Hallo zusammen,
Ihr denkt Euch sicher, was will denn der Buchhalter im Technikbereich? Nun ganz einfach, er will eine Frage stellen, bei der die Antwort ihm helfen soll, warum die verschiedenen Konstruktionen erhebliche unterschiede hatten...
Also hier die Fragen:
Was ist für die Standfestigkeit wichtig? Wie gingen die Nationen dieses Problem an? Wie waren die Entwicklungen in den Nationen, wie wurden die Erfahrungen verarbeitet?
Ich möchte hier so ein wenig darauf eingehen, wie es von einem "schlechten" Schlachtkreuzer zB der Briten in der Skagerrak-Schlacht nachher zur den vielen Sektionen der Yamato gekommen ist. Welcher Gedankengang verbarg sich hinter den Konzepten und auch wichtig, wie versuchte man Fehler nach dem Bau eines Schiffes zu revidieren (zB der QE-Klasse in GB, geplanter Umbau Hood)?
Hierbei sollten gern die gesamte Zeit der Dreadnoughts und der späteren Schalchtschiffe betrachtet werden, um auch den Wandel erkennen zu können. Vielleicht könnte man gar eine Zeitlinie mit den verschiedenen "Änderungen und Erfindungen" nützlich sein. Was meint Ihr?
Ich habe durch das Spiel NavyField durch die Möglichkeit "mein" Schiff entsprechend zu modifizieren (Deckspanzer, Seitenpanzer, Torpedoschott und Integrität) doch einiges an Gedankenanregungen erhalten, die mich zu diesem Thread führen.
Denkt dran, bitte für ,,Doofe"... :P
@Ralf
Ich verstehe Deine Frage nicht ganz. :?:
Was verstehst Du unter Standfestigkeit? Standfest durch Panzerung, durch Geschwindigkeit oder durch Artillerie??
Standfest gegen wen oder was?
Ich denke man kann nicht einfach sagen, daß z.B. ein Schlachtkreuzer nicht "standfest" war. Solange er dafür eingesetzt wurd wofür er konzipiert war. :wink:
Gruß
Reiner
Hm, gut... Ich denke, dass diese Definition auch hier mit rein gehört, Reiner...
@all: Somit schließe ich diese Frage dem mit ein... Was ist Standfestigkeit?
Ich würde es als eine Stabilität gegen Waffen bezeichnen. Zudem gehört dazu, wie verschiedene konstruktiv bedingte Aufteilungen, Herstellungsarten und Panzerungen dafür Sorge tragen, dass das Schiff halt im Kampfe halt lange durchhält. Wie standhaft es halt ist...
Die britischen Schlachtkreuzer hatten da so ihre Probleme...
@Wie definieren wir "Standfestigkeit"?
Ich denke Standfestigkeit ist die Fähigkeit eines Schiffes Gefechtsschäden einzustecken und dabei im Idealfall, weiterzukämpfen (SMS Seydlitz), im nicht so idealen Fall den Kopf unter die Flügel stecken und warten, das's vorbei ist (USS South Dakota), oder wenn es ganz dumm läuft eben wenigstens der Besatzung Zeit zum Aussteigen zu geben (SMS Lützow, Roma, Bismarck).
Schiffe, die in die Luft fliegen oder sich ratz, fatz umdrehen, sind da halt nicht so toll. Sowohl HMS Hood, als auch HMS Invincible und Roma sind alle mit Magazinexplosionen in die Luft geflogen. Ganz beachtlich wieviele von ihrer Besatzung die Roma am Leben erhalten hat.
Tja – was macht Standfestigkeit aus?
Erstmal einfach nicht soviel Wasser aufzunehmen. Da helfen leistungsstarke Pumpen oder massive Kompartimentierung. Die Deutschen sind relativ früh zu reichlicher Unterteilung gegangen. Hat sich auch eigentlich ganz gut bezahlt gemacht. Deutsche Schiffe waren oft schwer unter Wasser zu bringen (Lützow, Seydlitz, Bismarck, Scharnhorst, ...).
Zu reichliche Unterteilung ist irgendwann von fragwürdigem Nutzen, weil man dann doch zuviele Durchbrüche in die Schotts einbauen muss. Über die läuft der Dampfer dann eben doch voll (SMS Lützows Probleme mit ihrem Bugtorpedoraum, der zu reichliches Fluten im Vorschiff zuliess).
Auch wird der Dampfer natürlich immer grösser und schwerer mit jedem Extraschott.
