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Technik und Waffen => Antriebssysteme => Thema gestartet von: t-geronimo am 17 April 2006, 18:53:00

Titel: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: t-geronimo am 17 April 2006, 18:53:00
Ebenfalls über ein bekanntes dänisches Forum bin ich über folgenden Artikel bei NavWeapons gestolpert:

http://www.navweaps.com/index_tech/tech-054.htm

Eine Vollbremsung einer Iowa-Klasse braucht nur knapp 2 km bzw. bei "enggestellten" Rudern nur 600 Fuß, was knapp 183 m sind???
Selbst bei einem Druckfehler und gemeinten 600 yards wären das nur knapp 550 m??? (http://www.mysmilie.de/smilies/verwirrt/16.gif)

Wie schaffen die das, die Wellen so schnell auszukuppeln und dann ebenso schnell voll zurück laufen zu lassen und daß in dieser kurzen Zeit?

Im SSF hatte En Echolon mal geschrieben, daß allein daß runterbremsen einer Welle und dann von der Turbine wegkuppeln bei einem absoluten Notfallmanöver 30-40 Sekunden dauerte. In dieser Zeit würde Iowa aber immer noch über 600m zurücklegen, wenn ich mich nicht verrechnet habe (nach 5 Alstern...).

Mal als Vergleich:

Prinz Eugen brauchte mit allen Kesseln auf allen drei Wellen mit den Kommandos "Alle Maschinen Stopp" und dann "Alle Maschinen äußerste Kraft zurück" bei einer Fahrt von 25 kn eine Stoppstrecke von 3.412 m, was 11 Minuten und 46 Sekunden dauerte (laut Schmalenbach).

Habe ich nun irgendetwas völlig falsch verstanden oder war das Design der Iowa-Maschinenanlage so anders, daß sie so schnell stoppen konnte oder was? (http://www.mysmilie.de/smilies/verwirrt/2/56.gif)
Titel: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Huszar am 17 April 2006, 19:30:44
Von über 30 Knoten auf 0 in weniger, als 550 Meter? Würde ich stark bezweifeln!

Höchtens wenn das Schiff gegen eine Kaimauer kracht...


mfg

alex
Titel: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: t-geronimo am 17 April 2006, 19:39:14
Darum ja meine Frage, ob und was ich da falsch verstanden habe.

Oder messen die erst ab dem Zeitpunkt, wo die Wellen beginnen rückwärts zu laufen?
Klingt aber anders.
Titel: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Spee am 17 April 2006, 19:52:24
Einzig in der Anordnung der Ruder und in deren Schwenkbereich könnte die Lösung liegen. Lassen sich beide Ruder um 90° schwenken, wirkt die Ruderfläche wie ein rießiges Schild, der Effekt der dadurch entsteht heißt bei Flugzeugen "Schubumkehr", d.h., die Schrauben müssen nicht in Gegenrichtung drehen um das Schiff abzubremsen, auskuppeln reicht.
Titel: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: t-geronimo am 17 April 2006, 20:02:21
Ja, das ist mir schon klar (hat die Ruder ja auch ordentlich mitgenommen und wurde nur ein einziges mal auf Wisconsin gemacht).

Mir ging es eher um das Auskuppel und Umkehren der Wellen auch als "normales" Not-Stopp-Manöver (was wir ja schon mal groß und breit im SSF diskutiert hatten (im Versenkungs-Thread POW wegen des Torpedo-Treffers auf den Wellenbock und dem anschließenden Amok laufen der Welle).

Und damit dem Unterschied z.B. zu PG.

Und auch bei den Rudern als Schild: nur knapp 200m aus über 30 kn (so ja der Original-Text - wärs ein Druckfehler, hätte nicht schon jemand den Autor darauf hingewiesen??)
Titel: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Wilfried am 17 April 2006, 21:08:32
Moin, moin zusammen!

Die Idee von Spee sehe ich als einzige Möglichkeit, um in den genannten Bereich ansatzweise zu kommen - die Ruderschäfte kannste nachher aber direkt vergessen ... und trotzdem kommen mir ein paar Zweifel.
Ein Kollege von mir ist auf der alten "Bremen V" vom NDL gefahren. Die brauchten aus der Höchstgeschwindigkeit von ca. 24 Knoten bis zum Stillstand ungefähr 2 Seemeilen ...  :(

Mit einem lieben Gruß
der Wilfried
Titel: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: harold am 17 April 2006, 23:15:34
"It takes a little over a mile for the ship to come to a stop before going in reverse, but there is no feeling of inertia throwing you forward - unless you turn the rudders inboard toward each other to close off the passage of water between the twin keels.", so schreibt unser Dick L.

Also ca acht bis zehn Schiffslängen. Immer noch sehr sehr wenig, aber eventuell im glaubhaften Bereich? (a little over kann ja auch 1,49 sein ...)

"That is called a "Barn Door Stop" and only the Wisconsin has ever tested it."

Aha. Ein singuläres Ereignis. Und, wie es sich gehört, ein singulärer Zeuge, mit einer gradezu high-tech-Meßmethode:

"A former XO of Whisky said that when they threw a piece of wood over the side from the bow at the onset of that maneuver, the ship came to a stop with that wood no further aft than turret III.  That's stopping a 57,000 ton ship traveling at 33 knots in about 600 feet, which means that anything that is not tied down winds up on deck or against a forward bulkhead."

Bei dieser "Log"-Methode vermute ich nur, dass das Hölzlein alleine durch den Rückstau in stagnantes Wasser gekommen ist und vom Schiff mitgezogen wurde.

