Ölversorgung der italienischen Marine

Begonnen von Thomas, 23 Mai 2006, 21:23:48

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Thomas

Hallo,

unmittelbar nach der Besetzung Kretas soll ein Tankerverkehr über Griechenland-Dardanellen-Konstanza aufgenommen worden sein, nach diversen Quellen soll die italienische Marine mit ihrer Ölversorgung Ende Mai 1941 nahezu am Ende gewesen sein.

Für Juni und Juli waren ca. 200.000 to. aus den rumänischen Quellen mit diesen Transporten zugesagt worden.

Weiß jemand etwas mehr darüber? Lief dort ein ständiger Geleitzugverkehr (vielleicht bis zum deutschen Angriff auf Rußland)?

Viele Grüße
Thomas

ufo

Hans-Jürgen Zetzsche schreibt in seiner Promotion "Logistik und Operationen; die Mineralölversorgung der Kriegsmarine im Zweiten Weltkrieg"; Kiel 1986; betreut von Michael Salewski zur Ölversorgung der Italienischen Marine unter der recht bildlichen Überschrift 'Der Italienische Aderlass Dezember 1941 – September 1943'

Er schreibt, dass beim Aufbau der Italienischen Flotte zwischen den Kriegen genausowenig wie bei den Z-Plan Träumereinen der Deutschen die Konstrukteure von Schiffen mit den Logistikern je auch nur sprachen. Die auf dem Papier mächtige Italienische Flotte krankte von vorne herein an Ölmangel.
Die Mineralölreserven der Regia Marina bei Kriegsbeginn zitiert er nach Schreiber als zwischen 1.7 und 2 Millionen Tonnen. Den Verbrauch 1940 als 68o.ooo Tonnen, 1941 als 1.12o.ooo Tonnen. Damit war die Regia Marina Ende 1941 am Ende ihrer Bestände angelangt. Ab da blieben Rudern oder Deutsches Öl als Ausweichmöglichkeiten.

Die Italienische Marine sollte aber im Laufe des Krieges 1942 noch 72o.ooo Tonnen und 1943 4oo.ooo Tonne Heizöl verbrauchen.

Um die Mängel auszugleichen wurde schon ab November 194o monatlich 23.ooo Tonnen Heizöl aus Rumänien zugeführt. Bei einem von Supermarina angesetzten monatlichen Verbrauch von 14o.ooo Tonnen würden damit im Juni 1941 den schweren Italienischen Einheiten der Sprit ausgegangen sein.

Die Kriegsmarine stand damit vor dem Dilemma selbst nicht genug Heizöl zu haben und gleichzeitig die Italienische Marine am Laufen halten zu müssen.

Eine Bestandsübersicht ergibt an Reserven am 1.12.41 für die Skl 365.ooo Tonnen, für Supermarina 2.ooo Tonnen. Mit einer Lieferung aus Deutschland von 3o.ooo Tonnen und einer weiteren aus Deutschland und Rumänien von 61.ooo Tonnen stand die Skl am 1.1. 42 da mit 135.ooo Tonnen, die Supermarina mit 37.ooo Tonnen.

Das ganze ergibt das Bild von zwei Bettlern, die einander Geschenke machen.

Die Lage besserte sich auch nicht. Im Mai 1942 lieferte die Kriegsmarine aus Beständen in Frankreich und Belgien 45.ooo Tonnen. Wenn ich mich recht entsinne beschreibt Paul Zieb die Operation mit Leichtern über das Innerfranzösische Kanalnetz im Detail in "Logostikprobleme der Marine".

Die Skl meinte sich diese Grosszügigkeit leisten zu können da mit Operation Cerberus drei potentielle Spritsäufer aus dem Französichen Raum abgedampft waren.

Als Ende Oktober 1942 die Reserven von Supermarina erneut auf nur 14.ooo Tonnen abgesunken waren baten die Italiener erneut um Zuschuss. Im Folgenden scheint sich die Achse aber mehr und mehr unter der Belastung gebogen zu haben. Es finden sich sowohl in einem Vortrag Raeders vor Hitler vom November 1942 als auch in Aufzeichungen Görings Hinweise, dass die Italiener Rohstoffe horteten und die Deutschen schliesslich zumindest teilweise hinter Unregelmässigkeiten gekommen waren (Auch KTB Skl vom 16.o7.43).

Von September 1941 bis August 1943 hat die Kriegsmarine der Regia Marina 425.ooo Tonnen Heizöl zur Verfügung gestellt; entsprechend 25% des Verbrauches der Kriegsmarine in jenem Zeitraum.


Zetzsche geht nicht im Detail auf die Rumänienlieferungen ein. Es wirkt aber so, als sei die monatliche Rate von gut 2o.ooo Tonnen mehr oder minder ungebremst von Ende 194o bis in 1943 hinein gelaufen.
Wie dieser Transport genau ablief, darauf geht er leider – sorry – nicht ein.

Ich meine mich zu entsinnen, dass in einem Englischen Buch zum U-Bootkrieg im Mittelmeer auf die Bedeutung von Angriffen auf Öltransporte um Griechenland hingewiesen wurde. Das würde auf einen kontinuierlichen Seetransport vermutlich in eher kleinen Küstentankern hinweisen, der auch nach dem Angriff auf Russland munter weiterlief.