Die Briten haben verglichen mit den Deutschen eher darauf gesetzt, das Wasser auch wieder rauszubekommen, eh es ganz dumm läuft.
Ein zweiter wichtiger Aspekt von Standfestigkeit ist Energieversorgung. Ein Schiff, dem der Strom ausfällt, sinkt schliesslich durch Rostfrass. So ein Dampfer ist praktisch geliefert. Nicht so glückliche Beispiele sind da die HMS Ark Royal, deren Pumpen schliesslich versagten, weil ihre Abgasschächte überflutet wurden. Von Scharnhorst hingegen heist es ihre Turbinen haben noch vor sich hin gebullert, als sie in die Tiefe ging.
Um Standfestigkeit bei der Enrgieversorgung zu erreichen helfen eigentlich nur Redundanz und Panzerung. Je mehr unabhängige Kessel, Turbinen, Moroten, Generatoren ein Dampfer hat, desto besser die Chance nach schweren Treffern noch Strom und Antrieb zu haben.
Guckt man Bismarck an, war das auch ein Steckenpferd der Deutschen. Verglichen mit zeitgenössischen Entwürfen hat's da reichlich Kessel und Kesselräume.
Wenn Du Dir aber zum Beispiel Bismarcks Gürtel anguckst, sind die da runtergegngen mit der Dicke verglichen zur Scharnhost und haben sich gesagt das reicht auch noch. Da muss halt jedes Konstruktionsbüro Kompromisse eingehen.
In dem Bereich koennen einzelne Konstruktionsmaengel dann ganz bloede Folgen haben. HMS Ark Royal hatte ich als Beispiel ja schon gebracht aber auch der Prince, dem ein Grossteil der Energieversorgung zusammenbrach, nachdem die Welle am Schlagen war, gehoert denke ich dazu.
Versucht man Nationale Tendenzen aufzuzeigen, würde ich sagen, dass die Deutschen ein grosses Augenmerk auf Standfestigkeit gelegt haben (sowohl Sinksicherheit, als auch Energieversorgung) und dafür eher Kompromisse beim Schutz der Waffen und Schiffsführung eingegangen sind.
Den Briten war das zuviel. Eine Britische Untersuchung des Wracks von Tirpitz nach dem Kriege befand das Schiff sei 'Überkompartimentiert'. Viele wasserdichte Kompartimente geben einem auch zwangsläufig ein grösseres Schiff. Da hat man dann ein schlechteres Verhältnis von Kampfkraft zu Tonnage. Das mochten die Briten aus Ökonomieerwägungen heraus nicht so sehr.
Die Amerikaner haben verglichen zu den Deutschen eigentlich immer ein stärkeres Gewicht darauf gelegt auch die Kampfkraft des Schiffes zu sichern. Ergo – mehr Turmpanzerung. Wenn Du die beiden Standpunkte überzeichnen willst, um die Denkweise dahinter deutlich zu machen, so heisst es bei den Deutschen eben lieber mit drei ausgebrannten Türmen noch nach Hause laufen; bei den Amerikanern: Lieber den Gegner zusammenschiessen und dann hinterher abgeschleppt werden müssen.
Hat beides sein Für und Wider und hängt letztendlich auch damit zusammen wie sehr eine Flotte sich auf Hilfsschiffe und Stützpunkte verlasen kann.
So – das war jetzt zum Teil recht flapsig aber zumindest schon mal ein Anfang. Da lässt sich beliebig verkomplizieren.
Hilft die Richtung oder habe ich an Deiner Frage vorbeigezielt?
Ciao,
Ufo
Nene, Treffer würde ich sagen...
Ich würde dann aber auch gerne mehr auf die einzelnen Nationen eingehen.
Kurzes Resümee:
D - viele Räume, viele Generatoren
US - Fetter Panzer, Schutz auf das wichtigste, Hauptsache nicht versenkt werden
GB - Hohe Kampfkraft aber wenn man getroffen wird, wird es haarig...
Wie sah es denn bei den Japanern aus?
Wenn ich diese Denkweisen so vergleiche - wie Du, Ufo, gerade ja auch schon feststellst - , dann hat jede denke etwas für sich.
Ich las mal einen Artikel über die Skagerak-Schlacht, wobei es wohl bei den Schlachtkreuzer der Briten Gang und Gäbe war, dass die Pulverladungen (Kordit) zur Bereitstellung in den verschiedenen vorräumen zum Aufzug standen, und alle Schotts waren dort offen. Dass das die ganze Sache extrem un"standfest" macht, ist ja wohl klar...
