Radargelenktes Feuer deutscher Kriegsschiffe im WWII

Begonnen von Matrose71, 09 August 2014, 17:08:26

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olpe und 2 Gäste betrachten dieses Thema.

fsimon

Zitat von: Thoddy am 04 Januar 2024, 12:22:58Bisher wurde der Tirpitzbericht nicht mehr aufgefunden.

Noch ne Info Funkmess
im KTB Scharnhorst ca 11/1943 - 12/1943 gibt es noch mal eine Info zur Beobachtung von 28 cm Geschosseinschlägen Messreichweite
~17,7 km.

Desweitern ist auch die Rede davon, wie der Konvoy am Nordkap gefunden wurde. Und zwar mit luftgestützem Funkmess auf über 50 km Entfernung...Er wurde als langezogene Kette beschrieben.

Da ergibt sich doch glatt die Frage, warum der dann nicht kontinuierlich beobachtet wurde... einschließlich seiner Umgebung.


Hallo Thoddy,
Stammt die Beobachtung auf ~17,7km vom vorderen oder vom hinteren Funkmess? Falls du das herauslesen kannst...
Gruß
Frank

olpe

#586
Hallo,
Zitat von: Gabler am 18 März 2024, 22:40:34gibt es denn neue Erkenntnisse zu den Schutzgittern der Antennen?
... ja, das ist eine Frage, dessen Antwort mich auch interessiert. In Anlehnung zu einer E-Mail an ein Forenmitglied hier Gedanken dazu: In der letzten Zeit habe ich zu diesem Problem historische und aktuelle Literatur durchforstet, insbesondere Hollmann ,,Ultrakurze Wellen" von 1936, ,,Radar Electronic Fundamentals" von 1944, ,,Radar System Engineering" von 1947-51, Meinke-Gundlach ,,Taschenbuch der Hochfrequenztechnik" von 1962 u.a.m., darunter auch alte Monatshefte der Funktechnik aus den Dreißigern und Vierzigern. Leider gab es keinerlei Hinweise auf die Querstreben dieserart Antennen (,,Gruppenstrahler", ,,Bedspring Antenna", auch ,,Curtain Array") oder auf den tieferen mechanischen Sinn dieser Anordnung.

In den Archiven mögen noch Entwicklungsabläufe, Konstruktionsprinzipien und Pläne des Antennenherstellers (GEMA?, Telefunken?) sowie Handbücher, Dienstvorschriften und Lehrmaterial der Marine schlummern. Ab und an findet man etwas digitalisiertes, wie z.B. die Lehrunterlagen vom ,,Jagdschloß A", allerdings Luftwaffe. Zu den Marine-Matratzen leider bis Dato keine Spur ...

Eine Wechselwirkung der von den Dipolen abgestrahlten Wellen mit den Streben im Sinne eines Direktors (siehe Yagi-Uda-Antenne) kann weitgehend ausgeschlossen werden. Die Polarisierung der Dipole ist vertikal, die Streben sind horizontal polarisiert. Hier ein interessantes Lehrvideo, welches dieses recht gut verdeutlicht:

--/>/> https://www.youtube.com/watch?v=mUMOalU2nz8 klick

Ich gehe nach bisherigem Recherchestand davon aus, dass es eher Gründe des Sichtschutzes waren, welche zum Anbau der gut 60 Streben geführt haben. Inwieweit diese aus Metall bestanden, mag dahingestellt sein. Interessant ist auch, das nach meinem Kenntnisstand bei anderen Dipol-Gruppenantennen diese Querstreben nicht verbaut wurden, weder in D, GB, USA oder SU.

Das alles hilft zwar auch nicht wirklich weiter, aber ich habe die Suche noch nicht aufgegeben und hoffe, hierzu sowie auch zu anderen interessanten (antennen)technischen Themen der damaligen Zeit belastbare Antworten zu finden.

Soweit.
Grüsse
OLPE

Gabler

Hallo mike_o,

Danke Dir für Deinen Beitrag. Klingt aber im großen und ganzen doch nicht widersprüchlich, oder? Habe auch nochmals beigefügt zwei weitere Aufnahmen, diesmal von der Graf Spee in Montevideo. Das vorgesetzte Gitter erscheint sogar dunkler als die hinter den Dipolen befindliche "Matratze", also der eigentliche Antennenspiegel.