Auffallend die parallele Struktur zu unserem damaligen Drei-Buchstaben-Onkel: "ein ehemaliger ... hat mir persönlich versichert, dass ...  und dies ist eine ernstzunehmende Quelle, ja?!"

So lange da nur geschätzte Meilen angegeben werden, und keine exakten Zeiten in Sekunden, lassen wir ihn mal schwadronieren.
Hat ja sein Schiff vielleicht sehr lieb gewonnen, und muss ihm jetzt noch ne goldene Aura geben... ist auch bloß menschlich.

Harold
Titel: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Peter K. am 17 April 2006, 23:25:06
:D
Titel: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Scharnhorst66 am 17 April 2006, 23:51:16
Zitat von: SpeeEinzig in der Anordnung der Ruder und in deren Schwenkbereich könnte die Lösung liegen. Lassen sich beide Ruder um 90° schwenken, wirkt die Ruderfläche wie ein rießiges Schild, der Effekt der dadurch entsteht heißt bei Flugzeugen "Schubumkehr", d.h., die Schrauben müssen nicht in Gegenrichtung drehen um das Schiff abzubremsen, auskuppeln reicht.

Würden das die ruder denn überhaupt aushalten ..
versuche mir das gerade "bildlich" vorzustellen - welche Kräfte dann auf den Rudern und dessen Befestigung wirken würde !???
Titel: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: En Echelon am 18 April 2006, 10:48:23
Möglich wäre das nur, wenn die Iowas Verstellpropeller hätten. Da müssen dann keine Maschinen umgesteuert werden oder rotierende Massen gestoppt und wieder in Schwung gebracht werden.

Die Fregatten ab F122 (Bremen) haben das. Für ein Notstopp legen die einfach die Propellersteigung auf negativ und erreichen damit bei gleicher Drehrichtung eine volle Schubumkehr. Damit stoppen die von 30 kn innerhalb einer Schiffslänge auf. Für einen Kavalierstart sind die auch gut: GT auf volle Umdrehungen bei null Propellersteigung, dann die Steigung rein und ab geht's. Das reicht dann für 10 Knoten pro Schiffslänge. Bei 30 kn ist aber Schluss.

Die Geschichte mit dem Ruder "zusammenklappen" halte ich für Seemannsgarn. Ich denke, dass das ohne größere Werkstattarbeiten oder Sprengstoffeinwirkungen nicht möglich sein dürfte...

Ich glaube nicht, dass die Iowas auch mit Verstellpropellern so aufgestoppt werden könnten. Man muss sich nur mal vorstellen, was für Kräfte da an den Propellerblättern und an den Wellen zerren. Wer so einen Notstopp auf einem Schiff mal erlebt hat, der kann sich vorstellen, was da für Kräfte wirken, da hat man schnell mal das Gefühl, der ganze Kasten reißt gleich auseinander.

Einen Zerstörer mit Dampfturbinen und Festpropellern aus 30 kn nach einer Dreiviertelmeile zum stehen zu bringen, war schon eine Leistung. 600 Yards sind etwas mehr als eine Viertelmeile! Und 600 Fuß sind 200 m!
Titel: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: DHEO am 18 April 2006, 11:48:24
Bei Fregatten macht das ganze ja auch sinn, z. B. bei der U-Boot-jagd...

Ich halte das ganze auch für ziemlich aus den Bereich der Märchen, man stelle sich mal vor, 50.000 tonnen aus einer Geschwindigkeit von 50-60 km/h auf Null zu bringen, da braucht schon jeder Güterzug 1-2 km.

Was ich mir natürlich vorstellen kann, um auf die Ruderverstllung zu kommen: die Wellen werden ausgekoppelt und so schnell wie möglich auf rückwärts geschaltet, während man das Ruder komplett nach Steuer- oder Backbord umlegt. Wer sagt denn, daß das Schiff geradeaus bremsen muß, zumal ich bei Kurvenfahrt ohne Antrieb doch auch schon an Geschwindigkeit verliere.

Grüße

Dirk
Titel: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: t-geronimo am 18 April 2006, 12:21:53
Gut, also wäre dieser Vorfall insoweit geklärt, daß hier mehr Legende als Tatsache vorherrscht.

So viel also zum Thema, daß alles bei Navweapons immer so hoch gelobt wird.
Mehr wollte ich nämlich gar nicht (ohne jetzt die Seite völlig zu diskreditieren, die hat mit Sicherheit auch viel, viel Wissenswertes im Angebot)...
Titel: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Ralf am 18 April 2006, 12:34:38
Ich könnte mir vorstellen, dass es möglich, aber nicht ratsam ist... Bei PoW ist es sicher, dass es besser ist, ein kaputtes Ruder zu haben, als das Schiff zu verlieren, auch wenn letzteres dann nur eine Frage der Zeit ist bzw. dann auch war... Aber das Ruder muss dadurch erheblich beschädigt worden sein...

Noch mal zum Ruder querstellen: Ich stelle mir vor, man hält einen Spaten in den Schotter und versucht einen Güterzug zu bremsen... Wahnsinn... Das muss mit Beschädigungen einher gehen...