Wie war das mit dem Transport der Mun und der Treiblandungen in den verschiedenen Ländern?
Um meine flapsig hingeschmissenen Ansichten ueber Deutsche versus Britische Entwuerfe nochmal etwas zu unterfuettern hier was aus einem ganz spannenden Artikel. Das bringt nicht wirklich neue Aspekte, die Du in Deinem Resumee nicht schon erfasst hast, aber es bekraeftigt die Behauptungen doch noch ein Wenig.
Ein Artikel, der die Ansichten der Briten zum Thema 'Unsinkbarkeit' gut verdeutlicht ist: "The Bismarck Operation – The German Aspect". Das ist ein Vortrag, den Commander R.F. Jessel, Royal Navy im November 1952 vor Britischen Militärangehörigen gehalten hat.
Abgedruckt ist der Vortrag und die anschliessende Diskussion im 'Jornal of the Royal United Service Institution', Ausgabe 93, 1953.
Der Aufhänger für den Vortrag war, dass der Vortragende Einsicht in die Deutschen Unterlagen bekommen hatte und so neben dem Britischen 'Battle Summary' nun auch die Deutschen Aspekte begucken konnte.
Ich der anschliessenden Diskussion fragt ein Zuhörer:
Colonel H.F. Smith: "Die Deutschen Marinekonstrukteure haben betont, dass es 300 Treffer benötigte Bismarck auszuschalten und dass sie schlussendlich durch Torpedos versenkt werden musste. Inwieweit denken Sie sind unsere Einheiten unterkompatimentiert oder vielleicht deren Schiffe überkompartimentiert, wenn man die Sicherung der Rumpfes und die Gesammtkonstruktion betrachtet?"
Der Vortragende: "... Die Prince of Wales, ein Schiff der King George V Klasse, hatte mehr oder weniger die selbe Geschwindigkeit und das selbe Breitseitengewicht wie die Bismarck. Beide liefen um die 30 kn, eines hatte acht 15 Zöller, eines zehn 14 Zöller. Die King George V Klasse war in ihrer Verdrängung durch den Washingtoner Vertrag auf 35.ooo tons beschränkt, die Bismarck wie es scheint in keiner Weise beschränkt und eher bei 45.ooo tons Verdrängung.
Praktisch die gesammten 1o.ooo tons extra wurden investiert das Schiff praktisch unsinkbar zu machen. Ich denke das ist wirklich der fundamentale Unterschied zwischen den Beiden und da ist der Punkt, den ich ja schon angemerkt hatte [im Vortrag], dass wir eben auch Wert auf den Schutz der Aufbauten legen. Unsere Admiralität ist der Ansicht, dass ein schwimmfähiges Wrack nicht viel nütze ist. Ein Schiff muss kämpfen können und daher die Aufbauten genauso gesichert haben wie ihren Rumpf. Das ist halt Ansichtssache."
In seinem Schlusskommentar betont der Vorsitzende Luft Marschal Sir James M. Robb dann nochmals: " ... Ein weitere Punkt, der mit viel Interewsse diskutiert worden ist, war die Schwimmfähigkeit der Bismarck. Welch tragischen Fehler sie gemacht haben einen Rumpf zu konstruieren, der nicht sinken will. I denke dabei an die zahllosen Besatzungsangehörigen, die [durch den notwendigen und andauernden Beschuss] ums Leben gekommen sind. ..."
Ja – man war offenbar keineswegs beeindruckt. Ein kampfunfähiges Schiff, das einfach nicht untergeht! Und dafür 1o.ooo tons Verdrängung investiert zu haben. Das scheint in der Philosophie der Britischen Militärs Unverständnis ausgelöst zu haben.
Wie ich finde, fast schon einen Hauch Zynismus hat dann wirklich der Kommentar, dass es lebensgefährlich sei ein Schiff zu bauen, wo der Gegner noch so lange reinschiessen müsse, wenn der Kampf doch schon entschieden ist.
Aber vom Britischen Standpunkt kaum von der Hand zu weisen.
Wie der Vortragend sagte ... das ist halt Ansichtssache. Ich denke die Deutschen haben zumindest für die Aera der Reichs- und Kriegsmarine viel von ihrer Liebe zu standfesten Schiffen von den Erfahrungen mit SMS Seydlitz und anderen.
Ohne die exzessive Sinksicherheit der modernen Deutschen Einheiten der Hochseeflotte wäre die Schlacht am Skagerak sicher viel her ein Remis oder ein Britischer Sieg geworden. So hatten die Deutschen leicht die Nase vorne. Zumindest nach Tonnage und Prestige. Ich denke das hat nachgewirkt auf spätere Designs.