Werde mir wohl die Tirpitz-Buchreihe doch auch anschaffen, die sind aber derzeit nicht alle lieferbar. Zur Seitwärtsstellung: Hier stand schon einmal a.a.O. geschrieben, daß die Haube in Ruhestellung zur Seite gedreht wurde, also wenn sie nicht in Betrieb war. Eine ablandige Stellung ist da aus Tarnungsgründen gut nachvollziehbar.

Grüße


fsimon

Hallo Leute,
Vielen Dank für eure guten Beiträge. Ich staune!
Mittlerweile habe ich den Eindruck, dass radargelenktes Feuer war auch nachts möglich war in Abhängigkeit von der Sichtbarkeit der Einschläge auf den Seetakt-Geräten.
Ich frage mich inwiefern dies einen Reichweitenvorteil bei Nacht gegenüber Scheinwerfern oder Starshell bedeutete.
Hat jemand Zahlen über die Reichweite mit Scheinwerfern und Leuchtgranaten?
Gruß
Frank

Gabler

Hallo Olpe,

Zitat von: olpe am 19 März 2024, 15:46:18Eine Wechselwirkung der von den Dipolen abgestrahlten Wellen mit den Streben im Sinne eines Direktors (siehe Yagi-Uda-Antenne) kann weitgehend ausgeschlossen werden. Die Polarisierung der Dipole ist vertikal, die Streben sind horizontal polarisiert. Hier ein interessantes Lehrvideo, welches dieses recht gut verdeutlicht:

--/>/> https://www.youtube.com/watch?v=mUMOalU2nz8 klick

etwas halb-OT: Wie würdest Du demnach die Möglichkeit beurteilen, daß Bismarck mit seiner vertikal polarisierten FuMO-Antenne die Funkstrahlen der britischen Verfolger empfangen konnte? Nach meinen bisherigen Internet-Recherchen hatten die zu dieser Zeit auf den britischen Kreuzern montierten Radar-Anlagen (279,284,285,286) allesamt horziontal polarisierte Dipol-, bzw. Jagi-Antennen. Gleiches gilt für die Anlagen von PoW und Hood, auf die Bismarck später traf.

Die Frage war hier:
https://forum-marinearchiv.de/smf/index.php?topic=8797.0
schon vor langem einmal thematisiert worden. Bin gespannt auf Deine Antwort.

Grüße

Gabler



olpe

Hallo,
Zitat von: Gabler am 25 März 2024, 12:42:53Habe auch nochmals beigefügt zwei weitere Aufnahmen, diesmal von der Graf Spee in Montevideo. Das vorgesetzte Gitter erscheint sogar dunkler als die hinter den Dipolen befindliche "Matratze", also der eigentliche Antennenspiegel.
... danke für die Bilder der Antenne von GS. Sie sind recht aufschlußreich ... :MG: ...

Zitat von: Gabler am 28 März 2024, 16:49:14Wie würdest Du demnach die Möglichkeit beurteilen, daß Bismarck mit seiner vertikal polarisierten FuMO-Antenne die Funkstrahlen der britischen Verfolger empfangen konnte? Nach meinen bisherigen Internet-Recherchen hatten die zu dieser Zeit auf den britischen Kreuzern montierten Radar-Anlagen (279,284,285,286) allesamt horziontal polarisierte Dipol-, bzw. Jagi-Antennen. Gleiches gilt für die Anlagen von PoW und Hood, auf die Bismarck später traf.

Die FuM-Anlagen auf den britischen Einheiten lagen von der Frequenz her doch stark neben der deutschen Welle ,,g" mit 81,5 cm und 368 MHz (--/>/> klick britische Marineradare). Dass da mal eine Einstreuung bzw. Oberwellen in den vertikalen Dipolen der deutschen Matratzen mitgenommen wurde, ist in der Praxis sicher nicht ungewöhnlich, auch wenn die Aussendung der anderen Station auf H polarisiert war. Abgeschwächte unsynchronisierte Störungen können hier die Folge sein, Blips auf dem Beobachtungsrohr. Es ist m.E. aber zu weit gegriffen, hier eine Art passive Funkmeßortung im Sinne eines FuMB zu vermuten. In der Literatur ist nach meinem Recherchestand nicht vermerkt, dass die GEMA-FuMO auf BS dazu in der Lage gewesen wären, geschweige denn dafür konstruiert wurden. Das gilt nach meinem Dafürhalten auch für die Antenne: die Lamellen lassen sich sicher nicht als Zusatzdipole für Passivortung ansprechen.
Ansonsten ist im genannten thread https://forum-marinearchiv.de/smf/index.php?topic=8797.0 darüber viel Kluges geschrieben worden, aus meiner Sicht recht ausführlich.

