U-Bootfahrer-Treffen 2006

Begonnen von Seekrieg, 09 November 2011, 16:10:49

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Seekrieg


Für mich aus dem Osten war es erst 2006 möglich, beim Treffen der U-Bootfahrer in Kiel mit dabei zu sein. Es war außerdem ein Jubiläumsjahr: 100 Jahre U-Boot. Im Foyer der in Kieler Ostseehalle war eine kleine Ausstellung zum U-Boot-Thema. U. a. ein G7 e-Torpedo: Durchmesser 53,3 (21 Zoll), Länge 7,2 m, Gewicht 1,7 t, Ladung 300 kg Torpex, Gefechtspistole: Aufschlag und magnetische Abstandszündung, Motor Siemens GL231/75, 72 kW, Geschwindigkeit ca. 30 kn bei 1700 U/min, max. Lauflänge 5 km, zielsicherer abgeschossen auf 5 - 600 m. Laufprogramme: FAT / LUT.
Wer denkt schon darüber nach, dass das Boot nach dem Unterwasser-Torpedoschuß ruckartig leichter wird, und schnellstens 1700 l Seewasser geflutet werden müssen, um den Trimmung aufrecht zu erhalten?
Im Stahlmantel des Ausstellungsstücks gewährten einige ,,Löcher" einen kleinen Einblick in das Innenleben, z.B. auf die Blei"batterie" (2 Tröge = 665 kg)

Seekrieg

Mit dem Bus zum Ausbildungszentrum Eckernförde. Ein Boot der Vorgänger-Baureihe konnte besichtigt werden. Theoretisch, - denn jeder wollte, nur einige konnten hinein und - blieben drin, weil es so interessant war! Der Ausgleich für uns Ausgeschlossene waren die interessanten Schilderungen von ehem. KKapt. Reinhard Hardegen (93) zum "Paukenschlag" (U123)!.

Seekrieg

Zu den Veranstaltungen gehörte u. a. die traditionelle Feier am Ehrenmal in Möltenort. Sie schloß mit einer U-Boot-Parade. Dabei war auch ein norwegisches Boot.

Seekrieg

Der G7e-Torpedo im Foyer der Kieler Ostseehalle war nicht das einzige interessante Ausstellungsstück. Meine Aufmerksamkeit erregte ein langes, unregelmäßig geformtes messingglänzendes Gebilde. Es war vorzüglich restaurierter Torpedorest aus dem I. Weltkrieg. Wenn man diese komplizierte Apparatur sieht, muß man vor unseren Ingenieurvätern, die so etwas ohne Computer und 3D konstruierten, mehrmals den Hut ziehen. Außerdem kann man sich einerseits den Preis, andererseits die möglichen Störungen erklären. Dabei spielte damals noch nicht einmal das Magnetfeld eine Rolle!

kalli

Ich habe mir erlaubt, die Themen zusammen zu führen :MG:

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Beim Warten auf die Ausflugsschiffe wurden fachübergreifende Gespräche geführt. Auch ein Thema: Herr H., 32 Jahre in Bremen im Kommunalparlament, war nicht für den großen Empfang in Kiel nominiert! Das änderte sich erst durch die Aktion der Organisatoren. Peinliche Berührungsängste!
Abends, während der Festveranstaltung in der Kieler Ostseehalle, gab es für mich noch mehr direkte Kontakte. Die Bitterkeit, die am Tage vorhanden war, wurde verdrängt durch die kameradschaftliche Atmosphäre. Immer wieder musste ich über die Vitalität der alten Kameraden staunen.
Ein Nachmittag war für die  Besichtigung der Kieler Howaldtswerke Deutsche Werft (HDW) (Hamburger Marine Systems (TKMS) vorgesehen. Hier wurden auch U-Boote für den Export (Israel) gebaut. Leider vorher die Ansage: Fotoverbot! O weh. In der ersten großen Halle blinkender Stahl, Spanten usw. Sofort kommt die Frage nach dem Material. Jeder Interessierte weiß, daß der Stahl, aus dem man U-Boote baut, nicht nur rostfrei sein, sondern auch eine hohe Festigkeit, Zähigkeit und Korrosionsbestän-digkeit aufweisen muß. Härte- und Festigkeitssteigerung erreicht man, durch legieren mit Mangan und Molybdän. Aber da ist eine ganz wichtige Forderung: Der Stahl soll  amagnetisch sein. Während des Studiums arg strapaziert, versuche ich eine kürzere und nicht ganz so wissenschaftliche Erklärung:
In der Metallurgie wird beim Eisens zwischen zwei  Atomgittern unterschieden: Dazu muß man sich einen durchsichtigen Würfel vorstellen: in der Mitte ein Atom. = kubisch raumzentriertes Kristallgitter. Das ist typisch für Ferrit. Normalerweise ferromagnetisch, relativ leicht zu bearbeiten, aber auch anfällig für Korrosion. Erwärmt man aber den Stahl (0.8% C) auf 723 Grad C, verändert sich das Gefüge. Bei etwa 721 Grad wandelt sich das Kristallgitter in Austenit (Mischkristalle) um: Aus dem kubisch-raumzentrierten entsteht ein kubisch flächenzentriertes Kristallgitter = in der Mitte der Flächen jeweils ein Atom. Durch schnelles Abkühlen (Abschrecken) verhindert man die Rückbildung in den alten Zustand. Es entsteht ein austenitisches Gefüge. Man nennt diesen Zustand ,,feste Lösung" des Kohlenstoffs im Eisen.
Erst die hohen Legierungsanteile von Chrom und / oder Nickel ermöglichen das austenitische Gefüge. Es bringt eine höhere Festigkeit (min. 50 % mehr). Der Stahl lässt sich deshalb schwerer bearbeiten. Er ist rostfrei und - nicht mehr magnetisch! Noch wichtiger ist aber: Der Stahl ist extrem rissbeständig und resistent gegenüber dem permanenten Seewasserkontakt (bei normalen Stählen müssen Opferanoden angebaut werden). Also das richtige Material für den U-Boot-Bau!
In der nächsten Halle waren leider einige Bereiche ,,getarnt", d. h. verhangen. Aber in der Mitte stand wuchtig und groß, mit stumpfer ,,Nase" beinahe plump wirkend, der ,,Stahlfisch"! Leider drängten die Älteren zum Aufbruch. Wir hatten noch Fragen und wollten noch viel mehr "mit den Augen speichern"!
Jürgen

Teddy Suhren

Hai

Uff, und ich dachte ich hätte das mit meinem Werkstoffkunde Schein hinter mir gelassen. :-D
Gruß
Jörg

WoWs Nick: Teddy191

Schorsch

Hallo Jürgen,
Zitat von: Seekrieg am 09 November 2011, 16:10:49
Wer denkt schon darüber nach, dass das Boot nach dem Unterwasser-Torpedoschuß ruckartig leichter wird, und schnellstens 1700 l Seewasser geflutet werden müssen, um den Trimmung aufrecht zu erhalten?
...diese Aussage ist leider nicht korrekt. Es müssen beim G7e mit FAT/LUT-Steuerung für jeden losgemachten TIIIa "nur" 480 kg ausgeglichen werden, d.h. die Differenz zwischen Torpedomasse (ca. 1810 kg) und der Masse des verdrängten Wassers (etwa 1330 kg).