Ufo
Wenn ich das so lese, könnte man ketzerisch fragen, warum die RN ihre Leute nicht schützen wollte... Denn gehen wir davon aus, dass noch einige Schiffe vorort geblieben wären, und nicht der U-Boot-Alarm dazwischen gekommen wäre, so denke ich, dass man sicher hätte den Großteil der BS-Besatzung retten können...
MR sagte ja gar, dass man im inneren des Schiffes kaum wusste, wie es draußen aussah, geschweige denn, wie sehr BS schon beschädigt war... Der Pott schwam halt...
Wobei man sagen muss, dass die BS nun ja kaum Treffer kassiert hat, die sie in die Gefahr des Sinkens bringen konnte. Man platziere sie an der Stelle der Musashi und schaue mal, ob sie nach 9 amerikanischen Luftorpedos noch 22kn läuft. Obwohl, ihre Sinkgeschwindigkeit hätte durchaus 22kn betragen können danach... :D
Aber der Vergleich ist unfair, da BS nicht so gross war. BS hohe Sinksicherheit kam durch die hohe metazentrische Höhe, der Kompartimentierung, einer guten Leckwehrsicherung und genug Vorrichtungen für selbige im Schiff. (Pumpen, Material etc.)
G&D kritisieren BS im Gegensatz zu den Japanern und Italienern nicht für das mangelnde Vorhandensein von transportablen, stromgetriebenen Pumpen. Die Japaner haben rigoros Leckwehrsicherungen geübt, aber scheinbar fehlte genug Ausrüstung und im Falle von Y&M die Pumpenkapazität, obwohl die recht ordentlich war. Ebenfalls wird die Reserve an elektrischer Energie bemängelt.
Die Amis haben in speziellen Ausbildungstätten die Crews trainiert und entsprechend vie Material an Bord gehabt und galten auch als führend in Sachen Leckwehr.
Passt wieder zum der schlusigen Einteilung oben... Musashi hat ja nun wirklich rekordverdächtig geschluckt... Zudem waren es die "dicken" Torpedos der USN, am Ende des Krieges, die sicherlich etwas heftiger in der Wirkung waren als noch 1941 bei uns BS...
Aber ich lass hier im Netz aber auch, dass Yamato schnell sank, weil die Leckabwehr nicht funbktionierte... War dem so?
@Lutscha
aber macht das 10.000 t aus ?
Die Rechnung ist doch nicht von der Hand zu weisen. Bei ungefähr gleichem Kampfwert eine solch immens höhere Verdrängung. Irgendwoher muss das ja schliesslich kommen !
Die höhere Verdrängung kommt durch die längere Zitadelle und dem Incrementsschema, eventuell auch durch stärkere Unterteilung. Hab G&D nicht da, aber die Maschinerie war sicherlich auch schwerer und man hatte fast 5000 Tonnen Öl mehr an Board, das darf man ja auch nicht vergessen.
Yamato hatte das Problem, dass die Amis gelernt hatten und sich auf eine Seite konzentrierten. Der Ausbildungsstand der Crew von 45 ist auch fraglich, ka, wer vom Stammpersonal noch da war, bzw. wie oft noch trainiert wurde. Bei der Musashi wurde 44 ständig trainiert. (bspw. Schiff wurde auf 1° Schlagseite geflutet und die Crew musste einschreiten)
Es ist doch eigentlich nicht unbedingt logisch, ein Schiff zu bauen das wirklich als fast unsinkbar :D :D bezeichnet werden kann, aber auch nicht mehr kampffähig ist weil alles ausserhalb des Panzerschutzes schon längst zu Schrott zerschossen ist.
Hat man darauf spekuliert, das die Gegner irgendwann die Lust verlieren oder keine Munition und keinen Sprit mehr haben und man dann das Schiff noch irgendwie retten kann?
Ich verstehs nicht.
Gruß
Reiner
Es ist auch nicht möglich, ein unsinkbares Schiff zu bauen. ;)
Diese Ansicht hat sich bei der BS mangels Treffer unterhalb der Wasserlinie und nur schwachen Torpedos in der doitschen Literatur leider als uneinnehmbare Zwingburg etabliert und steht in "Fach"-kreisen nunmal unumwunden fest. :)
Hm, ok... Aber dann hat die legendere Standfestigkeit ja doch einen Hintergrund. Und dann logischer Weise auch Wotan hart und weich...
