Studie: Verlängertes Panzerschiff

Begonnen von Thor, 05 September 2009, 22:24:23

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Peter K.

@ MARC

Nicht nur in diesem Fall liebe ich "unsortierten Krempel" ...  :-D
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Thor

#16
@ Marc
Also solchen "Krempel" hätt' ich auch gern in meinem Fundus; darf man fragen wie dieses Datenblatt im Original heißt und ob es als sogenannte Primärquelle anzusehen ist (ich vermute, dass dieses Blatt etwa Mitte 1939 entstanden ist, da die Eintragungen zu diesem Zeitpunkt aufhören), schaut nämlich so aus, als würden die Gewichte ab der Bismarck-Klasse einer Vorab-Schätzung (Kalkulation) entsprechen und andererseits sehen alle Gewichte bis zur Bismarck-Klasse als real-verwogen aus ........

Was das Wort "unsortiert" betrifft:
Stell's doch mal Online, es wird sich sicher der eine oder andere finden, der Dir damit helfen würde ......  :-D

Schöne Grüße
David
"Wooden ships with iron men beat iron ships with wooden men" - Zusammenfassung der Seeschlacht von Lissa (1866)

Herr Nilsson

Hallo David,

tja, das ist tatsächlich die Gretchenfrage. Ich fange mal so an: Auf dem ersten Blatt des Schnellhefters mit dem Namen "Allgemeine Konstruktionsdaten Überwasserschiffe" steht der Name Probst. Ich hatte mich seinerzeit an Peter gewandt, ob er mit dem Namen Probst und einer solchen wilden Sammlung etwas anfangen kann. Ohne irgendeine Einordnung sind die Sachen nämlich erstmal wertlos.
Nach Peters Meinung handelt es sich um das Arbeitsmaterial eines Schiffbauers, quasi eine Sammlung von unterschiedlichsten Mustern und Unterlagen.
Zum Namen Probst hatte er auch etwas herausgefunden. Insgesamt standen zwei Kandidaten zur Auswahl, wobei es meiner Meinung nach auf einen Herrn Martin Probst herausläuft, welcher von 1934 an Leiter des Konstruktionsbüros und ab 1942 Direktor bei Deschimag war.
Dass der Name Probst auf dem Blatt so zu erklären ist, ist zwar auch Spekulation, würde aber grundsätzlich zu der Quelle passen.

Zu den Inhalten:
Der Teil aus dem ich dieses Blatt entnommen habe, listet alle Konstruktionsdaten vom Schlachtschiff bis hin zum Flottenbegleiter auf. Neben den Gewichten finden sich dort auch noch die Maße, die verschiedenen Koeefizienten, Informationen zur Bewaffnung etc..
Was die Qualität der Daten angeht, kann ich dies nur aus den Bismarck-Daten ableiten. Die ex-ante Konstruktionsdaten sind zumindest dahingehend richtig, als dass der Tiefgang mit 9,522 m angegeben ist. Das ist eine Information, die so ohne weiteres eigentlich nicht verfügbar ist. Üblicherweise wird nämlich 9,50 angegeben, was aber eigentlich die Konstruktionstiefe ist. In den 9,522 m steckt aber auch noch die Beplattung, welche in der Tat im Bereich der Dockkiele 22 mm dick war. Das muss man erst mal wissen. (Bevor jetzt irgendwelche Anmerkungen kommen, ja, ich weiß, ex-post ist der Tiefgang bei Konstruktionsgewicht 9,56 m)
Weiterhin befindet sich in den Gewichten der Panzerung zwischen Bismarck und Tirpitz eine Differenz von 22 t. Dies entspricht den fehlenden 22 t (um ganz genau zu sein 22,5 t) Panzerdeckgewicht, welche bei Bismarck aus der nicht mehr möglichen Verstärkung des Panzerdecks über den vorderen Munitionskammern resultieren. Auch das muss man erstmal wissen.
Insofern sind die Daten, was Bismarck betrifft, recht hochwertig. Ich persönlich gehe also von einer Primärquelle aus. Wenn man das nicht möchte, dann ist das aber auch OK.
Gruß Marc

Peter K.

#18
... zu dem erwähnten Martin PROBST:

Dr.-Ing., Oberingenieur
Fachmitglied der Schiffbautechnischen Gesellschaft ab 1902
erscheint letztmalig im Mitgliederverzeichnis 1942 und sein Nachruf ist im Jahrbuch 1953 zu finden, daraus:

geboren am 18.08.1882 in Lamspringe (Hann.)
Gymnasium Braunschweig
Tätigkeit bei A.G. Weser, Bremen
Schiffbaustudium in München und Berlin-Charlottenburg, Abschluss im März 1907
Assistent beim Lehrstul für Kriegsschiffbau für ein halbes Jahr
Konstrukteur bei Blohm & Voss, hauptsächlich zuständig für Kriegsschiffentwurf und Frahmsche Schlingerdämpfungstanks
Promotion als Dr.-Ing. mit einer Dissertation über die Ermittlung des Gefechtswertes von Kriegsschiffen an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg 1913
Tätigkeit bei Vulcan-Werft, Hamburg ab 1914 und Ernennung zum Oberingenieur, daneben wissenschaftliche Untersuchungen über Schiffsantrieb und Schiffswiderstand
Nach Auflösung der Vulcan-Werft bei Deschimag, Bremen bis 1931
Anschließend zum Ingenieurskantoor voor Scheepsbouw, Den Haag
Rückkehr zur Deschimag 1934 und Übernahme der Leitung des Konstruktionsbüros für Kriegsschiffbau
1942 zum Direktor ernannt
Nach Schließung der Werft 1945 als beratender Ingenieur tätig
28.02.1953 plötzlich und unerwartet verstorben


