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Flotten der Welt => Andere Marinen => Thema gestartet von: Rheinmetall am 29 Juni 2014, 17:17:06

Titel: Verluste der Schweizer Hochseeflotte während des Zweiten Weltkrieges
Beitrag von: Rheinmetall am 29 Juni 2014, 17:17:06
Hallo liebe Forumsmitglieder !

Vorhin habe ich einen Bericht über die Schweizer Hochseeflotte (ja die gibt´s wirklich, ist kein Witz !  :-D ) gelesen.
Diese entstand bereits während des Ersten Weltkrieges und umfasst im Jahr 2014 insgesamt 46 Schiffe mit einer BRZ vom 869'563.

Während des Zweiten Weltkrieges gingen mindestens zwei Schiffe der Eidgenossen verloren, obwohl diese als neutrale Einheiten mit dem großen, weißen Schriftzug "Schweiz" bzw. "Switzerland" versehen waren.

Zum einen handelte es sich um die 1906 vom Stapel gelaufene "Maloja" (1.781 BRT) welche bei schönem Wetter, guter Sicht und ruhiger See am 7. September 1943 vor Kap Recallata / Korsika von zehn Beaufighter ohne Vorwarnung im Tiefflug mit Bordwaffen und zwei Torpedos angegriffen und versenkt wurde.
Dieser Angriff erfolgte angeblich irrtümlich.
Drei Seeleute fanden hierbei den Tod, sieben weitere wurden verwundet.
Im Gegensatz zu der "Chasseral" die im April 1944 angegriffen worden war, wurde bei der "Maloja" keine Entschädigung entrichtet.

Gab es neben diesen beiden Verlusten noch mehr versenkten Schweizer Schiffe ?
Leider habe ich keine Informationen über die besagte "Chasseral" gefunden, hat da jemand von Euch vielleicht weitere Informationen über dieses Schiff bzw. über deren Verlust ?
Weiß jemand evtl. wie hoch die Entschädigung hierbei war und weshalb für die Maloja nichts bezahlt wurde ?
Normalerweise lassen sich die Eidgenossen ja für alles (großzügig) bezahlen oder entschädigen.

Über Antworten würde ich mich sehr freuen.

Rheinmetall



Titel: Re: Verluste der Schweizer Hochseeflotte während des Zweiten Weltkrieges
Beitrag von: Rudergänger am 29 Juni 2014, 18:52:57
Hallo Rheinmetall,

über die Schweizer Handelsflotte gibt es ein sehr ausführliches und interessantes Buch von Walter Zürcher "Die Schweizer Handelsschiffe 1939-1945" mit sehr ausführlichen Beschreibungen der Schweizer Handelsschiffe im Krieg. Erschienen ist das Buch 1992 bei Köhler. Bei Bedarf kann ich Dir einige Seiten über die Chasseral zukommen lassen.

Harald
Titel: Re: Verluste der Schweizer Hochseeflotte während des Zweiten Weltkrieges
Beitrag von: maurice voss am 29 Juni 2014, 20:13:22
http://www.swiss-ships.ch/vorlagen/fr_startseite.htm

Hallo,


Hier mehr darüber.

mfG
Maurice
Titel: Re: Verluste der Schweizer Hochseeflotte während des Zweiten Weltkrieges
Beitrag von: TD am 29 Juni 2014, 20:21:25
Hallo Maurice,

wollte uch gerade auf Martins Super Internet - Arrbeit hinweisen

Gruß

Theo
Titel: Re: Verluste der Schweizer Hochseeflotte während des Zweiten Weltkrieges
Beitrag von: Peter K. am 29 Juni 2014, 22:18:45
Ich kann das Buch von Walter ZÜRCHER auch nur empfehlen!

CHASSERAL war kein Totalverlust!
Neben MALOJA verlor die Schweizer Handelsflotte während des Krieges noch GENEROSO und ZÜRICH!
Titel: Re: Verluste der Schweizer Hochseeflotte während des Zweiten Weltkrieges
Beitrag von: TD am 29 Juni 2014, 23:15:09
Hallo Peter,

ganz richtig.
Chasseral“hatte eine Uhrenladung für Amerika an Bord und wurde bei Luftangriff durch britische Flugzeuge sofort fluchtartig von seiner internationalen Besatzung verlassen.

Später wurde der Dampfer von deutschen Booten besetzt ( Martin hat vielleicht mehr dazu ??) und ein Seenotflugzeug stürzte ab.
Der Dampfer wurde in einen deutsch besetzten Hafen eingeschleppt und sollte erst als Beute eingezogen werden.