Soweit.
Grüsse
OLPE

Gabler

Hallo Olpe,

vielen Dank für Deine hochinteressanten Ausführungen, die ich nur aus angelesenen Erkenntnissen ergänzen kann:

Tatsächlich hat das NVK nach den Erkenntnissen der Bismarck-Unternehmung mit Versuchen zur Funkmessbeobachtung begonnen, vielleicht sogar auf dieselbe Weise wie die Tübinger Studenten in dem Video: Indem sie die Hertz´schen Versuche nachgestellt haben (das haben wir in der Schule auch gemacht). Da man der Annahme war, die Engländer verwendeten ebenso wie die Deutschen vertikal polarisierte Antennen, hat man als allererste Beobachtungsantenne einen schlichten vertikalen Dipol eingeführt. Der bekam sogar eine eigene Bezeichnung: "FuMBAnt 1 Hondo" und war damit die erste Radarwarnantenne der Welt. Nur: Er hat nichts getaugt, weil die Engländer horizontal gesendet haben. Erst als eine zweite, mit etwa 45° schräg polarisierte Dipolantenne hinzukam, wurden erste Signale entdeckt. Man hat dann die beiden Dipole auf ein Lattenkreuz genagelt und fertig war die "FuMBAnt. 2 Honduras". Diese ist auf den U-Booten ab August 1942 eingesetzt worden und unter dem Namen "Biskaya-Kreuz" bekannt geworden.

Als Empfangsband für das Biskaya-Kreuz wurde irgendwo der Bereich von ca. 1,2m bis ca. 4m genannt, keine Ahnung ob das zutrifft. Wenn es aber so war, dann sind die Dipole für sich ja durchaus breitbandig, zumindest im Meterbereich. Tatsächlich konnten mit der Antenne sowohl die später deutscherseits als "ASV-Welle" bezeichnete Ortungswelle auf etwa 1,7m empfangen werden als auch die als "Schiffswelle" identifizierte Wellenlänge von um 1,4m. Man konnte also nach einiger Erprobung (die sicher teuer erkauft wurde) die Sender identifizieren. Damit ist der Nachweis erbracht, daß mit einer einzelnen Dipolantenne Funkmessignale empfangen werden konnten, deren Wellenlängen absolut gesehen etwa 30cm voneinander entfernt waren, was uns wiederum zur Bismarck zurückbringt.

In dem verlinkten Thread wird die Frage gestellt, ob mit der 80cm-Seetaktanlage der Bismarck die 50cm-Funkwellen des englischen Typ-284-Feuerleitradars, mit dem Suffolk Fühlung zur Bismarck hielt, hätten empfangen werden können. Nach den Erkenntnissen mit dem Biskaya-Kreuz: sehr wahrscheinlich ja. Aus den selben Erfahrungen mit der Wirkungslosigkeit der Hondo-Antenne und der vertikalen Honduras-Antenne hingegen wird man aber wohl sagen können: Aufgrund der "falschen" Polarisation mit ziemlicher Sicherheit nein. Und dabei ist die Frage nach der Möglichkeit einer "passiven" Betriebsform des FuMO-Geräts noch gar nicht gestellt. Irgendwo stand, es wurde ein Aktiv-Passiv-Umschalter später eingeführt, dies allerdings in Zusammenhang mit dem 1941 eingeführten Marine-Kenngerät "Wespe". Ob es das auf Bismarck schon gab, weiß ich nicht, halte es wegen des Einführungszeitpunkts für eher unwahrscheinlich.

Übrigens hat man den selben Fehler zwei Jahre später noch einmal wiederholt: Nachdem das H2S-Radar entdeckt wurde, hat man auf den U-Booten im Juni 1943 den Naxos-Finger von der Luftwaffe erprobt, ihn aber senkrecht aufgestellt, des idealen kreisrunden Antennendiagramms wegen. Nur leider hat auch diese Vorrichtung versagt, weil die Engländer auch mit dem ASV-MarkIII horizontale Dipole verwendeten. Erst als man im September den Finger auf etwa 45° schräg gestellt hatte (wie einst bei der Biskaya-Antenne) kamen die ersten Ortungen zustande. Man mußte aber dafür wieder die Antenne ständig von Hand drehen. Das belegt m.E.n. die entscheidende Bedeutung der Polarisation für die Emfangbarkeit der Wellen, zumindest in der Praxis. Die Wellenlänge war dagegen einfacher zu "handlen".

