Operation Jubilee war eine am 19. August 1942 durchgeführte alliierte – hauptsächlich kanadische – Landungsoperation auf den von deutschen Truppen besetzten Hafen Dieppe in Nordfrankreich. Beteiligt waren 237 Schiffe und 7.500 amerikanische, englische, kanadische, polnische und französische Soldaten. Ziel des Angriffs war die kurzzeitige Inbesitznahme der Stadt Dieppe, welche nach wenigen Stunden wieder geräumt werden sollte. Die Operation scheiterte jedoch unter hohen alliierten Verlusten von bis zu 70 % der eingesetzten Streitkräfte. Im englischen Sprachraum ist der Angriff auch als Dieppe Raid bekannt.
So steht es bei Wiki.
http://de.wikipedia.org/wiki/Operation_Jubilee
In ,,Seekrieg im Ärmelkanal", Seite 87, von Naims/Frädrich fragen sich die Autoren, was das sollte. Diese Frage habe ich allerdings auch.
Nur um die Russen wegen einer zweiten Front zu beruhigen begibt man sich doch nicht ein solches Abenteuer. Oder irre ich mich da?
Um diese Aktion richtig zu beurteilen, muß man bis in das Jahr 1940 zurückgehen. Als Churchill Premier wurde, befanden sich die Briten auf dem Rückzug aus Norwegen und Kontinental-Europa. Zu diesem Zeitpunkt ersannen die Briten die Strategie der Kommando-Raids. Ziel war das Erzielen von propagandistisch verwertbaren Erfolgen und eine Zersplitterung der deutschen Verteidigungskräfte. Diese Strategie der Briten wurde bereits in den Kriegen seit dem 18. Jh. angewandt.
Dieppe war ein Musterbeispiel einer mißlungenen Operation. Hier versagte die Strategie.
Desweiteren ging es bei dieser Operation um eine Erprobung eines Frontalangriffs auf einen gut verteidigten Hafen. Die Alliierten erkannten nach Dieppe die Unmöglichkeit eines solchen Vorhabens. Daraufhin wurden langfristig Pläne zur Landung an frei zugänglichen Strandabschnitten ausgearbeitet. Die ersten Zeiträume für eine großangelegte alliierte Landung war für 1943 geplant, tatsächlich fand sie ja dann im Juni 1944 statt.
Hallo Kalli,
ich hatte diese Frage auch schon mal gestellt:
http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,5344.0.html
Wie Mario schon ausführte:
Dieppe hatte - auch meiner Meinung nach - zwei Ziele:
- Erzielung eines propagandistischen Erfolgs durch einen überfallartigen Angriff mit gelungener Absetzbewegung
- Erprobung von Material und Taktiken für ein Landungsunternehmen
Operation Overlord war zwar erst im Juni 1944, aber die Landungen im Mittelmeer begannen ja schon 1943. Dafür war Dieppe m.E. die "Generalprobe". Die ist zwar misslungen, aber man sagt ja, dass dann die Premiere klappt.
Grüße,
Karsten
Hallo Kalli,
ich habe folgendes gefunden: In Saul Davids ,,Die größten Fehlschläge der Militärgeschichte" wird Deine Frage genau in dem von Dir formulierten Sinne mit ja beantwortet.
Etwa um September 1942 wurde Churchill durch Lord Beaverbrook, seines Zeichens Minister für Flugzeugproduktion gedrängt, durch das Eröffnen einer zweiten Front auf der Halbinsel von Cherbourg Stalin die Kampfbereitschaft Großbritanniens zu demonstrieren. Als Planer wurde der 41-jährige Hauptmann Lord Louis Mountbatten, ein entfernter Verwandter des Königs, ernannt, der zwei Aufgaben erhielt: das Fortführen von Attacken auf die französische Küste, um den Feind nicht zur Ruhe kommen zu lassen und die Vorbereitung einer späteren Invasion auf dem europäischen Festland.
Mountbatten konnte als Legitimation seiner Ernennung lediglich seine Tapferkeit ins Feld führen, die er zeigte, als zwei seiner Zerstörer völlig unnötig torpediert wurden und ein weiterer versenkt wurde.
In der Planung für 1942 waren Einfälle in Ostende und St.-Nazaire im März, in Bayonne im April, auf Alderney im Mai, in Dieppe im Juni und Juli und ein Angriff auf das deutsche Hauptquartier in Paris im August geplant. Dabei wurde Dieppe noch kein besonderes Augenmerk geschenkt, nach einer kurzen Besetzung durch eine Einheit in Divisionsgröße, sollte die kleine Hafenstadt wieder geräumt werden.
Als Stalin im Februar 1942 unter dem Einfluss der Erfolge der Wehrmacht ankündigte, mit Hitler verhandeln zu wollen, war das auch der Versuch, die Westalliierten gemäß ihren Bündnispflichten zur Eröffnung einer zweiten Front zu drängen oder zumindest Angriffe auf das Festland auszuführen. Hitler erkannte diesen Versuch und versetzte in einer Führerweisung vom März 1942 die Truppen in den Küstengebieten in Alarmbereitschaft.
