. Type 284 und US Mark 3 und Mark 8 werden mit ca. +-36m bis +-39m Messgenauigkeit angegeben. Dies ist verwunderlich für mich, wenn man bedenkt, dass FuMG 39 und 40 mit phasenkohärenten Signalen maß, während die anderen Geräte mit nicht-kohärenten Signalen maßen.
Gruß
Frank

olpe

Hallo Frank,
Zitat von: fsimon am 11 Dezember 2024, 14:24:49Type 284 und US Mark 3 und Mark 8 werden mit ca. +-36m bis +-39m Messgenauigkeit angegeben
nun, diese Genauigkeiten wurden bei Type 284 ,,Main battery surface gunnery radar" erst bei reiferen Systemen im Laufe des Krieges erreicht. In Norman Friedmans ,,Naval Radar" S. 195 sind die Varianten im Text vermerkt:

  • Type 284: 200yd (24.000yd scale), 500yd (48.000 yd scale)
  • Type 284M: 125yd (24.000yd scale), 250yd (48.000 yd scale)
  • Type 284M1/2: 125yd (24.000yd scale), 330yd (48.000 yd scale)
  • Type 284M3/4: 25yd (24.000yd scale), 160yd (48.000 yd scale)

Zitat von: fsimon am 11 Dezember 2024, 14:24:49... wenn man bedenkt, dass FuMG 39 und 40 mit phasenkohärenten Signalen maß, während die anderen Geräte mit nicht-kohärenten Signalen maßen.
Siehe auch Erläuterungen zur Funktionsweise und der Vorteile --/>/> klick wikide Kohärentes Radar

Hast Du in der Literatur bzw. Archivmaterial zur Anwendung der Phasenkohäerenz bei FuMG 39 und 40 etwas gefunden? Würde mich sehr interessieren. Ich bin nicht sicher, ob das ,,Z"-Gerät als zentralisierte Frequenzsteuerung (Muttergenerator) neben der Tastfrequenz (Impulsfolgefrequenz, PRF) von 500Hz auch noch mehr konnte (Masteroszillator für die Sendesignale?).
Bei anderen hoch entwickelten Systemen wie FuMG 404 ,,Jagdschloss" ist so etwas in den Lehrunterlagen (Skizzen, Blockschaltbilder, Beschreibungen) mit dem ,,Z"-Gerät ,,Z 101" leider nichts zu finden, da kommen eben nur 500Hz raus ...

Ein Hinweis aus 1935, [#Scherzmodus ein] Rubrik ,Handarbeit' [#Scherzmodus aus] ist in Trenkle auf S. 19 vermerkt:
Zitat Beginn:
Anfang Mai 1935 stand dann der neue Sender der GEMA mit 800 W Impulsleistung zur Verfügung. Er war zusätzlich zur Impulstastfrequenz von 2000 Hz mit einem Hilfsträger von 1,6 MHz moduliert. Die Impulsbreite betrug 2 Mikrosekunden. Die Phasenlage der Impulstastung war zur Vornahme einer Entfernungseichung auf der Anzeigeröhre einstellbar. Die Antenne bestand aus einem Tannenbaumstrahler mit 10 Dipolpaaren vor einer Reflektorwand.
Zitat Ende.

Aber ob man hier von ,,echten" Phasenkohärenz sprechen kann ... oder doch besser nur von einer Abstimmung ...

Soweit erst einmal.
Grüsse
OLPE

olpe

Hallo,
ich komme nochmal auf die Querstäbe vor den Antennenspiegeln (bzw. den Dipolfeldern) zurück und auf möglicherweise ,,neue Erkenntnisse" aus der Ecke der Antennentheorie. Im Werk ,,Ultrakurze Wellen" Teil 2 von Hans-Erich Hollmann (1936) ist auf Seite 48/49 folgender Gedanke zu finden:

Zitat Beginn:
,, ... Hier hat die Anordnung der Empfangsantennen mitsamt dem Ultrakurzwellenteil in einen Metallspiegel, der nur solche Wellen zum Empfänger gelangen läßt, die in der Richtung seines Strahlungsdiagrammes einfallen, die beste Aussicht auf Erfolg. Man kann jedoch auch in dieser Einfallsrichtung noch eine gewisse Abschirmung vornehmen, indem man nämlich die Spiegelöffnung mit einem Polarisationsgitter G, dessen Drähte senkrecht zur Empfangsantenne D D' verlaufen, verschließt (Abb. 51). Durch diese Maßnahme wird das Polarisationsdiagramm des Empfängers bedeutend verbessert, so daß die noch verbleibenden Störungen weiter reduziert werden. Eine derartige Abschirmung des Ultrakurzwellenempfängers hat noch den Vorteil, daß auch längere Wellen vom Empfänger ferngehalten ... werden ... . In dieser Hinsicht übt schon die Abschirmung der Empfangsantenne allein oder des ganzen Empfängers durch ein geerdetes Polarisationsgitter eine günstige Wirkung aus. ... Bei der Größe, die ein Polarisationskäfig im Vergleich zur Antenne haben muß, erscheint seine Anwendung praktisch nur auf sehr kurze Wellen beschränkt."
Zitat Ende.

Anmerkung OLPE: der Begriff ,,sehr kurze Wellen" hatte 1936 noch eine andere Bedeutung. UKW liegt zwischen 30MHz-300MHz (10m-1m, ,,Meterband") ... die Funkmessfrequenzen, über die wir hier sprechen/schreiben, liegen da noch drin bzw. gehen bereits in den Dezimeterbereich über ...
Unten eine zeitgenössische Skizze aus dem o.g. Buch. Dort ist ein horizontal polarisierter Dipol gezeichnet, daher sind die Polarisationsstäbe senkrecht. Im Falle der Seetakt-Antennen ist es ja genau umgekehrt: Dipole vertikal, Stäbe horizontal ... das dürfte der Funktion aber keinen Abbruch tun ...

Soweit für den Moment.
Grüsse
OLPE

Gabler

Zitat von: fsimon am 11 Dezember 2024, 14:24:49Hallo Gabler, hallo Olpe,
Danke für die tolle Diskussion! Klasse!
Gabler, worauf basiert die tatsächliche Messgenauigkeit von +-100m? Waren die Geräte so schwer zu kalibrieren? Irgendwo las ich, dass mit FuMG 40 eine Autokalibrierung angewandt wurde. Type 284 und US Mark 3 und Mark 8 werden mit ca. +-36m bis +-39m Messgenauigkeit angegeben. Dies ist verwunderlich für mich, wenn man bedenkt, dass FuMG 39 und 40 mit phasenkohärenten Signalen maß, während die anderen Geräte mit nicht-kohärenten Signalen maßen.
Gruß
Frank

Hallo Namensvetter fsimon :-)

die Angaben zur E-Meßgenauigkeit stammen von Dr. Röhrl, NVK. Er beschreibt diese als bei allen drei Antennenformen gleichbleibend, da die Geräte sich nicht unterscheiden würden. Wahrscheinlich sind das Versuchsergebnisse des NVK.  Im Einsatz gab es aber noch Verbesserungspotential und so wird man bspw. das Gerät auf der Spee, das etwa ab Juli/August 1938 einsatzfähig gewesen sein müßte, bis zur ersten Unternehmung im August 1939 über ein Jahr lang erprobt und optmimiert haben. Gießler trägt dazu auf der OKM-Ortungstagung im März 1944 wie folgt vor:

"Die E-Meßgenauigkeit ist gegenüber den nunmehr als uralt anzusprechenden TS1-Geräten schlechter geworden. Die damals  vorhandene Spitze des Zielzeichens hat sich nunmehr zu einer soliden Basis von 6hm ausgedehnt...
Bei ausgeprägter Zeichenspitze ist eine E-Meßgenauigkeit von +/-25m vorhanden. Selbst bei einer Zeichenbreite in der Spitze von 3hm kann ein Entfernungsmessen von +/-50m erfolgen. Allerdings ist dabei schon eine außerordentliche Schulung des Personals und ständige Übungen notwendig"

Mit entsprechender Schulung bzw. Übung ist es zum Beispiel möglich, auf der Entfernungsfeinanzeige der Meßkette (s. die Anzeigen in #682 ganz rechts) den E-Wert bei einer Zeigerstellung zwischen den Skalenstrichen zu interpolieren, so daß der Auswerter mit zunehmender Erfahrung nicht nur "150" oder "200" Meter in Stufen ablesen und angeben konnte, sondern auch eine Zwischenstellung mit meinetwegen 160, 170 oder 180m "ablesen" konnte. Damit verbessert sich die Genauigkeit entsprechend und darin liegt nebenbei auch der Vorteil der analogen Anzeige im Vergleich zur numerischen: Sie ist kontinuierlich. Wahrscheinlich deshalb wurde sie vom Waffenamt bevorzugt.