Auf höheren befehl wurden dann alle Schäden wie das Flugzeug usw.  der Versicherung in Rechnung gestellt und der Wehrwirtschaftsführer Müller in Hamburg musste den Wert des  Dampfers Chasseral ermitteln wegen des Bergungslohnes ( wohl auch der Ladung die ein vielfaches mehr Wert war).


Deutscherseits gab es dann noch die Crastis- Verwaltungs- GmbH. Zürich welche es allerdings nicht schaffte alle Schiffe eintragen zu lassen zw. keine schiffe eingetragen bekam.

So die z. B. die EINTRACHT

(5.052) Glückstadt (1893, Glasgow)  148 BRT; 29,89 x 6,17 m; griech. S/fi Leonardos; (1934 Vassiliki,
G. Picnotsis, Piräus; 1937 G. B. Karatzas, Piräus; 1940 zum br. nach  Istanbul verk., 1941 Sava Serghiu,  Istanbul; 1941schweiz. Eintracht, Crastis-Verwaltungs-GmbH. Zürich; 1941 dt., Dt. Levante-Linie;  1943 Odessa, Umbau zum Kühlschiff; 1943 Schiffahrt-GmbH., 1.4.1944 Glückstadt;  3.4.1944 aus  Odessa abzuschleppen; 25.8.1944 in Constanţa zurückgelassen; Verbleib ??


Es gab natürlich auch schweizer Schiffsverluste auf den "Hohen Seen" in den Alpen !

Unter anderen wurde das Motorschiff ,,Milano"  am 24. September 1944 vor Villa San Remigio durch US- Flugzeuge versenkt und auf dem Garda See neben einigen Schweizer Schiffen sogar ein deutsches Lazarettschiff.


Gruß



Theo
Titel: Re: Verluste der Schweizer Hochseeflotte während des Zweiten Weltkrieges
Beitrag von: redfort am 30 Juni 2014, 01:00:32
ZitatSpäter wurde der Dampfer von deutschen Booten besetzt ( Martin hat vielleicht mehr dazu ??) und ein Seenotflugzeug stürzte ab.

Nein Theo,
nicht abgestürzt sondern:
das Seenotflugzeug ( Do 24 T 3. Kennung: Ci+GQ, werknr. 1003) der Seenotstaffel 3 aus Berre hat sich bei der Landung im Qu. 4437 / 04 Ost am 22.04.44 den Bootsrumpf aufgerissen und ist gesunken.
Titel: Re: Verluste der Schweizer Hochseeflotte während des Zweiten Weltkrieges
Beitrag von: TD am 30 Juni 2014, 01:07:37
Prima Axel !

Habe ja im Moment nicht die Unterlage im Haus.

Im Kopf hatte ich das sich das Flugzeug überschlagen hatte.

Was hat denn bei der Gelegenheit so eine Maschine nach zwei Jahren Kriegseinsatz an Wert gehabt ??

Gruß

Theo
Titel: Re: Verluste der Schweizer Hochseeflotte während des Zweiten Weltkrieges
Beitrag von: redfort am 30 Juni 2014, 01:47:51
Hi Theo,
wieso 2 Jahre, die Maschine wurde im August 1943 vom franz. Werk SNAC-N. geliefert.
Zugewiesen am 09.08.1943.
Also gerade mal 8 Monate Einsatz hinter sich.
Der Wert dürfte so zwischen 680.000 bis 800.000 RM liegen.
Titel: Re: Verluste der Schweizer Hochseeflotte während des Zweiten Weltkrieges
Beitrag von: TD am 30 Juni 2014, 03:06:34
Hallo Axel,

Schade, ich konnte weder Preise für Schiff, Ladung, Flugzeug noch Bergungskosten ermitteln da alle Vorgänge wohl in Berlin verlustig wurden.

Wenn man davon ausgeht das die Edelfracht aus 350 to feinster Uhren für Viehbarone und Weizenfürsten Südamerika bestand kann man sich ja denken das alle Preise und Summen "Peanuts " gegen diese Summen waren. Die Absicht des Führungsstabes der Gruppe West sich  diesen Schatz durch eine Beuteerklärung zu sichern wurde ja von der  Seekriegsleitung aus politischen Gründen untersagt ( rechtlich ja auch nicht vertretbar ), anderseits standen laufende Angriffe von sieben britischen Flugzeugen auf ein neutrales Schiff ja dem gegenüber. Bedenkt man das in dieser Zeit auf vielen Meeren, vor allen Dingen in der Ägäis, schwedische Lebensmittelspendeschiffe und Lazarettschiffe angegriffen wurden fällt natürlich der Angriff auf ein Schweizer Schiff kaum auf, es macht nur die Ladung !
Vielleicht hat ja ein Leser für die Zeit Juni - Aug. 1944 einen Lloyds Shipping Index zur Hand welcher Hinweise gibt ob die CHARSSERAL später noch nach Südamerika ausgelaufen ist ?
Wie es auch sei, ich selber habe immer noch großes Interesse an Schiffsverlusten aus Schweizer Seen und Flüssen.

