Typ XI (U-Kreuzer der Kriegsmarine)

Begonnen von rosenow, 02 Mai 2010, 17:44:49

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rosenow

Moin, Freunde, ich habe mal wieder eine Frage an Euch!
Typ XI (U-Kreuzer der Kriegsmarine) war (laut einem Beitrag in Wikipedia-geplanter Einsatz ) für den Einsatz im Atlantik um Afrika und Amerika, sowie für das östliche Mittelmeer und die nordeuropäische Küste geplant und nur im Kriegsfall gegen Frankreich und/oder Sowjetunion.

Weiter unten (Ende des Projekts) steht, ich zitiere mal:
Zitat,,Der ursprünglich vorgesehene taktische Einsatz, der sich ja auf eine Auseinandersetzung hauptsächlich mit Russland und Frankreich, nicht aber mit der Seemacht Großbritannien bezog, war nun obsolet"

Ich verstehe, dass die IXer Boote besser für Ferneinsätze geeignet waren, aber  ich verstehe nicht, warum der Typ XI, (der U-Kreuzer) gegen Frankreich und Sowjetunion ausreichte und
gegen Großbritannien nicht?
Wie unterscheidet sich das, der Atlantik bleibt doch der gleiche, oder?


:MG:

mit freundlichen Gruß
Michael


,,Macht`s gut und denkt daran!
Es gibt drei Sorten von Menschen:
Die Lebenden.
Die Toten.
Und die, die zur See fahren."
Hein Schonder

Schorsch

Hallo Michael,

die U-Kreuzer sollten im Einzeleinsatz vor Afrika (französische Kolonien) und im östlichen Mittelmeer in Gebieten operieren, also in Zonen, die nicht unter der Seeherrschaft eines potenten Gegners stehen oder als Nebenkriegsschauplätze zu betrachten wären. Man versprach sich insbesondere beim letztgenannten Einsatzprofil eine zusätzliche Diversionswirkung auf die gegnerischen Seestreitkräfte, da gegen ein kampfkräftiges Artillerie-U-Boot keine Kräfte eingesetzt werden könnten, die einem normalen U-Boot noch gewachsen wären.

Die mitgeführte, größere Menge von Artilleriemunition im Vergleich mit der Anzahl möglicher Torpedos sichert eine höhere Zahl von Angriffsmöglichkeiten gegen schwach bewaffnete oder unbewaffnete Handelschiffe, die nicht in einem Konvoisystem unterwegs sind. (vgl. dazu auch Aussagen von Spielern über die Auswahl der U-Boottypen in diversen U-Boot-Simulationen oder auch die Bedeutung der Artilleriebewaffnung der U-Boote im WK I).

Da die Entwicklung der großen Boote aber nach Kriegsausbruch noch nicht so weit gediehen war, um in absehbarer Zeit in das Kampfgeschehen eingreifen zu können, wurde der Bau gestoppt bzw. überhaupt nicht aufgenommen. Der Kriegsverlauf, auch in Hinblick auf die fehlenden Verwendungsmöglichkeiten z.B. der französischen Surcouf, bestätigte später die Richtigkeit der Entscheidung.

Für detailliertere Ausführungen empfehle ich noch die entsprechenden Abschnitte bei E. Rössler: ,, Die deutschen U-Kreuzer und Transport-U-Boote", Bernard & Graefe, 2003 auf den Seiten 194 bis 224 nachzulesen.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

rosenow

Vielen Dank Schorsch!
Scheint so, dass Dönitz wohl einen sehr großen Weitblick hatte, denn er hatte wohl schon 1938 für die VIIer und IXer  plädiert, auch auf Kosten anderer Typen.
Konnte er tatsächlich ahnen, wie sich der Konflikt im Falle eines Krieges entwickeln wird?
Sind die ersten Jahre 39/Ende 41 doch verhältnismäßig ruhig verlaufen, gegenüber den letzten Jahren.
Vor allem Paukenschlag 42 vor der US-Küste, Karibik, Indischer Ozean, das wären doch Schauplätze gewesen, zumindest für die erste Zeit oder welche Kriterien sprechen dagegen?
Waren eventuell die Wirtschaft, die Rüstungsindustrie usw. nicht in der Lage, zusätzliche Typen zu bauen, da Dönitz ja auf seine 300 Front-U-Boote um England  pochte, lag es nicht eher daran?

