Aufbau und Deckshaus

Begonnen von Hastei, 30 Oktober 2008, 16:47:32

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Peter Strasser

Tja, wie Du meinst.

Sowohl die Marinedienstvorschrift MDv 411/1 "Schiffstechnische Bezeichnungen" als auch die Klassifikationsgesellschaften (z.B. GL = Germanischer Lloyd) sehen es anders.

Die Marineenzyklopädie, ich nehme an, dass Du auf die anspielst, von Krenz und Gebauer gibt Dir natürlich recht. Herr Krenz ist meines Wissens nach aber kein Schiffbauer. Bei Herrn Gebauer weiß ich es nicht.

Im Schiffbaustudium wurde jedenfalls definitiv ein Unterschied zwischen Aufbauten und Deckshäusern gemacht. Die Fachsprache der Marinehistoriker oder Marineforen mag da natürlich abweichen.

Also, jeder nach seiner Fasson, ich hab's halt aus der Sicht des Schiffbauers betrachtet.
:MG:

Peter Strasser

Um das ganze nicht so kurz und "klugscheißerisch" abzubacken, hab mir jetzt noch mal den schon häufiger zitierten „Schneekluth-Entwerfen von Schiffen“ geschnappt.

Auch hier wird durchgängig und konsequent zwischen Deckshäusern und Aufbauten unterschieden.
Das diese Unterscheidung nicht nur dazu gedacht ist, um Marineinteressierte zu verwirren, zeigen die Freibordvorschriften. Aufbauten werden in die Berechnung des Freibords einbezogen, Deckshäuser nicht. Siehe hierzu weiter unten „Nachteile von Deckshäusern“.

Aber einfach mal den Schneekluth zitiert:

AUFBAUTEN UND DECKSHÄUSER
In manchen Fällen hat man die Wahl, den benötigten Raum möglichst weitgehend im Rumpf unterzubringen oder dafür in größerem Umfang auch Aufbauten und Deckshäuser heranzuziehen. Grundsätzlich führt eine Bauart mit wenig Aufbauten und Deckshäusern zu einem geringeren Stahlgewicht. Hierbei wird ein durchlaufender Aufbau als Teil des Rumpfes betrachtet. Wenn auch das Raumgewicht; des Rumpfes höher als das von Aufbauten und Deckshäusern ist, so wird durch eine Vergrößerung der Seitenhöhe des Rumpfes auf Kosten von Aufbauten und Deckshäusern das Gesamtgewicht geringer. Ein gewisser Mindestraum an Aufbauten und Deckshäusern ist jedoch für die Anordnung der Kommando-Brücke und anderer für die Navigation notwendiger Räume erforderlich. Weiterhin ist meist zur Einhaltung der Mindestbug höhe - besonders dann, wenn vorn kein Sprung vorhanden ist - eine Back erforderlich.

DECKSHÄUSER
Die heutige Bauweise der Frachtschiffe verlegt die Wohneinrichtung vollständig in Deckshäuser. Dafür sind folgende Gründe maßgebend:

a) Das Deckshaus ist als Wohnraum bei der Besatzung meist beliebter als ein von Bord zu Bord gehender Aufbau.

b) Möglichkeit der Vorfertigung des gesamten Wohnkomplexes mit allen Einrichtungen und Aufsetzen des fertigen Hauses auf den Rumpf.

c ) Weitgehende Möglichkeit der Rationalisierung durch Normung von Einrichtungsteilen bei einer von der Schiffsform weitgehend unabhängigen Deckshausform. Man geht dabei - soweit es die Decksfläche zuläßt - von einfachen kastenförmigen Deckshäusern aus und benutzt genormte Außen- und Innenbauteile und genormte Möbel.

Ein solches "Baukastensystem", wie es von verschiedenen Werften benutzt wird, ist auch in Bezug auf die Besatzungszahl flexibel, weil alle Räume in gleicher Weise den höchsten Anforderungen entsprechen. Vorfabrizierte genormte Deckshäuser, mit einheitlichem höchstem Standard für alle Einrichtungen, sind billiger als Ausführungen mit abgestuftem Standard nach Rangordnung und Status der einzelnen Besatzungsgruppen.


Nachteilig an den Deckshäusern sind folgende Fakten:

1) Deckshäuser tragen wenig zur Neigungsstabilität bei. Nach den geltenden Vorschriften dürften sie gar nicht berücksichtigt werden. Bei kleineren Schiffen mit Längen unter 100 m wird deshalb häufig eine Poop angeordnet, die dort für die Stabilität stärker in Erscheinung tritt als bei größeren Fahrzeugen.

2) Im Gegensatz zu Aufbauten reduzieren Deckshäuser nicht den gesetzlich vorgeschriebenen Mindest-Freibord.

3) Deckshäuser nutzen nicht die durch die Deckskonturen gegebenen Flächen aus.

4) Deckshäuser neigen bei leichterer Bauart eher zu Vibrationen als Aufbauten. Bei der Anordnung von Deckshäusern ist darauf zu achten, daß die Seitenwände sowie die Vor- und Rückwand hinreichend unterstützt sind. Dabei ist nicht nur die statische Tragfähigkeit der Fundamentierung zu beachten, sondern vor allem sind schwingungsweiche Konstruktionen zu vermeiden, die leicht zu Vibrationen Anlaß geben können.

5) Bei sehr langen Deckshäusern ist es schwer vermeidbar, daß sie mittragen. Wenn das statisch unerwünscht ist, werden sie durch Dehnfugen unterteilt. An den Enden der Deckshaus-Seitenwände können bei Längsbiegung die Schubspannungen so stark werden, dass dort Türen zweckmäßigerweise vermieden werden.



Impressum & Datenschutzerklärung