Eine schöne Woche

Theo
Titel: Re: Verluste der Schweizer Hochseeflotte während des Zweiten Weltkrieges
Beitrag von: kgvm am 30 Juni 2014, 10:34:39
Nach dem schon genannten Werk von Walter Zürcher verlangten die Deutschen für den Verlust des Seenotflugzeugs 750.000 Reichsmark.

Ebenfalls nach Zürcher wurde die "Chasseral" nach Sète geschleppt und behelfsmäßig repariert, so daß sie am 7. Juni zur endgültigen Reparatur nach Lissabon auslaufen kann, wo sie am 12. Juni 1944 eintraf. Die endgültige Reparatur im Dock der Werft CUF dauerte dann bis Ende Juli.

Zürcher schreibt übrigens nur von Lissabon als Reiseziel der "Chasseral", als sie angegriffen wurde. In seinem Buch Schweizer Flagge zur See berichtet er weiter, daß die Ladung der "Chasseral", Uhren im Werte von ca. 10 Millionen Schweizer Franken, von der "Zürich" übernommen und nach Lissabon weitertransportiert wurde.
Titel: Re: Verluste der Schweizer Hochseeflotte während des Zweiten Weltkrieges
Beitrag von: Rheinmetall am 30 Juni 2014, 14:52:33
Wow !

Es freut mich das so viele Antworten auf meine Frage zustande gekommen sind.
Herzlichen Dank dafür.

ZitatNach dem schon genannten Werk von Walter Zürcher verlangten die Deutschen für den Verlust des Seenotflugzeugs 750.000 Reichsmark.
Das ist aber ganz schön viel für eine Dornier Do 24 !  :-o
Im Vergleich beliefen sich die Baukosten für ein U-Boot des Typ XXIII - also die kleinen Brüder der berühmten Elektroboote auf 761.721 RM (ohne Schussbau).

Rheinmetall
Titel: Re: Verluste der Schweizer Hochseeflotte während des Zweiten Weltkrieges
Beitrag von: TD am 30 Juni 2014, 18:27:13
Hallo Klaus Günther,

in der Aussage des belgischen Kapitäns Marcel Henrotin (wohnte in der Schweiz)  steht auch das der Dampfer nach Lissabon laufen sollte, in den anderen Meldungen ist immer zu erkennen das Lissabon der Abgangshafem für Südamerika sein sollte.

Der Wert des 1897 gebauten Dampfers wird wird mit 10/15,000 Pfund angegeben bzw. einen Vorkriegsneubauwert von 2 bis 2,2 Mill. RM.

Gruß

Theo
Titel: Re: Verluste der Schweizer Hochseeflotte während des Zweiten Weltkrieges
Beitrag von: Q am 01 Juli 2014, 12:19:51
Ich finde den Versenkungsbericht (http://www.swiss-ships.ch/schiffe/maloja_002/maloja-untergang-1943-09-07.pdf) des Albert H. Vogel sehr lesenswert. Da bleibt einem nur zu hoffen, das man nie in so eine Situation geraet. Ich war bei der Beschreibung der Kollision des Rettungsbootes mit der laufenden Schiffschraube stark an Indiana Jones errinnert.



Don`t Panic
Titel: Re: Verluste der Schweizer Hochseeflotte während des Zweiten Weltkrieges
Beitrag von: Rheinmetall am 01 Juli 2014, 19:13:28
Hallo Q !

Vielen Dank für Deinen Link zu dem Versenkungsbericht des Augenzeugen Albert H. Vogel.
Wo hast Du den her gezaubert ?  :-)
Hab mir schon ne Sicherheitskopie davon gezogen, sehr interessant und lesenswert.

Mit den besten Grüßen,

Rheinmetall
Titel: Re: Verluste der Schweizer Hochseeflotte während des Zweiten Weltkrieges
Beitrag von: Q am 02 Juli 2014, 19:03:32
Der steht als Link im von Maurice Voss verlinkten Beitrag. Wenn man die einzelnen Schiffe Durchklickt auf der linken Seite.