Churchills Reaktion war der Befehl u.a. an Mountbatten eine ,,Opfer"-Operation in Frankreich durchzuführen, um Russland bei der Stange zu halten. Während andere Militärberater nur kurzfristige Brückenköpfe oder große Einfälle vorschlugen, enthielt Mountbattens Plan die dauerhafte Besetzung der Halbinsel Cotentin auf unbestimmte Zeit. Für diesen wagemutigen Plan wurde Mountbatten von Churchill zum ständigen Mitgleid des Generalstabskomitees im Rang eines Vice-Admirals befördert. Der Plan wurde aber wieder fallengelassen und so stand Churchill Russland gegenüber wieder mit leeren Händen da und auch Mountbatten brauchte nun eine Rechtfertigung für seine Beförderung.
Und so wurde der Angriff auf Dieppe zu einer großangelegten Angriffsoperation, bei der etwa 4000, zum großen Teil kampfunerprobte kanadische Soldaten gegen gut eingegrabene, hinter stacheldrahtbewehrten und verminten Zugangswegen verschanzte Veteranen am helllichten Tage im Frontalangriff vorgehen sollten. Der Angriff war von vornherein wenig erfolgversprechend, aber Mountbatten konnte bei einem Scheitern die Schuld immer noch auf die eingesetzten Truppen oder die Regierung abwälzen. Ein Sommer ohne Aktion würde aber allein ihm angelastet werden und so fällte Mountbatten die Entscheidung für einen Angriff.
Als der Angriff dann tatsächlich scheiterte, versuchte Mountbatten unglückliche Umstände und die Inkompetenz des kommandierenden Generals Roberts als Entschuldigung anzuführen. Ein Biograph Montgomerys Beschrieb Mountbatten daraufhin als einen "meisterhaften Intriganten, voller Eifersucht und Unbeholfenheit. Wie ein verzogenenes Kind spielte er mit dem Leben seiner Männer und stand Verlusten mit einer solchen Gleichgültigkeit gegenüber, dass man dies nur mit seinem unersättlichen, ja sogar pathologischen Ergeiz erklären kann".
Soweit eine Zusammenfassung des entsprechenden Textes auf den Seiten 122 bis 133. (Übrigens, der nächste Abschnitt im Kapitel "Katastrophale Pläne" trägt die Überschrift "Das Fiasko von Arnheim")
Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
Servus,
so einfach würde ich die Sache nicht beurteilen. Mountbatten war auch als Vizeadmiral nicht in der Postion eine solche Aktion zu starten, ohne von einer übergeordneten Stelle den Befehl dazu zu erhalten.
Ging es wirklich bei "Jubilee" darum, den Russen zu zeigen, daß man wolle aber nicht könne? Oder wollte man die Amerikaner zum britischen Plan "Gymnast" bewegen? Dazu mußte man aber den amerikanischen Plan "Sledgehammer" unmöglich erscheinen lassen.
Sorry Karsten, an Deinen Beitrag konnte ich mich leider nicht mehr erinnern.
Die bisherigen Erklärungen klingen ja recht einleuchtend (Danke Schorsch und Mario).
Trotz allem will mir nicht in den Kopf, dass so eine Wahnsinnsunternehmung tatsächlich unternommen wurde.
Die Erkenntnisse über Dieppe haben doch wohl ausgereicht, um im "Sandkasten" die Erfolgslosigkeit der Unternehmung zu simulieren.
Falls es wirklich weiter keine anderen Erklärungen gibt ist das für mich ein Fall von größter Verantwortungslosigkeit gegenüber den in den sicheren Tod geschickten (kanadischen) Soldaten. Ein Fall fürs Kriegsgericht?
Eher Machtpolitik. Die Briten (Churchill) zwingen den Amerikanern ihren Plan auf und "beweisen" Stalin, daß eine 2.Front zu diesem Zeitpunkt unmöglich ist. Damit kann man die Operation in Afrika beruhigt starten.
Kein Kriegsgericht würde da etwas unternehmen können. Außerdem, wer wollte den den eigenen Premier vor ein Gericht zwingen?
@ Kalli:
:-D :-D :-D
Spaß beiseite: Meiner Meinung nach wurden die alliierten Truppen bei Dieppe einfach verheizt, zu welchem Zweck auch immer. Das Unternehmen war der pure Wahnsinn.
Karsten
@Spee,
ist schon klar. Die Kriegsgerichtsfrage war rein rhetorisch. Aber meinst Du, dass man die Russen mit dem Einsatz von ca 7.000 Soldaten beeindrucken oder ihnen was beweisen konnte?
Die waren andere Größenordnungen gewohnt und auch Verluste.
Ebenso waren die Amerikaner in der Lage, dies zu durchschauen, wenn man sie austricksen wollte.