Ich kann mir aber nicht vor stellen, dass man dann auf 500 m so einen Pott zum Stehen bekommt.
Titel: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: t-geronimo am 18 April 2006, 12:43:45
Das es Schäden gab, steht ja auch mehr oder minder dort. Mit Philadelphia ist mit Sicherheit die dortige Marinewerft gemeint. Wisconsin wurde dort auch gebaut.
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Huszar am 14 Mai 2006, 18:53:12
Habe gerade im Schmalenbach: PE eine interessante Zusammenstellung gefunden:

Stopp- und Auslaufstrecken:
von 20 Knoten, Bb- und Stb-Maschine stopp. Bb- und Stb-Maschine äußerste Kraft zurück!, 1300 Meter Stoppstrecke, 3min 37sec Stoppzeit

Von 17 Knoten, Alle Maschinen Stopp. Alle Maschinen äußerste Kraft zurück! 2170 Meter Stoppstrecke, 8min 45 sec Stoppzeit

Von 25 Knoten, wie oben, 3412 Meter Stoppstrecke, 11min 46 sec stoppzeit.


Die Stoppstrecke wurde übrigens von einem Fachmann als zu gering bezweifelt!


mfg

alex
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: torpedo mixer am 14 Mai 2006, 19:24:07
Drehrichtungsumkehr der Welle dauert für die Stoppzeiten zu langsam. Dann die Leistung : Rückwärtsfahrturbinen hatten nie die Leistung von AK voraus. Bleibt die Ruder gegeneinander zu drehen und schon mal nen Schlepper zu rufen...

Ich habe die Dimensionen der IOWA nicht, aber wenn man die Fläche der quergestellten Ruder nähme und noch den Zwischenraum dazu nimmt, den cW einer quer zur Strömung stehenden Platte annimmt, könnte man ja mal rechnen.

Wer hat da die entsprechenden Werte? In Praxis wird die Bremskraft noch niedriger sein, da die langsam ausdrehenden Wellen mit dem Drall im abströmenden Wasser eher den cW - Wert senken sollte.

TM
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: torpedo mixer am 14 Mai 2006, 19:26:44
Vergaß ganz das man bei einem turboelektrischem System am schnellsten auf "AK zurück" kann und das dann noch eine gute Leistung abrufbar ist. Aber den hatten die gennanten Schiffe ja nicht ....

Gruß, TM
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Josef am 15 Mai 2006, 11:50:40
@ alle

Hier einige Daten über die "BS":
von 25 sm/h voraus auf AK zurück 1.945 m  und 4`40
AK voraus auf 2x Stopp 1.760m und 3´16
Ak voraus auf Stopp 7.160 m 26´50

Freundschaftlich

Josef
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Lutscha am 15 Mai 2006, 19:10:39
Bei den Werten wars wohl ausgemachtes Glück... :wink:
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Josef am 15 Mai 2006, 22:36:56
@ Lutscha

Nee, tut mir leid Lutscha, aber für den Bereich 21 - 30 kn habe ich keine Dokumente.

Freundshaftlich
Josef
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: harold am 18 Mai 2006, 12:06:22
...die ab hier folgende Diskussion zu Wendigkeit, Drehkreisen, Ruderkonfigurationen etc ist abgeteilt und bildet nun den gleichnamigen eignen thread!
Harold
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: harold am 18 Mai 2006, 23:54:41
Dieses eine Argument gegen den "barn door stop" der Wisconsin ist in der Teilung des threads untergegangen:

-für ein "Zueinanderklappen" der Ruder (gegen 30-35° jeweils innenbords) müsste die Rudermaschine ganz gegen jede bisherige Praxis nicht parallel, sondern einzeln auf jedes der Ruder wirken.
Eine solche Rudermaschinen-Konfiguration wäre wohl der Erwähnung wert ... weder in G/D, noch in Breyer oder Friedman findet sich (meiner Kenntnis nach) irgendeine Anmerkung dazu.

Allerdings lasse ich mich gerne des Gegenteils belehren...

Harold

Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: t-geronimo am 18 Mai 2006, 23:57:06
Vielleicht haben die ja unvorschriftsmäßig dran rumgeschraubt... :W/(
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Blane am 19 Mai 2006, 13:49:50
Zitat von: t-geronimo am 18 Mai 2006, 23:57:06
Vielleicht haben die ja unvorschriftsmäßig dran rumgeschraubt... :W/(
Du meinst wohl "tuning" auf einer anderen Art :-D
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Spee am 09 September 2006, 19:24:01
@Harold,

gerade gelesen und an diese Diskussion gedacht:

The rudders could operate together or independently, offering good maneuverability and considerable security in the event of battle damage. The utility of the system was confirmed more than once during the war. (A similar system may well have saved "Bismarck").

Quelle: Italian Battleships of World War Two; Erminio Bagnasco und Mark Grossman

Also war ein unterschiedliches, unabhängiges Ansteuern der Ruder auf den "Vittorio Veneto's" möglich und damit kein unbekanntes Design. Ob die Amerikaner das auch konnten, erklärt es natürlich nicht.
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Peter K. am 09 September 2006, 20:58:56
Nu, meines Wissens hatte die BISMARCK für jedes der beiden Ruder(blätter) eine eigene elektrisch betriebene Rudermaschine sowie eine Handsteuereinrichtung. Jede der beiden Rudermaschinen konnte aber alleine beide Ruder gemeinsam oder auch einzeln bewegen!