Ich hoffe, daß es nicht zu sehr abseitig wurde. Vielleicht sollte man dieses Thema passive Ortung sogar in den anderen Thread verschieben?

Grüße und schöne Ostern

Gabler



olpe

Hallo,
Zitat von: Gabler am 25 März 2024, 12:42:53Habe auch nochmals beigefügt zwei weitere Aufnahmen, diesmal von der Graf Spee in Montevideo. Das vorgesetzte Gitter erscheint sogar dunkler als die hinter den Dipolen befindliche "Matratze", also der eigentliche Antennenspiegel.
... zum post #588 nochmal und den Bildern. Diese ,Matratzenantenne in Kastenform und vorgesetzten Lamellen' wurde demnach bereits in der Zeit des Übergangs von Labormustern zu den Versuchs- und Musteranlagen der GEMA entwickelt (aber noch vor den Vorserienanlagen). Bedeutet: die ,,Lamellenantenne" ist im Zuge der Montage der Funkmeßgeräte auf ,,STRAHL"/,,G 10"/,,KÖNIGSBERG" 1937 (60cm) und auf ,,ADMRIAL GRAF SPEE" 1938 (60cm? oder bereits 81,5cm?) eingerüstet worden. Die Antennenkonstruktion und die Montageart (hochkant, quer, mit Lamellen oder ohne) änderte und testete man wohl auch, um eine günstige Positionierung zu finden und die Abstrahlung der Richtdiagramme zu optimieren. Dieses wurde im thread ja mehrfach von usern angedeutet und ist aus Bildern zu folgern. Die Kastenform der Antennen (anscheinend mit Lamellen) ist dann bei den ersten Vorserienanlagen wohl erst mal beibehalten worden.

Hierzu Von Kroge im GEMA-Buch S. 64-65:
Zitat Beginn:
,,In neueren Planungen wurde festgelegt, daß bis Frühjahr 1937 gemeinsame Anlagenteile von DeTe I und DeTe II als Prototypen in zehnfacher Ausführung gebaut werden sollten. Für DeTe I sollten bis zum gleichen Zeitpunkt drei Sender und Empfänger als Muster gebaut werden. Die damit ausgerüsteten Anlagen sollten an Bord von Schiffen für Versuchsfahrten installiert werden. Als Spiegel für Schiffseinsatz wurde ein Stahlrohrrahmen mit Maschendraht als Reflektor konstruiert, vor dem zwei mal zehn Ganzwellendipole zum Senden und Empfangen angeordnet waren."
Zitat Ende.


Auf S. 79:
Zitat Beginn:
,,Nach dem Leichten Kreuzer "Königsberg" wurde das Versuchsboot ,,Strahl" der NVA (Anm. OLPE: Nachrichtenveruchsanstalt) für die Wehrmachtsmanöver im September 1937 mit einem DeTe I-Gerät und einem DeTe II-Gerät ausgerüstet. Das erste mal wurde die große Antennenanlage eines Flum-Gerätes auf einem Schiff installiert."
Zitat Ende.

Leider (noch) kein Hinweis auf die Lamellen ...

Soweit einige Gedanken.
Grüsse
OLPE

olpe

#593
Hallo,
Zitat von: Gabler am 29 März 2024, 11:58:03... wird die Frage gestellt, ob mit der 80cm-Seetaktanlage der Bismarck die 50cm-Funkwellen des englischen Typ-284-Feuerleitradars, mit dem Suffolk Fühlung zur Bismarck hielt, hätten empfangen werden können. Nach den Erkenntnissen mit dem Biskaya-Kreuz: sehr wahrscheinlich ja.
... nun, mein Optimismus im Hinblick auf diesen gedanklichen Pfad ist eher gedämpft ... Die Welle ,,g" (das ,,Anfang 1939 zwischen den einzelnen Truppenteilen für ihre jeweiligen Anlagen vereinbarte Wellenlängenband auf der Dezimeterwelle ...") war mit etwa 70cm bis 90cm durchaus eng. Dass Antennen auch mal was anderes einfangen ... gut ... aber der Empfängereingangsschwingkreis des Funkmeßgerätes mit verschiedenen Paß- und Bandfiltern ist schon stringent auf die eigene Sendefrequenz (hier: 368 MHz/81,5cm) bzw. Band getrimmt. Mit den BS-FuMO's passiv auf Jagd nach britischen Ausstrahlungen zu gehen, halte ich für möglich, aber Ortungen sind wohl eher Zufall. Vorgesehen waren die Anlagen dafür nicht. Es ist aber nicht auszuschließen, dass die Bediener auf dem Schirm Störungen/Clutter erkannten. Ich dehne diesen Gedanken mal auf andere FuMO der KM – zumindest für Zeitperiode der ersten Kriegsjahre - aus.

