2 Fragen zur zivilen Seefahrt

Begonnen von Big A, 01 Januar 2010, 21:47:39

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Big A

Moin Hans,

bei einer Diskussion über die Feiertage kamen zwei Fragen auf, die ich als Krieger nicht beantworten konnte, daher mal an Dich weitergeleitet.
1. wie hoch sind eigentlich die Kosten für die gesetzeskonforme Müllentsorgung gem. MARPOL bei der zivilen Seefahrt? Dabei geht es nicht um Öl oder so sondern z.B. organischer Müll, Fäkalien usw, wie werden die entsorgt? Gesammelt und verbrannt???

2. Habt ihr bei der Christlichen auch die Möglichkeit zoll- und steuerfrei einzukaufen (Zigaretten, Fusel und TaiTai sowie die Lebensmittel für den täglichen Bedarf?) Ist dann die behördliche Buchführung genauso kompliziert? welches Steuerrecht gilt an Bord?

Ne Menge Wissenslücken auf meiner Seite, kannst Du die füllen?

Gruß

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

Albatros

Ist bei mir schon ein bisschen her mit der Seefahrt aber Zigaretten, Fusel und TaiTai sowie die Lebensmittel für den täglichen Bedarf waren zumindest Zollfrei und werden es auch noch sein.

Gruß, :MG:

Manfred

Big A

Das Problem, welches da ist sind immer die verschiedenen Zoll- und Steuersätze und die Dauer derAnwendung gewesen, da Seegrenze ungleich See-Zollgrenze ungleich Steuergrenze, das ganze kompliziert sich dann noch durch EU-Häfen, Drittland-Hafen und bei den Zivilem auch noch mW (??) nach Register/Flaggenstaat.
War als Deutscher auf deutschem Krieger schon schwer genug, dem Kadi fernzubleiben und trotzdem alle Gesetze mit den Wünschen der Besatzung und der Kostenpauschale für die Verpflegung in Einklang zu bringen. Zumal auch die Schiffshändler an einem Krieger mit 200 Mann (im Verband dann wesentlich mehr) auch ordentlich verdienen wollen....


Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

Albatros

Schubs nach oben,

hallo Haaaans....... :MZ:

Gruß, :MG:

Manfred

Captain Hans

#4
Hallo Axel

Sorry war sehr beschäftigt, und habe auch Besuch aus Deutschland mit dem wir viel unterwegs sind.

Aber nun zu deiner ersten Frage:

Lebensmittelabfälle können auf See entsorgt werden. Hierzu gibt es Karten, die zeigen, was und wo über Bord kann
aber immer ausserhalb der 12 Meilen Zone. Im Hafen wird der natürliche Müll abgegeben.

Fäkalien gehen bei modernen Schiffen überhaut nicht über Bord. Sie kommen in einen Bakterientank und die Bakterien scheiden klares Wasser davon ab und ernähren sich von dem Rest. Das Wasser wird wieder zu Trinkwasser aufbereitet. (Salze, Mineralien usw)
(Erklär das bloß keinem Passagier)
Auf alten Schiffen werden sie in Fäkalientanks gesammelt gehen ausserhalb der 12 Meilen Zone oder auf hoher See überbord.
Aber auch hier gibt es Karten wann und wo man das machen darf. Über alles muß Buch geführt werden. Die Buchführung wird im
Hafen von den ISM Inspektoren genau wie Öltagebücher überprüft.


Zur zweiten Frage:

Auf allen Schiffen Frachtschiffen kann man ausserhalb der 3 Meilen Zone zollfrei einkaufen d.h. Zigaretten, Schnaps usw ist sehr
billig. (Zu meiner Zeit lag eine Stange Zigaretten so bei 5 DM und so in etwa auch eine Flasche Whisky)
Für die Zollfreien Waren gibt einen extra Store der Slop Chest internatinal genannt wird. Hierüber muß über alle Waren, Verbräuche
und Einkäufe Buch geführt werden. In jedem Hafen kommt bei der Einklarierung der Zoll und versiegelt den Store. Die Siegel dürfen
erst ausserhalb der 3 Meilen Zone erbrochen werden.
Liegt ein Schiff sehr lange im Hafen kann man mit dem Zoll vereinbaren, daß er jede Woche einmal an Bord kommt und die Mannschaft
zollfrei einkaufen kann.
Allgemein gelten aber die selben Regeln wie beim Fliegen also eine Stange Zigaretten, eine Flasche Stoff, usw.
Vor dem Einlaufen geht eine Zolldeklarierungs Liste an Bord herum. Hier müssen alle Besatzungsmitglieder ihre zollfreien Waren eintragen.
Aber auch zusätzlich Kameras, Radios, TVs, Computer und verschiedene andere Sachen.
Diese Zollisten sind international ziemlich gleich aber bei manchen Ländern müssen auch Devisen angegeben werden.