... aber da weiß JOSEF sicher mehr ...  :wink:
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Spee am 09 September 2006, 21:45:10
@Peter,

soweit klar. Aber die Ruder waren mechanisch gekoppelt und das war das Problem. Das italienische Design schließt diese Möglichkeit m.E. aus (Ruderabstände), die Kopplung dürfte elektrisch gewesen sein.
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: harold am 09 September 2006, 22:11:00
Danke, Thomas!
Warn bei den VV's aber hinereinander ... und verschieden groß. Hatten wir ja auch schon mal anhand der Derfflinger besprochen; vermutlich ist da eine Koppelung auch deshalb nicht sinnvoll, weil unterschiedliche Einschläge für's Ankurven nötig sind.
Ciao,
Harold
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Spee am 09 September 2006, 23:51:57
Ja, hatten wir schon einmal.
Das alle 3 Ruder als unabhängige Systeme arbeiten können, vorausschauend gedacht von Herrn Pugliese.
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Josef am 10 September 2006, 09:55:00
@ Spee,

Hallo Thomas,
bezüglich der möglichen Trennung bzw. separater Steuerung der Ruder bei Bismarck muß ich Peter K. den Rücken stärken. Aus der gerade aus dem Keller geholten Zeichnung "Übersicht der Ruderanlage" geht zwar hervor (und da hast recht) dass es eine mechanische Verbindung zwischen der Rudergeschirren gab, aber dazwischen gab es eine "Kupplung Querverbindung", die über ein Handrad betätigt wurde.

Freundschaftlich
Josef
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Spee am 10 September 2006, 12:16:16
Servus Josef,

danke dir für die genaue Information.
Aber war nicht die mechanische Verbindung und deren Nichlösbarkeit nach dem Treffer der Haken an der Sache? Soweit mein Informationsstand, daß es nicht gelang, daß Kopplungsgestänge auszukuppeln um wenigstens das zweite Ruder unabhängig benutzen zu können.
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Josef am 10 September 2006, 13:10:17
@ Spee

Hi Thomas,

die Überlebenden berichten überstimmend, dass noch ausgekuppelt und auf Handruder umgestellt wurde. Nur, das Steuerbordruder war ja gar nicht mehr da! Das zeigen die Wrackbilder eindeutig, da ist nur noch ein Loch.

Freundschaftlich
Josef
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Spee am 10 September 2006, 13:25:01
Servus Josef,

ahh, daß ist mir neu. Steuerbordruder weg, Backbordruder geklemmt. Das ist übel.
Das grundlegende Problem scheint mir der 3-Schraubenantrieb zu sein. Zu schmales Heck für weiter auseinander stehende Ruder und die Unsteuerbarkeit mit 3 Schrauben. Bei den "Vittorio Veneto's" (ich weiß, ich reite darauf herum, ich mag die Dinger einfach) war durch den 4-Schraubenantrieb und die 3 Ruder-Anordnung eine deutlich bessere Schadensbegrenzung möglich. Um diese Schiffe unsteuerbar zu machen, hätte man praktisch das Heck ab Heckturm abreißen müssen.
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Huszar am 11 September 2006, 17:37:19
Du nimmst die Leistung von der Mittelwelle weg, und hast ein Zweischraubenschiff  :wink:

Wenn aber dein einziges Ruder eingeklemmt ist, wird sich dass Schiff so oder so in diese eine Richtung drehen wollen. Oder?

mfg

alex
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: harold am 11 September 2006, 18:24:48
Da hatt ich doch mal -vor Zeiten, vor Zeiten!- ne Kopie bekommen (von Dr. Wegener von B&V):
"Schlachtschiff Bismarck und Seemannschaft", von Alfred Schulze-Hinrichs, aus den MOV-Nachrichten 17 (1968) 1.

Kurzgefasst geht's darin darum, dass BS über Achtersteven laufend, mit ausgeslippten Ankerketten Treibwiderstand liefernd und mit den beiden Außenschrauben steuernd davongekommen wäre -eventuell...

Soll'ch ma' ne Zusammenfassung liefern?

Harold
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Zerstörerfahrer am 11 September 2006, 18:50:13
Ja Harold, mach mal bitte !

So eine Kopie hätte ich auch gern. :-)

Schulze-Hinrichs  war ja Kommandant von Erich Koellner, aber das wusstet ihr ja sicherlich. :-D
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Huszar am 11 September 2006, 19:11:44
Rückwärts 800sm laufen, verstehe ich das richtig?

Es gab mal einen Verrückten, der von Budapest bis Wien mit nem alten Lada gefahren ist, aber 800sm??


mfg

alex
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Woelfchen am 11 September 2006, 21:15:12
Die Turbinenleistung war doch dabei auch sehr beschränkt, bzw. die Antriebsanlage lief heiß weil die Kühlwasseröffnungen dafür ausgelegt waren um vorwärts zu fahren.

Ob das gut gegangen wäre?

Aber ich freu mich schon auf den Bericht.
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: harold am 11 September 2006, 21:16:08
...oh, ick kenne einen, der von Wien nach Orléans mit'm vollgepackten R4 unterwegs war, und nach m Auslandsjahr dort mit nem noch viel volleren Renault auch wieder zurück... aber das ist eine andere Geschichte (so etwa 1981).

Ich fasse den Artikel mal kurz zusammen und stell ihn dann rein - aber nicht hier... mach n neuen thread auf (und geb dann gleich hier die Verweisadresse).

Harold
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Peter K. am 11 September 2006, 21:50:12
Nu, Kapitän zur See Alfred Schulze-Hinrichs gilt ja als DER Spezialist der Kriegsmarine für praktische Seemannschaft!
Zusammen mit Admiral Walter Gladisch hat er 1943 die vierte Auflage der "Seemannschaft - Handbuch für Unterricht und Praxis" auf Veranlassung der Inspektion des Bildungswesens bearbeitet!