So gesehen ging zumnidest das Konzept auf. Auch wenn Reiners Anmerkung ja nicht von Hand zu weisen sind...
Ich glaube mal, dass man versucht hat, dass Schiff so lange wi möglich kampffähig zu halten. Allerdings widerspricht dem die von Lutscha schon angesprochene Panzerung der Türme...
Aber wir sind uns doch einig, dass BS schon ein Meisterwerk der Standfestigkeit war, sprich für die RN... Oder bin ich da ganz auf dem Holzweg?
Nachtrag: Oder die RN hatte einfach nicht die Waffen, um BS von solch einer Entfernung zu versenken.
Ralf, ich bezweifle, dass eine beliebiger Neubau an Stelle der BS durch die Treffer (gross) schneller gesunken wäre. Schäden an der Maschinerie hätte es mangels abgeschrägten Panzerdeck geben können, aber die anderen wären auch nicht gesunken, wenn man ihnen oberhalb des Gürtelpanzers alles kurz und klein schiesst.
Edit: Auf die Entferung war gerade die BS (und auch die anderen) schwer zu versenken, weil die Granaten nicht unterhalb der Wasserlinie trafen.
Solange nicht die Munitionskammern hochgehen, sinkt das Schiff nicht.
In diesem Zusammenhang ists vielleicht interessant zu sehen, wie die großen Marinen vor/während des ersten Weltkriegs an die Sache herangingen...
USN: Verzicht auf Geschwindigkeit, dafür stark gepanzert, große Kaliber.
Ohne jetzt "Panzerung=Standfestigkeit" kurzzuschließen, als Tendenz:
schlagkräftig und standfest.
Royal Navy: Geschwindigkeit im BB-Sektor moderat, dafür stark gepanzert und große Kaliber; im BC-Sektor hohe speeds, große Kaliber, Schutzeinrichtungen fraglich. Als Tendenz: eine Diversifikation der Aufgaben, nicht zuletzt auch durch den Erfolg der Invincibles vor Falkland gefestigt.
Kaiserliche Marine: im Prinzip ähnlich wie die RN, was die Diversifikation angeht, jedoch in Kaliberfragen lange eher zurückhaltend. Tendenz: schnell und standfest, Schlagkraft eher durch Präzision/Feuergeschwindigkeit als durch Kaliber.
Zaristische, KuK Marine: in beiden Fällen in allen drei Bereichen eher moderat.
Japanische Marine: eher an GB orientiert.
Ich weiß, das ist jetzt grob vereinfachend; aber mir scheint, dass die nach-Washington-Bauten ihre jeweilige Ahnentafel nicht verleugnen können.
"Gloriouse" Ausreißer, wie Fisher´s "speed is the best protection", kann man ja áuch vor dem Hintergrund des eigenen plotting-Systems sehen, während die gegenerische Feuerleitung vermutlich noch recht umständlich ist (oder, starke Seitenpanzer und eher stiefmütterlich bedachte Decks aus Gefechtserfahrungen - noch ohne elektronische Zielerfassung auf große Distanzen; später dann-).
Ja, da gäb´s noch einige interessante Aspekte im jeweiligen historischen Kontext!
MfG
Harold
@Ralf
Das waere ja gut fur die Standfestigkeit auf dem Holzwege zu sein ... Holz schwimmt! :D
Im Prinzip hast Du recht - das B-Schiff war ein unglaublich standfestes Schiff. Nur impliziert Dein Ausdruck 'Meisterwerk' etwas Positives. In den Stellungnahmen, die ich von der RN kenne und auch in den Zitaten oben, ist das aber eher die Rede von einem ausgesprochen unausgewogenen Schiff. Unnuetze Schimmfaehigkeit gepaart mit nur duchschnittlichem Schutz der Aufbauten. Das hat denke ich bei der RN Kopfschuetteln hervorgerufen.
Und um auf Deine Bemerkung oben einzugehen - ich denke die haben ihre Seeleute auch lieb gehabt. Aber Bismarck hat gut die Haelfte ihrer Besatzung durch Artilleriebeschuss verloren. Das ist eine ungewoehnlich hohe Zahl (zumindest fuer ein Schiff, das nicht explodiert) und das hat denke ich den unangenehmen Geschmack im Mund verursacht - in ein Wrack reinballern zu muessen nur, weil das einfach nicht untergehen will obwohl es als kampffaehige Einheit laengst erledigt ist.
@Rainer
Die Briten gingen halt eher davon aus, dass ein Gegner, der es schafft ein Schiff weitgehend kampfunfähig zu machen, Zeit und Kräfte hat, es auch noch zu versenken. Daher ist exzessive Sinksicherheit verschwendede Tonnage.