Ohne gesonderte Geräte (FuMB) war ein sinnvolles Erfassen von gegnerischen HF-Ausstrahlungen kaum oder nicht möglich. Es ist vermutlich davon auszugehen, dass BS und/oder PG zum Zeitpunkt von Rheinübung derartige Gerätschaften (,,Metox"?)? nicht an Bord hatten. Das Biskaya-Kreuz als einfache, sicher auch wirkungsvolle Antenne mit entsprechender Bandbreite war nur so gut, wie das daran angeschlossene FuMB-Gerät mit den vorgegebenen Empfangsfrequenzen ...

PS: in der Rolle 2325 (leider schlechte Qualität) werden die Geschehnisse des gegenseitigen technischen Fühlungshaltens bei Rheinübung thematisiert. EM-II-Auffassungen und Ergebnisse des B-Empfängers spielen dabei mit hinein.

Zitat von: Gabler am 29 März 2024, 11:58:03Vielleicht sollte man dieses Thema passive Ortung sogar in den anderen Thread verschieben?
... gute Idee ...

Grüsse
OLPE

Gabler

Hallo olpe,

zu Deinem vorherigen Beitrag (#592): Die Detailaufnahme der Königsberg-Hockantantenne aus diesem Thread (hier nochmals angehängt) zeigt den Blechkasten auch mit seitlichen Einfassungen, der vermutlich als Reflektorspiegel diente. Die Anzahl der Dipole (8x6) der Hochkant-Antenne läßt auf Halbwellendipole schließen, mit denen sich eine Antennengröße von geschätzt 3m Bauhöhe ergäbe (Bei Ganzwellendipolen käme man auf über 5m Bauhöhe, das passt nicht zu den Dimensionen). Die Breite würde ich dann auf etwa 1,8m schätzen.

Weitere Bilder in diesem Faden zeigen die Antenne abgedeckt mit einem Tuch zur Tarnung. Der Spee-Spiegel aus etwa Juni 1938 bestand nicht mehr aus einem solchen Kasten, sondern aus einem Rohrrahmen mit Maschendraht, vermute zur Gewichtsersparnis. Zum Schutz der Dipole dann das vorgesetzte Schutzgitter, über welches dann die Verhüllung gelegt wurde. Beim Stöbern im I-Net folgende Diskussion aus 2008 im Bismarck-Forum entdeckt:

http://www.kbismarck.org/forum/viewtopic.php?f=2&t=1506&sid=e98a76ee1de0bce24c92ecf4e75c582f

Beachte das zweite Bild im ersten Beitrag. Auf der zweiten Seite dazu eine Vermutung eines Users namens Herr Nilsson ;-) aus 2010:
Zitat#2 part of radar antenna
Anbei weiterhin nochmals zum Vergleich die Aufnahme des (achteren?) Bismarck-FuMOs. Die Abstände der vertikalen Rohrstreben sind nicht gleichmäßig, wie auch auf dem Trümmer-Bild zu sehen. Ich würde auch sagen, das passt... Die Rohre scheinen hohl zu sein, vielleicht gab es ja doch einen Verstellmechanismus für die Lamellen... anderseits sehen diese eher rundlich aus...


ZitatADMRIAL GRAF SPEE" 1938 (60cm? oder bereits 81,5cm?)

Die Festlegung der zu verwendenden Wellenbänder erfolgte meines Wissens nach Anfang 1939 (v. Kroge S. 92 f.). Demnach war den seetaktischen Geräten das Wellenband "g" zugeordnet worden. Dies lag wie schon geschrieben bei 335-430MHz Frequenz, also bei 70-90cm Wellenlänge. Das Dete-Versuchs-Gerät auf Spee wurde aber schon Anfang 1938 installiert. Zu diesem Zeitpunkt waren die TS1-Röhren noch auf minimale Wellenlänge, also auf 60cm eingestellt, zwecks Verwendung kürzerer Dipole und damit Minimierung der Antennenfläche. Der Grund für das spätere Höhergehen mit der Welle lag im besseren Wirkungsgrad und damit höherer Sendeleistung. Diese betrug bei den TS1-Röhren 1KW statt nur 700-800W auf der 60cm-Welle. Die Zahlen habe ich auch aus dem Kroge- und dem Trenkle-Buch kombiniert.

