Die Rundschiffe der Zaren-Flotte

Begonnen von halina, 30 Dezember 2012, 17:22:02

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halina

Unter der Herrschaft von Kaiser Alexander II erhielt der Vizeadmiral A.A. Popow
1870 den Auftrag zur Entwicklung eines Panzerschiffes zum Schutz der Küsten im
Schwarzen Meer , ausschlaggebend hierfür waren die gemachten Erfahrungen aus
dem Krimkrieg von 1852-56 mit der Belagerung und späteren Einnahme von dem
Hafen Sewastopol .
Es entstand nun als Novum im Kriegsschiffbau die sogenannte "POPOWKA" als ein
Panzerschiff oder auch als Kanonenboot klassifiziert mit einer kreisrunden Plattform
mit geringem Tiefgang . Die Vorfertigung erfolgte in St.Petersburg ab 1871 und der
Endausbau mit Stapellauf auf der Werft in Nicolajew 1873 , hier war auch 1874 die
Indienststellung unter dem Namen "NOWGOROD" und auch Heimathafen .
Das Rundschiff hatte einen Durchmesser von ca.31 meter , die Verdrängung wurde
mit ca.2.670 t angegeben und der Tiefgang mit ca.4 m . Der Antrieb erfolgte mit 6
liegenden Dampfmaschinen auf 6 Wellen mit einer Leistung von je 560 PSi , womit
gerade mal ca. 7,0 Kn erreicht wurden . Die Hauptartillerie bestand aus zwei 28 cm
Kanonen der Fa. Krupp die unabhängig um bis zu 35 Grad geschwenkt und in der
Höhe um 15 Grad bewegt werden konnten . Ausserdem konnte die Geschützplatt-
form um 360 Grad gedreht werden , so dass ausser den Schornsteinen kein toter
Winkel sich im Schussfeld befand ,der Gürtelpanzer hatte eine Stärke von 180-230
mm und auch die Barbetten waren gut geschützt . Die Besatzungsstärke wurde mit
ca. 150 Mann beziffert .  Das Krängungsverhalten bei starkem Seegang war zwar
gut aber die Kursstabilität mangelhaft , da auch nur 1 Ruder angebracht war und
ausserdem wegen des geringen Freibords viel Wasser überkam . Vom Typ der
Nowgorod sollten ursprünglich 10 Schiffe gebaut werden , es wurde jedoch nur noch
die etwas grössere "KIEW" in Nicolajew gebaut die 1875 von Stapel lief und später
in "Vizeadmiral Popow" umbenannt wurde . Beide Einheiten waren im russischen -
türkischen Krieg 1877-78 für die Küstenverteidigung im Einsatz , dann 1903 aus der
Flottenliste gestrichen und nach 1912 verschrottet .
Bereits im Jahr 1879 wurde unter ALXANDER II der Auftrag für den Bau einer neuen
Staatsyacht erteilt mit dem Namen "LIWADIJA" als Ersatz für die 1878 gesunkene
Vorgängeryacht gleichen Namens . Auch bei diesem Schiff sollten die Grundlagen
der "POPOWKA" mit eingebracht werden und so entstand auf der britischen Werft
John Elder in Glasgow eine schiffbautechnische Sonderkonstruktion , bestehend aus
einer fast kreisrunden Plattform auf die ein yachtförmiger Rumpf aufgesetzt wurde.
   Die Breite betrug ca.47 meter , die Gesamtlänge war mit ca.72 angegeben und
die Verdrängung mit ca.4.500 t , mit 3 Dampfmaschinen von zusammen ca.12.000
PSi konnte eine Geschwindigkeit von ca.16 Kn erreicht werden . Die Besatzungs -
Stärke betrug ca.24 Offiziere und über 300 Seeleute , das Schiff fuhr angeblich nur
einmal durchs Schwarze Meer und wurde bereits im August 1871 in Nicolajew auf-
gelegt , da der zu dieser Zeit regierende Kaiser Alexander III kein Interesse an
dem sehr störanfälligem Schiff hatte . Alle technischen Einrichtungen wurden aus
der LIVIDIJA ausgebaut und so lag es dann als HULK ab 1883 unter dem neuen
Namen "OPYT" im Hafen von Nicolajew bis zum Abbruch 1926 .
                                                                                         Grüsse Halina
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

halina

Hallo , im Anhang noch einige Fotos zur Ergänzung .

Bild # 1  Vizeadmiral A.A. POPOW  1821-1898  der Entwickler der "POPOWKA"

Bild # 2 Die "NOWGOROD" im Bauzustand auf der Werft in Nicolajew 1873

Bild # 3 Das fertiggestellte Schiff im Hafen von Nicolajew 1874  (rechts im Bild)

Bild # 4 Der Aufriss der Nowgorod mit den liegenden Dampfmaschinen

Bild # 5 Die fast fertige "LIVADIA" auf der Werft in Glasgow 1880

Bild # 6 Die Yacht im Hafen von Nicolajew 1881
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

hillus

Lieber Halina,

den Namen POPOWKA erhielten die Schiffe zu Ehren ihres Erbauers, dem russischen Schiffbaukonsrukteur Admiral Andrej Alexandrowitsch Popow (1821 - 1898).
Die Schiffe nannte man im Russischen Kpyглoe cyднo (deutsch kreisförmige Schiffe) zur Küstenverteidigung.