Der zunehmenden Breite des Echosignals mußte man wohl durch mehrfaches Eingrenzen des Signals von beiden Seiten und ggf. Mittelwertbildung entgegnen. In der Anweisung für den Gebrauch der Funkmeßanlagen (Stehender Befehl Nr. 10 der SKl vom März 1945) heißt es unter A.12 schließlich: "Die Meßgenauigkeit der kombinierten Geräte beträgt +/-50m". Das dürfte wohl unter dem Strich die tatsächliche Entfernungsgenauigkeit gewesen sein.

Hinzu kommt eine weitere wichtige Verbesserung, die beim NVK mglw. nicht geprüft werden konnte, wie der AVKS-Bericht zur Bismarck nahelegt: Mit Einführung des FuMG 40 wurden die Zeigerachsen der drei Rundinstrumente der Meßkette nach hinten aus dem Gehäuse heraus verlängert und darauf E-Meßgeber der Fa. Anschütz gesetzt, die die Drehstellung der Achsen - und damit den Entfernungswert über einen verschiebbaren Widerstand (also ein Potentiometer) in ein elektrisches Signal umwandelten. Das Gegenstück, der E-Meßnehmer war in der Artillerierechenstelle angeschlossen - vergleichbar dem Tankgeber im Autoheck und der Tankanzeige im Cockpit.

Damit wurde das Meßergebnis nicht nur kontinuierlich und vollkommen verzugslos in Echtzeit in die Rechenstelle übertragen, sondern auch die Ablese(un)genauigkeit des Auswerters eliminiert - zum Vorteil der Entfernungsgenauigkeit! Zuvor kam es darauf an, wie genau der Auswerter den Zeigerstand ablas, mit Parallaxe und Interpretationsspielraum wie oben beispielhaft beschrieben und diesen seinem "Funkmeßgehilfen" mitteilte, der den Wert in die Kladde eintrug und ihn dann per BÜ-Telefon an die Leitstelle fernmündlich weitergab - hoffentlich richtig. Dieses Prozedere war mit der direkten elektrischen Übertragung erledigt und damit auch ein Problem der Meßtechnik generell:

Im Grunde genommen besteht das Dete-Gerät aus zwei Geräten: dem eigentlichen Funkmessgerät mit Antenne, Sender, Empfänger, Taktgeber und Stromversorgung sowie daran angeschlossen das visuelle Meßgerät, also das Meßrohr und/oder die Meßkette. Beide Geräte haben ihre eigenen spezifischen Eigenarten und (Un-)Genauigkeiten, aber während die Genauigkeit des Funkmeßgeräts von physikalischen, elektrischen und konstruktiven Faktoren abhängt, ist die optische Anzeige praktisch beliebig darstellbar. Die Kunst besteht nun darin, für diese Anzeige Zahlenwerte und -schritte festzulegen, die denen des eigentlichen Meßgeräts möglichst entsprechen. Wählt man die Skalierung der Anzeige zu groß, verschenkt man das Potential des Meßgeräts. Wählt man sie zu klein, erzeugt man eine Pseudo-Meßgenauigkeit, die mit der Realität nichts zu tun hat und diese falsch darstellt.

Die tatsächliche Entfernungsgenauigkeit ist also das Ergebnis der technischen Meßgenauigkeit des Geräts an sich UND der Genauigkeit der Anzeige. Beim Gema-Gerät nun wurde bei der Meßkette eine analoge Anzeigegenauigkeit dargestellt, die offenbar in der Realität nicht ganz zu erreichen war, während man bei der direkten Anzeige auf der Röhre mit den großen Strichabständen von 2,5km auf den Skalen sicherlich eine Menge Genauigkeit verschenkt hat. Das hat man aber gemerkt und deshalb wurden die Anzeigen später noch verfeinert, bzw, mit einem zweiten Rohr für die Ausschnittsvergrößerung verbessert.