Die 1,5mx3,0m Spee-Antenne war nach der 60cm-Welle dimensioniert, wie eine einfache elektronische Bild-Vermessung ergeben hat. Außerdem: Der englische Untersuchungsbericht von 1940 liegt zwar mir nicht vor, aber im Bismarck-Forum schrieb Dave Saxton vor längerem, daß die Untersuchung eine Wellenlänge von 57cm ergeben hätte. Demnach lag ihm der Bericht offenbar vor, hat er doch außerdem geschrieben, daß die Engländer erst aufgrund ihrer Auswertung des Rio-Plata-Gefechts zum Schluß kamen, Spee müsse ein besonderes Zielgerät haben, da deren Schießergebnisse außergewöhnlich gut gewesen seien, woraufhin der Spezialist nach Montevideo geschickt wurde, der zu obigem Ergebnis kam (das war jetzt mal ein langer Satz, was :-))

Spee hatte also ziemlich sicher von Anfang bis Ende das 60cm-Versuchs-Gerät, das zum Zeitpunkt seiner Einführung als "Dete-I-Gerät" bezeichnet wurde. Die Benennung als "FuMG 38" erfolgte erst "post mortem", die Bezeichnung als FuMO22 ist aufgrund der Wellenlänge sowieso falsch.

Anbei weiterhin nochmals eine Aufnahme der aufgesetzten Spee-Haube, sie ist glaube ich von Februar 1938 noch ohne Antenne. Diese wurde wohl erst im Juni oder Juli 1938 montiert. Gut zu sehen ist dieser Hochkant-Vorsatz. Meine Vermutung ist, daß es sich dabei um das Gehäuse für das Sendergerät "T" handelt, das passt von den Dimensionen und wir wissen, daß das T-Gerät anfänglich unmittelbar an der Antenne montiert wurde, montiert werden mußte.

Ein letztes: Möglicherweise wurde dieser Kasten als getarnte Hochkant-Antenne (wie bspw. auf der Königsberg) mißgedeutet und so kam man auf ein (durchaus passendes) Antennenmaß von 0,8m x 1,8m. Habe zum Vergleich noch ein Foto des 2004 geborgenen Skeletts der FuMO-Haube angefügt. Da kann man den Kasten gut sehen und von der Antenne ist bis auf ein paar Reste des Befestigungsgestänges nichts mehr zu sehen.

Von einer Antenne mit den Maßen 0,8m x 1,8m war noch nirgends anders zu lesen außer in der ersten Auflage von Trenkles Buch. Soweit ich weiterhin gelesen habe, wurde das aber in der Ausgabe von 1986 korrigiert. Vielleicht sollte mal jemand diese amerikanische Navweaps-Seite aktualisieren, sonst pflanzt sich das ewig fort und man muß alle paar Jahre wieder von vorn anfangen. Was wir hier schreiben ist ja auch alles kalter Kaffee und schon zum x-ten mal aufbereitet - nur noch nicht von uns :-)

Grüsse

Leopard2A6EX

Der Bericht, den der "Altmetall-Händler" aus Montevideo samt Fotos und der Überreste zurück nach GB schickte, ist dem Autor Damian Lewis zufolge heute noch unter Verschluss. Stand Mai 2020 1. Auflage "Churchills Shadow Raiders" S.361. Sollte also somit auch einem Dave Saxton nicht vorliegen. Kann das jemand bestätigen oder widerlegen?

Edit: der Autor schließt meinem Verständnis zufolge den folgenden Untersuchungsbericht mit ein. Wie auch im Falle des Oslo-Reports wurde das Ganze bestenfalls halbherzig und herablassend angegangen und zunächst wohl völlig fehlinterpretiert.

Gruß Frank

kalli

Bei meinem Besuch in Montevideo am und im E-Messer habe ich auch die angehängten Fotos (kurz nach der Bergung) gemacht.

olpe

Hallo,
Zitat von: Gabler am 05 April 2024, 13:21:24Spee hatte also ziemlich sicher von Anfang bis Ende das 60cm-Versuchs-Gerät, das zum Zeitpunkt seiner Einführung als "Dete-I-Gerät" bezeichnet wurde. Die Benennung als "FuMG 38" erfolgte erst "post mortem", die Bezeichnung als FuMO22 ist aufgrund der Wellenlänge sowieso falsch.
... ja, es lohnt sich, darüber noch weiter zu recherchieren. Quellenangaben, die diese These stützen (oder auch verwerfen), habe ich selbst leider noch nicht gefunden ...