Eine Entscheidung Landung in Frankreich oder in Afrika oder später Italien mit dieser (Verzeihung an die Opfer) lächerlichen Aktion zu forcieren halte ich gelinde gesagt für abenteuerlich.
Da gebe ich eher Karsten Recht- Verheizen ohne sichtbaren Grund.
@kalli,
ohne Grund geht eine solche Aktion nicht über die Bühne.
Die Amerikaner bevorzugten eine Landung in Frankreich, noch 1942. Aber im Frühjahr 1942 war ihr Hauptaugenmerk im Pazifik. Wenn man zu einem solchen Zeitpunkt eine richtig schön in die Hose gegangene Operation vorweisen kann, mit Toten und vielen Gefangenen, dann ist das schon ein Druckmittel, wenn man auf der anderen Seite gerade auf den Philippinen den A.sch versohlt bekommt. Ist man moralisch erstmal im Keller, wirkt jede Niederlage doppelt schwer.
@Spee:
Mountbattens Kompetenzen als Chef der Vereinigten Operationen gingen schon recht weit, zumal er als Churchills Protege galt und von ihm die entsprechenden Anordnungen erhalten hatte.
So scheiterten zum Beispiel zwei Probeläufe der Anlandung, die im Juli an der Küste von Dorset durchgeführt wurden, an der mangelhaften Koordination der vielen Einzeloperationen. Als sich daraufhin Montgomery dafür aussprach, den Angriff auf Dieppe abzublasen, wurde ihm die Zuständigkeit für die Operation entzogen, obwohl er Truppen dafür zu stellen hatte. Genauso erging es dem Befehlshaber der Marinestreitkräfte, die sich an der Operation zu beteiligen hatten. Auch der hatte sich Montgomerys Meinung angeschlossen. Und als letztes Schlaglicht auf Mountbattens Befehlsgewalt soll noch dienen, dass es ihm gelang, die Operation am 31.07. anzuleiern, ohne dass bereits eine offizielle Genehmigung vom Komitee der Stabschefs vorlag.
Ich denke, damit hat sich Mountbatten als williger Vollstrecker der Pläne Churchills angeboten.
Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
@Schorsch,
das Mountbatten ein williger Vollstrecker Churchills war, will und werde ich nicht anzweifeln. Aber Mountbatten war nicht der Kopf und nicht der, welcher den Mißerfolg von "Jubilee" brauchte, um seine eigenen Ziele durchzusetzen.
Das Montgomery mal was abgesagt hat, was als deutlicher Mißerfolg zu erkennen war, selten genug. Du erwähntest ja schon "Market Garden".
eigentlich ist mir Feldmarschall Montgomery als ein Offizier in Erinnerung geblieben, der immer versucht hat, seine Leute zu schonen. Mit möglichst wenig Einsatz von Menschenleben möglichst viel erreichen. War nicht Monty der General, der befürchtet hatte, daß man bei "Market Garden" eine Brücke zu weit gegangen ist ?
General Patton war da von einem ganz anderem Kaliber.
Auch Churchill war ein ziemlich rücksichtsloser Mensch, genau so einen Politiker brauchte England in seiner schwersten Stunde.
Hallo Mario,
das von Dir erwähnte Zitat wurde von Generalleutnant F. A. M. "Boy" Browning, zu dieser Zeit stellvertretender Kommandeur der ersten Luftlandearmee und Befehlshaber des britischen 1. Luftlandekorps, getätigt.
Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
@mario,
Monty hatte den Plan entwickelt. Aussagekräftiger über die Qualitäten Montgomerys ist wohl diese Passage:
"Laut Montgomery war die Operation sogar ein 90-prozentiger Erfolg, was den Prinzen der Niederlande zu der Äußerung veranlasste, sein Land werde wohl keinen zweiten Erfolg Montgomerys überstehen."
Hier der Überblick: http://de.wikipedia.org/wiki/Operation_Market_Garden
PS: Wenn auch "Market Garden" interesant ist, bitte back to topic! Gilt auch für mich :roll: !
Ganz böse Zungen haben auch behauptet, dass die Kanadier sich in Großbritannien so unmöglich benommen haben, dass man sie irgendwohin schicken wollte, nur um Ruhe zuhause zu haben. Wenn sie schon kämpfen wollten, dann bitte gegen die Deutschen, und nicht gegen einheimische Polizei, Matrosen, Home Guards usw.
Nur zur Erinnerung:
http://forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,4858.0.html
Gruß
Darius
Danke für die Erinnerung Darius. :MG:
Aber mit der Zeit sieht man einfach den Wald vor lauter Bäumen nicht. Das passiert mir immer öfter, weil das Forum durch euch so angewachsen ist. top
Vor einigen Jahren hatte ich noch eine gute Übersicht über Themen und Beiträge-das Forum war eben übersichtlicher.
Deshalb freut es mich mich um so mehr, dass es aufmerksame Mitglieder gibt. :O/Y