Mit der kontinuierlichen elektrischen Übertragung von der Meßkette zum Artillerierechner wurde der Fehler der Ablesegenauigkeit also eliminiert. Es spielt überhaupt keine Rolle mehr, mit welcher Genauigkeit der E-Wert abgelesen werden sollte und konnte, denn er wurde praktisch fehlerfrei automatisch an den E-Mittler übertragen. Man hätte die Rundinstrumente an der Meßkette auch abschrauben können, sie waren nicht mehr nötig, allenfalls zur Sicherheit als redundante Anzeige.

Was die Kalibrierung betrifft: Die Nullpunktjustierung der Anzeige über den sog. Nullphasenschieber wurde schon ganz früh eingeführt, das hatten auch alle Bord-Geräte von Anbeginn an. Das X-Gerät mit dem künstlichen Ziel zur Einstellung der Empfindlichkeit kam jedoch erst später, glaube, so um 1941, das habe ich noch nicht nachgelesen. Die Kalibrierung mußte m.W.n. aber stets händisch durchgeführt werden, bei der Nullpunktjustierung hieß es sogar bei jeder Inbetriebnahme. Von automatisch habe ich noch nichts gelesen - was aber nichts heißen muß...

Das britische 284-Radar, ein Röhrengerät auf der 50cm-Welle, war soweit ich gelesen habe eigentlich als See-Luftziel-Gerät vorgesehen gewesen, daher wohl umschaltbar von Nah- auf Fernbereich 24kyds/48kyds (ca. 21,5km/43km). Es war aber als Seezielgerät offenbar gut (besser?) zu gebrauchen, es heißt, Suffolk hätte damit die deutschen Schiffe nach der Sichtung in der Dänemarkstraße auf etwa 24kyds verfolgen können. Zu der Zeit waren das aber noch Versuchsgeräte ohne den Zusatz "M". Dave Saxton gibt die Genauigkeit mit 240yds an, was genau zu einer 50-er-Teilung der Skala, also 480yd-Schritte passen würde, daher glaube ich auch, daß seine Angabe passt. Bei Umschaltung des Tastgeräts auf Fernbereich 48kyds wären es dann 480yds Anzeigegenauigkeit, wenn dieselbe Skala bzw. Teilung verwendet wurde. Das erscheint soweit plausibel.

Das Gerät arbeitete zunächst noch mit dem Maximumverfahren, erst mit dem "M" ab Juni 1941 kam die Vergleichspeilung per lobe switching dazu. Das "Precision Range Panel" wurde anscheinend sogar erst 1943 beim Typ 284 eingeführt und erst ab da waren die britischen Geräte was die Meßgenauigkeit angeht, voll blindschießfähig. Bei dem dazu angegebenen 25yds-Genauigkeitswert handelt es sich aber soweit ich das beurteilen kann auch "nur" um die Anzeigegenauigkeit dieses Panels, und zwar im Nahbereich bis 24kyds. Ob solche Genauigkeitswerte auch im Einsatz erzielt wurden oder ob es sich vielleicht um die o.g. Pseudo-Genauigkeitswerte handelt, wird man wohl noch herausfinden müssen.

Das Panel stellte wie das Übersichtsrohr -fein- im Gema-Empfänger eine Ausschnittsdarstellung von 1000yds Breite dar, wobei der Ausschnitt wohl in Stufen verstellt wurde wenn ich das richtig  verstehe, also nicht stufenlos wie beim NB-Gerät der Gema. Damit konnte das Zielecho also offenbar als absoluter Entfernungswert sehr genau bestimmt werden, während beim NB-Gerät der Gema auf dem Ausschnittsrohr die relative Entfernung, also die Ablage gemessen werden konnte (die Entfernung -fein- in absoluten Werten wurde ja an der Meßkette abgenommen, die Messung der Ablage war also eine zusätzliche Funktion beim Gema-Gerät). Die elektrische Datenübertragung wie beim FuMG 40 wurde beim Typ 284 erst später im Krieg eingeführt, siehe Bezeichnungszusatz "P". Allerdings gab es wohl schon ab ca. 1940 eine automatische mechanische Übertragung, die aber wiederum mit ihren eigenen Ungenauigkeiten behaftet war. Ich kann mir kaum vorstellen, daß sich das bewährt hat.

Soweit mein Senf dazu :-)

Schönes Wochenende

Gabler

Leopard2A6EX

Lese im Hintergrund immer fleißig mit und versuche aufzusaugen und zu verstehen was geht 🙈 Wie immer äußerst interessant - super Arbeit!

Impressum & Datenschutzerklärung