Frage: Munitionsbestand des Panzerschiffes ADMIRAL GRAF SPEE nach dem Gefecht

Begonnen von Nikolaus Sifferlinger, 14 Februar 2021, 21:59:50

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Nikolaus Sifferlinger

Sehr geehrtes Forum,

wie hoch war eigentlich der Restmunitionsbestand des Panzerschiffes ADMIRAL GRAF SPEE nach dem Gefecht mit den drei britischen Kreuzern am 13. Dezember 1939?


Ich habe irgendwo gelesen das ALTMARK keine Munition mitführte und daher seit September 1939 nichts von der auf ADMIRAL GRAF SPEE im Handelskrieg verbrauchten Munition ersetzt werden konnte.
Stimmt das?

Mit besten Grüßen

Nik

Nikolaus Sifferlinger

#1
Dazu auch ein aus meiner Sicht interessanter Eintrag im Kriegstagebuch der Seekriegsleitung, Teil A, Band 2, Oktober 1939, Seite 221, Lagebesprechung am 28. Oktober 1939 beim Chef der Seekriegsleitung zum Thema Panzerschiffe:
"Chef Skl stellt zur Überlegung, ob die militärische Lage im Atlantik nicht eine Rückkehr der DEUTSCHLAND im November (und anschließend auch des SPEE) in die Heimat erforderlich oder wünschenswert erscheinen läßt. ...
... sind die weiteren Ziele der Panzerschiffsverwendung, mittelbare Auswirkung auf den Umfang des Gesamthandels zu den Feindländern sowie Bindung starker feindlicher Kampfkräfte und ihre gesteigerte betriebstechnische Belastung voll erreicht worden.
Eine Erhöhung der Erfolge wäre möglich bei vollem Einsatz der Panzerschiffe.
Ein solcher liegt aber keineswegs im Sinne der deutschen Seekriegsführung.
Es muß vielmehr das Streben der Seekriegsleitung sein, unter Ausnutzung der gegebenen Erfolgsmöglichkeiten die Panzerschiffe so lange wie irgend möglich der deutschen Seekriegsführung zu erhalten und ihren vollaktionsfähigen Einsatz zu einem späteren günstigen Zeitpunkt sicherzustellen.
Jeder eigene Prestigeverlust und jeder englische  Prestigegewinn sind zum jetzigen Zeitpunkt mit allen Mitteln zu vermeiden.
Die Erhaltung der Panzerschiffe liegt daher nicht nur im Interessse der militärischen Seekriegsführung sondern auch sehr stark im Interesse der politischen Führung.
"

Ob dies an ADMIRAL GRAF SPEE übermittelt wurde?

M-54842

Ich zitiere mal Hans-Jürgen Kaack. In seinem Buch ,,Kapitän zur See Hans Langsdorff" heißt es auf der Seite 459 zur Altmark:
,,Sie war mit Rücksicht auf die Ölübernahme in Port Arthur unbewaffnet aus Wilhelmshaven ausgelaufen und hatte auch keine Nachschubmunition für das Panzerschiff an Bord."
Im Buch heißt es auf Seite 560 bezugnehmend auf das KTB Skl vom 14.12.1939 weiter:
,,Die Aussichten für das Gelingen eines Durchbruchs in die Heimat durch die vor Montevideo stehenden überlegenen englischen Seestreitkräfte sind bei dem geringen Munitionsbestand auch nach Wiederherstellung der anscheinend stark eingeschränkten Seefähigkeit gering, scheinen aber immerhin noch vorhanden zu sein" (...)

Nikolaus Sifferlinger

Vielen Dank bezüglich der Bestätigung das ALTMARK keine Ersatzmunition an Bord hatte. :ML:

Zum Munitionsbestand der ADMIRAL GRAF SPEE würden mich die Ziffern interessieren damit man sich ein Bild machen kann.

Vielleicht hat jemand in diesem Forum die Zahlen - ich denke in irgendeiner Form wurden diese sicher nach Deutschland gemeldet.
Zur Beurteilung der Lage und dem Entschluß das Schiff zu versenken keine unwesentliche Information.

LG
Nik

Matrose71

Salve,

AGS hat um die 405 Granaten verschossen, was wohl 2/3 ihres Munitionsbestandes war, hauptsächlich Bodenzünder HE. Laut eingen Quellen hatte AGS bei ihrem Gefecht noch 100 Schuss pro Rohr, die Panzerschiffe konnten 120 Granaten pro Rohr in ihren Magazinen aufnehmen. NAchdem Gefecht waren noch ungfähr 170 AP (Panzerspreng) und 30 HE Granaren an Bord.
Viele Grüße

Carsten

Thor

Hallo Nik,

Peter hat im nachfolgenden Threadlink anno dazumal schon einiges zum Munitionsverbrauch zusammengeschrieben gehabt:
https://www.forum-marinearchiv.de/smf/index.php/topic,2266.msg33261.html#msg33261

Gruß
David
"Wooden ships with iron men beat iron ships with wooden men" - Zusammenfassung der Seeschlacht von Lissa (1866)

Nikolaus Sifferlinger

Carsten und David und Peter

vielen Dank für die Angaben und Hinweise.

Also noch etwa Munition für 15 bis 30 Minuten intensives Gefecht, wobei Panzersprengmunition gegen Kreuzer nicht optimal wäre.

Danke für die rasche Beantwortung.