Die Deutschen hingegen sahen das eher so, dass ein Schiff solange es schwimmt, durch Hilfkräfte (U-Boote, Zerstörer, andere schwere Einheiten, Luftunterstützung) gerettet werden kann. Auch wird der Gegner wohl nicht die Lust verlieren aber er hat vielleicht irgendwann keine Munition oder keinen Sprit mehr. So ist eine grösstmögliche Sinksicherheit immer von Vorteil.
Der Fall Bismarck war ja so gesehen ein Extrem. Keine Marine hat ihre Schiffe als Zielscheiben konzipiert. Bismarck ist kein gutes Beispiel für die Deutsche Konzeption. Nimm die Scharnhorst als Beispiel. Die Idee war halt, dass sich ein Schiff auch nach schweren Treffern und gegebenenfalls ohne Munition immer noch dem Gegner entziehen kann. (Hat auch nicht geklappt - war aber zumindest dicht dran.)
Ufo
@Lutscha
Ich denke schon, dass Schiffe der Bismarck Klasse gerade fuer Artillerieduelle ueber mittlere bis kurze Distanzen besser geeignet waren an der Wasseroberfläche zu bleiben, als viele andere zeitgenössiche Entwürfe. Ich denke die Idee mit dem Schulterdeck bringt erheblich in Punkto Sinksicherheit. Treffer im Maschienraum neigen halt doch dazu auch den Schiffsboden zu beschädigen (Splitterwirkung! – macht erstaunlich viel aus!) und damit stärkere Wasssereinbrüche zu begünstigen. Auch führen Brände im Maschienraum oft zu Flutungen duch Löschwasser.
Doch – ich denke Ralf hat schon recht: in Sachen Standfestigkeit war das schon über Durchschnitt.
Nur mag man argumentieren, dass das ja vielleicht wirklich sehr für die Katz war wenn das Schiff ratz, fatz kampfunfähig ist.
Langsam verstehe ich einige rein fysikalische (ich kann mich immer noch nicht dran gewöhnen das mit "f" zu schreiben) Zusammenhänge...
Es ging dann beim versenken immer um den "Lucky Punch" in die Eingeweide... KG V und Rodney hatten sich doch auch so gut wie verschossen, oder?
@Ufo Ja das stimmt, allerdings hatte das auch den Nachteil, dass es zu Wassereinbrüchen durch den GP kam, weil dieser sehr schwach war. Andere Schiffe waren da im Vorteil, allerdings nur, bis der Gegner auch ihren stärkeren GP durchschlug, was bei den Entferungen im Endkampf ja recht schnell der Fall war.
Gerade auch wegen dieser verschiedenen Denkweisen sind die Schiffe wirklich schlecht miteinander zu vergleichen...
Ich denke, dass bei dem Feuer auf BS auch gerade der Rachegedanke wegend er Hood nicht unerheblich war. Aber nun denn, dass haben andere entschieden und zu verantworten. Heute kräht da kein Hahn nach...
Ahoy,
Meine bescheidene Meinung in diesem Fall:
Die vorgesehenen Einsatzgebiete (in beiden WK) haben auch ihren Anteil in Schiffsdesign hinterlassen.
Wenn wir davon ausgehen, dass die britischen Schiffe eher auf dem offenem Ozean eingesetzt werden (sollten), während die dt. eher in der Nord- und Ostsee, haben wir folgendes Bild:
1, Ozean: mehrere 1000 km kein Hafen, geschweige denn ein Dock für Dickschiffe. In diesem Fall ist ein beschädigtes Schiff wahrscheinlich sowieso im A***, da sollte es zumindest das feindliche Schiff ebenfalls schwer beschädigen können -> Kampfkraft muss so lang wie möglich aufrecht erhalten werden (schwere Turmpanzer, schutz für die Aufbauten)
2, Nord- und Ostsee: beengte Gewässer, wo die Werftmöglichkeiten dicht beieinander liegen. Ein Schiff kann also eingebracht und repariert werden. Panzerung der Bewaffnung ist in diesem Fall nicht so wichtig, aber eine exzessive Sinksicherheit schon.
In unserem Fall:
1, Bismarck wird in der Nordsee angegriffen. Bei vergleichbaren Schäden, wie auf der grossen Fahrt könnte das Schiff noch eingebracht und anschliessend repariert werden (ob es sich gelohnt hätte, ist eine andere Frage). Es ist eigentlich egal, wie viele Kanonen noch funzen, man kann sie ja austauschen.