Ciao,
Ufo

Mario

Auch das Buch "Entscheidung im Mittelmeer" von Ralf Georg Reuth erwähnt desöfteren die prekäre Lage der Ölversorgung der Italiener. Im Winter 41/42 litt die Kriegsmarine derart unter Versorgungsschwierigkeiten, das schon im Dezember 1941 "die Flotte bis auf weiteres stillgelegt ist" KTB SKL vom 09.12.1941.
Da der Krieg im Mittelmeerraum immer schon als zweitrangig galt, wurde der Achsenpartner natürlich noch weniger mit dem wertvollen Treibstoff bedacht, als die eigenen großen Einheiten.

ufo

Kleiner Schlenker off topic - Mario, magst zum Reuth bei Gelegenheit ma' ein paar Zeilen schreiben? Der guckt mich immer ma' an. Ich frage mich, ob der eine kleine Investition wert ist.

Danke!
Ufo

Huszar

Hallo,

Die Ölversorgung von Italien musste zwangslaufig über die Agäis laufen.
- Ungarn und Rumänen konnten sich gegenseitig nicht leiden, und sogar die Lieferungen nach Dtl und die dt. Lieferungen nach Rumäninen konnten nur unter massivstem Druck aufrechterhalten werden (und wurden, wo es nur ging, verzögert)
- Jugoslawisches Schienennetzt... ok... bischen zu unsicher...

Soweit ich mich erinnern kann, haben ru. U-Boote einige Tanker in der Umgebung des Bosporus versenkt (auch türkische). Was die da wohl gemacht haben?  :-D

mfg

alex
Reginam occidere nolite timere bonum est si omnes consentiunt ego non contradico
1213, Brief von Erzbischof Johan von Meran an Palatin Bánk von Bor-Kalán

ufo

Die Öllieferungen aus Rumänien sind tatsächlich bis zum Ende weitergelaufen. Josef Schröder schreibt dazu in "Italiens Kriegsaustritt 1943" zitiert aus dem KTB OKW vom 22.o2.1943

And die Italienische Kriegsmarine gingen folgende Ölmengen:
Januar '43      vom OKM  26.ooo t
         aus Rumänien 11.ooot
Februar '43      vom OKM 29.ooo t
         aus Rumänien 28.ooot
         aus Toulon 5.ooo t
März '43 (geplant)   vom OKM 16.ooo t
         Aus Rumänien 39.ooo t

Während auch Schröder die Bedenken Raeders aus den Vorträgen vor Hitler über die Ehrlichkeit der Italiener anführt, so zitiert er auch einen Major Schramm, Führer des Kriegstagebuches im Wehrmachtsführungsstab, der nach sorgfältiger Auswertung von Zahlenmaterial, welches den Deutschen nach der Italienischen Kapitulation in die Hände gefallen ist, zu dem Schluss kommt: "Der Verdacht, dass die Italienische Kriegsmarine zu viel Heizöl verlangt und dass sie aus dem gelieferten eine unverhältnismässig grosse Reserve angesammelt habe, lasst sich [...] zahlenmässig nicht belegen."

Schröder macht deutlich, dass das Misstrauen und die Hochnäsigkeit der Deutschen Marineleitung viel zur Entfremdung zwischen den Allierten beigetragen haben.

Ufo

Thomas

Hallo,

so ähnliches geht auch aus dem Lagevortrag Berghof vom 19.11.42 (Beginn der russischen Stalingrad-Offensive, Nordflügel) hervor:
Der italienische Monatsverbrauch wird mit 60.000 to. festgehalten, die jetzige Forderung beträgt 80.000 to p.M. Der italienische Vorrat betrug Anfang April noch 40.000 to, nunmehr Stand 17.11. nur 18.000 to. Dies hatte dazu geführt, dass die italienischen Schlachtschiffe ihre Bestände abgeben mußten, also z.Zt. nicht mehr einsatzbereit sind, die Bunkerbestände der Kreuzer in Navarino betragen 4/5 dfer Kapazität, die der Kreuzer in Messina nur 50%. Bei den italienischen Landstellen in Dalmatien und Ägäis ist überhaupt kein Öl mehr verfügbar. Die Ägäis-streitkräfte werden aus deutschen Kapazitäten für Geleitschutzaufgaben versorgt (auch fallen solche aus bzw. müssen verschoben werden, auf U-Jagd muss verzichtet werden, weil kein Brennstoff mehr da ist).
"Die Italiener haben erwiesenermaßen (!, wie aber?) nicht alles von der dt. KM gelieferte Öl der RM zugeführt. Nachdem dieses durch einen dafür eingesetzten deutschen Offizier festgestellt worden war, haben sie verhindert, dass dieser Offizier weiterhin Einblick in den Verbleib unserer Lieferungen erhält."
Die Lieferungen aus Rumänien sinken während der Wintermonate (wegen Eigenbedarfes) weiter ab. Von der dt. KM sind 20.000 to. P.M. zugesagt. Es werden aber Maßnahmen gefordert, die sicherstellen, dass das der RM gelieferte Öl tatsächlich ausschließlich der RM zukommt.

Zitate nach: Lagevorträge des OB der KM vor Hitler 1939-1945, zum 19.11.1942.

Grüße
Thomas

Spee

#7
Servus,

das aus Deutschland und Rumänien in Italien ankommende Öl wurde von der AGIP übernommen und verteilt. Das da auch Öl für andere Aufgaben abgezweigt wurde, verständlich. Ein paar Millionen Einwohner nur mit Ruderbooten versorgen?
Servus

Thomas

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