Mit besten Grüßen

Nik

Urs Heßling

"History will tell lies, Sir, as usual" - General "Gentleman Johnny" Burgoyne zu seiner Niederlage bei Saratoga 1777 im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg - nicht in Wirklichkeit, aber in George Bernard Shaw`s Bühnenstück "The Devil`s Disciple"

Nikolaus Sifferlinger

Hallo Urs,

vielen Dank.
Werde in Zukunft vor einer möglichen Frage zuerst die Suchfunktion nützen.

LG
Nik

Nikolaus Sifferlinger

Anbei noch ein Foto von ADMIRAL GRAF SPEE aus meiner Bildersammlung.
Zeigt, da die beiden Scheinwerfen an der Steuer- und Backbordseite am Turmmast entfernt sind, das Schiff im Zeitraum zwischen Oktober 1938 und August 1939.

Eine weitere Frage von mir ist ob eine Internierung des Schiffes in Argentinien je eine Option war?

Mit besten Grüßen

Nik

ufo

Zitat von: Nikolaus Sifferlinger am 09 März 2021, 08:58:04
Anbei noch ein Foto von ADMIRAL GRAF SPEE aus meiner Bildersammlung.
Zeigt, da die beiden Scheinwerfen an der Steuer- und Backbordseite am Turmmast entfernt sind, das Schiff im Zeitraum zwischen Oktober 1938 und August 1939.

Eine weitere Frage von mir ist ob eine Internierung des Schiffes in Argentinien je eine Option war?

Mit besten Grüßen

Nik

Danke! Schoenes Bild von ihr. Ich finde die Panzerschiffe ja ausgesprochen aesthetische Schiffe.

Ich denke Argentinien ist immer nur eine Traeumerei gewesen. Sicher bedingt auch durch die ausgesprochen freundliche Aufnahme, die die Deutschen in Argentinien bekamen. Dabei uebersah man natuerlich, dass die Argentinier es sich gut leisten konnten freundlich zu sein. Schliesslich hatten die Deutschen kein diplomatisch hochnothpeinliches Kriegsschiff mitgebracht. Die Argentinier wussten wohl wo sie ihr Corned Beef verkaufen konnten und wo nicht. Auch Argentinien haette sich die Graf Spee schleunigst vom Hals geschafft. Haetten die Deutschen eine Internierung versucht, haetten die Briten die Graf Spee ohne den Umweg ueber einen Schrotthaendler kaufen koennen.
Argentiniens Wahl zwischen dem Empire und dem Reich war nie eine Frage.

Aber auch von der Navigation her war das problematisch. Zu versuchen Mar del Plata zu erreichen haette bedeutet den Kampf bis zum bitteren oder wunderbaren Ende durchzukaempfen. Jeder weitere Treffer zaehlte dabei gegen die Graf Spee. Und der einzige im la Plata in Frage kommende Hafen waere Buenos Aires gewesen. Der Uruguay River und der Rio Parana Guazu aber laden ihr Sediment auf der Suedseite des la Plata vor der Argentinischen Kueste ab. Da man Zufahrten nicht weit quer zum Strom baggern kann, ist die Zufahrt nach Buenos Aires ein rund hundert Kilometer langer betonnter Zwangsweg von kurz hinter English Bank (direkt suedlich von Montevideo) bis zum Hafen.

Wiki hat eine Karte, wo man den Anfang des Zwangsweges sehen kann:
https://en.wikipedia.org/wiki/File:HMSO_Graf_Spee_map_of_River_Plate.jpg

Die Graf Spee haette wie auf einer Schiessbahn einen betonnten schnurgeraden Zwangsweg laufen muessen, waehrend die britischen Kreuzer auf der Nordseite des la Plata freies Wasser gehabt haetten. Die Britische America Division hatte in den dreissiger Jahren mehrfach Kreuzer den Uruguay River bis Fray Bentos hinauf gefahren. Die Wasser sollten gut bekannt und dokumentiert gewesen sein. Und auch die Deutschen haetten gewusst worauf sie sich einlassen. Das Reisebuch von Kreuzer Berlin beschreibt sehr malerisch wie das Schiff Stunde um Stunde dem geraden Tonnenstrich nach Buenos Aires folgen muss.

Ein Torpedoueberfall aus freiem Wasser auf ein Schiff in einem Zwangsweg haette der Graf Spee wenig Chancen gelassen.


Just my two Pence,
Ufo

Nikolaus Sifferlinger

Hallo ufo

Vielen Dank.

Ja stimme mit deiner Beurteilung überein.
Und bei Internierung wären die Briten sowohl in Montevideo oder Buenos Aires bald an Bord gewesen.

Feuerleitungseinrichtung und Funkmesseinrichtungen sind immer geheim und ein Aufklärungsziel.

Schwierige Fahrwasserverhältnisse in Rio de la Plata sind bekannt, das nur ein enger Schifffahrtskanal nach Buenos Aires führt wusste ich noch nicht. Danke für die Karte.

Ja die Panzerschiffe waren auch aus meiner Sichte ein sehr gut gelungener Entwurf und die technischen Einrichtungen recht zuverlässig.
Ein bekannter österreichischer Modellbauer baut mir gerade ein 1:200 Modell von ADMIRAL SCHEER im Zustand 1940/41.

Vielen Dank für deine ausführliche Antwort.

Mit besten Grüßen

Nik


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