2, Bismarck wird im Atlantik gestellt (wie geschehen). Eine Rettung ist in den Weiten dort praktisch ausgeschlossen (wäre im Falle eines beschädigten engl. Schiffes auch EXTREM schwierig gewesen), also sollte sich das Schiff so lange es nur geht wehren können.
mfg
alex
@Huszar
Ich glaube, damit triffst Du den Nagel ziemlich auf den Kopf.
Nur was ich nicht ganz verstehe ist wenn die Bismarck vor allem für Nord- und Ostsee konzipiert war, war sie dann nicht von Anfang an etwas überdimensioniert??
Mit welchen Gegnern war dort zu rechnen die solche Schlachtschiffe erforderten?
Gruß
Reiner
@Rainer
Bismarck hätte schon jemaden gefunden sich zu balgen in Nord- und Ostsee!
Dem kämpfenden Kardinal von der einen Seite und eine Sovietskij Sojus von der anderen.
Die Französichen Schiffe waren mehr oder minder im Detail bekannt und man hatte mit Bismarck was, was so grade mal en par war.
Auf der anderen Seite dachten die Soviets lautstark über Marine Aufrüstung nach. Krupp sandt ja sogar eine 38 cm Kanone in die Sovietunion und die waren sehr interessiert.
Es war also nur eine Zeitfrage wann auch da die ersten richtigen Schlachtschiffe auftauchen würden.
So – zurück zum Thema!
Interessant finde ich im Rahmen von Standfestigkeit die verschiedenen Versuche, die gemacht worden sind 'Schwimmer' einzubauen. Hood beispielsweise mit ihren zugeschweisten Röhren, die sie im Bauch liegen hatte; oder Richelieu mit ihren Hartschaumpäckchen (was eigentlich war das genau fuer ein Zeug?)
Gab es da noch andere Versuche oder Materialien?
Ausser den Italienern mit ihrem Pugliese System haben eigentlich alle Nationen Variationen vom Bismarck Typ Torpeoschutzsystem gebaut, oder? Senkrechte Schotts mit verschiedenen Lagen von luft- und flüssigkeitsgefüllten Kompartimenten als Druckabsorbtions- und Gasexpansionsräume und ein abschliessendes dickes 'Torpedoschott' aus dehnbarem Stahl.
Hat jemand was ganz radikal anderes versucht?
Gibt es da Kuriositäten oder geniale Designs?
Ufo
bzgl. Sovjetskij Sojuz darf ich vielleicht auf folgende Seite hinweisen:
http://www.marinearchiv.de/russland/Schlachtschiffe/Sovjetskij_Sojuz_-_Klasse/sovjetskij_sojuz_-_klasse.html (http://www.marinearchiv.de/russland/Schlachtschiffe/Sovjetskij_Sojuz_-_Klasse/sovjetskij_sojuz_-_klasse.html)
Gerade frisch upgedatet.
@Ufo Der Schaum hiess ebonite mousse. Die Japaner und Amerikaner gingen eigene Wege, was ihr T-Schott anging. Beide nutzen sehr dicke Schotten, um auch tief tauchende Granaten abzuwehren. Ein Unterschied bestand teilweise mit der Anordnung der flüssigkeitsgefüllten Tanks. (Yamatos hatten btw keine) Bei den Amis kam erst Flüssigkeit dann leerer Raum, bei den Deutschen wars umgekehrt. (Richelieu ka)
Afair schrieb Bill Jurens irgendwo (warships1 oder BS dk), dass das amerikanische Prinzip besser war, ich erinner mich aber nicht mehr genau warum, ich glaube, dass Problem war, dass beim deutschen System das Öl (oder Wasser) beim Treffer direkt gegen das Schott gedrückt wird, bei den Amerikanern konnte es in die leeren Tanks "fliessen".
Die dicken Schotts der Amis und Japanern boten wesentlich bessere Resistenzen gegen Granaten, waren aber hart und spröde und nicht so elastisch.
Das Problem der Japaner war, dass sie das Schott am GP befestigten und es abgeschrägt nach unten verlaufen liessen. Die zu schwache Verbindung war die grosse Schwäche. Hätten sie das Schott gerade gestellt und es ein wenig nach hinten gepackt, wäre es an der Verbindung nicht immer nach innen gedrückt worden und das System hätte mehr ausgehalten. (bspw. wie bei der Montana) Der Verzicht auf Ölfüllung verringerte die Resistenz und sorgte für viel Volumen, das volllaufen konnte, wodurch sarke Schlagseite entstehen konnte. Allerdings hatte man entsprechende Gegenflutkapazitäten, dennoch betrachteten die Japanern das Volumen vor dem Schott als zu gross, allerdings hätte man 5000 Tonnen Stahl installieren müssen, was sie auf gut 80k Tonnen gebracht hätte.