Gruß Michael
mit freundlichen Gruß
Michael


,,Macht`s gut und denkt daran!
Es gibt drei Sorten von Menschen:
Die Lebenden.
Die Toten.
Und die, die zur See fahren."
Hein Schonder

Schorsch

Hallo Michael,

mit dem Weitblick ist das so eine Sache. Wenn man auf der Autobahn nicht an einem Massencrash teilnimmt, weil man schon vorher wegen Spritmangels liegengeblieben ist, heißt das nicht, dass man besondere Voraussicht hat walten lassen.  :-D
Wobei aber der Gerechtigkeit halber auch zu sagen ist, dass Dönitz nicht alles aufgebuckelt werden kann. Zu der Zeit, als die zweite deutsche U-Boot-Waffe entstand, war Dönitz ein zu kleines Licht in der Hierarchie, als dass er einen wesentlichen Einfluss auf das Verhältnis von mittleren und großen Booten hätte ausüben können. Sein Wunsch, insbesondere dem Typ VII vor den IX-er Booten den Vorzug zu geben (man rechnete, dass für zwei große Boote drei mittlere Boote bei kürzerer Hellingzeit hätten gebaut werden können), um mit einer großen Anzahl von Booten in einen Krieg gegen Frankreich gehen zu können, wurde von der Marineleitung nicht entsprochen. Deren Ziel war es, eine Flotte aufzubauen, in der die U-Boote einen integralen Bestandteil bilden sollten. Die Möglichkeit, mit den U-Booten das Kampfmittel für einen Krieg gegen die Handelsschifffahrt zu schaffen, wurde zunächst nicht verfolgt.
Neben den Beschränkungen, die durch die vorhandenen Werftkapazitäten existierten (Siehe dazu auch --/>/> hier!), gab es ja noch den deutsch-englischen Flottenvertrag, gegen den ja auch nicht allzu offensichtlich verstoßen werden sollte. Wie hätten unter diesen Bedingungen die später so oft geforderten 300 U-Boote in Dienst gestellt werden sollen, die England von seinen Einfuhren abschneiden können?
Nicht zuletzt waren die Operationen vor der Ostküste der USA, in der Karibik oder dem Indischen Ozean das Eingeständnis der Kriegsmarine, dass ihr Konzept vom der Kampf der U-Boote im Atlantik gescheitert war. Erst zu diesem Zeitpunkt eingesetzt, hätten die U-Kreuzer vom Typ XI ca. anderthalb bis zwei Jahre ohne richtige Beschäftigung in Reserve gehalten werden müssen, um dann eine relativ kurze Einsatzdauer zu erwarten. Schließlich hatten die Briten den Amerikanern ja erfolgreich vorexerziert, wie man den U-Booten den Spaß vermiesen kann, wenn diese als oberflächengebundene Torpedo- oder Artillerieträger eingesetzt werden und die Konvoisicherungen ihren Part endlich auf die Reihe bekommen haben.

Mit freundlichen Grüßen
Schorsch
'Judea, London. Do or Die.'

"Ubi dubium, ibi libertas." (Wo Zweifel ist, da ist Freiheit.)

rosenow

Zitat von: Schorsch am 05 Mai 2010, 19:56:01
mit dem Weitblick ist das so eine Sache. Wenn man auf der Autobahn nicht an einem Massencrash teilnimmt, weil man schon vorher wegen Spritmangels liegengeblieben ist, heißt das nicht, dass man besondere Voraussicht hat walten lassen.  :-D
:ROFL: Du triffst den Nagel direkt auf dem Kopf.  :MLL:

Auch deine restliche Antwort, trifft es voll, vielen Dank.
:MG:
mit freundlichen Gruß
Michael


,,Macht`s gut und denkt daran!
Es gibt drei Sorten von Menschen:
Die Lebenden.
Die Toten.
Und die, die zur See fahren."
Hein Schonder

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