Die ausgeslippten Ankerketten am Bug hätten bei Rückwärtsfahrt jedenfalls als Treibanker, also kursstabilisierend gewirkt!
Das selbe Verfahren kennen Hochseesegler als "Lenzen vor Topp und Takel" - eine Methode schwerstes Wetter zu überstehen!
Auch Seitenfänger bedienen sich meines Wissens teilweise dieses Manövers!
Nachdenklich stimmt allerdings, daß gerade BS über den Achtersteven schon in unbeschädigtem Zustand sehr schwer steuerbar war!

Jedenfalls bin ich ´mal auf diesen Bericht gespannt, HAROLD!
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Zerstörerfahrer am 11 September 2006, 22:24:17
*OFFTOPIC*

Zitat von: Peter K.Nu, Kapitän zur See Alfred Schulze-Hinrichs gilt ja als DER Spezialist der Kriegsmarine für praktische Seemannschaft!
Zusammen mit Admiral Walter Gladisch hat er 1943 die vierte Auflage der "Seemannschaft - Handbuch für Unterricht und Praxis" auf Veranlassung der Inspektion des Bildungswesens bearbeitet!

Joo Peter, diese Ausgabe hab ich mal von einem Arbeitskollegen geschenkt bekommen. War wohl ein Überbleibsel des ersten Mannes seiner Mutter, der auf der Aviso Grille war.

*END OFFTOPIC*
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Peter K. am 11 September 2006, 22:31:07
Oh ja, RENE, seeehr empfehlenswerte Lektüre!  :wink:
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: harold am 11 September 2006, 22:43:11
So ... unter
http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php?topic=2550.new#new
steht die Zusammenfassung nun drin.
Harold
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Captain Hans am 30 September 2008, 01:31:30
Verfolge mit großem Interesse diesen Thread.

Als  Kapitän habe ich mehrere Supertanker (ULCC) (VLCC) gefahren. (16 Jahre lang)
Einige dieser Schiffe hatten die 8-fache Wasserverdrängung der Bismarck.
Mein letzter Turbinentanker (Einschraubenschiff) hatte hatte drei Turbinen, nämlich Hoch-,Mittel-und Niederdruckturbinen, die über 3 separate Getriebe auf eine Welle wirkten. (zusammen 40 000 PS)
Für Rückwärtsfahrt hatten wir nur eine Rückwärtsturbine, die nur 30% des Vorausantriebs brachte.
Wir hatten eine nette Stoppstrecke von 7 sm (also fast 11 km).
Wie war das nun bei der Bismarck??


Hatte sie spezielle Rüchwärtsturbinen oder konnten die Getriebe umgesteuert werden, denn Turbinen laufen bekantlicherweise nur in eine Richtung?????

Von AK Voraus auf AK Zurück bringt erst einmal gar nichts (nur gigantische Kavitation) meine Schrauben griffen erst,
wenn die Vorausgeschwindigkeit sich etwa auf die Hälfte reduziert hatte.( ein paar Mal bei Notmanövern ausprobiert)

Der Schraubenwirkungsgrad ist bei Rückwärtsfahrt sehr stark verringert, da die Anströmung auf den Rumpf erfolgt und die Steigung der Schraube nicht mehr stimmt..
Die indirekte Steuerwirkung einer Mittelschraube ist sehr groß. (das Heck zieht nach Bb bei rechts drehender Schraube)
Sie kann bei einem 3 Schraubenschiff durch unterschiedliche Drehzahlen der Außenschrauben nur bedingt korrigiert werden.
Ich habe nur einen 2 Schrauben Tanker gefahren, Rückwärtsfahren und Kurs zu halten war die Pest.

Das Ruder hat bei Rückwärtsfahrt ebenfalls wenig Einfluß, da es verkehrt angeströmt wird. Ein quer geschlagenes
Ruder bei 15 kn Rückwärts würde abbrechen (siehe Kräfte Parallelogramm)

Ankerketten auszuhieven zur Stabilisierung der Steuerung funktioniert nur bedingt auf kleinen Schiffen (Boote) bei einem so großen Schiff wie der Bismarck, hätten sie mindestens 7 -8 Schäkel (a 27 m)ausstecken müssen, um eine Wirkung zu erzielen. Der Druck auf Ketten und Anker wäre so groß gewesen, daß die Spills und jegliche zusätzliche Verzurrung aus dem Deck gerissen wären.

Einige Zahlen von einem meiner Tanker:
Für 8 Schäkel zu Wasser plus 8 Tonnen Anker benötigte unsere Ankerwinde ca. 450 Tonnen Zugkraft, um das Ganze hochzuhieven.
Unsere Rudermaschine (elektro/hydraulisch) schaffte 800 - 1000 Tonnen Druck und das nur bei 15 kn Marschfahrt.

Kommen wir zum Wind:
In jedem Falle wäre die Bismarck immer angeluvt durch die Form und Anordnung ihrer Aufbauten.

Daß die Bismarck sich mit Rückwärtsfahrt aus der Affäre (wie in einigen Büchern beschrieben)hätte ziehen können, halte ich persönlich für einen seemännischen Blödsinn. Ganz zu schweigen von dem zerstörten Ruder und der kaputten Schraube.

