Radargelenktes Feuer deutscher Kriegsschiffe im WWII

Begonnen von Matrose71, 09 August 2014, 17:08:26

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Gabler

Fortsetzung Frequenzschalter:

Im v.Kroge-Buch steht soweit ich es richtig erinnere, daß der Frequenzwahlschalter deswegen eingebaut wurde, weil sich nahe beieinander befindliche Geräte (also bspw. mehrere auf ein und demselben Schiff!) gegenseitig beeinflussen. Vorgesehen war bekanntlich seit 1936, daß alle schweren Einheiten der Kriegsmarine ab leichter Kreuzer aufwärts mindestens zwei Dete-Geräte erhalten sollten.

Bei gleicher Sender-Wellenlänge und gleicher Tastfrequenz konnte man die Signale des einen Geräts mit dem anderen Gerät empfangen. War bspw. ein Gerät als Rundsuchgerät eingesetzt und das zweite Gerät als Feuerleitgerät fest auf ein Ziel gerichtet und dabei dem Übersichtsgerät etwas zugewandt, so überstrich das Übersichtsgerät während seiner Drehung mit seiner Antennenkeule den Empfangsbereich der anderen Antenne. Auf dem Bildschirm des anderen Geräts zeichnete sich ein direktes Empfangssignal des ersten Geräts ab, das sich aufgrund der Drehbewegung der anderen Haube sehr schnell annäherte, dann vielleicht im Nullzeichen, also der Seeschlange verschwand und sich beim Weiterdrehen wiederum als sehr schnell sich entfernendes Signal zeigte. Dieser ungewollte Effekt erhielt vmtl. aufgrund der optischen Erscheinung den phantasievollen Namen "Waldheini" :-) Um ihn zu eliminieren, konnte mit dem Frequenzwahlschalter mit einem Gerät auf eine Ausweichtastfrequenz gegangen werden. So stand es glaube ich bei v.Kroge oder auch bei Dr. Röhrl, weiß nicht mehr genau.

Mit diesem Schalter also konnte Dr. Krautwig außerdem die Tastfrequenz so variieren, daß man auch ein Fernzeichen von einem Nahzeichen unterscheiden konnte. Wie er herausgefunden hatte, sprangen die Fernzeichen bei verminderter Tastfrequenz um den errechneten Entfernungsbetrag nach links. Bei den Nahzeichen innerhalb von 75km sollte sich die Position hingegen eigentlich nicht ändern, sie sollten also nicht springen. Tatsächlich war jedoch auch die Nullphase in geringem Maß frequenzabhängig, und so gab es auch bei den Nahzeichen einen leichten Sprung nach links, der jedoch deutlich kleiner ausfiel und daher wohl noch immer von den Fernzeichen unterschieden werden konnte. Um diesen "Nahzeichensprung" gänzlich zu elimieren, empfahl es sich, nach jeder Tastfrequenzänderung den Nullpunkt neu zu justieren, was aber etwas Zeitaufwand erforderte und offenbar nicht immer möglich war, wie im Bericht nachzulesen ist.

Damit zurück zur Gneisenau: Krautwig konnte den Überlagerungseffekt des "Waldheini" freilich nicht feststellen, weil zum Zeitpunkt der Unternehmung "Berlin" beide Schiffe noch je nur ein einzelnes Dete-Gerät eingebaut hatten, beide FuMG 39 auf dem Vormars mit provisorischer Haube, demnach also je ein FuMO 22 nach späterer Bezeichnung.

Was er aber auf Gneisenau feststellen konnte, war, wenn ein direktes Signal vom Schwesterschiff Scharnhorst empfangen wurde. Auch dies wird im Bericht sehr schön beschrieben und er nannte diesen Effekt den "Radfahrer". Auch hier wanderte das direkte Signal von SH offenbar recht schnell über den Bildschirm des Dete-Geräts auf GU, vermutlich mit dem Auswandern von SH selbst und/oder dazu überlagernd womöglich eine Drehbewegung der Dete-Haube von SH, wohl aber nicht mit einer Bewegungsumkehr des Waldheinis verbunden, so wie bei dem rotierenden eigenen Gerät oben beschrieben. Zumindest schreibt er davon nichts.