Egal welche Flagge am Schiff weht ,es gilt das Zollrecht des Ankunftshafen.

viele Grüsse

Hans

P.S, Hatte leider auch ein kleines gesundheitliches Problem - ist aber schon besser :-)
,Nur wer sich ändert,bleibt sich treu"!!!
,,Nicht was du bist,ist das was dich ehrt,wie du bist,bestimmt den Wert"!!!

Trimmer

Kapitän Hans jetzt will ich es genau wissen. Wie sieht es aus wenn ich eine Flasche kaufe und vor der 3 Meilenzone schon öffne- einen winzigen Schluck - das selbe bei Zigaretten. Kann ich dann noch eine geschlossene Flasche extra mitnehmen  :?

Gruß - Trimmer -Achim
Auch Erfahrung erhält man nicht umsonst, gerade diese muß man im Leben vielleicht am teuersten bezahlen
( von Karl Hagenbeck)

Captain Hans

#6
Hallo Axel

Noch ein ein Nachtrag  zu deiner ersten Frage.

Auf Passagierschiffen mit bis zu 5000 Menschen an Bord ist die Müllentsorgung natürlich ein riesiges
Problem. Dort gibt es erstens extreme Mülltrennung und enorme Müllverarbeitungsanlagen.
Dies geht von Verbrennungs- bis Glaszerkleinerungsanlagen.
Eine der führenden Hersteller solcher Anlagen ist die Firma Derberg in Oldenburg.
Der verarbeitete Müll wird in sopeziellen Müllcontainern gesammelt und wird im geeigneten Hafen an
Land gegeben.
Aber auch hier gehen keine Fäkalien über Bord.

liebe Grüße

Hans
,Nur wer sich ändert,bleibt sich treu"!!!
,,Nicht was du bist,ist das was dich ehrt,wie du bist,bestimmt den Wert"!!!

Captain Hans

Hallo Trimmer Achim

Gute Frage - im Schmuggeln waren wir Weltmeister und wir hatten immer Reserve Alkohohl. :-D
In Schweden, Finnland und Norwegen machte ich schon mehr Geld mit Schnapsschmuggel
als mit meinem Gehalt. :-D
Flasche Riemerschmidt Wodka (75 %) kostete damals 3,75 DM an Bord.
In Schweden konnte man die für 60 - 70 Kronen verkaufen.

In diesen Ländern kam immer eine schwarze Gang (Spezialfahnder Zoll) und filzte das Schiff, die Kabinen und den Maschinenraum.

Wir an Bord übertrafen uns laufend  mit neuen raffinierteren Verstecken aber die schwarzen Gangs waren uns ziemlich
ebenbürtig.

Hierüber gibt es viele lustige Geschichten.

viele Grüße

Hans
,Nur wer sich ändert,bleibt sich treu"!!!
,,Nicht was du bist,ist das was dich ehrt,wie du bist,bestimmt den Wert"!!!

Big A

Lieber Hans,

erstmal ein frohes Neues usw...

Danke für Deine Antworten, das Problem mit den Mengen hatte ich bei meinen Lords auch immer, irgend ein Depp hat meist doch versucht zu schmuggeln und dann, wenn er erwischt wurde (was die Regel war bei den Zollgrenzbezirken....) dann kam die Schwarze Gang an Bord und filzten. Die kannten den Dampfer meist besser als die Lords, vor allem aber gab es so lamge keinen Landgang.
Restmengen, klar, war immer Auslegungssache, wie man sich mit dem Zoll einigte (z.B. ganz interessant bei Fleisch, Kaffee usw, trug gut zur Versorgung der Besatzung im Heimathafen bei reduziertem Satz bei)

Zu den Ausführungen zum Thema Müll auch Danke, habe mir schon fast sowas gedacht.

erstmal...