Don`t Panic


Edit:
So sind als Beispiel (http://www.swiss-ships.ch/schiffe/saentis_007/fr_saentis_007.htm) in Saentis Stories auch einige schoene Fakten, so die Sulzer Diesel (http://www.swiss-ships.ch/schiffe/saentis_007/schiffsberichte_saentis/1944%20saentis_-007-Neue%20Maschinenanlage.pdf) + Bilder (http://www.swiss-ships.ch/schiffe/saentis_007/form-fotos-spez-saentis_007-engine.htm) oder wie die Rettungsaktion (http://www.swiss-ships.ch/schiffe/saentis_007/schiffsberichte_saentis/Rescue%20Operation%20North%20Atlantic.pdf) der Saentis der Crew der ANNA, die von U404 Otto von Bülow auf Position 34° 10'N, 68° 22'W ins Wasser getrieben wurde.

Edit2: Hier (http://www.swiss-ships.ch/schiffe/zuerich_012/1943.04.16%20Brueckenbauer-s.s.%20ZUERICH.pdf) auch noch ein Zeitungartikel zum Erwerb der "Zuerich" von 43
Titel: Re: Verluste der Schweizer Hochseeflotte während des Zweiten Weltkrieges
Beitrag von: TD am 03 Juli 2014, 17:18:41



19.99  €  !!

http://www.ebay.de/itm/Zurcher-Schweizer-Handelsschiffe-1939-1945-Schiffe-Schweiz-Weltkrieg-/121370654162?pt=LH_DefaultDomain_77&hash=item1c424135d2

Theo
Titel: Re: Verluste der Schweizer Hochseeflotte während des Zweiten Weltkrieges
Beitrag von: redfort am 04 Juli 2014, 14:37:30
Zitat von: Rheinmetall am 30 Juni 2014, 14:52:33

ZitatNach dem schon genannten Werk von Walter Zürcher verlangten die Deutschen für den Verlust des Seenotflugzeugs 750.000 Reichsmark.
Das ist aber ganz schön viel für eine Dornier Do 24 !  :o
Im Vergleich beliefen sich die Baukosten für ein U-Boot des Typ XXIII - also die kleinen Brüder der berühmten Elektroboote auf 761.721 RM (ohne Schussbau).

Rheinmetall

;D der Neupreis für ein Do 24 lag bei etwa 1.000.000 Reichsmark.
Titel: Re: Verluste der Schweizer Hochseeflotte während des Zweiten Weltkrieges
Beitrag von: Rheinmetall am 05 Juli 2014, 13:35:32
Hallo Redford !

Aber wieso war der besagte Flugboot-Typ so teuer ?
Verstehe nicht, wie ein Flugzeug so viel kosten kann wie der damals modernste Front-Uboot-typ...  :?

Rheinmetall
Titel: Re: Verluste der Schweizer Hochseeflotte während des Zweiten Weltkrieges
Beitrag von: redfort am 05 Juli 2014, 17:10:11
Hallo Rheinmetall,
wieso so teuer, ist ja noch billig.
Aber Ganz einfach, Material-Kosten, dazu 3 Triebwerke und der ganze Kram drum herum.
Ein U-Boot salopp gesagt konnte man damals aus jeden Stahlträger bauen. Ein Flugzeug nicht.

Mal eine paar Vergleiche:
Die franz. 6 mot. Latécoère 631, kurz Late 631 (Flugboot) , kostet mal eben umgerechnet 44 Mio. RM,
die BV 222 lieg ungefähr in der gleichen Preisklasse.
Das franz. 4 mot. BR 730 (Flugboot), nur ein Schnäppchen 22,5 Mio. RM.

Die DO 24 aus dem Jahre 1943 hier 1.000.000 RM würde nach heutigen Kurs ungefähr ca. 4 Mio. Euro kosten.
Die DO 24 TT der Nachbau kostet schon das 4,5 fache, ca. 17,85 Mio. Euro.

Und ein U-Boot der Klasse 212 A kostet heute mal locker 400 Mio. Euro, wenns es reicht. Da fragt man sich auch: Wieso so teuer ?

Ende der Exkursion. ;D
Titel: Re: Verluste der Schweizer Hochseeflotte während des Zweiten Weltkrieges
Beitrag von: kgvm am 05 Juli 2014, 21:52:53
Woher stammen die Kostenangaben für das U-Boot?
Gröner gibt für den Typ XXI Baukosten von 5.750.000 Reichsmark an, da kann ich mir kaum vorstellen, daß der Typ XXIII so viel weniger gekostet hat.
Oder heißt die Angabe "ohne Schußbau", daß es sich nur um die Zusammenbaukosten der Montagewerft handelt? Dann würde natürlich ein Großteil der Kosten fehlen!