Zu guterletzt: Ich habe die Bismarck als Modell gebaut (siehe Bauprojekte), mit einer 7-fachen Modellgeschwindigkeit nach Bernoille berechnet (um der Nichtskalierung des Wassers gerecht zu werden). Fahren sie die mal rückwärts, dann sehen sie genau was ich meine.
Die Schiffbauversuchsanstalten in Hamburg und Potsdam können Ihnen ebenfalls dazu etwas sagen.
Die Hamburger haben, soviel ich weiß, auch die Bismarck getestet. (als Modell)

Beste Grüße

Kapitän Hans




Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Hastei am 30 September 2008, 07:47:24
Hallo Kapitän Hans,

ich danke Dir für diese fundierte Ausführung ! Endlich mal ein Praktiker mit Erfahrung. Diese Theorien, wenn und könnte, ich finde es furchtbar .
z.B. Überlebende der Bismarch haben berichtet, die Ruder wären ausgekuppelt, woher wollten die das denn wissen ? (Sch--hausparolen)
Verstellpropeller bei Schlachtschiffen ? Doppelruder ausklappen ,prakisch wie ein Treibanker ? U-Boot im Schlepp um Gegenzug zu bekommen ,Ketten ausbringen u.ä. Hat noch Einer einen Vorschlag was wäre geschenen wenn ?
Ich mach mir jetzt bestimmt keine Freunde, aber das mußte raus.
Ich fuhr paarmal auf der Elbe im Notruderraum auf der alten D 183. Natürlich konnte man auskuppeln,schön glatte See, Geschwindigkeit ca. 12Kn (?) ,     aber bei großen Schiffen,wie z.B. Kreuzer oder Schlachtschiffe , bei Seegang, im Gefecht unter Stress, stelle ich mir das sehr schwierig vor.
Die Frage bezog sich auf die ,wenn ich mich noch recht entsinne ,IOWA-Klasse und schon waren wir wieder bei der Bismarck.
Was ich gut finde, dass sich so viele zu Wort meldeten, aber eine richtige Antwort hat m. M. nach nur Kap. Hans gegeben.

Nichts für Ungut, wie man so bei uns sagt

  Hastei

Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Rymon am 30 September 2008, 11:14:58
Hallo allerseits,

vor Jahren las ich mal in einem Buch über die Tirpitz, daß ein Notruder an Bord getestet wurde.

Weiß irgendwer etwas über dieses Ereignis und gibt es eventuell Bilder?

Liebe Grüße von

Stefan
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Tyrsus am 30 September 2008, 18:35:08
Nur so mal saublöd eingeworfen: Meine mich erinnern zu können, daß Mh-R in "Schlachtschiff Bismarck" schreibt, die Handsteuer- Umkuppelungsversuche wären ohnehin an im R- Maschinenraum pumpenden Seegang (ist ja an die 2m am Heck rauf- und runtergegangen...) und schließlich an klemmendem Schaltgestänge gescheitert...

Sollte es nicht auch -ohne allzu üblen Rudermurks zu verbrechen- möglich sein, kinetische Energie durch einfaches Hartruderlegen in Wellenspiel zu verwandeln? Es fährt wohl kaum einer mit einem 50.000tonner 30kn in engen Gewässern... noch nicht einmal im Krieg. Kann da als fast reiner Hypothetiker nur raten...

Bilde mir ein, irgendwo einmal etwas von hydraulisch abklappbaren Platten am hinteren Rumpfdrittel gelesen zu haben, deren einseitige Betätigung via Strömungsabriß etwas höhern Druck auf die Hülle praktizieren hätte und so als Notnagelruder wie Bremshilfe zu brauchen gewesen sein sollen...
Keine Ahnung, wo und im welchem Kontext, s' ist ein Jahrzehnt mindestens her...   Halte das auch nicht für sehr glaubhaft für die KM und möchte wetten, daß so etwas nie auf Tirpitz war.

Die B- Klasse scheint doch verflucht zu sein; kaum sagt man "Ruder", entsteigen die Geister ihren nassen Gräbern...

Gruß Tyrsus

P.S.: Kapitän Hans, ich bilde mir ein, daß ein ähnliches Klappensystem für Tanker im V/ULCC Bereich vorgeschlagen wurde, kann mir aber nicht vorstellen, daß etwas derart kapriziöses der ohnehin nicht unterbeschäftigten Crew zur Wartung angetan würde... vom Einbau in die Ballasttanks(neuerdings) ganz zu schweigen. Auch nur Chimäre?
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Captain Hans am 30 September 2008, 22:38:14
Hallo Hastei und Tyrsus

Ich möchte noch etwas zum Notruder (Handruder) sagen.

Auf meinem Tanker gab so etwas auch. Da die Rudermaschienen hydraulisch waren. konnte man die Elektroantriebsmotoren abkuppeln. Dann gab es eine Handpumpe (hydraulisch), die die großen Hydrauliken steuerte)
Gemäß Germanischem Lloyd waren wir verpflichtet, dies auf hoher See auszuprobieren.
Also wir brauchten 10 Minuten, um das Ruder von Hart BB auf Hart Stb zu pumpen, aber natürlich bei gestopptem Schiff. (und zwei total erschöpfte Pumpleute)
Ich kann mir gut vorstellen, wie wir mit dem Notruder über den Atlantik geeiert wären.

Ich hab keine Ahnung, wie das auf der Bismarck funktionierte, kann mir aber nicht vorstellen, daß man bei hoher Geschwindigkeit damit gut steuern kann.


Noch etwas zum angehängten U-Boot:

Wenn ich richtig rechne, hätte die Bismarck wohl 16 - 20 Kn rückwärts laufen müssen, um ihren Verfolgern zu entkommen.
Bei der Geschwindigkeit hätte das U-Boot, sehr zur Freude der Besatzung, wohl gesurft, wenn nicht vorher die Halterung der Schlepptrosse (die es nicht gab) das U-Boot zerlegt hätte.