Kurios waren nur die Littorios, die anderen haben immer die selben Systeme abgewandelt genutzt.
Optimal würde ich als Laie das Montanasystem bezeichnen, das es gut gegen Torpedos und Granaten gleichermaßen war, vielleicht noch ein wenig Eboniteschaum in den äusseren Teil des Systems und dann sollte man ein sehr gutes System haben.
Letztendlich brauch man vor allem eins und das ist genug Tiefe, was gerade bei den vorderen Türmen ein Problem war.
@Rainer:
BM war sowas wie die berühmte eierlegende Wollmilchsau. (fehlt nur noch ein Flugdeck, und eine T-Batterie :D )
Ne, jetzt im Ernst:
Als Nordsee-Terminator hätte sich die Bm mit der englischen Home Fleet rumplagen müssen, wo auch die Nelsons mitfuhren. (obwohl England lange Zeit nicht als Gegner angesehen wurde, waren diese beiden Schiffen die stärksten in Europa, die anderen mussten sich also daran orientieren)
Die Franzosen konnten die beiden Dunkerques anbieten, die Vorgabe hätten wir also:
1, schneller als Nelson (leicht zu schaffen) und ca. gleich schnell, wie Dunkerque, also ca. 29 Knoten
2, Überlegene Ari gegenüber Dunkerque, also das "klassische" schwere Kaliber 38cm
3, Panzerung, die zumindest minimale Überlebenschancen gegenüber Nelso bietet
Und dann kamen die Richelieaus... Ich bezwefle jetzt, dass unter der Verdrängung der BM diese Vorgaben erfüllt werden konnten.
Als Nordseeterminator war BM wahrscheinlich etwas überdimensioniert, war aber ein Produkt der vorherigen Kettenreaktion (Dtl. ->Dunkerque->SH&GN->Richelieau...)
zurück zum Thema:
Gibts Berichte, wie sich Schaumgummi bei den Franzosen bewährt hat?
Ander Frage:
Weshalb gabs Unterschiede bei der Befestigung des GP? In Dtl verwendete man ja Teakholz, die Engländer (und wahrscheinlich die Jap.) Beton (auf Anhieb weiss ich jetzt nicht, was die it, amis, fr und ru benutzt haben).
Soviel hab ich schon rausbekommen, dass Holz leichter ist, dafür aber weniger Schutz bietet, Beton zwar mehr schützt, dafür aber mehr wiegt...
mfg
alex
Öh, ich sehe es doch richtig: GP ist Gürtelpanzer, oder? Ich bin etwas verwirrt...
jap, GP=Gürtlpanzer.
mfg
alex
Den GP mit Holz besfestigt??? Nee ne? Da meinst Du doch sicher das Deck oder?
Jetzt bin ich noch verwirrter!
Soweit ich weiss, wurde auf eine Lage Schiffsbaustahl Holz oder Beton befestigt, und der GP darauf befestigt.
Also
Schiffsbaustahl-Holz/Beton-Panzerstahl.
mfg
alex
Nicht der GP war gemeint. Gemeint war das T-Schott, dass sich am GP (Wechsel von 41cm auf 20,3cm) befestigt befand und schräg nach unten hin verjüngte. Diese Verbindung war zu schwach und an der Stelle wurde das T-Schott nach innen gedrückt. Das wussten die Japaner schon bei der Konstruktion, aber eine Verstärkung hätte den Bau verzögert. Genaue Darstellungen, auch die genaue Darstellung der Verbindung, bfinden sich bei G&D und Anatomy.
Normalerweise war das T-Schott nicht mit dem GP verbunden.
http://www.waffenhq.de/index1024.html
Aha, das ist ja ein Ding. Nicht das ich es nicht glaube, aber kann das jemand bestätigen? Wieso macht man das so? Interferenzen?
Ich weiss zwar nicht genau worauf Du hinaus willst, aber als Resultat der Tosa Schiessversuche und einer daraus resultierenden Angst vor Unterwassertreffern wollte man das T-Schott entsprechend verstärken und hat die Dicke massiv erhöht. Dann setzte man es als verlängerten GP ein, um vor eintauchenden Granate zu schützen.