Schönen Abend

hillus

Teddy Suhren

Hai

Es scheint einiges an Unklarheiten für den Aufenthalt der Livadia nach grob ca. 1880 zu geben. Sowohl im Net wie auch in der Literatur wird mal Nikolajew als auch Sewastopol angegeben. Zur Zeit des ersten WK lag sie wohl als Hulk in Sewastopol (Halbmond und..., Seite 199). Oder?
Ist da eine weitere Klärung möglich?
Gruß
Jörg

WoWs Nick: Teddy191

Trimmer

Hallo Günter - hier mal noch die " Novgorod "

Gruß - Achim - Trimmer
Auch Erfahrung erhält man nicht umsonst, gerade diese muß man im Leben vielleicht am teuersten bezahlen
( von Karl Hagenbeck)

halina

Moin , das Bild #3 zeigt die "NOWGOROD" nach der Fertigstellung im Werfthafen
von Nicolajew 1874 , links im Bild könnte es sich um die bereits ausgeschlachtete
"LIVADIA" handeln , also bis zu diesem Zeitpunkt lag das Schiff wohl noch an
diesem Ort , ob später verholt nach Sewastopol ist durchaus möglich.
                                                                                                 Gruss Halina
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

halina

Moin , hier noch ein Foto ähnlichen Typs der Kanonen die auf der "NOWGOROD"
aufgestellt wurden , es handelt sich um die von der Fa. Krupp produzierte Kanone
vom Typ M 1867 vom Kaliber 28 cm , von denen die russische Marine im Jahr 1869
vier Stück in Auftrag gegeben hatte .
                                                                                 Gruss Halina
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

Ulrich Rudofsky

#7
Hier ist eine weitere Beschreibung.
https://docs.google.com/file/d/0B9QzbT15PL_FT0pKeVVmV2JZenc/edit  (Siehe weiter unten auf Seite 2)
Ulrich Rudofsky

halina

Hallo Achim , danke für die zusätzlichen Fotos von der "NOWGOROD" , besonders
das 2. Bild ist sehr interessant , es dürfte wohl kurz nach der Indienststellung 1874
in Nicolajew gemacht worden sein , denn es zeigt das Schiff mit gesetzter Kriegs-
flagge und Mannschaften . Auch war wohl noch nicht ausser den 28 cm-Kanonen die
komplette Artillerie-Bestückung zu sehen , lt. der Spezifikation sollten auch noch 2
86 mm - und sechzehn 37 mm - Geschütze an Bord sein .
                                                                                      Grüsse  Günter
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman


halina

Hallo Kalli , danke für Deine Links , nun wissen Wir ja auch etwas mehr von dem
grösseren Schwesterschiff der Nowgorod , nämlich über die "KIEW" , diese hatte
einen Durchmesser von ca. 38 meter , eine Verdrängung von ca.3.550 t und die
Hauptartillerie bestand wohl aus 2 Kanonen vom Kaliber 30,5 cm . Die Antriebs -
Leistung war in etwa gleich , nur die Besatzung war mit 19 Offizieren und 187
Matrosen beträchtlich grösser .
                                               Noch einen guten Rutsch  Grüsse Halina
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

Trimmer

Hallo Günter - bevor ich hier in diesem Jahr den PC ausschalte - gehe bitte mal auf
   www.dmkn.de/marine-ruestung/Popovka-kuriositaeten-im-schwarzen-Meer

Gruß - Achim     cl and sk ( verstehen alle Puster ) :MG:
Auch Erfahrung erhält man nicht umsonst, gerade diese muß man im Leben vielleicht am teuersten bezahlen
( von Karl Hagenbeck)

halina

Hallo Ulrich Rudofsky , danke für den Link , leider gibt es zwischen der russischen
und der englischsprachigen Spezifikation erhebliche Abweichungen , aber das muss
man schon so hinnehmen , glaube aber dass die russische Fassung eher dem
tatsächlichen Stand der damaligen Ausrüstung entspricht .
                                                                               
                    Noch einen guten Rutsch und alles Gute für 2013 wünscht  Halina
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

halina

#13
Hallo Achim , danke für den Link , es ist ein lesenswerter Beitrag der auch die
strategischen Ziele der damaligen russischen Admiralität beschreibt die dann zum
Bau dieser Rundschiffe geführt hat . Nur was die spätere Verwendung der "LIVADIA"
anbetrifft gibt es einen Widerspruch , denn seit 1883 war das Schiff bereits ohne
Maschinenanlage und anderer technischer Ausrüstungen die auf anderen Kriegs -
Schiffen eingebaut wurden , also konnte es wohl kaum für Versorgungsfahrten im
Schwarzen Meer eingesetzt weden .
                                                   Mit herzlichen Neujahrsgrüssen  Günter
" Man muss nicht unbedingt das Licht des Anderen ausblasen , um das eigene Licht leuchten
zu lassen"
                      Phil Borman

Schaarhörn

In einem Modellbauforum tauchte die interessante Frage auf, wie auf der NOVGOROD die Beiboote zu Wasser gebracht wurden. in der Ursprungsversion (in den Beiträgen ob auf Fotos zu sehen) kann ich werder Davits, Barkuhnen, Ladebäume oder eine Schienensystem erkennen.

Hier ist ein ausgezeichnetes Modell welches meine Frage klarer macht:
https://www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de/mitglieder/modelle/kuestenpanzerschiff-novgorod/

Weiß jemand, wie die Boote von ihren Bootsständern von Deck ins Wasser kamen?

SCHAARHÖRN

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