Den umgekehrten Fall, also wir wurden auf hoher See abgeschleppt, habe ich leider selbst kommandieren müssen.
Mein 90 000 Tonnen Turbinentanker trieb mit ausgebrannten Kesseln im Atlantik . (Ausgang Mona Passage Karibik).
Ein amerikanischer Hochseeschlepper (8000 PS) schleppte uns ca. 1000 sm nach Savannah bei Windstärken 4 -6.
Die Schlepptrosse war 3 km lang, hatte riesige Grasvorläufer (sehr dehnungsfähig, um die Schläge abzufangen).
Wir hatten beide Ankerketten von den Ankern abgeschäkelt, um daran das ganze Schleppgeschirr zu befestigen.
Die Schleppleine hing also auf unserer gigantischen Ankerwinde, zusätzlich wurden die goßen Kettenstopper angesetzt und weiterhin jeweils 2 weitere Drahtstopper, die wir mit dem Deck verschweißten.
Die Schleppgeschwindigkeit betrug 2 -4 kn. Wir mußten dauernd gegensteuern, damit unser Schiff bei loser Leine nicht quer schlug. Der Schlepper mußte dauernd aufpassen, daß er ausgerichtet war, wenn das Schleppgeschirr steif wurde, denn ein seitlicher Zug hätte ihn glatt zum Kentern gebracht.
Das Schleppgeschirr riß einmal auf hoher See, dann nochmal kurz vor der Küste. Wir trieben auf eine Sandbank, wo uns dann 10 Schlepper runter holten.
Um das Schleppgeschirr anzubringen, brauchten wir 36 Stunden.

Nach unserer Ankunft hatte die Ankerwinde das Backdeck um 1 Meter angehoben und die Kettenstopper baumelten an den Ketten. Der Schlepper mußte ebenfalls in die Werft, denn sein Schleppgeschirr hatte überall Risse.

Können Sie sich nun das U-Boot vorstellen, am Bug der Bismarck hängend, Bismarck rückwärts schleudernd davon brausend ohne Schleppgeschirr und Halterungen und dann noch bei dem Seegang und Wind. Das U-Boot hätte wie eine leere Dose an einer Leine hinter einem LKW mit besoffenem Fahrer ausgesehen.
Das Ganze ist für mich schwer vorstellbar und ich glaube diese Geschichte sollte ad. Akta gelegt werden.

Hydraulisch ausklappbare Platten auf Tanker kenne ich nicht, aber vielleicht möglich. Der Schiffbau treibt manchmal wunderbare theoretische Blüten, in der Praxis funktioniert vieles nicht. (Die See bestimmt, was geht)

Ich habe größte Hochachtung vor der Leistung der Besatzung der Bismarck, die zum größten Teil nicht einmal Seeleute waren.
Ich möchte auch ihre Leistung nicht dadurch geschmälert wissen, indem man wilde Theorien über das aufstellt, was sie hätten noch machen können und vor allen Dingen, Theorien, die nach meiner Meinung sich seemännisch gar nicht umsetzen ließen.
Ich hab mein Modell dieser Besatzung gewidmet.

Nichts für Ungut

Beste Grüße

Kapitän Hans



Beste Grüße

Kapitän Hans



Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: t-geronimo am 30 September 2008, 23:16:25
Hach, unser Lieblings-Schiff mal wieder... :-D

Mal was zur U-Boot-Theorie:
Soweit ich weiß, war nicht die Rede davon, ein U-Boot vor BS zu binden, sondern als Kurs-Stabilisator dahinter!
Selbst wenn rechtzeitig ein U-Boot verfügbar gewesen wäre - daß das nicht funktionieren kann, darüber waren sich auch schon die SKL-Experten einig. Das brauchen wir nicht diskutieren.
Aber "wilde Theorien aufstellen" würde ich etwas differenzieren.
Die Idee, ein U-Boot in Schlepp zu nehmen, kam immerhin vom Schiff selber. Ich meine, Junack hat sie mitgebracht oder er sich später gefragt, ob wirklich alles versucht wurde, um BS zu retten - eben auch per U-Boot.
Insofern wurde diese Theorie auf dem Schiff aufgestellt, nicht außen.
Wenn schon Geschichte, dann ganz.

Ich finde, man muß vielmehr betrachten wofür diese Idee steht:
Nämlich für die Verzweiflung, die viele in sich trugen, auch wenn sie es nach außen oft nicht zeigten.
Sie spiegelt doch dieses sich an jeden noch so dünnen Strohhalm klammern wieder, das man als dem Tod gegenüberstehender hat.
Daß das nicht klappen konnte, war auch Leuten wie Junack klar. Aber wie man in solchen Situationen reagiert, kann man glaube ich so richtig erst beurteilen, wenn man selber so etwas schon miterlebt hat.
Da kommen dann, wenn alles wirklich rationale ausgeschöpft worden ist, auch schon mal etwas spinnerte Dinge als Hilfeschrei der Seele.