Wir fassen also zusammen für heute ;-)

Seeschlange:    Direktes Echosignal des eigenen Gerätes
Waldheini:        Direktes Echosignal mit Bewegungsumkehr eines anderen bordeigenen, sich drehenden Dete-Geräts
Radfahrer:        Direktes Echosignal wohl ohne Bewegungsumkehr eines anderen (im Idealfall befreundeten :-o ) Dete-Geräts

Grüße

Gabler


Gabler

Hallo Allerseits,

beim Schmökern in den Funkmessakten (Band I, Nara-Rolle 2111) habe ich weiteres zu den Erkenntnissen Dr. Krautwigs in seinem EMII-Bericht gefunden. Es gab noch einen weiteren ungewollten Nebeneffekt: Mehr oder minder per Zufall hat er entdeckt, daß es sogar möglich war, daß ein eigenes Sendesignal vom hinter der FuMO-Haube befindlichen vorderen Mast zuerst reflektiert, dann am Ziel erneut reflektiert und wiederum von der eigentlich abgewandten Antenne von Gneisenau empfangen werden konnte. Dummerweise befand sich ausgerechnet auf der selben Höhe wie die Seetakt-Antenne eine Querstange (Rahe) mit vertikalen Verstrebungen ("Fußpferd") am vorderen Mast und diente so als "Vorbande". Diese Spiegelung wird von ihm auf Seite 31 beschrieben:

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und in der Abbildung 17 des EM-II-Berichts (S. 272 d.A.)schematisch dargestellt:

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Auf der linken Zeichnung dargestellt die Vorderansicht des Masts mit der Querstange, rechts daneben eine Draufsicht mit Masts und FuMO-Haube. Darin eingezeichnet der am Mast reflektierte Verlauf der Funkwellen von der Antenne zum Ziel (Scharnhorst) und zurück.

Zum besseren Verständnis der Zeichnung von Krautwig eine Aufnahme der Funkmesshaube, wohl vom Januar 1940 in der Kieler Förde:

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klar abgrenzbar zu sehen die auf der optischen Haube aufgesetzte (behelfsmäßige) Funkmesshaube nach Vorbild Spee-Haube mit nach vorn abgesetztem Gehäuse für den Sender (rechts zwischen Haube und Antenne) und direkt davor auf Höhe der FuMO-Haube die fest angebrachte Antenne mit vorgesetzter Tarnung. Genau dahinter im Bild die Rahe mit den Verstrebungen in derselben Höhe. Das hierdurch reflektierte Fehlzeichen trat noch häufiger auf und war lt. Dr. Krautwig stets reproduzierbar. Dennoch erschien diese Erscheinung so ungewöhnlich, daß die Seekriegsleitung in Form des Marinegruppenkommandos Nord am 24.04.41 das NVK um eine "wissenschaftliche Überprüfung" gebeten hat:

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Bei dem Bericht handelt sich um einen Auszug aus dem KTB Gneisenau vom 08.02.41, 21.54Uhr. Das NVK bekräftigt in seiner Stellungnahme am 14.06.41 an MGK und OKM, daß es sich sehr wahrscheinlich um Reflexionen vom Mast oder Schornstein handeln würde, nicht jedoch von den Rauchgasen:

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Dieser Einschätzung schließt sich das OKM an und setzt alle wesentlichen Dienststellen in Kenntnis:

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Weiteres zu diesem Vorgang habe ich bisher nicht entdeckt, aber in der Folge wurde im Rahmen der funkmesstechnischen Modernisierung der Gneisenau ab September 1941 in Brest nicht nur das FuMG 39 im Vormars durch ein Seriengerät FuMG 40 (#80 mit TS6) und ein zweites FuMG 40 (#81) wie bereits ursprünglich geplant auf dem achteren Stand ebenso als aufgesetzte Haube eingerichtet - also  damit 2x FuMO 26, jedoch offenbar beide ohne Feinpeilzusatz. Es wurde außerdem die Seetaktantenne auf der Vormarshaube um etwa 1,8m nach unten versetzt um zukünftig das Auftreten solcher Fehlzeichen wie oben geschildert zu verhindern:

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Viel Gelegenheit, eine Verbesserung zu überprüfen, gab es nicht mehr. Die einzige noch verbliebene Feindfahrt der Gneisenau war der Kanaldurchbruch Anfang 1942. Kurz darauf erhielt sie in Kiel einen schweren Bombentreffer, der das Schiff letzten Endes bis Kriegsende außer Gefecht setzte. Auch der NVK-Mann Krautwig war beim Kanaldurchbruch nicht mehr an Bord, um zu testen. Er war bereits mit Bismarck untergegangen. Ob wohl im KTB etwas zu diesen Fehlzeichen vermerkt ist?

Grüße und frohes Schwitzen

Gabler

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