Axel
Weapons are no good unless there are guts on both sides of the bayonet.
(Gen. Walter Kruger, 6th Army)

Real men don't need experts to tell them whose asses to kick.

poseidon48

Zitat von: Kapitän Hans am 04 Januar 2010, 15:10:14
Hallo Trimmer Achim

Gute Frage - im Schmuggeln waren wir Weltmeister und wir hatten immer Reserve Alkohohl. :-D
In Schweden, Finnland und Norwegen machte ich schon mehr Geld mit Schnapsschmuggel
als mit meinem Gehalt. :-D
Flasche Riemerschmidt Wodka (75 %) kostete damals 3,75 DM an Bord.
In Schweden konnte man die für 60 - 70 Kronen verkaufen.

In diesen Ländern kam immer eine schwarze Gang (Spezialfahnder Zoll) und filzte das Schiff, die Kabinen und den Maschinenraum.

Wir an Bord übertrafen uns laufend  mit neuen raffinierteren Verstecken aber die schwarzen Gangs waren uns ziemlich
ebenbürtig.

Hierüber gibt es viele lustige Geschichten.

viele Grüße

Hans

So hat mancher Kümokapitän sein Haus finanziert.
Oft wurde mit dem Zoll gemeinsame Sache gemacht, Zollplomben wurden in Reserve vom Zoll geliefert, natürlich gegen einen bestimen Gegenwert.

Captain Hans

@poseidon 48

stimmt - ich kannte einen Kümo der hat in der gesamten Vorpiek Wein geschmuggelt.
Als man ihn nach vielen Reisen erwischte hatte er die Zollstrafe in Bar in seiner Kabine liegen.

In den schwedischen Schären wurde viel mit den Fischern geschmuggelt. Einer legte auf Landseite (die konnte man von Land beoabchten)
an und verkaufte uns Fisch.
Auf der Seeseite legte einer an, dem dann säckeweise Alkohohl und Zigaretten verkauft wurden.
Später teilten sich die beiden Fischer den jeweiligen Fang und versteckten das Zollgut unter dem Fisch.

Aber auch sie wurden eines Tages erwischt.


,Nur wer sich ändert,bleibt sich treu"!!!
,,Nicht was du bist,ist das was dich ehrt,wie du bist,bestimmt den Wert"!!!

Tri

Hallo,

Zitat von: Kapitän HansFäkalien gehen bei modernen Schiffen überhaut nicht über Bord. Sie kommen in einen Bakterientank und die Bakterien scheiden klares Wasser davon ab und ernähren sich von dem Rest. Das Wasser wird wieder zu Trinkwasser aufbereitet. (Salze, Mineralien usw)
(Erklär das bloß keinem Passagier)

Mein Wissen stammt natürlich nur aus zweiter Hand, aber übereinstimmend wird da gesagt, das aufbereitete Abwässer auf modernen Kreuzfahrtschiffen niemals in den Trinkwasserkreislauf eingespeist werden. Hauptsächlich werden diese Abwässer aufgearbeiteten, um als sehr sauberes Wasser in den bordeigenen Wäschereien verwendet zu werden, die bei Kreuzfahrtschiffen einen enormen Bedarf an Brauchwasser haben. Bei modernen Kreuzfahrtschiffen, wird zudem die Toilettenspülung mit diesem aufbereiteten Wasser betrieben, nicht aber z.B. das Bidet oder Handwaschbecken, wenn vorhanden.   
Quelle: Techniker unter deren Aufsicht mehrere tausend Komplett-Sanitärkabinen für Hotels und Kreuzfahrtschiffe hergestellt wurden.
Wozu brauchen wir Bürgerrechte, wir leben doch in der EU.

Q

Passt jetzt zwar nicht so richtig zu der Schwarzwasser Aufbereitung, aber zum Vortragsabend in Rostock habe ich mich auf der uns wohl bekannten Georg Buechner in Erfahrung gebracht, das dort mit den Faekalien getrimmt wird.

Don´t Panic
Quand tu veux construire un bateau, ne commence pas par rassembler du bois,
couper des planches et distribuer du travail,
mais reveille au sein des hommes le desir de la mer grande et large.

St.Ex

Captain Hans

#13
@Tri
ist absolut richtig - bei den enormen Mengen an Trinkwaser wird dieses aus Seewasser über Evaporizer gewonnen.
Das zurückgewonne Frischwasser wird dort nur zur Spülung von Toiletten und ähnlichem benutzt wie zum Beispiel Kesselspeisewasser

@Q

wenn die damit ihre Schiffe getrimmt haben, müssen die aber ganz schön Durchfall gehabt haben. :-D
,Nur wer sich ändert,bleibt sich treu"!!!
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