So sollte man die U-Boot-Idee betrachten, denke ich.
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Captain Hans am 30 September 2008, 23:51:48
Hallo Thorsten

So gesehen kann ich Dir nur vollkommen recht geben

Beste Grüße

Kapitän Hans
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Tyrsus am 02 Oktober 2008, 12:15:30
Steckbrief der Haupt- und Hilfsruderanlage "Bismarck"(und von sonst fast jedem größeren militärischen Pott in der ersten Hälfte des 20. Jhdts...): 

Ruderlegung mittels elektrisch angetriebener Schraubenschloßtransmission (Spindel mit zur Hälfte Rechts- und zur Hälfte Linksgewinde, daran liegende Spindelnüsse, an denen wiederum die Ruderpleuel sitzen. Bei Drehung bewegen sich die Nüsse aufeinander zu oder voneinander weg, ergibt dann Ruderlage). Die Umschaltkupplung mußte da freilich im R- Maschinenraum sitzen; die damit durch Fernwellen verbundenen Notruderräume mit Spakenrädern waren jeweilen achterlich der achteren 15.2cm Türme, deren Besatzungen auch die Rolle "Notruderlegen" ausüben mußte. In dieser Manier waren sie dann ja auch besetzt, bis man sich mit den übel verbogenen Kupplungsgestängen an den Rudermaschinen abfinden mußte...

Derartige Schraubenschloßtransmissionen sind relativ aufwändig in der Fertigung und deshalb wohl erheblich teurer als Hydraulik, haben aber den Vorteil exaktester Ansteuerbarkeit, relativ geringen Kraftaufwandes an der Spindelwelle und der Selbsthemmung bei Fortfall jedweder Betätigungskraft; das sollte also für bis zu 15kn ohne Probleme praktikabel gewesen sein. Auch kann hier eine Luftblase nicht annähernd so viel anrichten wie in Druckölsystemen...

Habe sie nur deswegen so erschöpfend geschildert, weil ich mir nicht sicher bin, ob sie nicht schon vor 60 Jahren in der zivilen Seefahrt vollkommen von hydraulischen Anlagen verdrängt worden sind.

Hoffe, nützlich gewesen zu sein...            Tyrsus
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Captain Hans am 03 Oktober 2008, 20:07:36
Hallo Thyrsus solche Anlagen kenne ich och von kleineren Schiffe. Alle anderen Schiffe hatten hydraulische Anlagen.

Habe nun endlich herausbekommen wie die Maschinenanlage der Bismarck auf Rückwärts funktionierte.
Wie ich mir schon gedacht habe, hatte sie Rückwärtsturbinen, die erst bei Wellenstillstand hochgefahren werden konnten, da es sonst Turbinensalat gegeben hätte.
Die vohandenen Wellenbremsen durften nicht zur Abbremsung der Wellen benutzt werden, denn sie dienten nur
zur Festsetzung der Wellen bei Reparaturen.
Nun kann man sich auch vorstellen wie schwierig es war, das Schiff mit den Schrauben zu steuern.
Wieviel Rückwärtsleistung sie wirklich hatte, weiß ich immer nocht, krieg ich aber noch raus.

Beste Grüße

Kapitän Hans
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Captain Hans am 05 Oktober 2008, 18:29:13
sorry hatte eine falsche Auskunft, denn die Bismarck hatte keine Rückwärtsturbinen !!!!!

Hier nun die Richtigstellung:
Die Mittel-und Backbordturbine waren baugleich, die Steuerbordturbine dagegen spiegelbildlich.
Bb. und Mittelschraube waren linksdrehend, der Stb. Propeller rechts drehend

Jeder auf eine dieser Welle arbeitende Tubinensatz bestand  aus:

Hochdruck-,Mittel und Niederdruckturbine.

Für die Rückwärtsfahrt ließen sich nur Hoch- und die Niederdruckturbine, die mit zusätzlichen Schaufelrädern ausgestattet waren, durch Aufbringen des Dampfdrucks auf diese Extrabeschaufelung konnte die Drehrichtung geändert werden. Natürlich erst nach Wellenstillstand.
Da die Rückwärtsbeschaufelung nicht die Drehzahlen der Vorausbeschafelungen brachte, und die Mitteldruckturbine
komplett fehlt, ist absolut klar, daß die Bismarck bei Rückwärtsfahrt nur eine sehr verminderte Leistung wie auf Voraus
hatte.
Wie schnell sie nun auf Rückwärts werden konnte bekomme ich noch raus.


Beste Grüße

Kapitän Hans
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: winni am 06 Oktober 2008, 10:28:38
Zitat von: Kapitän Hans am 05 Oktober 2008, 18:29:13
sorry hatte eine falsche Auskunft, denn die Bismarck hatte keine Rückwärtsturbinen !!!!!


Moin moin.

Also im Breyer/Koop "Schlachtschiff Bismarck eine Technikgeschichtliche Dokumentation" steht dazu folgendes.:
Zu jeden Turbinensatz gehörten:
-eine Hochdruckturbine mit einem Curtisrand und 4 Stufen,
-einer Mitteldruckturbine,doppelflutig mit 15 Stufen,
-eine Niederdruck-Rückwärtsturbine,ebenfalls doppelflutig,
-eine Hochdruck-Rückwärtsturbine (deren Curtisrand in einem eigenen Gehäuse an der Gegenseite der Antriebsseite der Mitteldruckturbine saß),und
-eine Niederdruckturbine mit neun Stufen und direkt über dem Kondensator angeortnet.
Eine Marschturbine hatte der Turbinensatz nicht. Rückwärtsfahrt 3x12000 WPS.


Gruß Günther.  :-)
Titel: Re: Vollbremsung Schlachtschiff
Beitrag von: Captain Hans am 14 Oktober 2008, 01:00:19
nach Günthers Bericht ist nun wohl auch klar, daß sie nie mit Rückwärts hätte entkommen können, denn sie hate ja auf Rückwärts nur ein Fünftel der Vorausleistung. Welche Geschwindigkeit sie damit erreichen konnte, weiß ich nicht, aber garantiert lag das unter 10 kn.

Beste Grüße

Kapitän Hans