... zur Konstruktionstiefe (T), die tatsächlich mit 9,500 m korrekt angegeben ist!
Sie wird berechnet bis Oberkante Kiel (OKK), also exklusive der Außenhaut.
Im Gegensatz dazu wird der Konstruktionstiefgang (Tg) bis zur Unterkante Kiel (UKK) und somit inklusive der Außenhaut angegeben - im Fall BISMARCK mit 9,522 m!


Wie schon erwähnt, handelt es sich vermutlich um die Datensammlung eines Kriegsschiffbauers, die im Laufe der Zeit so entstanden ist und meiner Meinung nach bis mindestens 1940 bearbeitet wurde.
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Q

Zitat von: Peter K. am 08 September 2009, 21:36:16
...
Promotion als Dr.-Ing. mit einer Dissertation über die Ermittlung des Gefechtswertes von Kriegsschiffen an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg 1913
...

Ganz kurze Berichtigung. Erst in den Zwanzigern wurde Charlottenburg in Berlin eingemeindet. Demnach war meine Uni zu dem Zeitpunkt die TH Charlottenburg. Da ich eh morgen an der Schiffbaubibo in der TU bin kann ich ja mal nach seiner Dissertation suchen.

Don´t Panic
Quand tu veux construire un bateau, ne commence pas par rassembler du bois,
couper des planches et distribuer du travail,
mais reveille au sein des hommes le desir de la mer grande et large.

St.Ex

Peter K.

... das wäre ja höchst interessant, JAN, und bitte sehr darum!  :MG:
Grüße aus Österreich
Peter K.

www.forum-marinearchiv.de

Herr Nilsson

Zitat von: Peter K. am 08 September 2009, 22:16:16
... das wäre ja höchst interessant, JAN, und bitte sehr darum!  :MG:

Richtig, das wäre in der Tat höchstinteressant!! Die Dissertation ist ja sogar ausdrücklich im Johow erwähnt, was ja nicht unbedingt alltäglich ist. Von meiner Seite also auch die Bitte, dort mal ein wenig zu graben.
Gruß Marc

Q

 :MG:

Ich bin sogar schon fuendig geworden.

Klick Mich

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St.Ex

Q

#23
So ich habe mir die Zeit dieses WE genommen, mich in die Dissertation von Martin Probst einzulesen. Eine sehr interessante Lektuere.

Erstmal dazu die Eckdaten.

Vorgelegt am 25.07.1912, den Referenten; der Wirkliche geheime Oberbaurat Prof. Rudloff und der geheime Marinebaurat Prof. Kretschmer

Veroeffentlicht in der Marinerundschau Juli- August- September 1913

Titel: Ein neues Verfahren zur Berechnung des Gefechtswertes von Kriegschiffen

Um den Gefechtswert zu bewerten fuehrt der Autor drei abhaengige Werte ein.

1. Die Offensivkraft
2. Die Defensivkraft
3. Die Geschwindigkeit


Probst geht sehr strukturiet auf die Artillerie ein. Allerdings vermag der Autor nicht einen direkten Zusammenhang zu schaffen zwischen der Offensivkraft und der Defensivkraft.

Diese Werte, Offensiv wie Defensivkraft werden ueber verschiedene Formeln hergeleitet. Wobei der Autor anschliessend alle 3 Werte bei der Dreanought mit 1 angibt, also eher als eine Konstante definiert ueber die der Autor dann andere Schiffe im Vergleich zur oben genannten Dreadnougt zieht.

Insgesammt eine sehr schoene und gut strukturierte Dissertation die die einzelnen Werte herleitet, doch leider schafft der Autor es nicht dies Werte spaeter wieder zusammenzu fuehren. Probst schreibt, das er aus seiner Betrachtung die Torpedo und Ramme herrauszieht. Damit also auch einen grossteil der Marinekraefte aus seiner Betrachtung ausklammert. Dies begruendet er mit folgendem Satz: "Wenn man von der Forderung ausgeht, nur Gleichartiges auf gleicher Grundlage vergleichen zu koennen, so ist es zweifellos unmoeglich, das, was beim Geschuetz das gleichzeitige Auftreten von Durchschlagkraft und Sprengkraft bedeutet, bei den anderen beiden Waffen vereint wiederzufinden: dem Torpedo fehlt die Durchschlagkraft und der Ramme die Sprengkraft."


Fazit: Schon sehr faszinierend fuer was man 1912 seinen Doktor Ing bekamm, und es war auch mal wieder schoen Altdeutsch zu lesen.

Soweit denn.

@Thor Leider fehlt handschriftliches, also kann ich dir da leider nicht viel weiterhelfen ob es sich um den selben Probst handelt. Dieser Probst ist aus Lamspringe.

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