Zitat von: Gabler am 05 April 2024, 13:21:24zu Deinem vorherigen Beitrag (#592): Die Detailaufnahme der Königsberg-Hockantantenne aus diesem Thread (hier nochmals angehängt) zeigt den Blechkasten auch mit seitlichen Einfassungen, der vermutlich als Reflektorspiegel diente. Die Anzahl der Dipole (8x6) der Hochkant-Antenne läßt auf Halbwellendipole schließen, mit denen sich eine Antennengröße von geschätzt 3m Bauhöhe ergäbe (Bei Ganzwellendipolen käme man auf über 5m Bauhöhe, das passt nicht zu den Dimensionen). Die Breite würde ich dann auf etwa 1,8m schätzen.
... die Antenne auf KÖ und den ,,Innereien". Bei einer Vergrößerung des Bildes (Anhang) ist erkennbar, dass es sich um Ganzwellendipole mit vertikaler Polarisierung handelt. Oben ist anscheinend das Senderdipolfeld angeordnet, unten das Empfängerdipolfeld. Ich habe mal einen Dipol mit gelb und die Speiseleitung(en) mit rot gekennzeichnet. Die Anzahl der Dipole verringert sich dadurch. Deine Rechnung, lieber Gabler, würde unter diesem Gesichtspunkt, andere Ergebnisse liefern.

                       Anmerkung: Ganz- und Halbwellendipole besitzen einen Spannungsverlauf, der weitgehend der jeweiligen Welle entspricht ... (den dazugehörigen ,,Strombauch" lasse ich mal weg). Bedeutet: beim Ganzwellendipol treten zwei Spannungsminima auf (Spannung gleich Null; die so genannten Spannungsknoten). An diesen Stellen sind die beiden Dipolhalterungen angebracht. Beim Halbwellendipol geht nur die halbe Welle durch, es gibt daher nur einen Spannungsknoten, der in der Mitte des Dipols liegt. Daher: Halterung nur eine.

Man kann beide dadurch recht gut unterscheiden, so halbwegs gute (Nah)Aufnahmen vorliegen. Der Speisepunkt der Zuleitungen liegt in beiden Fällen - bei Mitteneinspeisung - zwischen den beide Dipolhälften. Ganzwellendipole haben zwar einen etwas geringeren Antennengewinn als Halbwellendipole, die resultierende Richtcharakteristik im Antennenfeld läßt sich aber besser bündeln. Da gab wohl den Ausschlag für die Wahl damals.

Soweit.
Grüsse
OLPE

Gabler

Hallo olpe,

mit der Identifizierung der Ganzwellendipole liegst Du natürlich richtig, da hatte ich mich schon selbst gewundert, aber da das nur eine Randbemerkung werden sollte (es ging ja um den Reflektor), dem keine weitere Aufmerksamkeit mehr gewidmet. Es sind also 4 mal 6 Dipole, nicht 8x6, davon die obere Reihe mit einer Speisung und dann die unteren drei. An den hochgerechneten Dimensionen ändert sich dadurch nichts (tatsächlich hatte ich die beiden möglichen Mindestabmessungen für Ganz- und Halbwellendipole errechnet und ins Verhältnis zur Schiffsgröße gesetzt und nicht auf die Antennenform geachtet).

Die Antennen für die Bord- und Bodengeräte waren anfänglich (Seetakt und Calais) mit Ganzwellendipolen ausgestattet. Schon bei der Vorführung der Leitlinenpeilung am 12.05.37 wurde eine geteilte Antenne mit Ganzzwellendipolen verwendet und auch die Spee-Antenne verfügte über 2x10 Ganzwellendipole. Das hätte schon deshalb stutzig machen können.

Jedoch waren bei diesen Antennen und auch bei den Versuchsanordnungen in Pelzerhaken die Empfangsantenne stets über der Sendeantenne angeordnet, von daher wäre eine umgekehrte Anordnung, wie Du sie in diesem Fall vermutest, ebenfalls ungewöhnlich. Woran machst Du das fest? Rein intuitiv hätte ich zudem vermutet, daß dem Sender eher die höhere Dipolanzahl zuzuschreiben wäre, zwecks Reichweitenerzielung.