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

Seekrieg

#8
Hallo Schorsch,
da habe ich mich wieder einmal auf die Literatur verlassen (Gannon, Paukenschlag, das Buch über Hardegens U 123).
Jürgen

AND1

Es müssen beim G7e mit FAT/LUT-Steuerung für jeden losgemachten TIIIa "nur" 480 kg ausgeglichen werden, d.h. die Differenz zwischen Torpedomasse (ca. 1810 kg) und der Masse des verdrängten Wassers (etwa 1330 kg).
Torpedos hatten unterschiedliche Gewichte G7a 1528 Kg.
Auszug Teddy Suhren:
Daraus ergibt sich eine spannende Unterhaltung mit meinen Leuten. Und als Ergebnis dieses Meinungsaustausches haben wir dann das Kunststück fertigbekommen, ohne Übergabevorrichtung und sonstige Apparate auf hoher See Torpedos von einem Boot zum ändern zu verlagern. Später, als alles längst vorüber war, bin ich immer wieder gefragt worden: Wie hast Du das bloß gemacht, so ohne Hilfsmittel und so, und wie kommt es, daß der Torpedo nicht abgesoffen ist; denn ein Torpedo ist ja kein Schwimmkörper, vielmehr ein dynamisch angetriebenes Geschoß, und wenn es damit aufhört, sackt er ab. Er hat einen Untertrieb von 100 bis 120 Kilo. Das zu wissen ist sehr wichtig.
Ist nicht U331 bei der Torpedierrung der Braham mit dem Turm aus dem Wasser geschossen.

Schorsch

#10
Hallo AND1,
ich vermute, dass Du mit Deinem Posting mich auf einige Ungenauigkeiten bei den genannten Zahlen hinweisen möchtest. Ich habe also noch ein wenig geblättert und folgendes gefunden:

Der Untertrieb eines gefechtsklaren G7a bzw. T I betrug lt. Rössler: ,,Die Torpedos der deutschen U-Boote", 2005, S. 63 276 kg. Davon entfielen allein 161 kg auf die mitgeführte Pressluft für den Antrieb. Die Differenz aus diesen Gewichtsangaben deckt sich mit den von Dir zitierten Daten, wenn man davon ausgeht, dass von U 154 am 05.08.1942 an Suhren G7a abgegeben wurden, deren Presslufttanks leer waren. (Übrigens widerspricht die Schilderung dieser Übergabe in ,,Nasses Eichenlaub", Ullstein 2005, S. 100 den Daten im KTB von U 564. Die Versorgung durch U 459 fand eine Fahrt früher, am 23.04.42, statt. Die drei Torpedos nebst 2 cbm Trinkwasser wurden von U 154 übernommen, nachdem zwei Tage vorher von U 463 Treibstoff und Proviant übergeben worden waren.) Wenigstens für die Gewichtsangaben ist aber alles in Butter.

Zur Torpedierung der HMS BARHAM ist zu sagen, dass es z.B. bei Kurowski: ,,Jäger der sieben Meere", Flechsing 2006, S. 331 eine dramatische Schilderung der Vorgänge am 25.11.41 gibt. Nur, dass U 331 mit dem Turm aus dem Wasser ,,geschossen" wäre, ist etwas übertrieben. Im KTB von U 331 heißt es z.B. ,,Beobachtungen der Schußwirkungen kann ich nicht machen, da wegen der harten Drehung beim Schuß Gefahr besteht herauszukommen. Bei 9,5 m wird das Boot runtergebracht." (Hervorhebung durch mich) Bei einer Seitenhöhe von 9,55 m beim Typ VII C ist also maximal die Turmoberkante freigekommen und für die vermutete Ursache des Steigens ist das Zitat imho aussagefähig genug.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

AND1

Zur Torpedierung der HMS BARHAM (Zweite) "Turm kam aus dem Wasser"
das dritte Schlachtschiff war gerade dabei das Ruder nach Steuerboard überzulegen, als der Turm aus dem Wasser kam, von der Komandobrücke erkannt worden.  Das U-Boot an Backboard war so nahe das die Geschütze nicht eingesetzt werden konnten und ein Drehen auf das U-Boot war nicht mehr möglich. Der U-Bootkommandant hatte mit bekommen das der Turm die Wasserlinie überschritten hatte (vom Periskop erkannt) und befahl Alarmtauchen, dabei sackte das U-Boot auf 258 m ab Trimmungsprobleme.

Albatros

Hallo Seekrieg,

Danke Dir für Deinen interessanten Bericht...... top

:MG:

Manfred

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