Was mir jedoch recht sicher erscheint und nicht nur eine "These" ist, ist die Ausstattung der Spee mit 60cm-Radar. Das ergibt sich sowohl aus dem Ausstattungszeitpunkt und der zu diesem Zeitpunkt verwendeten Wellenlänge als auch aus der Antennenvermessung und zusätzlich noch in der Verbindung dieser beiden Punkte (60cm-Ganzwellendipole mit einem 80cm Sender erscheint mir jedenfalls äußerst unplausibel). Der Beitrag von Herrn Saxton ist hier zu finden:

https://www.kbismarck.org/forum/viewtopic.php?t=5808
ZitatReports were that AGS main battery shooting was much better than expected and photos of the scuttled wreck indicated the possible presence of a radar antenna mounted to the foretop range finder. A radar expert from the RAF was sent to Montevideo in Feb 1940 and his report sent shock waves through the Admiralty. It was indeed radar operating on a wave length of 57cm. This report was followed by knowledge that the Gneisenau had sought to disengage from the Renown on April 9th after damage to its foretop had disabled a radar apparatus.

In einer anderen Quelle wurde sogar der Name des Wissenschaftlers genannt, den die Engländer nach Montevideo geschickt haben, finde das aber nicht mehr.

Grüße

PS: Danke für die Bilder aus Montevideo, hat mich damals auf dieses Forum aufmerksam gemacht und extrem gefesselt.

olpe

Hallo,
Zitat von: Gabler am 09 April 2024, 10:39:53Jedoch waren bei diesen Antennen und auch bei den Versuchsanordnungen in Pelzerhaken die Empfangsantenne stets über der Sendeantenne angeordnet, von daher wäre eine umgekehrte Anordnung, wie Du sie in diesem Fall vermutest, ebenfalls ungewöhnlich. Woran machst Du das fest? Rein intuitiv hätte ich zudem vermutet, daß dem Sender eher die höhere Dipolanzahl zuzuschreiben wäre, zwecks Reichweitenerzielung.
... leider habe ich ,en détail' nichts über diese Antenne incl. Dipolanordnung gefunden. Mein gedanklicher Ansatz war eher umgekehrt: die größere Anzahl der Empfangsdipole verbessert die Empfangsleistung und kann auch für Versuche bei einer der Arten der Vergleichspeilung verwendet werden (obgleich die Marine resp. die Nachrichten-Versuchsanstalt in Sachen Peilung zu dieser Zeit ja eher etwas zurückhaltend war, aber der GEMA etwas Beinfreiheit ließ). Daher kam ich auf die Reihenfolge: Sendefeld oben und Empfangsfeld unten bei dieser hochkant gestellten (Versuchs?)Konstruktion ...

Zitat von: Gabler am 09 April 2024, 10:39:53Was mir jedoch recht sicher erscheint und nicht nur eine "These" ist, ist die Ausstattung der Spee mit 60cm-Radar. Das ergibt sich sowohl aus dem Ausstattungszeitpunkt und der zu diesem Zeitpunkt verwendeten Wellenlänge als auch aus der Antennenvermessung und zusätzlich noch in der Verbindung dieser beiden Punkte (60cm-Ganzwellendipole mit einem 80cm Sender erscheint mir jedenfalls äußerst unplausibel).
... super wäre natürlich, wenn in Archivunterlagen der KM, der GEMA oder in der Nachkriegsliteratur noch mehr dazu auftaucht ...

Zitat von: Gabler am 09 April 2024, 10:39:53In einer anderen Quelle wurde sogar der Name des Wissenschaftlers genannt, den die Engländer nach Montevideo geschickt haben, finde das aber nicht mehr.
... nach Alfred Price ,,Herrschaft über die Nacht" war es ein Mann der britischen Abwehr, nach David Pritchard ,,Durch Raum und Nacht" hieß er Bainbridge-Bell, ,, ... der britische Radarspezialist, der das Wrack bestieg und inspizierte". Sinngemäß aus Pritchard, Kapitel 10 ,,Marineradar": ,,Der Bericht von Bainbridge-Bell (Anm.: über das Funkmeß der GS) lag über ein Jahr unbeachtet im britischen Kriegsministerium, was man nach dem Krieg, als die Tatsache herauskam, kaum glauben wollte".
Nun, der Amtsschimmel wieherte in diesem Falle englisch ... :wink: ...

Grüsse
OLPE

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